Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 21.09.2017

2 StR 498/16

Normen:
StPO § 349 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 21.09.2017 - Aktenzeichen 2 StR 498/16

DRsp Nr. 2017/16964

Aufhebung des Strafausspruchs mangels gerichtlicher Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten; Wesentlichkeit der Kenntnis des Werdegangs und der Lebensverhältnisse des Angeklagten für die Strafzumessung und deren rechtliche Überprüfung

Für die Strafzumessung und deren rechtliche Überprüfung ist die Kenntnis vom Werdegang und den Lebensverhältnissen des Angeklagten wesentlich. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, ob die Zumessung einer verhängten Freiheitsstrafe auf der gebotenen wertenden Gesamtschau des Tatgeschehens sowie des Täters und der für seine Persönlichkeit, sein Vorleben und sein Nachtatverhalten aussagekräftigen Umstände beruht.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 27. Juli 2016 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, wovon es neun Monate als vollstreckt erklärt hat. Nach Aufhebung dieses Urteils mit den Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tatgeschehen aufgrund einer Revision des Angeklagten (Senat, Urteil vom 3. Juni 2015 - 2 StR 473/14, NStZ 2016, 84 ) hat es den Angeklagten nunmehr wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es angeordnet, dass neun Monate dieser Strafe als bereits vollstreckt gelten. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

Die Verfahrensrügen haben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.

II.

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts veranlasste Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO ).

III.

Der Strafausspruch kann indes nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten getroffen hat.

1. Für die Strafzumessung und deren rechtliche Überprüfung ist grundsätzlich die Kenntnis vom Werdegang und den Lebensverhältnissen des Angeklagten wesentlich. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, ob die Zumessung einer verhängten Freiheitsstrafe auf der gebotenen wertenden Gesamtschau des Tatgeschehens sowie des Täters und der für seine Persönlichkeit, sein Vorleben und sein Nachtatverhalten aussagekräftigen Umstände beruht (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Juli 1992 - 4 StR 270/92; BGH, Beschluss vom 10. März 1992 - 1 StR 111/92; Senat, Beschluss vom 22. März 1995 - 2 StR 51/95, jeweils mwN).

2. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil bezüglich der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen "ebenso wie zum übrigen Verfahrensablauf seit Aufnahme der Ermittlungen im August 2007" auf das Urteil des Landgerichts vom 29. Juli 2014 verwiesen. Außerdem hat es festgestellt, dass der Angeklagte durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. November 2013 zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt wurde und dass insoweit Pfändungen erfolgt sind. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen, insbesondere zu seinem Werdegang und seinen Lebensverhältnissen im Übrigen, hat es nicht getroffen.

3. Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung, da der Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen kann, dass eine nähere Feststellung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten zur Festsetzung einer für ihn günstigeren Freiheitsstrafe geführt hätte.

Vorinstanz: LG Gießen, vom 27.07.2016