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BGH - Entscheidung vom 30.08.2017

II ZA 5/17

Normen:
GKG § 66
GKG Anlage 1 Nr. 1826
ZPO § 317 Abs. 4

BGH, Beschluss vom 30.08.2017 - Aktenzeichen II ZA 5/17

DRsp Nr. 2017/15899

Erinnerung gegen den Kostenansatz; Wirksamkeit der Zustellung der Beschlussausfertigung

Das Gesetz sieht keine bestimmte äußere Form für den Ausfertigungsvermerk vor. Es genügt, dass die Abschrift durch die Unterschrift des Urkundsbeamten, das Gerichtssiegel oder den Dienststempel und Worte wie "Ausfertigung" oder "ausgefertigt" erkennen lässt, dass es sich um eine Ausfertigung handeln soll. Auch die Erklärung des Urkundsbeamten, dass die in der Ausfertigung wiedergegebenen Teile der Entscheidung gleichlautend mit denen der Urschrift sind, braucht nicht wörtlich im Ausfertigungsvermerk enthalten zu sein.

Tenor

Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz gemäß Kostenrechnung vom 12. Mai 2017 (Kassenzeichen 780017123432) wird zurückgewiesen.

Normenkette:

GKG § 66 ; GKG Anlage 1 Nr. 1826 ; ZPO § 317 Abs. 4 ;

Gründe

I. Die Beklagte hat in dem Zivilrechtsstreit 2 C 434/06 AG Kitzingen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die "Wiederaufnahme und Fortführung des Verfahrens" beantragt. Das Amtsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt; das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen hat die Beklagte mit Schreiben vom 18. März 2017 beim Bundesgerichtshof eine "Nichtzulassungsbeschwerde ... einschließlich eines PKH-Antrags" eingereicht. Mit weiterem Schreiben vom 8. April 2017 hat sie auf den Hinweis der Rechtspflegerin, dass eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts mangels Zulassung in der angefochtenen Entscheidung unstatthaft sei und ihr daher auch keine Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bewilligt werden könne, mitgeteilt, dass ihre Rechtsbeschwerde bestehen bleibe.

Mit Beschluss vom 25. April 2017 hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin für das Rechtsbeschwerdeverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt und ihre Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 22. Juni 2017 und vom 22. Juli 2017 gegen den Ansatz der Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 12. Mai 2017 (Kassenzeichen 780017123432) gewandt. Die Kostenbeamtin hat die Eingaben als Erinnerung nach § 66 GKG gewertet und dieser nicht abgeholfen.

II. Die Eingaben der Beklagten vom 22. Juni 2017 und vom 22. Juli 2017 sind als Erinnerung gegen den Kostenansatz auszulegen. Über die Erinnerung hat gemäß § 1 Abs. 5 , § 66 Abs. 6 GKG der Einzelrichter zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2015 - I ZB 73/14, NJW 2015, 2194 Rn. 7; Beschluss vom 8. Juni 2015 - IX ZB 52/14, NJW-RR 2015, 1209 Rn. 1).

III. Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 66 Abs. 1 GKG ) Erinnerung der Beklagten hat keinen Erfolg.

1. Die angesetzte Gebühr gemäß Kostenverzeichnis Nr. 1826 der Anlage 1 zum GKG ist in der angegebenen Höhe von 120 € angefallen, da die Rechtsbeschwerde der Beklagten mit dem Beschluss des II. Zivilsenats vom 25. April 2017 als unzulässig verworfen worden ist. Diese Gebühr ist nach der Kostenentscheidung des Senats im Beschluss vom 25. April 2017 von der Beklagten zu tragen.

2. Dagegen macht die Beklagte ohne Erfolg geltend, es fehle bereits an einer rechtskräftigen Entscheidung über die Verwerfung ihrer Rechtsbeschwerde, da die ihr zugestellte Ausfertigung des Beschlusses vom 25. April 2017 in mehrfacher Hinsicht nicht dem Beurkundungsgesetz49 BeurkG ) entspreche und daher unwirksam sei.

Entgegen der Ansicht der Beklagten setzt die Wirksamkeit der Zustellung der Beschlussausfertigung gemäß § 329 Abs. 1, Abs. 3, § 317 Abs. 2 Satz 1 und 2 , Abs. 3 und 4 ZPO nicht voraus, dass der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine Datumsangabe enthält (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2007 - XII ZB 82/06, NJW 2007, 3640 Rn. 21). Das Gesetz stellt für den Ausfertigungsvermerk keine über die Mindestanforderungen des § 317 Abs. 4 ZPO (Unterschrift, Gerichtssiegel) hinausgehenden Erfordernisse auf. Auch das Beurkundungsgesetz sieht in § 49 Abs. 2 Satz 1 BeurkG für die notarielle Ausfertigung die Angabe des Tages ihrer Erteilung lediglich als Sollvorschrift vor (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2007 - XII ZB 82/06, NJW 2007, 3640 Rn. 21 mwN).

Auch die Erklärung des Urkundsbeamten, dass die in der Ausfertigung wiedergegebenen Teile der Entscheidung gleich lautend mit denen der Urschrift sind, braucht - anders als die Beklagte meint - nicht wörtlich im Ausfertigungsvermerk enthalten zu sein. Das Gesetz sieht eine bestimmte äußere Form für den Ausfertigungsvermerk nicht vor. Es genügt, dass die Abschrift durch die Unterschrift des Urkundsbeamten, das Gerichtssiegel oder den Dienststempel und Worte wie "Ausfertigung" oder "ausgefertigt" erkennen lässt, dass es sich um eine Ausfertigung im Sinne von § 317 Abs. 4 ZPO handeln soll (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 132/09, BGHZ 186, 22 Rn. 8 mwN).

Soweit die Beklagte weiter geltend macht, dass der ihr zugestellte Beschluss von den zuständigen Richtern nicht unterschrieben worden sei, ist sie in den Instanzen bereits wiederholt darauf hingewiesen worden, dass Entscheidungsausfertigungen von den zuständigen Richtern nicht unterschrieben werden und sich das unterzeichnete Original der Entscheidung - wie hier der Beschluss vom 25. April 2017 im hiesigen Senatsheft - bei den Gerichtsakten befindet.

Nicht durchgreifend ist schließlich auch der Einwand der Beklagten, der Beschluss vom 25. April 2017 sei ihr als Ausfertigung zugestellt worden, obwohl Gerichtsurteile gemäß §§ 315 , 317 ZPO den Parteien nur in beglaubigter Abschrift und Ausfertigungen nur auf Antrag zuzustellen seien. Der Zweck der Zustellung wird im vorliegenden Fall mit der Zustellung einer Beschlussausfertigung ebenso erfüllt wie mit der Zustellung einer beglaubigten Abschrift. Zweck der Zustellung ist es - neben dem Nachweis des Zeitpunkts der Übergabe -, dem Adressaten gegenüber die Gelegenheit zur Kenntnisnahme von dem zuzustellenden Schriftstück zu gewährleisten (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1992 - II ZR 242/91, BGHZ 118, 45 , 47). Diese Kenntnisnahme ist hier auch mit der Zustellung einer Ausfertigung der Entscheidung gewährleistet, da bei Beschlüssen infolge der fehlenden Verweisung in § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf § 317 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch bei Ausfertigungen eine vollständige Wiedergabe der Urschrift erforderlich und eine abgekürzte Ausfertigung unzulässig ist (vgl. MünchKommZPO/Musielak, 5. Aufl., § 329 Rn. 13; Hk-ZPO/Saenger, 7. Aufl., § 329 Rn. 32). Die Zustellung einer solchen (vollständigen) Ausfertigung gewährleistet demnach ebenso wie eine beglaubigte Abschrift des Dokuments die Möglichkeit der Kenntnisnahme und ist somit weder unzulässig noch unwirksam (vgl. Zöller/Stöber, ZPO , 31. Aufl., § 169 Rn. 13; Vollkommer, ebenda, § 317 Rn. 2; Hk-ZPO/Siebert, ZPO , 7. Aufl., § 169 Rn. 6).

3. Von der Erhebung der Kosten ist auch nicht deshalb abzusehen, weil der Senat - wie die Beklagte weiter geltend macht - vorab über ihren Prozesskostenhilfeantrag hätte entscheiden müssen und die gleichzeitige Verwerfung ihrer Rechtsbeschwerde deswegen als unrichtige Sachbehandlung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG ) anzusehen wäre.

Zwar kann ein Absehen von der Kostenerhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG auch im Rahmen einer Erinnerung gemäß § 66 GKG geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2005 - XII ZR 217/04, NJW-RR 2005, 956 Rn. 3 ff.; Beschluss vom 6. Juni 2007 - III ZB 16/07, RVGReport 2007, 360 Rn. 4; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., § 21 GKG Rn. 66, § 66 Rn. 23 "Nichterhebung"). Es liegt jedoch keine unrichtige Sachbehandlung durch den Senat vor. Die Beklagte hat bereits mit ihrem ersten Schreiben vom 18. März 2017 eine ausdrücklich als solche überschriebene Nichtzulassungsbeschwerde "einschließlich eines PKH-Antrags" übersandt. Dass hiermit noch keine Einlegung des Rechtsmittels, verbunden mit einem gleichzeitigen Prozesskostenhilfeantrag für das Rechtsmittelverfahren, gemeint war, sondern die Beklagte zunächst lediglich eine Bescheidung ihres Prozesskostenhilfeantrags begehrte und erst danach über die Einlegung der Rechtsbeschwerde entscheiden wollte, war auch ihren weiteren Ausführungen im Schreiben vom 18. März 2017 nicht zu entnehmen. Zudem hat die Beklagte in ihrem weiteren Schreiben vom 8. April 2017 ausdrücklich erklärt, dass ihre Rechtsbeschwerde trotz des Hinweises auf deren Unstatthaftigkeit bestehen bleibe. Dies war - da eine an die Bedingung der Prozesskostenhilfe geknüpfte Rechtsmitteleinlegung unzulässig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2010 - XII ZB 113/10, FamRZ 2011, 29 Rn. 17) - als unbedingte Erhebung bzw. Weiterverfolgung der Rechtsbeschwerde zu verstehen, die dementsprechend auch zutreffend durch den Senat als solche beschieden worden ist.

IV. Das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG ).

Vorinstanz: AG Kitzingen, vom 02.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 C 434/06
Vorinstanz: LG Würzburg, vom 14.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 T 498/17