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BGH - Entscheidung vom 26.01.2017

5 StR 535/16

Normen:
StPO § 226 Abs. 1
StPO § 338 Nr. 5

BGH, Beschluss vom 26.01.2017 - Aktenzeichen 5 StR 535/16

DRsp Nr. 2017/2079

Nachweis einer Durchführung der Hauptverhandlung ohne Urkundsbeamten der Geschäftsstelle

Tenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 17. Juni 2016 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern durch ihre Revision entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat zu der Verfahrensrüge, die Hauptverhandlung sei an zwei Verhandlungstagen entgegen § 226 Abs. 1 StPO ohne Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durchgeführt worden (§ 338 Nr. 5 StPO ):

Der Stellungnahme der Geschäftsleiterin des Landgerichts ist mit genügender Klarheit eine Betrauung der Justizangestellten H. mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Sinne des § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG zu entnehmen. Eine solche kann wirksam auch formlos erfolgen, insbesondere mündlich ausgesprochen werden. Denn bei § 9 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnungsvorschriften Niedersachsen, wonach die Entscheidung über den Einsatz von Angestellten schriftlich zu treffen ist, handelt es sich lediglich um eine der Rechtsklarheit dienende Ordnungsvorschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 3 StR 489/14, NStZ 2015, 473, 474 mwN).

Hier war die Justizangestellte H. seit ihrem Wechsel zum Landgericht Göttingen im Juni 2014 in einer Serviceeinheit für Strafsachen eingesetzt worden. Zuvor war ihr bei ihrem Dienstantritt von der Geschäftsleiterin in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt worden, dass zu ihrem Aufgabengebiet auch die Protokollführung in Hauptverhandlungen gehöre. Dementsprechend wurde die Justizangestellte H. , die zuvor schon an einem Amtsgericht als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Protokoll in Strafsachen geführt hatte und deren Befähigung und Kompetenz auf diesem Aufgabengebiet für die Geschäftsleiterin keinem Zweifel unterlagen, nachfolgend in die Besonderheiten der Protokollführung in Strafverfahren beim Landgericht eingeführt.

Da die Justizangestellte H. mit ihrer durch die Geschäftsleiterin erfolgten mündlichen Übertragung des Sachgebiets der Protokollführung insoweit bereits mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle betraut worden war, bedurfte die Wirksamkeit dieses Willensaktes der Gerichtsverwaltung keiner weiteren schriftförmlichen Erklärung oder Bekräftigung mehr. Für die wirksame Übertragung der Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle spielte es deshalb keine Rolle, ob - wie die Geschäftsleiterin des Landgerichts meinte - eine schriftliche Verfügung aus dem Jahre 2007, mit der die Justizangestellte H. ursprünglich beim Sozialgericht Hildesheim für Sitzungen der dortigen Kammern zur Protokollführerin bestellt und insoweit mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle betraut worden war, in förmlicher Hinsicht auch für die ordentliche Gerichtsbarkeit fortgelten würde. Die nachträglich mit Schreiben der Geschäftsleiterin vom 6. Oktober 2016 "vorsorglich (...) noch einmal ausdrücklich" erklärte Übertragung der Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hatte mithin nur deklaratorische Bedeutung.

Normenkette:

StPO § 226 Abs. 1 ; StPO § 338 Nr. 5 ;
Vorinstanz: LG Göttingen, vom 17.06.2016