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BGH - Entscheidung vom 27.06.2017

II ZR 5/16

Normen:
GenG § 18
BGB § 25
GenG § 18
BGB § 25
GenG § 18
BGB § 25
BGB § 138

Fundstellen:
BB 2017, 2561
DB 2017, 7
MDR 2017, 1376
NJW 2017, 9
ZIP 2017, 2096

BGH, Beschluss vom 27.06.2017 - Aktenzeichen II ZR 5/16

DRsp Nr. 2017/15368

Ermittlung der Grundlagen für eine Verbandsstrafe durch die Genossenschaft auf Grundlage eines Regelwerks unterhalb der Satzung; Festsetzung der Verbandsstrafe nach dem zum Zeitpunkt der Verletzung der Pflichten aus der Satzung anzuwendenden Satzungsrechts und der entsprechenden Strafbestimmungen

BGB § 25 a) Die der Genossenschaft obliegende Ermittlung der Grundlagen für eine Verbandsstrafe, die in ihren Grundzügen und auch hinsichtlich der Höchstgrenze in der Satzung selbst geregelt ist, kann auf ein Regelwerk unterhalb der Satzung gestützt werden (hier Bestimmung in der Milchlieferordnung zur Schätzung der satzungswidrig nicht an die Genossenschaft abgelieferten Milch).b) Entscheidend für die Festsetzung der Verbandsstrafe sind das zum Zeitpunkt der Verletzung der Pflichten aus der Satzung anzuwendende Satzungsrecht und die entsprechenden Strafbestimmungen.

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 17. Dezember 2015 gemäß § 552a ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1.115,79 € festgesetzt.

Normenkette:

GenG § 18 ; BGB § 25 ; BGB § 138 ;

Gründe

I. Die Klägerin macht mit ihrer Klage restliche Vergütung für Milchlieferungen geltend, die zwischen den Parteien außer Streit steht. Allein in Streit steht die von der Beklagten erklärte Hauptaufrechnung mit einer von ihr geltend gemachten Verbandsstrafe.

Die Klägerin war Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs und Mitglied der Beklagten. In § 12 der Satzung der Beklagten sind die Pflichten der Mitglieder aufgeführt. Es finden sich dort folgende Satzungsregeln:

"§ 12 Pflichten der Mitglieder

Jedes Mitglied hat die Pflicht, das Interesse der Genossenschaft zu wahren. Es hat insbesondere ...

h) sämtliche in seinem landwirtschaftlichen Betrieb gewonnene und nicht zum unmittelbaren Verbrauch im eigenen Wirtschaftsbereich ... benötigte Milch nach Maßgabe der jeweils geltenden Milchlieferungsordnung ausschließlich an die Genossenschaft zu liefern. ... Die Lieferungsverpflichtung bleibt bis zum Ausscheiden aus der Genossenschaft bestehen.

Bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs oder der Verpachtung an einen Dritten ist das Mitglied verpflichtet, gegenüber dem Erwerber oder Pächter darauf hinzuwirken, an seiner Stelle die Mitgliedschaft zu erwerben und gegenüber der Genossenschaft in die bestehende Milchlieferungsverpflichtung einzutreten. Eine Weigerung des Dritten, die Mitgliedschaft zu erwerben und gegenüber der Genossenschaft bestehenden Milchlieferungsverpflichtungen einzutreten, entbindet das Mitglied bei dennoch erfolgter rechtsgeschäftlicher Veräußerung oder Verpachtung bis zu seinem Ausscheiden aus der Genossenschaft nicht von seiner Milchlieferungsverpflichtung, ... . Die in diesem Fall im Betrieb des Dritten gewonnene Milch gilt zwischen der Genossenschaft und dem Mitglied als "im Betrieb des Milchlieferanten" gewonnene Milch, ...

k) bei Verstößen gegen wesentliche Mitgliedschaftspflichten unbeschadet sonstiger Schadensersatzansprüche der Genossenschaft die festgesetzten Strafen zu zahlen. Die Strafen können bei Zuwiderhandlung gegen die Pflichten ... gegen Buchstabe h bis zu 2,5 Cent je Kilogramm der satzungswidrig nicht gelieferten Milchmengen betragen.

l) seine Mitgliedschaft aufzugeben, wenn die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 nicht mehr gegeben sind."

Die vom Vorstand und vom Aufsichtsrat beschlossene Milchlieferungsordnung der Beklagten sieht in IV. 4. Satz 2 vor:

"Zur Ermittlung der nicht gelieferten Milchmenge kann die Molkerei die im Durchschnitt der letzten 24 Monate bis zur Einstellung der Lieferung angelieferten Milchmengen zugrunde legen."

Die Klägerin übertrug mit notariellem Vertrag vom 26. Juni 2013 mit Wirkung zum 1. Juli 2013 im Wege vorweggenommener Erbfolge den Betrieb an ihre Tochter. Diese brachte den Betrieb in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts per Gesellschaftsvertrag vom 1. Juli 2013 ein. Ab Oktober 2013 wurde keine Milch mehr an die Beklagte geliefert, sondern an einen anderen Abnehmer.

Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 29. April 2014 gegenüber der Vergütung der Klägerin in Höhe von 1.115,79 € unter Hinweis auf § 12 h) und k) der Satzung die Aufrechnung mit einer Verbandsstrafe, die sie nach dem durchschnittlichen Wert der Lieferung der Klägerin der letzten 24 Monate mit 13.347,75 € festsetze.

Das Amtsgericht hat die Aufrechnung für begründet erklärt und die Klageabgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Klägerin verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Klageantrag weiter.

II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Beklagte berechtigt gewesen sei, gegen die Klägerin gemäß § 12 der Satzung eine Verbandsstrafe festzusetzen. Eine Sanktion, die auf genossenschaftlicher Autonomie beruhe, sei nur dann für unwirksam zu erklären, wenn formelle Gründe, eine Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit, eine grobe Unbilligkeit oder eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung vorlägen.

Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Ein Verstoß gegen § 138 BGB liege nicht vor. Langfristige Bindungen beider Parteien lägen in ihrem beiderseitigen Interesse und seien deshalb nicht unangemessen. Die Satzung sehe eine entsprechende Pflicht zur Lieferung der nicht im Eigenverbrauch benötigten Milch während der Mitgliedschaft vor. Es bestünden keine grundsätzlichen Bedenken, wenn die Einstellung der Milchlieferung bei gewillkürter rechtsgeschäftlicher Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs zugunsten aller Genossen an Sanktionen geknüpft sei. Dies diene gerade der Einhaltung der Lieferverpflichtung. Ein Verstoß gegen § 1 GWB liege nicht vor, da § 28 GWB die Anwendung der Vorschrift ausschließe. § 28 GWB knüpfe ausdrücklich an den Erzeugerbetrieb an. Die Klägerin sei Inhaberin eines Erzeugerbetriebs gemäß § 28 Abs. 1 GWB gewesen. Daran habe auch die Einstellung der Milchablieferung an die Beklagte nichts geändert, zumal auch nach der Regelung des § 12 h) der Satzung die Klägerin Erzeugerin geblieben sei, weil die im Betrieb des Dritten gewonnene Milch zwischen der Genossenschaft und dem Mitglied als die "im Betrieb des Milchlieferanten" gewonnene Milch gelte. Die Höhe der Verbandsstrafe, die die Beklagte nach dem durchschnittlichen Produktionswert des klägerischen Betriebs für die Dauer der letzten 24 Monate berechnet habe, entspreche der Satzungsregelung des § 12 k).

2. Ein Zulassungsgrund nach § 543 ZPO besteht nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu beurteilen ist die Festsetzung einer Verbandsstrafe im Einzelfall. Die der Festsetzung zugrunde liegenden Satzungsbestimmungen gelten für eine begrenzte Anzahl von Mitgliedern der Beklagten. Die bei der gerichtlichen Überprüfung von Verbandsstrafen zu beachtenden Grundsätze sind in der Rechtsprechung des erkennenden Senats geklärt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2002 - II ZR 1/02, WM 2003, 292 ; Beschluss vom 19. Februar 2013 - II ZR 116/11, [...]). Klärungsbedürftig sind auch keine kartellrechtlichen Fragen, insbesondere diejenigen nach den Voraussetzungen des § 1 GWB . Nach § 28 GWB , dessen Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt unzweifelhaft vorgelegen haben, ist § 1 GWB nicht anwendbar.

3. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin wegen der durchgreifenden Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Anspruch auf Zahlung einer Verbandsstrafe zutreffend verneint.

a) Die Pflicht der Klägerin zur Ablieferung der in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gewonnenen Milch nach Maßgabe der jeweils geltenden Milchlieferungsordnung sowie die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass im Falle der rechtsgeschäftlichen Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs der Erwerber die Mitgliedschaft anstelle der Klägerin erwarb bzw. in die bestehende Milchlieferungsverpflichtung eintrat, war in § 12 h) satzungsrechtlich bestimmt. Für Verstöße gegen diese Verpflichtung war die Verwirkung einer Verbandsstrafe nach § 12 k) in Höhe bis zu 2,5 Cent je Kilogramm der satzungswidrig nicht gelieferten Milch ebenfalls satzungsrechtlich bestimmt.

aa) Soweit die Beklagte die Höhe der Verbandsstrafe hinsichtlich der Menge der satzungswidrig nicht gelieferten Milch nach dem Durchschnittswert der letzten 24 Monate bis zur Einstellung der Lieferung angelieferten Milch nach IV. 4. Satz 2 der Milchlieferungsordnung der Beklagten festgelegt hat, ist diese Regelung hinreichend satzungsrechtlich fundiert. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine auf Satzung beruhende, an das korporationsrechtlich begründete Gefüge von Rechten und Pflichten zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern anknüpfende Verbandsstrafe entsprechend den Regeln einer Vereinsstrafe zu behandeln (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2002 - II ZR 1/02, WM 2003, 292 , 294 mwN). Es handelt sich nicht um eine Vertragsstrafe, da sie anders als jene nicht auf Vertrag, sondern auf der Unterwerfung der Mitglieder unter die Satzung beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 - II ZR 116/11, [...] Rn. 5). Für die Satzung eines rechtsfähigen Vereins hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sie sämtliche das Vereinsleben bestimmende Leitprinzipien und Grundsatzregelungen, soweit sie nicht gesetzlich festgelegt sind, enthalten muss (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1983 - KZR 27/82, NJW 1984, 1355 ). Für die Begründung von Sonderpflichten für Mitglieder einer Genossenschaft ist Voraussetzung, dass die Satzung die Pflichten dem Grunde nach enthalten müssen. Die nähere Ausgestaltung der Verpflichtung der Mitglieder z.B. in Lieferungs- und Bezugsverordnungen kann jedoch auch durch die Satzung in die Zuständigkeit des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder der Gesellschafterversammlung gelegt werden (vgl. Schulte in Lang/Weidmüller, GenG , 35. Aufl., § 18 Rn. 31; Beuthien in Beuthien, GenG , 15. Aufl., § 18 Rn. 37; Kern in Hillebrand/Kessler, Berliner Kommentar z. GenG , 2. Aufl., § 18 Rn. 27). Dementsprechend hat es der Senat für rechtlich unbedenklich gehalten, dass die Satzung einer Genossenschaft die Festsetzung des Gegenwerts für die nach der Satzung abzuliefernde Milch auf den Vorstand und Aufsichtsrat delegieren darf (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juni 1983 - II ZR 224/82, WM 1983, 1006 und 9. Juni 1960 - II ZR 164/58, NJW 1960, 1858 , 1860). Nach der Auffassung des Reichsgerichts war es möglich, durch Satzung die Aufstellung einer Milchlieferungsverordnung unter Einschluss von Verbandsstrafen auf Organe der Genossenschaft zu übertragen (vgl. RGZ 47, 146 , 151 f.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann jedenfalls der hier fraglichen Bestimmung in der Milchlieferungsverordnung bezüglich der Bemessung der Verbandsstrafe eine hinreichende satzungsrechtliche Fundierung nicht abgesprochen werden. Die Verbandsstrafe selbst in ihren Grundzügen und auch hinsichtlich der Höchstgrenze mit 2,5 Cent pro Liter ist in der Satzung selbst enthalten wie auch die Bemessungsgrundlage, die satzungswidrig nicht gelieferte Milchmenge. Bei der fraglichen Vorschrift der Milchlieferungsverordnung, die hinsichtlich der nicht gelieferten Milch auf den Durchschnitt der in den letzten 24 Monaten bis zur Einstellung der Lieferung angelieferten Milchmenge abstellt, handelt es sich der Sache nach deshalb allein um eine solche, die die Ermittlung satzungswidrig nicht gelieferter Milchmenge durch eine Pauschalierung erleichtert. Die Regelung ist im Wesentlichen verfahrensrechtlicher Natur, da für die Beklagte die Ermittlung der tatsächlich nicht gelieferten Milchmenge, wovon die Vorinstanzen ausgegangen sind, nur schwer möglich ist.

bb) Diese Regelung ist im vorliegenden Fall zur Bemessung der Verbandsstrafe anwendbar, auch wenn sie im Zusammenhang mit einer in der Milchlieferordnung eigenständig geregelten Verbandsstrafe steht. Diese ist jedoch identisch mit derjenigen in § 12 h) der Satzung der Beklagten bis auf die Höhe des Betrages für das Kilogramm Milch, der noch in Pfennigbeträgen angegeben ist, weil die Satzung noch aus der Zeit vor der Euroeinführung stammt.

b) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Revision, die hier in Rede stehenden Satzungsbestimmungen insbesondere des § 12 h) und k), seien wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig.

Die Vorinstanzen haben hier mit Recht einen Verstoß gegen § 138 BGB verneint, da die entsprechenden Satzungsbestimmungen nicht sittenwidrig sind, weil sie nicht gegen die guten Sitten und nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Die Klägerin hat sich freiwillig als Mitglied der beklagten Genossenschaft angeschlossen. Damit hat sie sich zugleich freiwillig der satzungsrechtlich begründeten Pflicht, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gewonnene Milch an die Genossenschaft abzuliefern, unterworfen, ebenso wie der in der Satzung enthaltenen Strafbestimmung. Sie hat damit zugleich für die Dauer ihrer Mitgliedschaft die Sicherheit eines festen Abnehmers ihrer Milch und die Gewähr einer marktgerechten Bezahlung der gelieferten Milchmenge gehabt. Durch die Bündelung des Milchabsatzes durch die Genossenschaft stehen die einzelnen Milcherzeuger, die der Genossenschaft als Mitglied angehören, nicht mehr in einem Wettbewerb zueinander und haben durch die Bündelung ihrer Interessen bessere Marktchancen (vgl. Busse, WuW 2016, 154 ). Diese Vorteile rechtfertigen es, dass die Satzung der Beklagten den einzelnen Genossen auch Pflichten auferlegt. Die Genossenschaft hat ihrerseits Lieferverpflichtungen gegenüber Endabnehmern und Zahlungspflichten gegenüber den einzelnen Genossen. Die Genossenschaft hat deswegen auch ein anerkennenswertes Interesse daran, dass die hergestellte Milch nicht anderweitig am Markt angeboten wird und nicht in Konkurrenz zum eigenen Absatz tritt. Auch hat sie ein Interesse daran, dass sofortige Kündigungen nicht möglich sind, weil sie ihre Milchlieferung an Dritte einer veränderten Milchandienung anpassen können muss. Die Vorteile der sicheren Ablieferungsmöglichkeit und marktgerechten Entlohnung rechtfertigen demnach die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft und der damit verbundenen Milchandienungspflicht für die Dauer der Kündigungsfrist von zwei Jahren wie im vorliegenden Fall.

Es verstößt auch nicht gegen § 138 BGB , diese Milchandienungspflicht durch eine Strafbewehrung zu schützen (vgl. RGZ 47, 146 , 152). Im Gegensatz zur Auffassung der Revision wird dadurch nicht die Pflicht begründet, die Milchproduktion aufrecht zu erhalten. Eine Einstellung der Milchproduktion an sich ist durch die Satzung nicht unter Strafe gestellt. Wenn der Betrieb jedoch an einen Dritten veräußert wird und die Milchproduktion nicht eingestellt wird, führt dies dazu, dass bisher an die Beklagte abgelieferte Milch nunmehr anderweitig auf dem Markt angeboten wird und in Konkurrenz zum Absatz der Beklagten tritt. Ein Zwang, die Milchproduktion aufrecht zu erhalten, ist mit den in Rede stehenden Strafvorschriften der Beklagten nicht verbunden. Dementsprechend ist auch die negative Berufsfreiheit nicht verletzt. Auch liegt kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht vor. Die Klägerin ist an der Veräußerung zu den von ihr gewünschten Konditionen nicht gehindert. Dass sie im Verhältnis zur Beklagten mit der Verwirkung der Verbandsstrafe wirtschaftlich nachteilige Folgen in diesem Verhältnis erleidet, rechtfertigt sich daraus, dass sie freiwillig als Genossin die entsprechenden Verpflichtungen eingegangen ist und auch Vorteile aus der Milchablieferung durch eine gemeinsame Vermarktung gezogen hat.

c) Ohne Rechtsfehler ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die hier in Rede stehenden Satzungsbestimmungen nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB nach § 134 BGB unwirksam sind, da § 1 GWB wegen § 28 Abs. 1 Satz 1 GWB keine Anwendung findet. Die Revision bekämpft die von ihr ansonsten auch nicht in Abrede gestellte Befreiung für Milchliefergenossenschaften und ihre Mitglieder nach § 28 GWB im vorliegenden Fall damit, dass nach der Übertragung des Milch erzeugenden Betriebs wegen der Kündigungsfrist nach § 5 Abs. 3 der Satzung der Beklagten die Mitgliedschaft weiter bestehe, obwohl keine Milchproduktion mehr stattfinde.

Ob die Freistellung nach § 28 Abs. 1 GWB für eine Vereinigung von landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben auch gilt, wenn eine sogenannte gemischte Vereinigung vorliegt, ist umstritten. Sind neben Erzeugerbetrieben noch andere Unternehmen (im Sinne von § 1 GWB ) in einer Vereinigung zusammengeschlossen, so wird die Anwendbarkeit des § 28 GWB teilweise verneint (vgl. Nägele in Jaeger/Kokotsch/Pohlmann/Schröder, Frankfurter Kommentar z. Kartellrecht, 85. Lieferung Nov. 2015 § 28 Rn. 31; Immenga/Mestmäcker-Schweizer, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 28 GWB Rn. 23; offengelassen in BGH, Urteil vom 19. Oktober 1982 - KZR 31/81, GRUR 1983, 78 , 79 - Privatmolkerei). Zum Teil wird eine Anwendbarkeit des § 28 GWB davon abhängig gemacht, dass die Mitgliedschaft der nicht landwirtschaftliche Produkte erzeugenden Unternehmen nur untergeordnete Bedeutung in der Vereinigung landwirtschaftlicher Erzeugerbetriebe habe (Buth in Löwenheim/Meessen/ Riesenkampff/ Kerstin/Mayer-Lindemann, Kartellrecht, 3. Aufl., § 28 GWB Rn. 13). Teilweise wird auch bereits eine Mitgliedschaft einzelner Personen, die weder einen Erzeugerbetrieb noch ein anderes Unternehmen betreiben, für schädlich gehalten (vgl. Groteloh, AUR 2010, 129, 131).

Im vorliegenden Fall kann die Frage dahinstehen, ob die Mitgliedschaft der Klägerin in der Beklagten nach Übertragung des Erzeugerbetriebs auf ihre Tochter und damit als nicht mehr als Erzeugerin landwirtschaftlicher Produkte ab diesem Zeitpunkt einer Anwendbarkeit des § 28 GWB auf die Beklagte und ihre Satzung entgegensteht.

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist die Satzung nicht darauf angelegt, eine Mitgliedschaft zu begründen oder aufrecht zu erhalten, wenn keine Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte gemäß § 28 GWB vorliegt. Die Satzungsregelungen in § 12 h), k) und l) der Satzung bezwecken vielmehr, die Mitgliedschaften nicht mehr Milch produzierender Mitglieder zu vermeiden. Im Falle der rechtsgeschäftlichen Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs oder der Verpachtung an einen Dritten ist das Mitglied verpflichtet, gegenüber dem Erwerber oder Pächter darauf hinzuwirken, an seiner Stelle die Mitgliedschaft zu erwerben und gegenüber der Genossenschaft in die bestehende Milchlieferungsverpflichtung einzutreten. Die Satzung ist auch nicht zielgerichtet darauf ausgerichtet, dass das nicht mehr Milch produzierende Mitglied für eine Übergangszeit weiterhin Mitglied der Genossenschaft bleibt. Die Beendigung der Genossenschaftsmitgliedschaft ist nämlich nach § 6 Abs. 1 der Satzung auch jederzeit durch Übertragung des Geschäftsguthabens auf ein Mitglied bzw. ein werdendes Mitglied möglich. Gerade die Strafbewehrung der Verpflichtung zur Milchablieferung bzw. Weitergabe dieser Verpflichtung an einen Betriebsübernehmer verfolgt das Ziel, eine Mitgliedschaft ohne die Erzeugung von Milch zu vermeiden.

Die Anwendbarkeit des § 28 GWB scheitert hier auch nicht, unbeschadet der oben angesprochenen Rechtsfragen, an der Mitgliedschaft der Klägerin trotz Übertragung ihres Milch erzeugenden Betriebs an ihre Tochter. Nach § 12 h) i.V.m. k) der Satzung ist die Verbandsstrafe ausgelöst in dem Moment, in dem die rechtsgeschäftliche Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs erfolgte, ohne dass die Erwerberin an Stelle der Klägerin die Mitgliedschaft erwarb und gegenüber der Genossenschaft ab Übernahme des Betriebs in die bestehende Milchlieferungsverpflichtung eintrat. Zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt des Verstoßes der Klägerin gegen die Satzung der Beklagten war sie noch Inhaberin des Milch erzeugenden Betriebs, auch wenn die Verbandsstrafe durch den Vorstand der Beklagten noch konkret, insbesondere in der Höhe, festgesetzt werden musste.

Dass bei der Beklagten anderweitige Mitgliedschaften bestanden, die eine Anwendung des § 28 GWB zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt ausschließen sollen, macht die Klägerin nicht geltend. Entscheidend für die Festsetzung der Verbandsstrafe sind das zum Zeitpunkt der Verletzung der Pflichten aus der Satzung anzuwendende Satzungsrecht und die entsprechenden Strafbestimmungen (vgl. Reichart, Vereins- und Verbandsrecht, 13. Aufl., Rn. 2898 zum Vereinsrecht). Zu diesem Zeitpunkt war § 1 GWB gemäß § 28 Abs. 1 GWB nicht anwendbar.

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanz: AG Stolzenau, vom 26.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 3 C 189/14
Vorinstanz: LG Verden, vom 17.12.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 2 S 49/15
Fundstellen
BB 2017, 2561
DB 2017, 7
MDR 2017, 1376
NJW 2017, 9
ZIP 2017, 2096