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BVerwG - Entscheidung vom 14.07.2016

3 B 74.15

BVerwG, Beschluss vom 14.07.2016 - Aktenzeichen 3 B 74.15

DRsp Nr. 2016/13179

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 16. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

Der Kläger begehrt die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen verschiedener Vorgänge im Zusammenhang mit Anträgen auf Reprivatisierung der ehemaligen ... KG E.

Dieses Unternehmen wurde 1972 in Volkseigentum überführt (VEB ...). Im Jahr 1990 beantragten die ehemaligen Gesellschafter - Herr Erich W., ein Onkel des Klägers, mit Schreiben vom 9. März 1990 und Herr Arno W., der Vater des Klägers, mit Schreiben vom 20. April 1990 - beim Wirtschaftsrat des Bezirkes S. die Rückübertragung bzw. Reprivatisierung des Unternehmens. Am 12. Juli/22. Oktober 1990 traten die Gesellschafter sämtliche Rechte bezüglich der Reprivatisierung an den Kläger ab. Zur Begründung seines Antrags auf verwaltungsrechtliche Rehabilitierung hat der Kläger geltend gemacht, die Reprivatisierungsanträge seien u.a. aufgrund neuer Seilschaften unter Beteiligung eines IM "Felix" nicht ordnungsgemäß bearbeitet und nicht abschließend beschieden worden; stattdessen seien Vermögenswerte des Unternehmens unter Beteiligung aller möglichen staatlichen Verantwortlichen veruntreut worden. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Ablehnung des Rehabilitierungsantrags gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger wende sich nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung gegen Maßnahmen von DDR-Behörden, auf die das Vermögensgesetz ( VermG ) und deshalb nicht das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz ( VwRehaG ) Anwendung finde. Zweck der geschilderten Maßnahmen sei der Zugriff auf die zum VEB ... gehörenden Vermögenswerte gewesen; sie seien nicht als primär personenbezogene Unrechtsakte gegen den Kläger anzusehen. Entsprechend sei er mit Bescheid des Vermögensamtes vom 9. Dezember 1991 hinsichtlich des Unternehmens ... KG als Berechtigter im Sinne des Vermögensgesetzes festgestellt worden.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ).

a) Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob auch dann der Anwendungsbereich des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes ausgeschlossen ist, wenn sich der Antragsteller - und damit Betroffene nach diesem Gesetz - und der Berechtigte nach dem Vermögensgesetz hinsichtlich ihrer Rechtspersönlichkeit unterscheiden. Er macht geltend, dass ausweislich des Verwaltungsvorgangs nicht er selbst als Berechtigter festgestellt worden sei, sondern nach Rücknahme der Nr. 1 des Bescheides vom 9. Dezember 1991 (Beiakte 1 Bl. 10) die ... KG i.L. (Bescheid vom 16. Juli 2003, Beiakte 1 Bl. 21). Vor diesem Hintergrund möchte er geklärt wissen, ob die Anwendung des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes auf die von ihm als rehabilitierungsbedürftig bezeichneten Handlungen gleichwohl gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG ausgeschlossen sein kann.

Diese Frage kann auf der Grundlage des Gesetzes und der bereits vorliegenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden; sie ist zu bejahen. Auf Maßnahmen, die vom Vermögensgesetz erfasst werden, findet das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz gemäß seinem § 1 Abs. 1 Satz 2 keine Anwendung. Der Anwendungsausschluss setzt hiernach nicht voraus, dass der Antragsteller Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG ist; es genügt, dass die Maßnahme, deren Aufhebung er begehrt, vom Vermögensgesetz erfasst wird. Das kann auch dann der Fall sein, wenn der auf das Vermögensgesetz gestützte Anspruch nicht zum Erfolg führt, wie es der Senat mehrfach entschieden hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. August 2001 - 3 C 39.00 - Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr. 3 Rn. 14 und vom 24. April 2003 - 3 C 6.02 - BVerwGE 118, 113 ). Ausgehend hiervon liegt es auf der Hand, dass es für die Frage, ob eine unternehmensschädigende Maßnahme vom Vermögensgesetz erfasst wird, ohne Bedeutung ist, ob bei der Rückübertragung des Unternehmens oder von dessen Vermögenswerten der Unternehmensträger oder - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - der Rechtsnachfolger der privaten Gesellschafter des geschädigten Unternehmens Berechtigter im Sinne des Vermögensgesetzes ist (zu dieser Frage vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2007 - 8 C 6.06 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 71 Rn. 13).

b) Rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf sieht der Kläger weiter hinsichtlich der Frage, ob bei der Differenzierung des Anwendungsbereichs von Vermögensgesetz oder Rehabilitierungsgesetz eine wertende Gesamtbetrachtung stattzufinden hat, wie sie das Verwaltungsgericht angestellt habe, oder ob eine konkrete Einzelfallprüfung, orientiert am Antrag des Klägers erfolgen müsse. Diese Frage ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Ob und inwieweit Maßnahmen, deren Aufhebung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz beantragt wird - hier der Umgang der Behörden mit den im ersten Halbjahr 1990 gestellten Reprivatisierungsanträgen und den Vermögenswerten der ehemaligen ... KG -, isoliert zu betrachten sind oder sich als Fortsetzung und Bestätigung früherer Maßnahmen - hier der Verstaatlichung der KG im Jahr 1972 - darstellen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

c) Mit seinem weiteren Vortrag zeigt der Kläger keinen über die beiden vorgenannten Fragen hinausgehenden Klärungsbedarf auf.

2. Das Urteil beruht auch nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ). Das Verwaltungsgericht hat seine Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO ) nicht verletzt. Der Kläger musste auch ohne Hinweis damit rechnen, dass das Gericht den Umgang der Behörden mit den Reprivatisierungsanträgen in einen Zusammenhang mit der vorangegangenen Verstaatlichung stellen würde; ein solcher Zusammenhang lag nicht fern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: VG Meiningen, vom 16.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 8 K 339/13