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BGH - Entscheidung vom 28.09.2017

III ZR 93/17

Normen:
ZPO § 78b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 28.09.2017 - Aktenzeichen III ZR 93/17

DRsp Nr. 2017/15056

Schadensersatz- und Schmerzensgeldbegehren unter dem Vorwurf von Amtspflichtverletzungen; Antrag auf Bestellung eines Notanwalts; Anwaltszwang für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist

Hat die Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Falle der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dies hat sie substantiiert darzulegen und nachzuweisen.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm einen Notanwalt zur Wahrung seiner Rechte im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 - 1 U 36/15 - beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Anträge des Klägers, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu verlängern und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist zu gewähren, werden als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Streitwert: bis 30.000 €.

Normenkette:

ZPO § 78b Abs. 1 ;

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von dem beklagten Land unter dem Vorwurf von Amtspflichtverletzungen Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung hiergegen zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil hat der Kläger durch seinen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten fristgerecht Beschwerde eingelegt. Die Frist zur Begründung der Beschwerde wurde antragsgemäß bis 11. September 2017 verlängert. Mit am 11. September 2017 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass er das Mandat niederlege. Der Kläger hat mit am selben Tag eingegangenem Schreiben beantragt, ihm einen Notanwalt zu bestellen, die Frist zur Beschwerdebegründung zu verlängern und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.

1. Der Antrag des Klägers auf Bestellung eines Notanwalts ist unbegründet.

Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Falle der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dies hat sie substantiiert darzulegen und nachzuweisen (zB Senat, Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - III ZR 63/17, BeckRS 2017, 116899 Rn. 2; vom 29. September 2016 - III ZR 102/16, BeckRS 2016, 19301 Rn. 6 und vom 18. Dezember 2013 - III ZR 122/13, NJW-RR 2014, 378 Rn. 8 f, jeweils mwN).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hatte einen zu seiner Vertretung bereiten, am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gefunden, der fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat und auch bereit gewesen ist, diese zu begründen. Gescheitert ist dies lediglich daran, dass dieser das Mandat niedergelegt hat, nachdem es - wie der Kläger in der von ihm vorgelegten Anfrage auf Mandatsübernahme an andere beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte ausgeführt hat - zu Differenzen über den Inhalt der Beschwerdebegründung kam. Differenzen zwischen dem Kläger und seinem Rechtsanwalt über den Inhalt der Beschwerdebegründung und die hierauf beruhende Mandatsniederlegung allein rechtfertigen die Bestellung eines Notanwalts nicht. Mit dem Ziel, die Einreichung einer inhaltlich den Vorstellungen des Beschwerdeführers entsprechenden Beschwerdebegründung zu erreichen, kann die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b ZPO grundsätzlich nicht verlangt werden (Senat, Beschlüsse vom 29. Juni 2017, aaO Rn. 3 und vom 18. Dezember 2013, aaO Rn. 12).

2. Der von dem Kläger selbst gestellte Fristverlängerungsantrag ist unzulässig, da ein solcher Antrag dem Anwaltszwang unterliegt (Senat, Beschluss vom 29. September 2016 aaO Rn. 8 mwN).

3. Der weitere Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist ist ebenfalls bereits unzulässig, weil der Anwaltszwang auch hierfür gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2014 - VI ZR 562/13, BeckRS 2014, 18095 Rn. 1). Der Antrag ist deshalb gleichfalls zu verwerfen.

Ungeachtet dessen verspräche auch ein durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingereichter Wiedereinsetzungsantrag in der Sache keinen Erfolg. Einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist nur dann gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und dabei die Voraussetzungen hierfür substantiiert dargelegt hat (Senat, Beschlüsse vom 29. September 2016 aaO Rn. 9 und vom 18. Dezember 2013 aaO Rn. 8). Dies ist hier wie ausgeführt nicht der Fall.

4. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 ZPO durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ) begründet worden ist.

Vorinstanz: LG Gießen, vom 14.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 497/13
Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 23.02.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 36/15