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BVerwG - Entscheidung vom 30.06.2016

5 C 53.15

Normen:
BAföG § 18b Abs. 3 S. 2
BAföG § 18b Abs. 5 S. 1

BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - Aktenzeichen 5 C 53.15

DRsp Nr. 2016/16782

Anspruch auf Gewährung des sogenannten kleinen Teilerlasses des als Darlehen erhaltenen Teils der Ausbildungsförderung

1. Einer Mindestausbildungszeit i.S.v. § 18b Abs. 5 S. 1 BAföG steht nicht entgegen, dass nach den einschlägigen Bestimmungen der Hochschule Studienzeiten sowie Studien- und Prüfungsleistungen, die außerhalb der konkreten Ausbildung absolviert oder erbracht wurden, angerechnet werden können mit der Folge, dass die Ausbildung bei entsprechenden Nachweisen auch vor Ablauf der Mindestausbildungszeit beendet werden kann.2. Es steht der Annahme einer Mindestausbildungszeit i.S.v. § 18b Abs. 5 S. 1 BAföG nicht entgegen, wenn die einschlägigen Bestimmungen der Hochschule zulassen, dass die abschließende Prüfung im letzten Semester vor dem Ablauf der festgelegten Zeit begonnen und abgelegt wird.3. Bei einer als Satzung erlassenen Studien- und Prüfungsordnung einer staatlich anerkannten privaten Fachhochschule handelt es sich um eine Rechtsvorschrift i.S.d. § 18b Abs. 5 S. 1 BAföG .4. Der Begriff der Rechtsvorschrift i.S.d. § 18b Abs. 5 S. 1 BAföG ist nicht im Sinne einer hochschulübergreifenden Regelung zu verstehen.5. Für die Festlegung i.S.d. § 18b Abs. 5 S. 1 BAföG ist keine explizite Zeitangabe erforderlich. Es genügt, wenn die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Hochschule mit hinreichender Klarheit ergibt, dass eine Ausbildung nicht vor Ablauf einer bestimmten Zeit beendet werden kann.6. Die Verbindlichkeit der Festlegung hängt grundsätzlich nicht von deren Wirksamkeit ab. Maßgebend ist, ob Auszubildende die Festlegung als verbindlich ansehen müssen, um ihre Ausbildung erfolgreich bestreiten zu können. Das ist in der Regel zu bejahen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Unwirksamkeit der Festlegung den Auszubildenden aufdrängen muss. Das ist etwa bei einer für jedermann ohne Weiteres erkennbaren Unwirksamkeit anzunehmen. Finden Studierende eine Mindestausbildungszeit vor, an die sie sich gebunden fühlen müssen, und beenden sie ihr Studium innerhalb derselben, verwirklicht sich der Anreizzweck auch dann, wenn deren Festlegung nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und deshalb unwirksam ist. Es würde dem Anreizzweck zuwiderlaufen, wenn der studiendauerabhängige Teilerlass von der Wirksamkeit der Festlegung abhinge.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. September 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Normenkette:

BAföG § 18b Abs. 3 S. 2; BAföG § 18b Abs. 5 S. 1;

Gründe

I

Die Klägerin begehrt die Gewährung des sogenannten kleinen Teilerlasses des als Darlehen erhaltenen Teils der Ausbildungsförderung.

Die Klägerin studierte im Diplomstudiengang Architektur an der Fachhochschule H., einer staatlich anerkannten Hochschule in privater Trägerschaft. Ihr Studium schloss sie am 7. November 2006 erfolgreich ab.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2011 lehnte das Bundesverwaltungsamt den zunächst von der Klägerin fristgerecht beantragten Erlass in Höhe von 2 560 € des ihr als Darlehen gewährten Teils der Ausbildungsförderung ab. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin nach Zurückweisung ihres Widerspruchs erhobene Klage abgewiesen. Ihre hiergegen gerichtete Berufung hat die Klägerin zurückgenommen, soweit damit eine über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses hinausgehende Verpflichtung der Beklagten begehrt worden ist.

Das Oberverwaltungsgericht hat das Verfahren eingestellt, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, sowie im Übrigen das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen kleinen Teilerlass in Höhe von 1 025 € zu bewilligen. Der von der Klägerin begehrte Teilerlass des ihr darlehensweise gewährten Teils der Ausbildungsförderung finde seine Rechtsgrundlage in § 18b Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BAföG . Die Klägerin habe die für das Studium der Architektur festgelegte Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 BAföG um nicht mehr als zwei Monate überschritten. Mindestausbildungszeit sei nach § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG die durch Rechtsvorschrift festgelegte Zeit, vor deren Abschluss die Ausbildung nicht durch Abschlussprüfung oder sonst planmäßig beendet werden könne. Der Begriff der Rechtsvorschrift im Sinne dieser Bestimmung erfasse jedenfalls auch von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erlassene Satzungen. Als solche sei die einschlägige Studien- und Prüfungsordnung der Fachhochschule H. anzusehen. Im Übrigen hänge die verbindliche Regelung einer Mindestausbildungszeit nicht zwingend davon ab, dass entsprechende Begriffe Verwendung fänden und konkrete Zeitangaben gemacht würden. Es genüge, dass die Festlegung einer Mindestausbildungszeit aus dem Wortlaut und Sinnzusammenhang der Vorschriften mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln zu ermitteln sei. Die Auslegung der Regelungen der Studien- und Prüfungsordnung der Fachhochschule ergebe hinreichend eindeutig, dass das Studium und die Prüfung im Diplomstudiengang Architektur durch das Zusammenwirken verschiedener Bestimmungen nicht vor Ablauf von acht Semestern, im Fall der Klägerin mithin nicht vor dem 20. September 2006, habe beendet werden können. Dass die Mindestausbildungszeit damit mit der satzungsmäßig festgelegten Regelstudienzeit identisch sei, sei unschädlich. Gleiches gelte für die Möglichkeit der Anrechnung von Leistungen, die in einem anderen Studiengang erbracht worden seien. Das Vorliegen einer Mindestausbildungszeit werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Studium nach den zugrunde liegenden rechtlichen Vorschriften nicht zwingend bis zum letzten Tag des achten Semesters habe betrieben werden müssen, in der Praxis vielmehr nicht auszuschließen sei, dass der förderungsrechtlich maßgebende letzte Prüfungsteil eine gewisse Zeit vor dessen Ablauf absolviert werde.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 18b Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BAföG , des § 10 Abs. 2 und des § 17 HRG sowie des Art. 12 Abs. 1 und des Art. 5 Abs. 3 GG .

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis im Einklang mit revisiblem Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ) entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung des sogenannten kleinen Teilerlasses des ihr als Darlehen gewährten Teils der Ausbildungsförderung zusteht.

Das Verpflichtungsbegehren findet seine Rechtsgrundlage in § 18b Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung ( Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG ) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1952), für den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2475). Danach wird auf Antrag der Erlass nach § 18b Abs. 3 Satz 2 BAföG in Höhe von 1 025 € auch gewährt, wenn für eine Ausbildung eine Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 BAföG festgelegt ist, zwischen deren Ende und dem Ende der Förderungshöchstdauer weniger als vier Monate liegen und diese Mindestausbildungszeit um höchstens zwei Monate überschritten wurde. Der Antrag ist gemäß § 18b Abs. 4 Satz 3 BAföG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides nach § 18 Abs. 5a BAföG zu stellen. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen steht zwischen den Beteiligten mit Ausnahme der Frage, ob für die Ausbildung der Klägerin eine Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG festgelegt worden ist, zu Recht nicht im Streit. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht in Auslegung der Studien- und Prüfungsordnung der staatlich anerkannten privaten Fachhochschule ohne Verletzung bundesrechtlicher Vorgaben angenommen, dass es sich bei dem von der Klägerin absolvierten Studium der Architektur um eine Ausbildung mit einer Mindestausbildungszeit im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG handelt (1.), die durch Rechtsvorschrift (2.) festgelegt (3.) ist. Zudem hat die Klägerin die Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 4 Satz 2 BAföG nicht um mehr als zwei Monate überschritten (4.).

1. Für das von der Klägerin absolvierte Studium war eine Mindestausbildungszeit im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG bestimmt. Nach dieser Vorschrift ist Mindestausbildungszeit die durch Rechtsvorschrift festgelegte Zeit, vor deren Ablauf die Ausbildung nicht durch Abschlussprüfung oder sonst planmäßig beendet werden kann. Das Oberverwaltungsgericht hat in Auslegung der Studien- und Prüfungsordnung der Hochschule dahin erkannt, dass das Studium der Architektur infolge von § 36 Abs. 13 Satz 2 Halbs. 2 der Studien- und Prüfungsordnung nicht vor Ablauf von acht Semestern beendet werden kann. An die Auslegung der dem nicht revisiblen Recht zuzuordnenden Studienordnung ist der Senat gebunden (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO ). Sie hält bundesrechtlichen Vorgaben stand. Die Annahme einer die Anforderungen des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG erfüllenden Zeit scheitert - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht daran, dass § 15 der Studien- und Prüfungsordnung für den Diplomstudiengang Architektur der Hochschule - dessen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht für den Senat ebenfalls bindend ist - die Anrechnung von Studienzeiten, Studien- und Prüfungsleistungen ermöglicht (a). Sie ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die abschließende Prüfung nach den vom Oberverwaltungsgericht bindend ausgelegten Bestimmungen der Hochschule im letzten Semester bereits vor Ablauf der festgelegten Zeit begonnen und abgelegt werden kann (b). Soweit die Beklagte das Fehlen der Mindestausbildungszeit darüber hinaus aus ihrer Unvereinbarkeit mit § 10 Abs. 2 und § 17 des Hochschulrahmengesetzes - HRG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506), sowie aus einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 3 GG herzuleiten sucht, wendet sie sich der Sache nach nicht gegen das begriffliche Vorliegen einer Mindestausbildungszeit, sondern rügt die Wirksamkeit ihrer Festlegung. Damit erübrigt sich an dieser Stelle ein Eingehen auf diese Einwendungen.

a) Einer Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG steht nicht entgegen, dass nach den einschlägigen Bestimmungen der Hochschule Studienzeiten sowie Studien- und Prüfungsleistungen, die außerhalb der konkreten Ausbildung absolviert oder erbracht wurden, angerechnet werden können mit der Folge, dass die Ausbildung bei entsprechenden Nachweisen auch vor Ablauf der Mindestausbildungszeit beendet werden kann.

Schon der Wortlaut des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG weist deutlich in die Richtung, dass eine Mindestausbildungszeit nur ausgeschlossen ist, wenn bei der Absolvierung der konkreten Ausbildung planmäßig die Möglichkeit besteht, diese in kürzerer Zeit als festgelegt abzuschließen. Denn die Vorschrift stellt ihrem Wortsinn nach auf die geförderte Ausbildung ab. Daraus ist im Umkehrschluss zu folgern, dass die Anrechnung von Leistungen, die außerhalb der konkreten Ausbildung erbracht wurden, an der Annahme einer Mindestausbildungszeit nichts zu ändern vermögen. Das entspricht auch dem bisherigen Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts, das im Urteil vom 7. Juli 1985 (- 7 C 88.84 -Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 213 S. 237) dahin erkannt hat, dass eine Mindestausbildungszeit auch dann vorliegt, wenn gegebenenfalls Anrechnungszeiten zu berücksichtigen sind. Überdies ändert die Möglichkeit der Anrechnung von außerhalb der konkreten Ausbildung erbrachten Leistungen nichts daran, dass die festgelegte Mindestausbildungszeit in jedem Fall absolviert werden muss. Die Anrechnungsmöglichkeit führt allein dazu, dass der betreffende Auszubildende im Einzelfall in einen höheren Ausbildungsabschnitt einzustufen ist und infolgedessen seine Ausbildung als Ergebnis eines Berechnungsvorgangs vor der festgelegten Zeit beenden kann.

Das durch den Wortlaut nahegelegte Auslegungsergebnis wird vor allem durch den Gesetzeszweck gestützt. Die Vorschriften zum studiendauerabhängigen Teilerlass und so auch die Regelung des § 18b Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BAföG sollen unter anderem durch die Honorierung frühzeitiger Ausbildungsabschlüsse in Form des Teilerlasses einen Anreiz schaffen, Ausbildungen zügig durchzuführen und zum rechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <74 f.>). Der Anreizfunktion wird in besonderem Maße Rechnung getragen, wenn Auszubildende aufgrund der Berücksichtigung von Anrechnungszeiten in einen höheren Ausbildungsabschnitt eingeordnet werden und allein deshalb ihre Ausbildung vorzeitig abschließen.

b) Es hindert die Annahme einer Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG nicht, wenn die einschlägigen Bestimmungen der Hochschule zulassen, dass die abschließende Prüfung im letzten Semester vor dem Ablauf der festgelegten Zeit begonnen und abgelegt wird.

Für dieses Normverständnis spricht mit starkem Gewicht die Binnensystematik des § 18b Abs. 5 BAföG . Dem systematischen Vergleich zwischen der dort gesetzlich definierten Mindestausbildungszeit im Sinne von Satz 1 und der fingierten Mindestausbildungszeit im Sinne von Satz 2, die sich aus einer Mindeststudienzeit im Sinne von Satz 3 und einer Prüfungszeit im Sinne von Satz 4 zusammensetzt, ist zu entnehmen, dass die Prüfungszeit integrierter Bestandteil der Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG ist. Zudem folgt aus der Zusammenfassung der genannten Regelungen in einem Absatz, dass die Prüfungszeit sowohl im Fall der Mindestausbildungszeit im Sinne von Satz 1 als auch im Fall der fingierten Mindestausbildungszeit im Sinne von Satz 2 entsprechend der gesetzlichen Definition des Satzes 4 einen Zeitraum und nicht einen Zeitpunkt meint.

Der aus dem systematischen Zusammenhang gewonnene Befund wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und den sich daraus ergebenden Sicherstellungszweck der Neuregelung des § 18b Abs. 4 und 5 BAföG bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21. Juni 2011 (- 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 ) festgestellt, dass § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit es Studierenden aufgrund von Rechtsvorschriften zu einer Mindeststudienzeit und zur Förderungshöchstdauer von vornherein objektiv unmöglich ist, einen großen Teilerlass zu erhalten, weil sie ihr Studium angesichts der Bemessung der Mindeststudienzeit und der Förderungshöchstdauer nicht - wie von § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG gefordert - mindestens vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beenden konnten. Um den Verfassungsverstoß für die verbleibende Gültigkeitsdauer des § 18b Abs. 3 BAföG zu vermeiden, wurde für Studiengänge mit durch Rechtsvorschrift festgelegter Mindeststudienzeit durch § 18b Abs. 4 und 5 BAföG eine Neuregelung geschaffen, die diese Zeiten einschließlich erforderlicher Prüfungszeiten berücksichtigt. Die Neuregelung soll gewährleisten, dass kein Studierender von vornherein allein deshalb von einem Teilerlass nach § 18b Abs. 3 BAföG ausgeschlossen ist, weil ihm ein Abschluss vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer durch das Zusammenspiel der Regelungen über Mindeststudiendauer, Förderungshöchstdauer und über den seiner Einflussnahme entzogenen Prüfungsablauf unmöglich gemacht wird (vgl. BT-Drs. 17/7334 S. 1 und 5). Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Anwendung des § 18b Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BAföG und damit die Gewährung des Teilerlasses davon abhingen, dass die Ausbildung bis zum letzten Tag der für sie festgelegten Zeit betrieben wird. Der Sicherstellungszweck gebietet es vielmehr, dass die Anordnung einer Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG nicht allein daran scheitert, dass die abschließende Prüfung zulässigerweise im letzten Semester vor dem Ablauf der festgelegten Zeit begonnen und beendet wird. Für dieses Auslegungsergebnis spricht überdies die dargelegte Anreizfunktion.

Das Auslegungsergebnis überschreitet auch nicht die Wortlautgrenze. Die Formulierung des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG "Zeit, vor deren Ablauf die Ausbildung nicht durch Abschlussprüfung oder sonst planmäßig beendet werden kann" weist zwar tendenziell in die entgegengesetzte Richtung. Ihr ist aber nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit und Ausschließlichkeit die Verpflichtung zu entnehmen, dass die Abschlussprüfung frühestens am letzten Tag der festgelegten Mindestausbildungszeit abzulegen ist.

2. Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der als Satzung erlassenen Studien- und Prüfungsordnung der staatlich anerkannten privaten Fachhochschule um eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG handelt. Die Qualifizierung der Studien- und Prüfungsordnung als Satzung aufgrund landesrechtlicher Regelungen ist für den Senat bindend (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO ). Dem bundesrechtlichen Begriff der Rechtsvorschrift im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG liegt ein weites Begriffsverständnis zugrunde. Er ist insbesondere nicht auf formelle Gesetze beschränkt (a). Ebenso wenig ist er nur bei hochschulübergreifenden Regelungen erfüllt (b).

a) Rechtsvorschrift im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG ist jede von einem autorisierten Normgeber auf Außenwirkung gegenüber den Auszubildenden gerichtete abstrakt-generelle Vorgabe, die diese als verbindlich ansehen müssen, um ihre Ausbildung erfolgreich bestreiten zu können. Unter diesen weitgefassten Begriff fallen - entgegen der Auffassung der Beklagten - neben formellen Gesetzen insbesondere auch Satzungen, also die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassenen Rechtsvorschriften (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64 - BVerfGE 33, 125 <156 f.>). Er erfasst überdies Regelungswerke anerkannter nichtstaatlicher (privater) Hochschulen bzw. Ausbildungsträger (vgl. § 2 Abs. 2 BAföG ), die abstrakt-generelle Vorgaben enthalten, die gegenüber ihren Auszubildenden - in gleicher Weise wie die Satzungen einer juristischen Person - rechtliche Außenwirkung entfalten und auf diese Weise die Pflichten- und Rechtsstellung der Auszubildenden berühren. Das ergibt die Auslegung anhand der anerkannten Auslegungsmethoden (aa). Aus Verfassungsrecht lässt sich nicht herleiten, dass unter Rechtsvorschrift im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG nur formelle Gesetze zu verstehen sind (bb).

aa) Der Begriff der Rechtsvorschrift im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG ist in dem dargelegten weiten Sinne auszulegen.

Hierfür spricht mit erheblichem Gewicht bereits der Wortlaut der Norm. Aus der Verwendung des Begriffs "Rechtsvorschrift" lässt sich insbesondere eine Begrenzung dahin, dass die Festlegung der Mindestausbildungszeit ausschließlich durch formelles Gesetz zu erfolgen hat, nicht entnehmen. Ebenso wenig enthält die Vorschrift eine ausdrückliche Beschränkung dahin, dass die rechtlich verbindlichen Vorgaben von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erlassen sein müssen. Der Begriff der "Rechtsvorschrift" steht für eine Auslegung offen, die eine Festlegung abstrakt-genereller Regeln durch autorisierte Normgeber, wie staatliche oder staatlich anerkannte Hochschulen privater Träger, einschließt.

Der systematische Zusammenhang mit § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG bekräftigt das durch den Wortlaut der Norm nahegelegte Begriffsverständnis. Danach ist ausreichend, dass die planmäßige Beendigung der Ausbildung ihre Rechtsgrundlage in "Ausbildungsvorschriften" findet. Damit sind aber weder allein formelle Gesetze noch ausschließlich rechtsverbindliche Vorgaben von juristischen Personen des öffentlichen Rechts gemeint.

Die historischgenetische Auslegung anhand der Gesetzesmaterialien weist ebenfalls tendenziell in Richtung eines weiten Verständnisses des Begriffes der Rechtsvorschrift. Der Entwurf des Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes stellt lediglich darauf ab, dass es einer rechtlich verbindlich vorgeschriebenen Mindestausbildungszeit bedarf. Abgesehen davon bedient er sich allein der Begriffe "Rechtsvorschrift" und "Regelung", ohne deren Rechtscharakter oder Verfasser näher zu präzisieren (vgl. BT-Drs. 17/7334 S. 1 und 5). Dass der Gesetzgeber den Begriff der Rechtsvorschrift nicht so eng verstanden wissen wollte, dass er nur formelle Gesetze erfasst, legt auch die historische Entwicklung der Vorschriften über die Förderungshöchstdauer nahe. Sie spricht dafür, dass dieser Begriff jedenfalls auch Satzungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts umfasst. Denn bis zur Änderung des § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 17. Juli 1996 (BGBl. I S. 1006), der nun ausdrücklich anordnet, dass die Förderungshöchstdauer der Regelstudienzeit im Sinne des § 10 HRG oder einer vergleichbaren Festsetzung entspricht, wurde die Förderungshöchstdauer gemäß § 15 Abs. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645, 1680), zuletzt geändert durch Art. 18 des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983), durch Rechtsverordnung unter besonderer Berücksichtigung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für jede Ausbildung an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (gesondert) bestimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <53>). Danach kam es darauf an, welche Mindeststudienzeit in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der Hochschulen normativ, also etwa in deren Satzungsrecht, festgelegt war (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 8. September 1983 - 5 C 26.81 - BVerwGE 68, 20 ff.).

War es nach der alten Regelung zulässig, verbindliche zeitliche Vorgaben auch anders als durch formelles Gesetz zu regeln, so spricht dies dafür, dass für die Regelung der Mindestausbildungszeit des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG nichts anderes gelten soll. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch diese Regelung die bisherigen Anforderungen verschärfen wollte.

Schließlich entspricht ein weites Begriffsverständnis allein dem dargelegten Sicherstellungszweck der Neuregelung. Die vom Bundesverfassungsgericht beanstandete gleichheitswidrige Benachteiligung von Auszubildenden, die eine Ausbildung mit einer Mindestausbildungszeit absolvieren, war darauf zurückzuführen, dass die Vorschriften zum studiendauerabhängigen Teilerlass zunächst den vorgeschriebenen Mindestausbildungszeiten nicht Rechnung trugen. Weil es für Auszubildende, die verpflichtet sind, derartige Zeiten einzuhalten, nach der früheren Gesetzeslage von vornherein objektiv unmöglich war, die Voraussetzungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erfüllen und den großen Teilerlass gewährt zu bekommen, wurde die Neuregelung geschaffen, die diese Zeiten nunmehr berücksichtigt und sicherstellt, dass auch Auszubildende, die solchen Zeiten unterliegen, den studiendauerabhängigen Teilerlass erhalten können. Würde die Mindestausbildungszeit im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG eine Festlegung durch formelles Gesetz voraussetzen, würde dies den mit der gesetzlichen Neuregelung verfolgten Sicherstellungszweck weitgehend aushöhlen. Denn Mindestausbildungs- bzw. Mindeststudienzeiten werden bis auf wenige Fälle typischerweise nicht durch formelles Gesetz vorgeschrieben. Ebenso macht es für die Auszubildenden unter Wertungsgesichtspunkten keinen Unterschied, ob die von ihnen einzuhaltenden zeitlichen Vorgaben von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer staatlich anerkannten privaten Hochschule oder Ausbildungsstätte erlassen werden. In beiden Fällen zielen die Vorgaben ihrem Inhalt nach darauf, das Verhalten der Auszubildenden entsprechend zu steuern, und müssen von diesen, um die Ausbildung erfolgreich bestreiten zu können, beachtet werden. Entsprechendes gilt für den mit § 18b Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BAföG darüber hinaus verfolgten Anreizzweck. Er würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Möglichkeit, den studiendauerabhängigen Teilerlass zu erlangen, nur in den Fällen eröffnet wäre, in denen formelle Gesetze bzw. juristische Personen des öffentlichen Rechts eine Mindestausbildungszeit verbindlich anordnen.

bb) Eine auf formelle Gesetze begrenzte Auslegung des Begriffs der Rechtsvorschrift im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht im Hinblick auf den systematischen Zusammenhang mit Art. 12 Abs. 1 GG geboten.

Zwar stellt die Festlegung einer Mindestausbildungszeit, die absolviert werden muss, um die Ausbildung abzuschließen, einen Eingriff in die subjektive Berufswahlfreiheit dar. Denn sie betrifft die zur Aufnahme eines Berufs erforderliche Ausbildung und damit die Zulassung zum Beruf. Der Eingriff ist aber nicht von solcher Intensität, dass er durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst geregelt werden muss. Ob und inwieweit es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Diese Beurteilung richtet sich allgemein nach der Intensität, mit der die Grundrechte des Regelungsadressaten durch die jeweilige Maßnahme betroffen sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251> m.w.N.). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Bereich der (Hochschul-)Ausbildung und Prüfung geklärt, dass die Vorschriften über den Prüfungsstoff, das Prüfungssystem und die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens sowie die Festlegung der Bestehensvoraussetzungen in aller Regel nicht zu jenen grundlegenden Entscheidungen gehören, die dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten sind (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2013 - 6 C 18.12 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 418 Rn. 20). Eine Mindestausbildungszeit, die der planmäßigen Beendigung der Ausbildung durch Abschlussprüfung oder in anderer Weise vorgeschaltet ist, ist in Bezug auf die Berufsfreiheit nicht schwerer zu gewichten als die Regelungen über die Ausgestaltung der Prüfung. Ihre Festlegung beruht auf der typisierenden Annahme, dass eine bestimmte, nämlich die festgelegte Zeit erforderlich ist, um die Auszubildenden zu befähigen, die Prüfung zu bestehen und die Ausbildung erfolgreich zu beenden. Den eigentlich schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit stellt die Notwendigkeit dar, eine Abschlussprüfung abzulegen oder einen vergleichbaren Qualifikationsnachweis zu erbringen. Das gilt auch für den kleinen Kreis von Studierenden, die intensiver als andere von der Festlegung einer Mindestausbildungszeit betroffen sind, weil sie unabhängig von Anrechnungsmöglichkeiten die Leistungsnachweise schneller als vorgesehen erbringen. Auch für diese Gruppe wiegt der Eingriff nicht besonders schwer, weil die gewonnene Zeit für die Intensivierung der Ausbildung genutzt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 1985 - 7 C 88.84 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 213 S. 237).

Etwas anderes folgt nicht aus der sogenannten Facharztentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der Art. 12 Abs. 1 GG und der Vorbehalt des Gesetzes im Bereich des Facharztwesens gebieten, dass zumindest die "statusbildenden" Normen, d.h. diejenigen Regeln, welche die Voraussetzungen der Facharztanerkennung, die zugelassenen Facharztrichtungen, die Mindestdauer der Ausbildung, das Verfahren der Anerkennung, die Gründe für eine Zurücknahme der Anerkennung sowie die allgemeine Stellung der Fachärzte innerhalb des gesamten Gesundheitswesens betreffen, in den Grundzügen durch förmliches Gesetz selbst festgelegt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64 - BVerfGE 33, 125 <163>). Die Festlegung einer Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG stellt zwar eine statusbildende Entscheidung dar. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Notwendigkeit eines Parlamentsgesetzes bei statusbildenden Entscheidungen im Bereich des Facharztwesens sind aber nicht auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragbar. Sie gründen auf den spezifischen Gefahren - etwa einem Übergewicht von Verbandsinteressen oder verengtem Standesdenken -, denen Betroffene und Allgemeinheit bei Eingriffen durch Satzungen von Berufsverbänden ausgesetzt sind. Die Regelung von Mindestausbildungszeiten durch Hochschulen ist damit nicht vergleichbar.

b) Der Begriff der Rechtsvorschrift im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht im Sinne einer hochschulübergreifenden Regelung zu verstehen.

Aus dem Gesetzeswortlaut ist eine entsprechende Forderung nicht zu entnehmen. Ebenso wenig ist eine hochschulübergreifende Regelung mit Blick auf die dargelegten Sicherstellungs- und Anreizzwecke des § 18b Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BAföG gefordert. Diese Zwecke knüpfen daran an, dass die Auszubildenden die Mindestausbildungszeit als verbindlich ansehen müssen. Dafür ist nicht entscheidend, ob diese für die Ausbildung an allen Hochschulen oder an einer einzelnen Hochschule vorgeschrieben ist. Etwas anderes ergibt sich - anders als die Beklagte meint - auch nicht daraus, dass die Neuregelung in § 18b Abs. 4 und 5 BAföG überdies dazu dient, den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 (BVerfGE 129, 49 ) umzusetzen. Die Beklagte leitet die Notwendigkeit einer hochschulübergreifenden Regelung daraus her, dass der Gesetzgeber nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts zwar von Verfassungs wegen nicht gehalten ist, sämtliche studienorganisatorischen Besonderheiten zu berücksichtigen und zu überprüfen, ob es nach den individuellen Studienbedingungen eines jeden Studierenden in jedem Studiengang und an jeder Universität möglich ist, das Studium vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Er müsse auch die Verwaltung nicht zu einer entsprechenden umfangreichen Einzelfallprüfung verpflichten. Er müsse aber in einer Regelung über den studiendauerabhängigen Teilerlass generelle Hinderungsgründe berücksichtigen, die sich - wie die bindenden Mindeststudienzeiten in dem dort entschiedenen Fall - aus Rechtsvorschriften ergäben (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -BVerfGE 129, 49 <72>). Der Verpflichtung des Gesetzgebers zur Berücksichtigung genereller Hinderungsgründe lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass eine Rechtsvorschrift im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG nur vorliegt, wenn sie hochschulübergreifend für alle Studierenden eines Faches Geltung beansprucht. Die geforderte Breitenwirkung in Form eines über den Einzelfall hinausgehenden Ausschlusses größerer Gruppen von Auszubildenden von der Chance eines studiendauerabhängigen Teilerlasses entfalten auch Mindestausbildungszeiten, die für alle Studierenden einer Hochschule gelten.

3. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass im vorliegenden Fall eine Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG festgelegt ist. Seine Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen der Studien- und Prüfungsordnung, zuvörderst des § 36 Abs. 13 Satz 2 Halbs. 1 der Studien- und Prüfungsordnung, dahin, dass für das Studium der Architektur eine Mindestausbildungszeit von acht Semestern verbindlich vorgeschrieben ist, ist für den Senat bindend (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO ). Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für die Festlegung im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die Mindestausbildungszeit den einschlägigen Bestimmungen der Hochschule im Wege der Auslegung konkludent entnehmen lasse, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand (a). Einer Überprüfung der Festlegung auf ihre Wirksamkeit bedarf es grundsätzlich nicht (b).

a) Für die Festlegung im Sinne des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG ist keine explizite Zeitangabe erforderlich. Es genügt, wenn die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Hochschule mit hinreichender Klarheit ergibt, dass eine Ausbildung nicht vor Ablauf einer bestimmten Zeit beendet werden kann.

Der Wortlaut der Vorschrift lässt diese Auslegung zu. Dem Wortsinn nach ist Festlegung gleichbedeutend mit verbindlicher Bestimmung. Eine solche bedarf nicht zwingend einer ausdrücklichen, eine präzise Zeitangabe enthaltenden Regelung. Der Wortsinn steht auch für eine Auslegung dahin offen, dass sich die Verbindlichkeit des Verbots, eine Ausbildung vor Ablauf einer bestimmten Zeit zu beenden, aus einem Normenkomplex konkludent ergibt, etwa durch das Ineinandergreifen verschiedener studien- und prüfungsbezogener Vorschriften.

Für ein weites Verständnis des Begriffs der Festlegung spricht vor allem der Sicherstellungszweck des § 18b Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BAföG . Hierfür kommt es nicht entscheidend darauf an, ob eine Mindestausbildungszeit als solche ausdrücklich geregelt ist. Es reicht aus, wenn sie sich hinreichend klar und eindeutig im Wege der Auslegung ergibt. Eine konkludente Regelung ist in gleicher Weise wie eine ausdrückliche Regelung geeignet, das Verhalten von Auszubildenden zu steuern. Diese müssen sich auch bei einer solchen Regelung an den festgelegten Zeitrahmen gebunden und verpflichtet fühlen, ihn einzuhalten. Für das weite Begriffsverständnis streitet zudem die dargelegte Anreizfunktion.

b) Die Verbindlichkeit der Festlegung hängt grundsätzlich nicht von deren Wirksamkeit ab. Maßgebend ist vielmehr, ob Auszubildende die Festlegung als verbindlich ansehen müssen, um ihre Ausbildung erfolgreich bestreiten zu können. Das ist in der Regel zu bejahen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Unwirksamkeit der Festlegung den Auszubildenden aufdrängen muss. Das ist etwa bei einer für jedermann ohne Weiteres erkennbaren Unwirksamkeit anzunehmen.

Der Wortlaut des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG verlangt nicht ausdrücklich das Vorliegen einer wirksamen Festlegung. Entsprechendes gilt für den mit § 18b Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BAföG verfolgten Zweck, einen Anreiz für eine zügige Durchführung und frühestmögliche Beendigung der Ausbildung zu schaffen. Hierfür ist die Wirksamkeit der Festlegung grundsätzlich nicht maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob die Auszubildenden die zeitliche Bestimmung als verbindlich ansehen müssen. Finden Studierende eine Mindestausbildungszeit vor, an die sie sich gebunden fühlen müssen, und beenden sie ihr Studium innerhalb derselben, verwirklicht sich der Anreizzweck auch dann, wenn deren Festlegung nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und deshalb unwirksam ist. Daher würde es dem Anreizzweck zuwiderlaufen, wenn der studiendauerabhängige Teilerlass von der Wirksamkeit der Festlegung abhinge.

In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben geht das Vorbringen der Beklagten, die Festlegung einer Mindestausbildungszeit sei mit § 10 Abs. 2 und § 17 HRG sowie mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 3 GG unvereinbar, auch in diesem Zusammenhang ins Leere. Es enthält keinen Anhaltspunkt für eine offensichtliche Unwirksamkeit der Festlegung.

4. Die Klägerin hat die Mindestausbildungszeit im Einklang mit § 18b Abs. 4 Satz 2 BAföG nicht um mehr als zwei Monate überschritten.

Die dargelegte Definition des Begriffs der Mindestausbildungszeit im Sinne von § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG (s.o. 1. a)) hat Priorität und prägt auch das Verständnis der weiteren Anspruchsvoraussetzung des § 18b Abs. 4 Satz 2 BAföG . Diese knüpft an die Mindestausbildungszeit an und baut auf ihr auf.

Mit Rücksicht auf diese rechtliche Vorgabe nimmt das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Tatsachenfeststellungen zutreffend an, dass die Klägerin das Studium der Architektur vor Ablauf der Zweimonatsfrist beendet hat. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts endete die Mindestausbildungszeit mit Ablauf des 20. September 2006. Die Klägerin bestand ihre Diplomprüfung am 7. November 2006. Diese Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO .

Verkündet am 30. Juni 2016

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 03.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 12 A 2144/13