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BSG - Entscheidung vom 12.10.2016

B 12 KR 119/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 12.10.2016 - Aktenzeichen B 12 KR 119/15 B

DRsp Nr. 2017/9687

Sozialversicherungsbeitragspflicht Verfahrensrüge Verfahrensverstoß im unmittelbar vorangehenden Rechtszug Substantiierungspflicht

1. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug. 2. Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. 3. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. November 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin gegen die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG BerlinBrandenburg vom 6.11.2015 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

1. Die Beschwerdebegründung der Klägerin vom 24.2.2016 erfüllt nicht die Zulässigkeitsanforderungen der Nichtzulassungsbeschwerde bezüglich des von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrundes des Verfahrensmangels. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSGE 2, 81 , 82; 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG ). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG ( BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG ; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

Als Verfahrensmangel rügt die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG , Art 103 Abs 1 GG ), ohne im Folgenden näher darzulegen, worin konkret ein solcher Verfahrensmangel begründet sein könnte. Ausführlich rügt sie jedoch einen Verstoß des LSG gegen die Amtsermittlungspflicht, weil dieses sich auf "Mutmaßungen und Allgemeinplätze" gestützt habe und weder den Komplementär der Klägerin noch den Beigeladenen zu 1. oder zwei weitere angebotene Zeugen zur Ausgestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. im Rahmen seiner Stellung als ehedem mitarbeitender Gesellschafter angehört habe. Indem das LSG vor der mündlichen Verhandlung keine Hinweise zu den von ihm als streitentscheidend angesehenen "Entscheidungsaspekten" erteilt und nicht auf die Notwendigkeit weiteren Tatsachenvortrags seitens der Klägerin hingewiesen habe, habe das Berufungsgericht zugleich gegen seine Hinweispflichten verstoßen.

Mit diesem Vortrag genügt die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht den Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Verfahrensmängel. Insbesondere ein Verstoß gegen die Sachaufklärungs- bzw Amtsermittlungspflicht des LSG wird nicht in einer der Zulässigkeit der Beschwerde entsprechenden Weise dargelegt, da die Klägerin entgegen § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG keinen Beweisantrag benennt, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Vielmehr trägt die Klägerin selbst vor, dass eine persönliche Anhörung ihres Komplementärs und eine zeugenschaftliche Einvernahme des Beigeladenen zu 1. sowie zweier weiterer Personen lediglich im Schriftsatz vom 4.11.2015 "angeboten" wurde. Dieses Angebot kann nicht mit einem - erforderlichen formellen - Beweisantrag gleichgesetzt werden. Das Unterlassen der Anhörung bzw Einvernahme durch das LSG kann auch nicht zulässig als Verstoß gegen die gerichtlichen Hinweispflichten gerügt werden. Denn dies würde zu einer unzulässigen Umgehung der nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG eingeschränkten Nachprüfbarkeit von Verfahrensmängeln führen (vgl etwa - für § 109 SGG - BSG SozR 1500 § 160 Nr 34; zum Ausschluss der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung vgl zB BSG Beschluss vom 25.6.2013 - B 12 KR 83/11 B - Juris RdNr 14). So liegt der Fall auch hier. Die Klägerin zielt mit der gerügten Hinweispflichtverletzung des LSG allein auf das Unterlassen weiterer Sachaufklärung (§ 103 SGG ) dazu, wie sich die Weisungsunterworfenheit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsorganisation der Klägerin konkret darstellte.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 , § 162 Abs 1 VwGO .

4. Der Streitwert war für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 , § 52 Abs 2 , § 47 Abs 1 und 3 GKG in Höhe des Auffangstreitwerts festzusetzen.

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 06.11.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 KR 507/14
Vorinstanz: SG Berlin, - Vorinstanzaktenzeichen S 208 KR 897/11