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BGH - Entscheidung vom 04.01.2017

I ZR 64/16

Normen:
ZPO § 769 Abs. 1
ZPO § 769 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 04.01.2017 - Aktenzeichen I ZR 64/16

DRsp Nr. 2017/857

Rechtmäßige Anordnung einer Zwangshaft aufgrund einer Weigerung zur Auskunfterteilung über die Erlangung von Gewinnen aus einer aufgrund einer Rücklastschriftengebührenklausel

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 6 des Urteils des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 26. März 2013 und aus dem Beschluss des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 27. Januar 2015 bis zum Erlass des Revisionsurteils in der vorliegenden Sache gegen Sicherheitsleistung einzustellen, wird abgelehnt.

Normenkette:

ZPO § 769 Abs. 1 ; ZPO § 769 Abs. 2 ;

Gründe

I. Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits ist in dem vorangegangenen Rechtsstreit vom Berufungsgericht mit Urteil vom 26. März 2013 unter anderem verurteilt worden, dem Beklagten Auskunft darüber zu erteilen, welche Gewinne sie in der Zeit vom 10. Oktober 2011 bis zum 27. Juni 2012 dadurch erlangt hat, dass sie aufgrund einer Rücklastschriftengebührenklausel von ihren Kunden Pauschalen in Höhe von 20,95 €, 14,95 € oder 10 € erlangt hat. Ihr ist dabei auferlegt worden, kaufmännisch Rechnung darüber zu legen, in welchen Fällen sie in dem genannten Zeitraum Rücklastschriftpauschalen in welcher Höhe erlangt hat und wie hoch der ihr in diesen Fällen jeweils tatsächlich entstandene Schaden war (OLG Schleswig, MMR 2013, 579). Die von der Klägerin gegen ihre Verurteilung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Erfolg geblieben.

Zur Durchsetzung der Verpflichtung der Klägerin aus dem Urteil vom 26. März 2013 hat das Berufungsgericht gegen diese mit Beschluss vom 27. Januar 2015 ein Zwangsgeld in Höhe von 12.500 € festgesetzt und für den Fall seiner Nichtbeitreibbarkeit Zwangshaft angeordnet.

Mit ihrer im vorliegenden Verfahren erhobenen Vollstreckungsabwehrklage wendet sich die Klägerin gegen die Vollstreckung aus Ziffer 6 des Urteils vom 26. März 2013 und aus dem Beschluss vom 27. Januar 2015. Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung aus diesen beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 20. Februar 2015 einstweilen eingestellt, der Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin mit Urteil vom 19. Juni 2015 stattgegeben und dabei auch angeordnet, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 26. März 2013 und dem Beschluss vom 27. Januar 2015 bis zur Rechtskraft des Urteils eingestellt wird.

In dem Urteil vom 10. März 2016, das die Klägerin vorliegend mit der vom Senat durch Beschluss vom 24. November 2016 zugelassenen Revision angreift, hat das Berufungsgericht die Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen, den Einstellungsbeschluss des Landgerichts vom 20. Februar 2015 aufgehoben und sein eigenes Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Nach Abschluss des Berufungsverfahrens hat der Beklagte den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der erneuten Durchführung der Zwangsvollstreckung aus dem Zwangsgeldbeschluss vom 27. Januar 2015 beauftragt. Dieser hat die Klägerin mit am 21. April 2016 zugestellten Schreiben vom 18. April 2016 zur Zahlung einer Gesamtforderung in Höhe von 12.765,48 € aufgefordert und für den fruchtlosen Ablauf dieser Frist angekündigt, den Vollstreckungsantrag aus dem Zwangsgeldbeschluss durchzuführen.

Hierauf hat die Klägerin beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht einen erfolglos gebliebenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 769 Abs. 2 ZPO und im vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO gestellt, den der Senat mit Beschluss vom 4. Mai 2016 abgelehnt hat.

Mit Schreiben vom 19. August 2016 hat die Klägerin dem Beklagten Auskunft dahin erteilt, dass im Auskunftszeitraum (10. Oktober 2011 bis 27. Juni 2012) ihre Einnahmen aus Rücklastschriften insgesamt 9.846.994 € und ihre Ausgaben dafür insgesamt 9.577.822 € betragen hätten. Die Ausgaben setzten sich aus "Treasury Kosten (Bankkosten, Zinsen)" in Höhe von 5.115.708 €, "Kosten Kundenkommunikation, Forderungsmanagement (Briefkosten, Personal)" in Höhe von 3.451.281 € und "IT-Kosten (IT-Systeme, Personal, Infrastruktur)" in Höhe von 1.010.833 € zusammen. Von dem unter Berücksichtigung der Ausgaben (Aufwendungen) verbleibenden Einnahmen in Höhe von 269.173 € seien die bislang noch nicht angesetzten Unternehmenssteuern in Höhe von 30,1% abzuziehen, womit sich ein abzuschöpfender Gesamtbetrag von 188.151 € ergebe.

Der Beklagte hat diese Aufschlüsselung als ebenfalls unzureichend angesehen. Auf ihren Antrag hat das Landgericht gegen die Klägerin ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € festgesetzt. Gegen diese Entscheidung haben die Klägerin am 15. November 2016 Beschwerde und der Beklagte am 16. November 2016 Anschlussbeschwerde eingelegt. Die Klägerin hat außerdem im vorliegenden Revisionsverfahren den im Tenor der vorliegenden Entscheidung wiedergegebenen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO gestellt.

II. Der Antrag der Klägerin auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung ist nicht begründet und deshalb abzulehnen. Dabei kann dahinstehen, wie sich die Erfolgsaussichten der vom Senat zugelassenen Revision darstellen. Die Klägerin hat auch in ihrem zweiten Einstellungsantrag nicht hinreichend dargelegt, dass ihr Schutzbedürfnis das Interesse des Beklagten an der Durchführung der Zwangsvollstreckung überwiegt. Der Beklagte weist in seiner Stellungnahme zu dem Einstellungsantrag mit Recht darauf hin, dass die Parteien in dem vom Beklagten nach Auskunftserteilung der Klägerin mit Schreiben vom 19. August 2016 betriebenen zweiten Vollstreckungsverfahren neben der rechnerischen Plausibilität - die Einnahmen sollen nicht ohne Rest durch die jeweilige Rücklastschriftpauschale teilbar sein - und einem nur unvollkommenen Auskunftszeitraum bei den jeweiligen Rücklastschriften allein noch darüber streiten, ob die Klägerin die "Treasury Kosten" nach Bankkosten und Zinsen und die "Kosten Kundenkommunikation, Forderungsmanagement" nach Briefkosten und Personalkosten aufschlüsseln muss. Die Klägerin hat nicht konkret dargetan, dass ihre nach Ansicht des Beklagten in dieser Hinsicht noch zu ergänzende Auskunft schützenswerte Betriebsgeheimnisse umfasst. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.

Vorinstanz: LG Kiel, vom 19.06.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 17 O 48/15
Vorinstanz: SchlHOLG, vom 10.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 7/15