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BGH - Entscheidung vom 13.07.2017

I ZR 64/16

Normen:
ZPO § 322 Abs. 1, § 767
ZPO § 322 Abs. 1, § 887
ZPO § 322 Abs. 1, § 888
ZPO § 322 Abs. 1
ZPO § 767
ZPO § 887
ZPO § 888
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 322 Abs. 1
ZPO § 561
ZPO § 767
ZPO § 887
ZPO § 888

BGH, Urteil vom 13.07.2017 - Aktenzeichen I ZR 64/16

DRsp Nr. 2017/17578

Anwendbarkeit der für die Rechtskraft von Urteilen geltenden Bestimmungen auf formell rechtskräftige Beschlüsse nach § 888 Zivilprozessordnung ( ZPO ); Zwangsmittelbeschluss wegen der Nichtvornahme einer dem Schuldner auferlegten unvertretbaren Handlung; Nichterfüllung des gerichtlich angeordneten Gebots als Vorfrage für die Anordnung des Zwangsmittels

a) Die für die Rechtskraft von Urteilen geltenden Bestimmungen der §§ 322 bis 327 ZPO sind grundsätzlich auf mit dem Ablauf der Rechtsbehelfsfrist oder mangels eines statthaften Rechtsbehelfs formell rechtskräftige Beschlüsse nach § 888 ZPO entsprechend anwendbar, soweit diese auch inhaltlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten.b) Bei einem Zwangsmittelbeschluss wegen der Nichtvornahme einer dem Schuldner auferlegten unvertretbaren Handlung ist die Nichterfüllung des gerichtlich angeordneten Gebots Vorfrage für die Anordnung des Zwangsmittels und nimmt als solche nicht an der Rechtskraft des Zwangsmittelbeschlusses teil.c) Das für die Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht auch dann, wenn ein Vollstreckungstitel zwar vorliegt, die Beteiligten aber über die Reichweite der Urteilsformel streiten.d) Der Umstand, dass über die Auslegung eines Vollstreckungstitels bereits in einem Vollstreckungsverfahren entschieden worden ist, steht dem Interesse an der abschließenden Klärung des insoweit bestehenden Streits in einem ordentlichen Verfahren nicht entgegen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts Schleswig vom 10. März 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Normenkette:

ZPO § 256 Abs. 1 ; ZPO § 322 Abs. 1 ; ZPO § 561 ; ZPO § 767 ; ZPO § 887 ; ZPO § 888 ;

Tatbestand

Der Beklagte ist ein Verbraucherschutzverein.

Mit der in der vorliegenden Sache erhobenen Vollstreckungsabwehrklage wendet sich die Klägerin gegen die Vollstreckung aus Ziffer 6 des rechtskräftigen Urteils des Oberlandesgerichts Schleswig vom 26. März 2013 ( 2 U 7/12, MMR 2013, 579 ).

Die Urteilsformel zu Ziffer 6 des Vorprozesses hat folgenden Inhalt:

Die Beklagte [Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits] wird verurteilt, dem Kläger [Beklagter des vorliegenden Prozesses] Auskunft darüber zu erteilen, welche Gewinne sie in der Zeit vom 10. Oktober 2011 bis 27. Juni 2012 dadurch erlangt hat, dass sie aufgrund der streitgegenständlichen Rücklastschriftgebührenklausel von ihren Kunden Pauschalen in Höhe von 20,95 €, 14,95 € bzw. 10 € verlangt hat. Dazu hat sie dem Kläger kaufmännisch darüber Rechnung zu legen, in welchen Fällen sie im genannten Zeitraum Rücklastschriftpauschalen in welcher Höhe erlangt hat und wie hoch der ihr in diesen Fällen jeweils tatsächlich entstandene Schaden war. Die Beklagte kann die Rechnungslegung gegenüber einem vom Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen, sofern sie die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn gleichzeitig ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Antrag mitzuteilen, ob in der Rechnungslegung ein oder mehrere bestimmte Rücklastschriftfälle enthalten sind.

Der Beklagte beantragte Anfang Oktober 2014 zur Erzwingung der Auskunft die Festsetzung eines Zwangsgeldes. Am 13. November 2014 teilte der Wirtschaftsprüfer, den der Beklagte beauftragte hatte, diesem mit, dass der Gewinn der Klägerin 269.172 € betrage. Weitere Angaben machte der Wirtschaftsprüfer nicht, weil er nach dem Willen der Klägerin zu Art und Höhe der berücksichtigten Rechnungsposten nichts sagen durfte. Mit Beschluss vom 27. Januar 2015 setzte das Oberlandesgericht Schleswig - das Landgericht hatte die Verhängung eines Zwangsgeldes abgelehnt - ein Zwangsgeld in Höhe von 12.500 € fest.

Das Landgericht hat auf die in der vorliegenden Sache erhobene Vollstreckungsabwehrklage die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 6 des Urteils vom 26. März 2013 (Klageantrag zu 1) für unzulässig erklärt (LG Kiel, Urteil vom 19. Juni 2015 - 17 O 48/15, [...]). Die Berufung des Beklagten hat zur Abweisung der Klage als unzulässig und auf die vom Beklagten hilfsweise für den Fall der Abweisung der Klage erhobene Widerklage zu der Feststellung geführt,

dass die Klägerin aufgrund Ziffer 6 des Urteils vom 26. März 2013 verpflichtet ist, dem Beklagten mitzuteilen,

a)

welche Einnahmen sie durch die Vereinnahmung der Rücklastschriften in Höhe von 20,95 €, 14,95 € und 10 € im Auskunftszeitraum jeweils erzielt hat und

b)

welche Ausgabenpositionen in welcher Höhe sie gewinnschmälernd in Abzug bringen will (OLG Schleswig, Urteil vom 10. März 2016 - 2 U 7/15, [...]).

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit mit ihm dem Klageantrag zu 1 stattgegeben worden ist, und die Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin als unzulässig und die Hilfswiderklage des Beklagten als zulässig und begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Der auf den Erfüllungseinwand gestützten Vollstreckungsabwehrklage stehe die Rechtskraft des Zwangsgeldbeschlusses vom 27. Januar 2015 entgegen. Mit ihm sei der Erfüllungseinwand bereits geprüft und verneint worden. Beschlüsse nach §§ 887 , 888 ZPO erwüchsen mit ihrer Unanfechtbarkeit in materielle Rechtskraft. Mit einer formell rechtskräftigen Ablehnung der Zwangsgeldfestsetzung stehe zwischen den Parteien bindend fest, dass der Schuldner nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung angehalten werden könne, etwas zu leisten, was über das bereits Geleistete hinausgehe. Für den im Streitfall gegebenen umgekehrten Fall, dass das Gericht den Erfüllungseinwand des Schuldners im Zwangsgeldverfahren nach § 888 ZPO bereits geprüft habe und nach Auslegung des Titels zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die titulierte Forderung noch nicht erfüllt sei, müsse dasselbe gelten. Eine vom Schuldner nach erfolgloser Geltendmachung des Erfüllungseinwands im Vollstreckungsverfahren nach §§ 887 , 888 ZPO erhobene Vollstreckungsabwehrklage sei daher unzulässig.

Die Hilfswiderklage sei zulässig und begründet. Der Beklagte habe ein berechtigtes Interesse, für die weitere Vollstreckung mit Bindungswirkung zwischen den Parteien Gewissheit darüber zu erlangen, in welchem Umfang die Klägerin ihm noch Auskunft erteilen müsse. Was genau unter dem Begriff "Gewinn" zu verstehen sei, sei im Tenor des Urteils vom 26. März 2013 nicht konkretisiert worden. Aus dem Ziel des im Wege der Stufenklage verfolgten Auskunftsantrags, den Zahlungsantrag für die Gewinnabschöpfung vorzubereiten, folge im Kontext dieser Entscheidung, dass die Auskunft darüber, welche Gewinne die Klägerin dadurch erlangt habe, dass sie die im Tenor genannten Rücklastschriftpauschalen vereinnahmt habe, zumindest erkennen lassen müsse, in welcher konkreten Höhe sie jeweils Einnahmen aus der Zahlung dieser Pauschalen erzielt habe und welche abzugsfähigen Kostenpositionen angefallen seien.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Vollstreckungsabwehrklage mit dem von der Klägerin im dritten Rechtszug weiterverfolgten Klageantrag zu 1 zwar zu Unrecht als unzulässig abgewiesen (dazu unter II 1). Seine Entscheidung stellt sich insoweit jedoch im Ergebnis als richtig dar, weil der Klageantrag zu 1 zwar nicht unzulässig, aber unbegründet ist (dazu unter II 2). Die Hilfswiderklage des Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht als zulässig und begründet angesehen (dazu unter II 3).

1. Das Berufungsgericht hat die Klage mit dem Klageantrag zu 1 zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, ihrer Zulässigkeit stehe entsprechend § 322 Abs. 1 ZPO die materielle Rechtskraft des im Vollstreckungsverfahren ergangenen Zwangsmittelbeschlusses gemäß § 888 ZPO vom 27. Januar 2015 entgegen, mit dem der Erfüllungseinwand, der auch Gegenstand der Vollstreckungsabwehrklage sei, bereits geprüft und verneint worden sei.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vollstreckungsabwehrklage gegen das Auskunftsurteil sei im Grundsatz statthaft, weil der Einwand der Erfüllung des titulierten Anspruchs aufgrund der Auskunft des Wirtschaftsprüfers vom 13. November 2014 nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sei. Er beruhe auf Gründen, die erst nach der am 24. Juli 2014 eingetretenen Rechtskraft des Urteils vom 26. März 2013 entstanden seien. Diese Beurteilung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden und wird auch von der Revisionserwiderung nicht angegriffen.

b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die für die Rechtskraft von Urteilen geltenden Bestimmungen der §§ 322 bis 327 ZPO grundsätzlich für nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist oder mangels eines statthaften Rechtsbehelfs formell rechtskräftige Beschlüsse entsprechend gelten, soweit diese Beschlüsse auch inhaltlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03, NJW 2004, 1805 , 1806 mwN; Beschluss vom 23. Mai 2012 - VII ZB 31/11, NJW-RR 2012, 1148 Rn. 13; RGZ 167, 328 , 332). Das kann auch bei einem Beschluss nach § 888 ZPO , durch den das Prozessgericht des ersten Rechtszugs über den Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Zwangsmittels zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung des Schuldners entscheidet, der Fall sein (zu § 887 ZPO : BGH, Urteil vom 22. Juni 1995 - IX ZR 100/94, NJW 1995, 3189 , 3190; Musielak/Voit/Musielak, ZPO , 14. Aufl., § 329 Rn. 17; zu § 888 ZPO : RGZ 167, 328 , 332; OLG Celle, OLGR 2000, 59; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 5. Aufl., § 322 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/ Büscher, ZPO , 4. Aufl., § 322 Rn. 22; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO , 38. Aufl., § 322 Rn. 3).

c) Im Streitfall ist der Beschluss, durch den das Prozessgericht gegen die Klägerin ein Zwangsgeld festgesetzt hat, materiell rechtskräftig geworden. Die materielle Rechtskraft erfasst aber nicht die in den Beschlussgründen enthaltene Beurteilung, dass die Klägerin den Auskunftsanspruch bislang nicht erfüllt hat.

aa) Durch einen Zwangsmittelbeschluss gemäß § 888 ZPO wird gegen den Schuldner wegen der Nichtvornahme einer ihm gerichtlich auferlegten unvertretbaren Handlung ein Zwangsmittel angeordnet. Die Nichtvornahme der Handlung ist Element der Entscheidungsbegründung des Zwangsgeldbeschlusses. Die Nichterfüllung des gerichtlich angeordneten Gebots ist Vorfrage für die Anordnung des Zwangsmittels und nimmt als solche nicht an der Rechtskraft des Zwangsmittelbeschlusses teil (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 - I ZR 172/05, GRUR 2008, 360 Rn. 23 = WRP 2008, 249 - EURO und Schwarzgeld; Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 26 = WRP 2012, 266 - EIFEL-Zeitung; Ahrens/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl., Kap. 68 Rn. 24, jeweils zu Ordnungsmittelbeschlüssen gemäß § 890 ZPO ; aA zu § 888 ZPO RGZ 167, 328 , 332 ff.). So wird beim Anordnungsbeschluss nach § 887 Abs. 1 ZPO nur rechtskräftig festgestellt, dass der Gläubiger befugt ist, eine bestimmte Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen (vgl. BGH, NJW 1995, 3189 , 3190). Die Rechtskraft des dem Antrag stattgebenden Beschlusses reicht wie beim Urteil über die Entscheidungsformel nicht hinaus. Begründungselemente nehmen an der materiellen Rechtskraft nicht teil (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1964 - Ia ZR 193/63, BGHZ 42, 340 , 350 - Gliedermaßstäbe; Urteil vom 5. November 2009 - IX ZR 239/07, BGHZ 183, 77 Rn. 14 f.). Rechtskräftig festgestellt ist damit nur die Beschlussformel, durch die dem Schuldner ein bestimmtes Zwangsmittel zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung auferlegt wurde. Für das vorliegende Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist durch den Beschluss nach § 888 ZPO nicht materiell rechtskräftig festgestellt, dass der Auskunftsanspruch durch die Angaben des Wirtschaftsprüfers vom 13. November 2014 nicht erfüllt ist. Auch wenn gegen den Schuldner wegen einer in der Vergangenheit liegenden Untätigkeit ein Zwangsmittel verhängt worden ist, kann er daher im Wege der Vollstreckungsabwehrklage das gegen ihn ergangene Urteil vom 26. März 2013 mit Wirkung für die Zukunft aufheben lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1992 - VII ZR 272/90, NJW 1993, 1394 , 1395 f.; BGH, NJW 1995, 3189 , 3190; MünchKomm.ZPO/K. Schmidt/Brinkmann aaO § 767 Rn. 11; Brehm in Stein/Jonas, ZPO , 22. Aufl., § 827 Rn. 27 in Verbindung mit § 888 Rn. 48).

bb) Eine Verurteilung des Beklagten stünde auch nicht in Widerspruch zu dem Grundsatz, dass eine Partei mit dem Vortrag zu Tatsachen, die im Zeitpunkt einer zuvor getroffenen Entscheidung schon vorhanden waren und darauf gerichtet sind, das kontradiktorische Gegenteil der im Vorprozess festgestellten Rechtsfolge auszusprechen, ausgeschlossen ist, soweit diese Tatsachen bei natürlicher Anschauung zu dem im vorangegangenen Verfahren vorgetragenen Lebenssachverhalt gehören. Die Tatsachenpräklusion ist kein Institut neben der materiellen Rechtskraft, sondern nur die notwendige Kehrseite der Maßgeblichkeit der Entscheidung. Dementsprechend geht diese Präklusion nicht über die Rechtskraftwirkungen der ersten Entscheidung hinaus, auch wenn mit der neuen Klage ein wirtschaftlich identisches Ziel verfolgt wird und sich die Tatsachen überschneiden (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2016 - V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 17 f. mwN).

2. Die Revision der Klägerin hat aber deshalb keinen Erfolg, weil deren Klage zwar nicht unzulässig, aber unbegründet ist und das die Klage abweisende Berufungsurteil sich daher im Ergebnis als richtig darstellt (§ 561 ZPO ).

a) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Ausführungen zur Frage der Begründetheit des Klageantrags zu 1 gemacht. Das ist jedoch unschädlich, weil das Berufungsgericht die notwendigen Feststellungen im Rahmen der Entscheidung über die Widerklage getroffen hat.

b) Soweit das Rechtsmittelgericht einen Antrag, den die Vorinstanz als unzulässig abgewiesen hat, als unbegründet ansieht, hat es das Rechtsmittel der Klagepartei mit der Maßgabe als unbegründet zurückzuweisen, dass der Antrag als unbegründet abgewiesen wird, ohne dass dem das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (reformatio in peius) entgegensteht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. April 1988 - VII ZR 372/86, BGHZ 104, 212 , 214; Beschluss vom 26. September 1995 - KVR 25/94, BGHZ 130, 390 , 399 - Stadtgaspreise; Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 Rn. 29 = WRP 2013, 327 - Honorarkürzung; Urteil vom 24. März 2016 - IX ZR 259/13, NJW 2016, 3239 Rn. 25; Urteil vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 47, jeweils mwN).

c) Die mit dem Klageantrag zu 1 erhobene Vollstreckungsabwehrklage erweist sich in der Sache als unbegründet. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, die Auskunftspflicht erfüllt zu haben, die das Berufungsgericht ihr im Vorprozess gemäß Ziffer 6 des Tenors seines Urteils auferlegt hat.

aa) Nach Ziffer 6 Satz 1 des Tenors des Urteils vom 26. März 2013 hat die Klägerin dem Beklagten Auskunft über die Pauschalbeträge zu geben, die sie von Kunden in der Zeit vom 10. Oktober 2011 bis zum 27. Juni 2012 aus der Verwendung der in Ziffer 1 dieses Urteils näher beschriebenen Klausel über Rücklastschriftgebühren erlangt hat. Dazu hat sie nach Ziffer 6 Satz 2 des Urteils dem Beklagten kaufmännisch Rechnung darüber zu legen, in welchen Fällen sie Rücklastschriftpauschalen in welcher Höhe erlangt hat und wie hoch der ihr in diesen Fällen jeweils tatsächlich entstandene Schaden war. Diese insgesamt eine Rechnungslegungspflicht der Klägerin begründende Regelung sollte es dem Beklagten ermöglichen, auf der nächsten oder - soweit eine eidesstattliche Versicherung abzugeben war - übernächsten Stufe seine Klage auf Herausgabe des Verletzergewinns gemäß § 10 UWG zu beziffern. Damit sind auch der Inhalt dieser Rechnungslegungspflicht sowie die Frage, ob die Klägerin sie durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen gebracht hat, unter Berücksichtigung dieses Zwecks zu bestimmen.

bb) Der Umstand, dass nach Ziffer 6 Satz 3 des Tenors des Urteils vom 26. März 2013 die Klägerin die Rechnungslegung gegenüber einem vom Beklagten bezeichneten, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen kann, besagt nicht, dass sie lediglich die Rechnungsparameter in der von ihr an sich geschuldeten Zusammenstellung dem Wirtschaftsprüfer mitzuteilen hat und sich gegenüber dem Beklagten auf die Mitteilung des bloßen Ergebnisses beschränken darf. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass einer solchen Sichtweise nicht nur der Wortlaut der Ziffer 6 Satz 3 des Tenors, sondern auch der Aufbau der in Ziffer 6 des Tenors geregelten Auskunftspflicht entgegensteht. Die Klägerin ist nach Ziffer 6 Satz 1 dem Beklagten zur Auskunft verpflichtet. Dazu hat sie nach Ziffer 6 Satz 2 dem Beklagten Rechnung zu legen. Die Rechnung kann die Klägerin nach Ziffer 6 Satz 3 einem Wirtschaftsprüfer legen.

cc) Schon der Wortlaut des Auskunftstenors deutet darauf hin, dass die Klägerin dem Beklagten die Auskunft zu erteilen hat, während die Rechnungslegung nach ihrer Wahl gegenüber dem Beklagten oder einem Wirtschaftsprüfer erfolgen kann. Verbleibende Zweifel sind durch Auslegung der Urteilsformel anhand des Tatbestands und der Entscheidungsgründe und unter bestimmten Voraussetzungen anhand der Klagebegründung und des Parteivortrags zu klären (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14, GRUR 2015, 1248 Rn. 20). Das Prozessgericht, das als zuständiges Vollstreckungsorgan über eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den es selbst erlassen hat, kann bei der Auslegung des Titels sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren mit heranziehen und damit Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Titels liegen (vgl. BGH, GRUR 2015, 1248 Rn. 22). Entsprechendes gilt für das Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage.

dd) Das Berufungsgericht hat im Zusammenhang mit seiner Entscheidung über die Widerklage ausgeführt, dass die Klägerin nach dem Wortlaut der Urteilsformel über die Gewinne Auskunft zu erteilen hat und sie deshalb nicht nur ein Gesamtergebnis mitteilen darf, sondern die Angaben nach den jeweiligen Pauschalen aufspalten muss. Weiter hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin die Einnahmen und Ausgaben anzugeben hat, um dem Beklagten durch die Auskunft eine Überprüfung zu ermöglichen. Erst durch eine solche grobe Aufschlüsselung sei der Beklagte in der Lage, zur Vorbereitung der Zahlungsklage zu prüfen, ob die Ermittlung des nach § 10 UWG abzuschöpfenden Gewinns zutreffend erfolgt sei. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

(1) Im Wortlaut der Urteilsformel zu Ziffer 6 ist die Unterscheidung zwischen dem Auskunftsanspruch und dem Rechnungslegungsanspruch, der gegenüber einem Wirtschaftsprüfer erfüllt werden kann, bereits angelegt. Zudem hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Vorprozess mit Schriftsatz vom 28. März 2012, mit dem er die Stufenklage anhängig gemacht hat, zwischen der zur Durchsetzung des Gewinnabführungsanspruchs erforderlichen Auskunft und dem zur Überprüfung der Richtigkeit der Auskunft erforderlichen Rechnungslegungsanspruch unterschieden. Ohne eine nähere Herleitung des Betrags, die auch durch eine eidesstattliche Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB nicht nachvollziehbar würde, ist im Hinblick auf die vom Beklagten erstrebte und vom Berufungsgericht dem Grunde nach zuerkannte Gewinnabschöpfung gemäß § 10 Abs. 1 UWG ersichtlich nichts gewonnen.

(2) Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt, wie der in Ziffer 6 Satz 3 des Urteils vom 26. März 2013 enthaltene, zielt darauf ab, einem Interesse der Klägerin an der Geheimhaltung betrieblicher Informationen im notwendigen Umfang Rechnung zu tragen. Es ist auch nachvollziehbar, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse hat, dem Beklagten nicht alle konkreten Kunden mit Rücklastfällen im betreffenden Zeitraum nennen und auch nicht ihr gesamte Buchhaltung vorlegen zu müssen, aus der sich schützenswerte Geschäftsgeheimnisse ergeben können. Daraus folgt aber nicht, dass die Klägerin ihre Auskunft auf die Angabe einer Endsumme beschränken kann.

(3) Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Tatbestand noch aus den Entscheidungsgründen des im Ausgangsverfahren ergangenen Berufungsurteils. Geheimhaltungsinteressen der Klägerin sind dort an keiner Stelle angesprochen. Dementsprechend hat auch die von der Revision bei ihren Angriffen gegen die Stattgabe der Hilfswiderklage erhobene Rüge keinen Erfolg, das Berufungsgericht habe in seinem vorliegend angefochtenen Urteil die Geheimhaltungsinteressen der Klägerin hinsichtlich der Höhe und der Struktur ihrer gewinnmindernd in Abzug zu bringenden Ausgabepositionen und damit auch hinsichtlich ihrer Kalkulationsgrundlagen nicht in Rechnung gestellt. Die erstmalige Berücksichtigung solcher Interessen im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage widerspräche dem Grundsatz, dass sich die Auslegung eines Urteils allein daran zu orientieren hat, was das Gericht in dem Urteil erkennbar zum Ausdruck gebracht hat.

3. Ist die Vollstreckungsabwehrklage danach unbegründet, ist die Bedingung, unter der der Beklagte seine Hilfswiderklage erhoben hat, eingetreten. Das Berufungsgericht hat die Widerklage zutreffend auch als zulässig (dazu unter II 3 a bis c) und begründet angesehen (dazu unter II 3 d).

a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, der Beklagte habe die Hilfswiderklage für den Fall erheben können, dass die Klage abgewiesen wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 - II ZR 275/94, BGHZ 132, 390 , 397 ff.; Urteil vom 18. Mai 2009 - II ZR 262/07, BGHZ 181, 144 Rn. 9 - Mindestausgabebetrag).

b) Der nach § 33 ZPO erforderliche Zusammenhang zwischen der Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin und der Hilfswiderklage des Beklagten ergibt sich daraus, dass es jeweils um die Auslegung des Inhalts des im Urteil des Berufungsgerichts vom 26. März 2013 titulierten Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung geht.

c) Das für die Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht auch dann, wenn - wie im Streitfall - ein Vollstreckungstitel zwar vorliegt, die Beteiligten aber über die Reichweite seiner zu Zweifeln Anlass gebenden Urteilsformel streiten (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1961 - IV ZR 59/61, BGHZ 36, 11 , 14; Urteil vom 25. September 1972 - VIII ZR 81/71, NJW 1972, 2268 ; Urteil vom 3. Juni 1997 - XI ZR 133/96, NJW 1997, 2320 , 2321; MünchKomm.ZPO/K. Schmidt/Brinkmann aaO § 767 Rn. 18; Wieczorek/Schütze/Büscher aaO § 322 Rn. 58 f.). Das gilt auch in Fällen, in denen die eindeutige Bezeichnung des Inhalts und der Grenzen des Vollstreckungstitels durch das Prozessgericht versehentlich unterblieben ist oder im Hinblick auf künftige Entwicklungen nicht in vollem Umfang möglich war und das jeweilige Vollstreckungsorgan deshalb berechtigt war, die nötige Bestimmung selbst vorzunehmen, soweit das aus dem Titel einschließlich der Entscheidungsgründe oder aufgrund allgemein zugänglicher, leicht und sicher feststellbarer anderer Urkunden möglich war, auf die in der Entscheidung verwiesen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - XI ZB 55/92, BGHZ 122, 16 , 17 f.; Beschluss vom 26. November 2009 - VII ZB 42/08, NJW 2010, 2137 Rn. 19). Dieser Umstand hindert das mit einer Vollstreckungsabwehrklage befasste Gericht nicht, seinerseits im Rahmen einer von der beklagten Partei erhobenen Feststellungswiderklage eine abschließende Auslegung der Urteilsformel vorzunehmen. Das Vollstreckungsgericht hatte vorliegend allein über die Frage zu befinden, ob die Klägerin als Schuldnerin des Vollstreckungsverfahrens ihrer Auskunftspflicht bereits vollständig nachgekommen war. Der Umstand, dass über diese Auslegung zuvor bereits im Vollstreckungsverfahren entschieden worden ist, steht hier dem Interesse des Beklagten an der abschließenden Klärung dieser Streitfrage im ordentlichen Verfahren und mit der nur dort gegebenen Möglichkeit, die Revisionsinstanz anzurufen, nicht entgegen. In Vollstreckungsverfahren ergehende Entscheidungen können schon deshalb nicht zur abschließenden Klärung des Streits führen, weil sie sich jeweils nur auf den Einzelverstoß beziehen, wegen dessen die Vollstreckung betrieben wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1952 - I ZR 117/51, GRUR 1952, 577 , 579 - Zwilling, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 5, 189 ; Foerste in Musielak/Voit aaO § 256 Rn. 32).

d) Das Berufungsgericht hat auch in der Sache zutreffend festgestellt, dass die Klägerin aufgrund Ziffer 6 des Urteils vom 26. März 2013 verpflichtet ist, dem Beklagten mitzuteilen, welche Einnahmen sie durch die Rücklastschriften in Höhe von 20,95 €, 14,95 € und 10 € im Auskunftszeitraum erzielt hat und welche Ausgabenpositionen in welcher Höhe sie gewinnschmälernd in Abzug bringen will. Die von der Revision gegen diese Beurteilung erhobenen Rügen greifen nicht durch.

aa) Die Revision macht geltend, die vom Berufungsgericht auf persönliches Wissen der außer am Erlass des angefochtenen Urteils auch schon am Erlass des Urteils vom 26. März 2013 mitwirkenden Richterinnen gestützte Auslegung der Ziffer 6 dieses Urteils stehe in Widerspruch zu der Feststellung im Zwangsgeldbeschluss vom 27. Januar 2015, das Berufungsgericht habe im Erkenntnisverfahren den vom Gläubiger vorformulierten, hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Auskunft und Rechnungslegung gegenüber dem Wirtschaftsprüfer unklaren Antrag, den es dem Grunde nach für begründet gehalten habe, ohne Weiteres zuerkannt, ohne ihn auf mögliche Komplikationen hin zu untersuchen. Damit hat sie keinen Erfolg.

Die Revision lässt in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, dass der Einzelrichter - der am Erlass des Berufungsurteils des Vorprozesses und des Berufungsurteils im vorliegenden Rechtsstreit nicht mitgewirkt hat - in dem Zwangsgeldbeschluss vom 27. Januar 2015 allein im Blick auf den Vortrag der am dortigen Verfahren als Schuldnerin beteiligten Klägerin, das Berufungsgericht habe deren Belange deutlich höher gewichtet, festgestellt hat, dass sich dafür weder aus dem Tatbestand noch aus den Entscheidungsgründen des Urteils vom 26. März 2013 etwas ergebe. Das Berufungsgericht hat mit seiner von der Revision hier angegriffenen Feststellung lediglich zutreffend klargestellt, dass die Beurteilung im Zwangsgeldbeschluss nicht bedeutete, dass die Richterinnen, die an den beiden Berufungsurteilen mitgewirkt haben, keine bestimmte Vorstellung hatten, wie der Begriff "Auskunft" zu verstehen war.

bb) Die Revision rügt weiterhin, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, der Sinn des Wirtschaftsprüfervorbehalts habe im Streitfall allein verhindern sollen, dass die Klägerin dem Beklagten die individuellen Kundendaten offenbaren musste. Tatsächlich sei der Wirtschaftsprüfervorbehalt in den tenorierten Auskunftsantrag übernommen worden, weil es der Klägerin vor allem um die Geheimhaltung der Berechnungsfaktoren in Gestalt der Höhe und der Zusammensetzung der einzelnen Ausgabenpositionen gegangen sei, die sie gewinnschmälernd in Abzug bringen wollte und nun direkt dem Beklagten mitteilen sollte, weil sich aus der Höhe und der Struktur dieser Ausgabenpositionen Rückschlüsse auf ihre Kalkulationsgrundlagen ziehen ließen. Auch damit hat die Revision keinen Erfolg.

Mit den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen wendet sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts vorgenommene Beurteilung, die Angaben zu Kostenstruktur und Kalkulationsgrundlagen stellten im Rahmen der mit der Auskunft bezweckten Gewinnabschöpfung keine schützenswerten Betriebsgeheimnisse dar. Ein Rechtsfehler ist insoweit nicht ersichtlich.

cc) Die Revision rügt schließlich, das Berufungsgericht habe sein Auslegungsermessen überschritten, weil es den Auskunftstenor im Urteil vom 26. März 2013 nicht nur ausgelegt, sondern der Sache nach nachgebessert habe. Im Zwangsgeldbeschluss vom 27. Januar 2015 sei es noch davon ausgegangen, dass der vom Beklagten vorformulierte, hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Auskunft an diesen und Rechnungslegung gegenüber dem Wirtschaftsprüfer unklare Antrag im Erkenntnisverfahren ohne weitere Untersuchung einfach ungeprüft geblieben sei. Soweit das Berufungsgericht dieses Versehen im angefochtenen Urteil zu korrigieren versucht habe, habe es dem Beklagten im Ergebnis mehr zugesprochen, als der Inhalt des Auskunftstenors hergebe. Damit hat die Revision ebenfalls keinen Erfolg.

Die Revision lässt in diesem Zusammenhang wiederum unberücksichtigt, dass der Einzelrichter, der den Zwangsgeldbeschluss vom 27. Januar 2015 erlassen hat, nicht am Erlass des Urteils vom 26. März 2013 beteiligt gewesen ist. Die von ihm im Beschluss vom 27. Januar 2015 geäußerte Ansicht, der Antrag zur Auskunftserteilung sei ungeprüft geblieben, steht daher nicht der vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil vorgenommenen Auslegung des Urteils vom 26. März 2013 entgegen.

III. Nach allem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 13. Juli 2017

Vorinstanz: LG Kiel, vom 19.06.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 17 O 48/15
Vorinstanz: SchlHOLG, vom 10.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 7/15