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BGH - Entscheidung vom 11.05.2017

V ZA 10/17

Normen:
ZPO § 78b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 11.05.2017 - Aktenzeichen V ZA 10/17

DRsp Nr. 2017/7942

Anforderungen an eine substantiierte Darlegung der Bestellung eines Notanwalts; Beseitigungsbegehren einer Terrassenüberdachung durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Beiordnung eines Notanwalts setzt voraus, dass eine Partei alle ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Die bloße Erklärung, die Rechtsanwälte hätten eine Vertretung abgelehnt, genügt den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung und einen Nachweis nicht.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Beiordnung eines Notanwalts wird zurückgewiesen.

Normenkette:

ZPO § 78b Abs. 1 ;

Gründe

I.

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger verlangen von den Beklagten die Beseitigung einer Terrassenüberdachung, weil diese ohne Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer errichtet worden sei. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das Landgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Das Urteil des Landgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 23. Dezember 2016 zugestellt worden. Am 23. Januar 2017 haben die Kläger persönlich per Telefax beim Bundesgerichtshof einen Antrag auf Bestellung eines Notanwalts zum Zwecke der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde gestellt. Anlagen waren dem Antrag nicht beigefügt. Diese gingen mit dem Original des Antrages am 25. Januar 2017 ein.

II.

Nach § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

1. Die Beiordnung eines Notanwalts setzt voraus, dass eine Partei alle ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Im Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof muss eine Partei insoweit - innerhalb der Rechtsmittelfrist (vgl. nur Senat, Beschluss vom 24. August 2011 - V ZA 14/11, WuM 2011, 699 Rn. 3; BGH, Beschluss vom 24. November 2016 - III ZA 22/16 [...] Rn. 1; Beschluss vom 27. November 2014 - III ZR 211/14, MDR 2015, 540 Rn. 3; Beschluss vom 18. Dezember 2012 - VIII ZR 239/12, NJW 2013, 1011 Rn. 3 jeweils mwN) - substantiiert darlegen und nachweisen, sich ohne Erfolg zumindest an mehr als vier Rechtsanwälte gewandt zu haben (vgl. nur Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2010 - V ZA 27/10, [...] Rn. 1; BGH, Beschluss vom 30. April 2015 - III ZR 63/15, [...] Rn. 4; Beschluss vom 19. Januar 2011 - IX ZA 2/11, WuM 2011, 323 Rn. 2; Beschluss vom 25. Januar 2007 - IX ZB 186/06, FamRZ 2007, 635 Rn. 2, Beschluss vom 16. Februar 2004 - IV ZR 290/03, NJW-RR 2004, 864 ).

Diesen Anforderungen genügt der Antrag der Kläger nicht. Sie haben zwar in ihrer Antragsbegründung, die per Telefax am 23. Januar 2017 ohne Anlagen eingegangen ist, ausgeführt, dass sieben beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte nicht zur Übernahme der Vertretung bereit gewesen seien. Offen bleiben aber die Gründe für die Weigerung, das Mandat zu übernehmen. Die bloße Erklärung, die Rechtsanwälte hätten eine Vertretung abgelehnt, genügt den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung und einen Nachweis nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 24. August 2011 - V ZA 14/11, WuM 2011, 699 Rn. 3). Die dem Original der Antragsschrift als Anlagen beigefügten Ablehnungsschreiben sind erst am 25. Januar 2017 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingegangen.

2. Darüber hinaus ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwer der Kläger 20.000 € (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ) übersteigt. Diese bemisst sich bei der Abweisung einer Klage des Wohnungseigentümers auf Beseitigung einer baulichen Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den sein Wohnungseigentum durch die bauliche Veränderung erleidet (Senat, Beschluss vom 6. April 2017 - V ZR 254/16, zur Veröffentlichung bestimmt). Ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den mit der baulichen Veränderung der Beklagten verbundenen Beeinträchtigungen dürfte die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO nicht überschritten sein. Letztlich kann dies jedoch offenbleiben, da zulassungsrelevante Rechtsfehler im Zusammenhang mit der Auslegung der Gemeinschaftsordnung und der Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts nicht vorliegen.

Vorinstanz: AG Wiesbaden, vom 24.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 92 C 3737/14
Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 16.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 13 S 61/15