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BAG - Entscheidung vom 07.06.2017

1 AZR 626/15

Normen:
ArbGG § 72 Abs. 5
ZPO § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. a)

BAG, Urteil vom 07.06.2017 - Aktenzeichen 1 AZR 626/15

DRsp Nr. 2017/11361

Anforderungen an die Revisionsbegründung bezüglich einer Sachrüge des angegriffenen Urteils

Nach § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (st. Rspr. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN). Dazu hat ein Revisionskläger darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht (BAG 25. August 2015 - 1 AZR 875/13 - Rn. 17, BAGE 152, 260 ).

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. September 2015 - 11 Sa 198/15 - wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Von Rechts wegen!

Normenkette:

ArbGG § 72 Abs. 5 ; ZPO § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. a);

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.

Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus betreibt, unter Tage beschäftigt. Die Beklagte ist aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet, eine Grubenwehr vorzuhalten. Der Kläger war dort freiwilliges Mitglied in der Funktion eines Truppführers und nahm an den Übungen der Grubenwehr teil. Diese fanden auch außerhalb seiner Arbeitszeit statt. Für die Teilnahme an solchen Übungen zahlte die Beklagte eine sog. Grubenwehrzulage. Zudem erhielt der Kläger eine "Vergütung für entgangene Mehrarbeit Tarifurlaub" (Lohnart 1150 "Verg. für entg. MA FZ").

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2011 und einigte sich anschließend mit dem Kläger auf eine Beendigung zum 31. Mai 2011. Im unmittelbaren Anschluss daran bezog der Kläger bis zum 31. Mai 2016 Anpassungsgeld auf der Grundlage der "Richtlinien zur Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Steinkohlenbergbaus vom 12. Dezember 2008" (BAnz. Nr. 196 vom 24. Dezember 2008 S. 4697). Darüber hinaus gewährte die Beklagte einen monatlichen Zuschuss zum Anpassungsgeld auf der Grundlage des "Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der D AG" vom 25. Juni 2003 (GSP 2003) in der Fassung einer am 2. Dezember 2010 vereinbarten und mit Wirkung zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Änderungsvereinbarung (GSP 2010). Diese Änderungen betrafen insbesondere die Regelungen zur Berechnung des für die Bemessung des Zuschusses maßgeblichen Brutto-Monatseinkommens.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei insbesondere unter Berücksichtigung der Grubenwehrzulage sowie der Lohnart 1150 zu berechnen. Diese seien nach dem GSP 2003 berücksichtigungsfähig. Dieser sei durch den GSP 2010 nicht wirksam abgeändert worden. Die Betriebsparteien hätten hierbei die Grundsätze einer unechten Rückwirkung sowie die des Vertrauensschutzes missachtet. Daher stünden ihm für den Zeitraum Juni 2011 bis Mai 2016 monatlich jeweils weitere 473,29 Euro zu.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.397,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 473,29 Euro, erstmals ab dem 1. Juli 2011, letztmals ab dem 1. Juni 2016, zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Zulässigkeit der Revision gerügt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist unzulässig. Sie genügt nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (st. Rspr. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN). Dazu hat ein Revisionskläger darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht (BAG 25. August 2015 - 1 AZR 875/13 - Rn. 17, BAGE 152, 260 ).

II. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger seine Revision unzureichend begründet.

1. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, ein Anspruch auf einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld nach dem allein anwendbaren GSP 2010 bestehe nicht. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder Grundsätze der unechten Rückwirkung stünden der Wirksamkeit der Änderungsvereinbarung nicht entgegen.

2. Der Kläger hat in der Revisionsbegründung im Wesentlichen nur eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Herne vom 18. November 2015 (- 1 Ca 635/15 -) wörtlich zitiert und sich auf die Vergleichbarkeit der entschiedenen Sachverhalte berufen. Eine fallbezogene Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung liegt hierin ersichtlich nicht. Auch ersetzt die bloße Bezugnahme auf eine andere gerichtliche Entscheidung und deren auszugsweise wörtliche Wiedergabe grundsätzlich nicht die von Gesetzes wegen verlangte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, die Gegenstand des Revisionsverfahrens ist. Eine solche Darstellung lässt weder erkennen, welche Ausführungen des Landesarbeitsgerichts die Revision beanstandet, noch welche Gründe für eine davon abweichende Rechtsauffassung sprechen und geeignet sein sollen, die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen.

3. Soweit die Revision auf den im Kündigungsschreiben enthaltenen Hinweis auf "betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplans ... in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt des Ausscheidens" abstellt und darlegt, dass dies dem Bestimmtheitsgebot widerspreche, liegt darin keine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Diese befasst sich mit dieser Rechtsfrage überhaupt nicht und hat nur betriebsverfassungsrechtlich vermittelte Ansprüche, nicht aber solche vertraglicher Natur zum Gegenstand. Aus dem gleichen Grund gehen auch die Ausführungen der Revision ins Leere, wonach in der einvernehmlichen Abkürzung der Kündigungsfrist eine vertragliche Vereinbarung zur Anwendung des GSP 2003 liegen soll.

Vorinstanz: LAG Hamm, vom 10.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 11 Sa 198/15
Vorinstanz: ArbG Herne, vom 03.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 965/14