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BSG - Entscheidung vom 14.12.2016

B 6 KA 64/16 B

Normen:
SGG § 88 Abs. 2

BSG, Beschluss vom 14.12.2016 - Aktenzeichen B 6 KA 64/16 B

DRsp Nr. 2017/9565

Untätigkeitsklage Mehrfach begründetes Berufungsurteil Zulassung der Revision

1. Dass eine Untätigkeitsklage, mit der der Erlass eines Widerspruchsbescheides geltend gemacht wird, nur Erfolg haben kann, wenn Widerspruch eingelegt worden ist, ergibt sich unmittelbar aus § 88 Abs. 2 SGG . 2. Wenn das LSG sein Urteil auf mehrere Gründe gestützt hat, die jeweils für sich den Urteilsausspruch tragen, ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jede Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Juni 2016 - L 5 KA 26/15 - vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 88 Abs. 2 ;

Gründe:

I

Der im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung als Zahnarzt zugelassene Kläger macht gegenüber der Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage den Erlass eines Widerspruchsbescheides geltend. Er wandte sich mit einem "Terminsache" überschriebenen Schreiben vom 9.12.2007 mit dem Betreff "AG Koblenz - Hinterlegungsstelle - Az. 23 HI 182/07, Schreiben des Dr. S. vom 21.11.2007" an die Beklagte. Gegenstand des Schreibens ist in erster Linie die Frage, ob Honoraransprüche an den Kläger selbst oder aber an Abtretungs- bzw an Pfändungsgläubiger und ggf an welchen dieser Gläubiger auszuzahlen sind. Diese und ähnliche Fragen sind auch Gegenstand einer Vielzahl von Klageverfahren des Klägers, die ua beim SG Mainz, beim LSG Rheinland-Pfalz sowie beim BSG anhängig sind oder waren. Das Schreiben des Klägers vom 9.12.2007 enthält eine Vielzahl von Forderungen, Vorwürfen gegen die Beklagte und ihre Vertreter sowie grob herabsetzende Äußerungen. Am Ende des Schreibens fordert er die Beklagte zur Zahlung von Honoraransprüchen an seine geschiedene Ehefrau auf, an die er diese Ansprüche abgetreten habe, und setzt der Beklagten eine Frist bis zum 21.12.2007. Nach erfolglosem Fristablauf werde er Zahlungs- und Schadensersatzklage erheben.

Mehr als fünf Jahre später, am 27.1.2013 erhob der Kläger Untätigkeitsklage beim SG Mainz und machte zur Begründung geltend, dass es sich bei seinem Schreiben vom 9.12.2007 um einen Widerspruch gehandelt habe, den die Beklagte nicht beschieden habe.

Das SG Mainz hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass offenbleiben könne, ob es sich bei den vom Kläger vorgetragenen Maßnahmen um Verwaltungsakte handele. Jedenfalls könne sein Schreiben vom 9.12.2007 nicht als Widerspruch qualifiziert werden. Das LSG hat die Berufung des Klägers aus den Gründen des sozialgerichtlichen Urteils zurückgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass das vom Kläger beanstandete, auf die Auszahlung von Honorarforderungen bezogene Vorgehen der Beklagten keine Verwaltungsakte beinhalteten, sodass das dagegen gerichtete Schreiben des Klägers auch aus diesem Grund nicht als Widerspruch zu verstehen sei.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Gleichzeitig beantragt der Kläger die Gewährung von PKH für dieses Verfahren. Der Kläger hat den Senat zuletzt mit Schreiben vom 29.9.2016 gebeten, ihm noch bis zum 31.10.2016 Gelegenheit zur Begründung des Antrags auf PKH zu geben.

II

1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO ). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf nur zugelassen werden, wenn der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Von diesen Zulassungsgründen ist keiner ersichtlich.

Dass die Untätigkeitsklage, mit der der Erlass eines Widerspruchsbescheides geltend gemacht wird, nur Erfolg haben kann, wenn Widerspruch eingelegt worden ist, ergibt sich unmittelbar aus § 88 Abs 2 SGG (vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 88 RdNr 3). Das SG hat das Schreiben des Klägers nach seinem Inhalt - aus Sicht des Senats überzeugend - nicht als Widerspruch bewertet. Das LSG hat die Berufung zunächst aus den Gründen des sozialgerichtlichen Urteils als unbegründet zurückgewiesen und insoweit gemäß § 153 Abs 2 SGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich in diesem Zusammenhang nicht, und indem sich das LSG mit seiner Entscheidung auf § 88 Abs 2 SGG gestützt hat, ist es auch nicht von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen. Auch für Verfahrensfehler des LSG gibt es keine Anhaltspunkte.

Auf die Frage, ob bezogen auf die vom LSG weiter vertretene Auffassung, nach der das auf die Auszahlung von Honorarforderungen bezogene Vorgehen der Beklagten keine Verwaltungsakte beinhalte und das Schreiben des Klägers vom 9.12.2007 auch aus diesem Grund nicht als Widerspruch angesehen werden könne, einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, kommt es hier nicht an: Wenn das LSG sein Urteil - wie hier - auf mehrere Gründe gestützt hat, die jeweils für sich den Urteilsausspruch tragen, ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jede Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt ( BSG Beschluss vom 29.8.2005 - B 6 KA 38/05 B, mwN). Da ein zugelassener Prozessbevollmächtigter jedenfalls bezogen auf einen der beiden die Entscheidung des LSG tragenden Gründe - hier das Fehlen eines Widerspruchs - keine der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend machen könnte, fehlt es an der erforderlichen Erfolgsaussicht bezogen auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.

2. Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG ) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbsatz iVm § 169 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO . Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO ).

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2 , § 47 Abs 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 16.06.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KA 26/15
Vorinstanz: SG Mainz, - Vorinstanzaktenzeichen S 16 KA 42/13