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BGH - Entscheidung vom 30.05.2017

IX ZR 182/16

Normen:
ZPO § 286

BGH, Beschluss vom 30.05.2017 - Aktenzeichen IX ZR 182/16

DRsp Nr. 2017/9934

Geltendmachung von Schadensersatz gegen in der Schweiz ansässige Rechtsanwälte wegen behaupteter Anwaltsfehler

Ein Verbraucher verliert den Verbrauchergerichtsstand nicht dadurch, dass das Vertragsverhältnis auf Seiten seines Vertragspartners nach Vertragsschluss auf einen Dritten übergeht. Verbraucher sind natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Die Geschäfte einer Person im Zusammenhang mit der Verwaltung eigenen Privatvermögens lassen sie nicht zum Unternehmer werden. Insbesondere steht das Vorliegen eines Gewinninteresses der Einordnung seiner Person als Verbraucher nicht entgegen.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Juli 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf bis zu 30.000 € festgesetzt.

Normenkette:

ZPO § 286 ;

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2, Schweizer Rechtsanwälte, die eine Anwaltskanzlei in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt haben, aus einem Anwaltsvertrag wegen Anwaltsfehlern und die Beklagte zu 3, eine am 17. Juni 2011 von den Beklagten zu 1 und 2 gegründete Anwaltsgesellschaft in der Form einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht, auf Schadensersatz in Anspruch, weil die Beklagten zu 1 und 2 alle Passiva und Aktiva ihrer vormaligen Anwaltsgesellschaft in die neue Gesellschaft eingebracht hätten und diese deswegen nach Schweizer Recht neben den Beklagten zu 1 und 2 für deren Anwaltsfehler hafte. Die Beklagten betreiben eine Internetseite in deutscher und englischer Sprache, die von Deutschland erreichbar ist.

Der in Deutschland lebende Kläger betrieb bis Ende 2003 in der Rechtsform einer GmbH und betreibt seit 2004 unter der Firma H. Spedition e.K. ein Speditionsunternehmen. Er legte aufgrund von Vermögensverwaltungsverträgen vom 26. August 1998 und vom 15. September 2006 Gelder bei einer Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Firmensitz in der Schweiz (künftig: Unternehmen) an, die ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG ihre Anlageprodukte in Deutschland vertrieb. Deswegen beauftragte er seine Rechtsanwälte, die neben ihm 60 bis 100 weitere Mandanten gegen dasselbe Unternehmen vertraten, mit der Rückholung der Gelder aus der Schweiz. Das Schweizer Unternehmen wurde insolvent und es ist seit 2010 ein sogenanntes Nachlassverfahren nach Schweizer Recht anhängig. Deswegen fragten die klägerischen Anwälte Ende 2010 den Beklagten zu 1, ob er bereit sei, ihre Mandanten im Nachlassverfahren zu vertreten.

Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 überließ der Beklagte zu 1 den klägerischen Anwälten per Email zum Ausdrucken Auftragsformulare, Vollmachten sowie Formulare für die sogenannten Forderungseingaben im Nachlassverfahren. Das genannte Schreiben war an die geschädigten Kunden des Unternehmens gerichtet; in ihm stellte der Beklagte zu 1 seine Anwaltskanzlei und das Nachlassverfahren vor und erklärte die Bereitschaft, die Geschädigten im Nachlassverfahren zu vertreten. Die klägerischen Anwälte vervielfältigten die Unterlagen und leiteten sie mit einem Anschreiben an ihre Mandanten weiter, unter anderem an den Kläger. Dieser gab die Unterlagen unterschrieben unter dem Datum des 13. Januar 2011 an seine Anwälte zurück, die sie an die Beklagten zu 1 und 2 weiterleiteten. Danach hatte der Kläger die Beklagten zu 1 und 2 mit der Forderungseingabe in das Nachlassverfahren und der Vertretung in den Gläubigerversammlungen beauftragt. Auftragsgemäß meldete der Beklagte zu 1 die klägerischen Forderungen im Nachlassverfahren an und stimmte in der Gläubigerversammlung am 7. November 2011 auch namens des Klägers dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern vorbehaltlos zu.

Parallel zum Nachlassverfahren verklagte der Kläger die ehemaligen Verwaltungsräte und Direktoren des Unternehmens auf Schadensersatz. Die Klage hatte keinen Erfolg, weil die Schadensersatzansprüche des Klägers - so das Berufungsgericht - nach dem anzuwendenden Schweizer Recht gemäß Artikel 303 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs ( SchKG ) untergegangen seien. Nach dieser Regelung wahrt ein Gläubiger, welcher dem Nachlassvertrag zugestimmt hat, seine Rechte gegen Mitschuldner, Bürgen und Gewährspflichtige nur, sofern er ihnen mindestens zehn Tage vor der Gläubigerversammlung deren Ort und Zeit mitgeteilt und ihnen die Abtretung seiner Forderung gegen Zahlung angeboten hat.

Nunmehr verlangt der Kläger wegen des Verlusts dieser Ansprüche von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 35.656,23 €, teilweise in der Form der Freistellung und in Höhe von 7.825,18 € im Rahmen einer einseitigen Erledigungserklärung im Laufe des Rechtsstreits. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht durch Zwischenurteil entschieden, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

II.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das angerufene Landgericht München II nach Art. 16 Abs. 1 , Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Fall 2 des Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (künftig: LugÜ 2007 oder Lugano-Übereinkommen ) international zuständig. Gegenstand der Klage seien Ansprüche des Klägers aus einem Vertrag, welchen er als Verbraucher geschlossen habe. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten ihre Tätigkeit auf Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers sowohl durch ihren Internetauftritt als auch durch ihr Schreiben vom 3. Januar 2011 ausgerichtet, als sie die Mandanten der klägerischen Rechtsanwälte, auch den Kläger, am 3. Januar 2011 werbend angeschrieben und dem Anschreiben Auftrags- und Vollmachtformulare beigefügt hätten. Auch die Beklagte zu 3 könne im Verbrauchergerichtsstand in Deutschland verklagt werden.

III.

Die statthafte Revision gegen das Zwischenurteil (§ 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO ) ist zulässig. Doch liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

1. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Fragen zugelassen, ob der Vertragsschluss des Verbrauchers für die Annahme des Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Fall 2 LugÜ 2007 von der Ausrichtung der Tätigkeit des Vertragspartners motiviert sein müsse, ob das Tatbestandsmerkmal des Ausrichtens verlange, dass der Vertragspartner des Verbrauchers allgemein Kunden im Wohnsitzstaat des Verbrauchers anspreche, und ob der Rechtsnachfolger des Vertragspartners des Verbrauchers im Verbrauchergerichtsstand verklagte werden könne. Diese Fragen sind nicht mehr klärungsbedürftig. Der Bundesgerichtshof hat sie mit Urteil vom 9. Februar 2017 ( IX ZR 67/16, WM 2017, 565 ) im Sinne der angefochtenen Entscheidung entschieden. Der spätere Vertragsschluss zwischen Verbraucher und Unternehmer muss durch die auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichtete Tätigkeit des Unternehmers nicht motiviert worden sein (BGH, Urteil vom 9. Februar 2017, aaO Rn. 36 ff). Für die Annahme des Ausrichtens reicht ein konkretes Vertragsangebot aus, das sich an einen Verbraucher persönlich richtet, selbst nach einem mehr oder weniger losen geschäftlichen Kontakt. Denn auch und gerade im Ansprechen bestimmter Einzelpersonen kann der Wille des Unternehmers Ausdruck finden, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern in anderen Staaten herzustellen (BGH, aaO Rn. 44). Ein Verbraucher verliert den Verbrauchergerichtsstand nicht dadurch, dass das Vertragsverhältnis auf Seiten seines Vertragspartners nach Vertragsschluss auf einen Dritten übergeht (BGH, aaO Rn. 51 ff).

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

a) Die Wertung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 1 und 2 hätten ihre anwaltliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand (vgl. BGH, aaO Rn. 28). Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob die Beklagten zu 1 und 2 allein durch die Ausgestaltung der Internetseite ihre anwaltliche Tätigkeit gerade auch auf Deutschland ausgerichtet haben. Denn jedenfalls die Gesamtschau von Internetseite und den von den Beklagten zu 1 und 2 vorgenommenen Tätigkeiten, um den Vertragsschluss zu erreichen, ergibt das Ausrichten ihrer Tätigkeit gerade auch auf Deutschland.

aa) Die Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 enthält allerdings allenfalls schwache Anhaltspunkte für ein Ausrichten ihrer Anwaltstätigkeit auf Deutschland. Doch belegt der Internetauftritt, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätigkeit auch auf Mandanten aus dem Ausland ausgerichtet haben, ohne Verbraucher als Mandanten auszuschließen. Dabei hat der Kläger mit der Vorlage eines Ausdrucks der aktuellen Internetseite der Beklagten zu 3 das Erforderliche getan, um den Inhalt der Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses frühestens im Januar 2011 zu beschreiben. Es hätte nunmehr den Beklagten oblegen, diesen Vortrag gemäß § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert zu bestreiten (BGH, aaO Rn. 30 f).

Auf der in deutscher und englischer Sprache abgefassten Internetseite warben die Beklagten zu 1 und 2 damit, ihre Rechtsanwälte sprächen neben Deutsch und Englisch Französisch, Italienisch, Spanisch und Tibetisch, wovon nur Deutsch, Französisch und Italienisch Landessprachen sind. Weiter haben die Beklagten zu 1 und 2 darauf hingewiesen, Personen und Unternehmen aus der Schweiz und aus dem Ausland zu vertreten. Sie boten eine international ausgerichtete Rechtsberatung an und warben mit internationalen Kompetenzen. Sie verwendeten einen anderen Domänennamen oberster Stufe als den der Schweiz; Telefonnummer und Anschrift waren mit Auslandsvorwahl und Länderkennzeichen versehen. Interessenten konnten über die Internetseite, die von Deutschland aus zu erreichen war, Kontakt zu den Beklagten aufnehmen (vgl. BGH, aaO Rn. 33). Dass den angebotenen Dienstleistungen in Bezug auf die forensische Tätigkeit der internationale Charakter fehlte, hindert die nationalen Gerichte nicht, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Indizien dennoch ein Ausrichten der Tätigkeit auf einen anderen Staat anzunehmen. Denn keines der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien ist für sich alleine für die Annahme des Merkmals des Ausrichtens erforderlich oder ausschlaggebend. Der Europäische Gerichtshof misst dem Indiz des internationalen Charakters der Tätigkeit zudem nur eine begrenzte Wirkung zu (BGH, aaO Rn. 34 f).

bb) Das Berufungsgericht durfte in dem Schreiben der Beklagten zu 1 und 2 vom 3. Januar 2011 ein Werbeschreiben sehen, durch das ein Ausrichten begründet wird (vgl. BGH, aaO Rn. 25). Die Beklagten zu 1 und 2 haben mit ihrem Schreiben nicht nur einem die Bedingungen eines Anwaltsmandats erfragenden Interessenten geantwortet, sondern ihnen weder namentlich noch in der Zahl bekannte Mandanten der klägerischen Anwaltskanzlei beworben, um sie zu einem Vertragsschluss zu veranlassen. Weiter haben sie ihnen entweder ein ausdrückliches Angebot oder aber eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gemacht. Dadurch haben sie ihren Willen zum Ausdruck gebracht, in Deutschland ansässige Mandanten zum Abschluss eines Anwaltsvertrages zu motivieren (vgl. BGH, aaO Rn. 39 ff). Einen faktisch bereits ausgehandelten Anwaltsvertrag hat es ausweislich des Anschreibens vom 3. Januar 2011 nicht gegeben (BGH, aaO Rn. 40). Der Verbrauchergerichtsstand kann auch nicht deswegen verneint werden, weil der Kläger den Anwaltsvertrag mit den Beklagten zu 1 und 2 letztlich aufgrund einer dahin gehenden Beratung und Empfehlung durch seine deutschen Anwälte geschlossen hat. Gegen das Merkmal des Ausrichtens spricht jedenfalls nicht die fehlende (oder über den Zurechnungszusammenhang zu modifizierende) Kausalität oder Motivation durch die absatzfördernde Tätigkeit des Unternehmers, weil diese nicht erforderlich ist. Für das Merkmal des Verbrauchers kommt es darüber hinaus auf eine tatsächlich vorhandene Schutzbedürftigkeit nicht an, solange der Vertragspartner eines gutgläubigen Unternehmers nicht den Eindruck erweckt, er handele zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken (vgl. BGH, aaO Rn. 47). Zudem sind vorliegend den Beklagten zu 1 und 2 die absatzfördernden Handlungen der klägerischen Anwälte zuzurechnen. Die im Streitfall festgestellten Umstände sprechen für ein gemeinsames Vermarktungskonzept von klägerischen Anwälten und Beklagten. Deswegen ist die Empfehlung durch die klägerischen Anwälte, die Beklagten zu 1 und 2 zu beauftragen, diesen als Unternehmer zuzurechnen, weil sie mit deren Wissen und Wollen als Teil des Konzeptes erfolgt ist (vgl. BGH, aaO Rn. 48 ff).

b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter festgestellt, dass der Kläger Verbraucher im Sinne von Art. 15 LugÜ 2007 ist.

aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Verbraucher natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Begriff des Verbrauchers ist eng auszulegen und nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Es fallen nur Verträge unter diese Sonderregelung, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen schließt. Die Beweislast für die Verbrauchereigenschaft trägt derjenige, der sich darauf beruft (BGH, aaO Rn. 13).

bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger den Anwaltsvertrag allein zu nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zwecken mit den Beklagten zu 1 und 2 geschlossen hat, weil er die dem Anwaltsvertrag zugrundeliegenden Kapitalanlageverträge zu einem allein nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zweck geschlossen hat. Es hat sich nach Anhörung des Klägers davon überzeugt, dass dieser die Kapitalanlageverträge mit dem Unternehmen geschlossen hat, um sein privates Vermögen zu verwalten, nicht aber um Betriebsvermögen seiner GmbH oder seines Einzelhandelsunternehmens anzulegen. Unstreitig sei der Kläger gegenüber dem Schweizer Unternehmen unter seinem eigenen Namen und nicht namens der Gesellschaft oder seines Einzelhandelsunternehmens aufgetreten. Auch spreche die Natur der vermittelten Anlagen gegen die Annahme, das Geld sei zu betrieblichen Zwecken angelegt worden. Bei diesen handele es sich nämlich um aus dem Bereich der privaten Vermögensanlagen bekannte Anlageformen. Mit dem Kläger sei eine Vermögensanalyse durchgeführt worden, deren Fragen sich mit der privaten Lebens-, Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers befasst hätten. Für eine Vermögensanlage für betriebliche Zwecke könne der Senat keine Anhaltspunkte erkennen. Das gelte auch, wenn die Behauptung der Beklagten zutreffe, der Kläger habe die Mittel für die Geldanlagen in der Schweiz aus den (unversteuerten) Betriebseinnahmen seiner Gesellschaft oder seines Einzelhandelsunternehmens gezahlt.

Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, aaO Rn. 15). Solche Fehler weist die Revision nicht nach. Sie rügt insoweit lediglich, das Berufungsgericht habe gehörswidrig den Vortrag der Beklagten übergangen, der Kläger sei deswegen als Unternehmer anzusehen, weil er die Betriebseinnahmen seiner Gesellschaft und seines Einzelhandelsunternehmens bei dem Schweizer Unternehmen angelegt habe, die er als Bargeld am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft habe. Das angelegte Geld entstamme deswegen nicht seinem Privatvermögen und sei auch nicht aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt worden. Der Kläger hätte substantiiert vortragen und nachweisen müssen, dass er die angelegten Gelder in sein Privatvermögen überführt und dann aus seinem Privatvermögen in die Schweiz transferiert habe. Deswegen entbehre die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe als Verbraucher gehandelt, jeder tragfähigen Grundlage.

Der behauptete Gehörsverstoß liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten berücksichtigt, es kam auf diesen Vortrag nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch nicht an. Diese Ansicht des Berufungsgerichts ist auch richtig, weil der Vortrag unerheblich ist. Auch wenn der Kläger das Geld für die Kapitalanlagen aus den (unversteuerten) Betriebseinnahmen seiner Gesellschaft und seines Einzelhandelsunternehmens entnommen haben sollte, um dieses selbst am deutschen Fiskus vorbei in eigenem Namen in der Schweiz anzulegen, verfolgten die ihrem Wortlaut und Inhalt nach auf eine solche private Vermögensanlage ausgerichteten Anlageverträge keine beruflichen oder gewerblichen Zwecke. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die (möglicherweise strafrechtlich relevante) Herkunft des Geldes für die Zweckbestimmung unerheblich. Denn anderenfalls würde der Verbrauchergerichtsstand eine internationale Zuständigkeit selten begründen können, weil ein Verbraucher die Geldmittel für seine privaten Geschäfte regelmäßig mit beruflichen Einnahmen erwirtschaftet (BGH, aaO Rn. 17).

Auch soweit die Beklagten unter Hinweis auf § 286 ZPO rügen, dass das Berufungsgericht nicht ohne Nachweis den Angaben des informatorisch angehörten und wenig glaubwürdigen Klägers habe glauben dürfen, das Geld privat angelegt zu haben, greift die Rüge nicht durch. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgt die Beweiswürdigung auf der Grundlage des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer durchgeführten Beweisaufnahme. Den Inhalt der Verhandlungen bilden das gesamte Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung, der Inhalt der von ihnen eingereichten und in Bezug genommenen Schriftsätze und sonstigen Unterlagen und ihr sonstiges Prozessverhalten. Diese Vorgaben hat das Berufungsgericht eingehalten, indem es die klägerischen Angaben gewürdigt und mit den vorgelegten Urkunden abgewogen hat. Im Übrigen setzt die Revision lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts (vgl. BGH, aaO Rn. 16).

Die Geschäfte des Klägers im Zusammenhang mit der Verwaltung eigenen Privatvermögens lassen ihn nicht zum Unternehmer werden. Insbesondere steht das Vorliegen eines Gewinninteresses der Einordnung seiner Person als Verbraucher nicht entgegen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Anlage einer Privatperson einen solchen Umfang annimmt, dass sie eine kaufmännische Organisation erforderlich macht, kann dahin stehen, weil dies auf den Kläger nicht zutrifft (vgl. BGH, aaO Rn. 18).

c) Der Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ 2007 ist auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 3 gegeben, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat. Allerdings wurde die Beklagte zu 3 erst nach Abschluss des Anwaltsvertrages gegründet, sie wurde daher nicht originär Vertragspartnerin des Klägers im Sinne der genannten Regelung. Doch hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte zu 3 habe bei der Gründung das Geschäft der nicht im Handelsregister eingetragenen einfachen Gesellschaft T. , Rechtsanwälte, übernommen, und zwar mit allen Aktiven und Passiven. Nach dem Vortrag des Klägers hat dies nach Schweizer Recht zur Folge, dass die Beklagte zu 3 dem Kläger neben den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldnerin hafte. Dann aber bleibt es bei dem Verbrauchergerichtsstand auch gegenüber der Beklagten zu 3. Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ist es unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners des Verbrauchervertrages nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c/Art. 17 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO aF/nF, Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ 2007 verklagt. In beiden Fällen ist der Verbrauchergerichtsstand gegeben (BGH, aaO Rn. 52 f).

Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach dem LuganoÜbereinkommen ist es nicht erforderlich, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen. Das angerufene Gericht prüft im Stadium der Prüfung der internationalen Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach den Vorschriften des nationalen Rechts, sondern ermittelt nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen. Daher darf das nationale Gericht, soweit es nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach der genannten Bestimmung geht, die einschlägigen Behauptungen des Klägers zu den die internationale Zuständigkeit begründenden Merkmalen als erwiesen ansehen (BGH, aaO Rn. 54).

3. Hat mithin die Revision keine Aussicht auf Erfolg, steht die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen erst nach Einlegung der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision einer Revisionszurückweisung durch Beschluss nach § 552a ZPO nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2017 - IV ZR 373/13, nv Rn. 13; Zöller/Heßler ZPO , 31. Aufl., § 552a Rn. 3).

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanz: LG München II, vom 15.01.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 13 O 4779/14
Vorinstanz: OLG München, vom 20.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 15 U 845/16