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BSG - Entscheidung vom 10.03.2016

B 3 P 9/16 B

BSG, Beschluss vom 10.03.2016 - Aktenzeichen B 3 P 9/16 B

DRsp Nr. 2016/7476

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2015 vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig sind Leistungen nach der Pflegestufe I. Die Klage gegen den ablehnenden Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten ist nach Beweiserhebung erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 6.10.2015). Das Sozialgericht hat die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, dass die Berufung auf elektronischem Wege formgerecht nur durch eine qualifizierte signierte Datei nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG ) übermittelt werden könne. Die Klägerin hat dennoch Berufung mittels einer einfachen E-Mail vom 20.10.2015 eingelegt. Das LSG hat diese als unzulässig verworfen (Beschluss vom 16.12.2015), da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist formgerecht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben worden sei. Die E-Mail der Klägerin entspreche diesen Anforderungen nicht, da mit der Schriftform grundsätzlich ein unterschriebener Schriftsatz verlangt werde. Nach § 65a Abs 1 Satz 3 SGG sei dazu eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr 3 des Signaturgesetzes vorgeschrieben.

Der Beschluss ist der Klägerin am 17.12.2015 zugestellt worden. Gegen die Nichtzulassung der Revision hatte sie mit mehreren, von ihr selbst verfassten, an das LSG gerichteten E-Mails vom 19.12.2015, 5.2.2016, 8.2.2016, 9.2.2016 und 19.2.2016, die am 24.2.2016 beim BSG eingegangen sind, sinngemäß Beschwerde eingelegt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Ein Erklärungsformular über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war den E-Mails nicht beigefügt.

II

Dem Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH kann nicht entsprochen werden. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH und der damit verbundenen Beiordnung eines Rechtsanwalts ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG , § 117 Abs 2 und 4 ZPO ), dh mit dem in der Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe vom 6.1.2014 (BGBl I 34) vorgeschriebenen Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden ( BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BGH VersR 1981, 884 ; BFH NV 1989, 802; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6). Das ist hier nicht geschehen. Die Klägerin hat kein Erklärungsformular über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht. Darüber hinaus kann auch PKH formgerecht nicht durch eine einfache E-Mail, die nicht den qualifizierten Anforderungen des § 65a SGG entspricht, beantragt werden (vgl BSG Beschluss vom 9.4.2014 - B 4 AS 67/14 B).

Schließlich kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO ). Daran fehlt es hier, weil ein Grund, die Revision zuzulassen, nicht erkennbar ist. Das LSG hat die Berufung der Klägerin im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen. Eine Berufung kann nicht mittels einfacher E-Mail eingelegt werden. Dies entspricht nicht den Anforderungen an die Schriftform gemäß § 65a SGG (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 151 RdNr 3, 3f mwN).

Da der Klägerin keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §§ 73a SGG , 121 ZPO nicht in Betracht. Die von der Klägerin persönlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil die Klägerin insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG ) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN), ist die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des Berufungsbeschlusses ausdrücklich hingewiesen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 16.12.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 P 87/15
Vorinstanz: SG Duisburg, - Vorinstanzaktenzeichen S 15 P 186/14