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BGH - Entscheidung vom 31.08.2017

III ZR 560/16

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 321a Abs. 1
SVG § 91a
BeamtVG § 46 Abs. 2 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 31.08.2017 - Aktenzeichen III ZR 560/16

DRsp Nr. 2017/13971

Kenntnisnahme des Vorbringens der Parteien durch das Gericht; Erhebung einer Amtshaftungsklage i.R.d. Anerkennung eines Dienstunfalls

Liegt nur eine fahrlässige Amtspflichtverletzung vor, ist die verwaltungsrechtliche Feststellung des Dienstunfalls daher der Amtshaftungsklage vorgreiflich, weil nur bei Verneinung eines Dienstunfalls ein auf eine fahrlässige Amtspflichtverletzung gestützter Haftungsprozess Erfolg haben kann.

Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 27. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; ZPO § 321a Abs. 1 ; SVG § 91a; BeamtVG § 46 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Senat hat das Vorbringen des Klägers in vollem Umfang berücksichtigt, geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Dies gilt insbesondere für die mit Schriftsatz vom 16. August 2017 erneut angesprochenen Rügen.

Seit dem Urteil des Senats vom 7. Dezember 1967 zu § 91a SVG ( III ZR 11/66, [...] Rn. 14) ist geklärt, dass die Verjährungsfrist eines Anspruchs, der Vorsatz des Schädigers voraussetzt, erst zu laufen beginnt, wenn der Geschädigte den Vorsatz kennt oder grob fahrlässig nicht kennt. Das Berufungsgericht hat keine gegenteilige Auffassung vertreten, sondern ausgeführt, dem Kläger seien spätestens zum 1. April 1994 alle Tatsachen bekannt gewesen, die einen möglichen Amtshaftungsanspruch begründeten. Weitere Ausführungen waren entbehrlich, weil der Kläger einen abweichenden, späteren Zeitpunkt seiner Kenntnis vom Vorsatz seines Dienstvorgesetzten nicht geltend gemacht hatte, auch in der von der Beschwerde angegebenen Textstelle (Klageschrift S. 14) nicht.

Soweit die Beschwerde gemeint hat, die Erhebung einer Amtshaftungsklage sei dem Kläger vor Abschluss des auf Anerkennung als Dienstunfall gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzumutbar gewesen, ist bereits zweifelhaft, ob allein der Umstand, dass ein Kläger zwei verschiedene Ansprüche verfolgt, die sich in ihren Voraussetzungen teilweise überschneiden, eine Unzumutbarkeit der gleichzeitigen Führung entsprechender Gerichtsverfahren begründet. Vor allem aber hat der Kläger von Anfang an ein anlagebedingtes Leiden bestritten und wusste er - spätestens seit dem von ihm in Auftrag gegebenen psychiatrischen Gutachten des Dr. R. vom 31. Januar 2008 (zum Ergebnis des Gutachtens vgl. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Mai 2010, S. 4, 10 [Bd. I 36, 42]) -, dass eine solche Disposition weder erkennbar noch maßgebend war. Jedenfalls seit diesem Zeitpunkt musste er die Erkenntnis für genügend gesichert halten, dass seine Dienstunfähigkeit auf dem Vorfall vom 25. Januar 1993 beruhte, und war ihm eine Amtshaftungsklage zumutbar.

Zwar konnte hier eine Amtshaftungsklage nur bei einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung Erfolg haben (§ 53 Abs. 2 Nr. 1 HBeamtVG [= § 46 Abs. 2 Nr. BeamtVG]). Liegt - auch nach Auffassung des Anspruchstellers - nur eine fahrlässige Amtspflichtverletzung vor, ist die verwaltungsrechtliche Feststellung des Dienstunfalls daher der Amtshaftungsklage vorgreiflich, weil nur bei Verneinung eines Dienstunfalls ein auf eine fahrlässige Amtspflichtverletzung gestützter Haftungsprozess Erfolg haben kann. Der Kläger hat indes stets eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung geltend gemacht. Er hätte daher eine Amtshaftungsklage auch früher erheben können, ohne den Ausgang des Verwaltungsprozesses abwarten zu müssen. Das Risiko, dass die Zivilgerichte nur eine fahrlässige Amtspflichtverletzung erkennen und die Amtshaftungsklage abweisen, trug er auch nach Abschluss des Verwaltungsprozesses. Dem Kläger war mithin zumutbar, im Hinblick auf die von ihm im Verwaltungsprozess begehrte Anerkennung als Dienstunfall und die daraus folgende Anspruchsbeschränkung in einem früher begonnenen Amtshaftungsprozess eine von ihm stets angenommene - und zumindest nicht fernliegende - vorsätzliche Amtspflichtverletzung vorzutragen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen; die Gerichte sind nicht verpflichtet, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Dies gilt auch für die Entscheidung über die Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO (BVerfG NJW 2011, 1497 Rn. 24).

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 16.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 453/13
Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 10.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 159/14