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BSG - Entscheidung vom 29.03.2016

B 3 KR 6/16 B

BSG, Beschluss vom 29.03.2016 - Aktenzeichen B 3 KR 6/16 B

DRsp Nr. 2016/7473

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Dezember 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 22.12.2007 bis 12.9.2008.

Die 1957 geborene Klägerin bezog bis August 2006 Arbeitslosengeld und war nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Seit Juli 2006 bezog sie wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld, das die Beklagte nach Durchführung eines Rechtsstreits und eines Überprüfungsantrags schließlich bis zum 21.12.2007 gewährte. Eine Weitergewährung lehnte sie wegen Erreichens der Höchstbezugsdauer nach § 48 SGB V ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin beruhe ab dem 22.12.2007 auf derselben Krankheit, wegen der sie schon für 78 Wochen Krankengeld innerhalb eines drei Jahreszeitraums erhalten habe. Damit sei die Höchstbezugsdauer nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V erreicht. Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung hinsichtlich einzelner Zeiträume ausführlich anhand der für die Arbeitsunfähigkeit maßgeblichen ärztlichen Diagnosen. Ab dem 31.12.2007 scheitere der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Krankengeld daneben auch an einer durchgehenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Denn die Arbeitsunfähigkeit sei bis zum 30.12.2007 bescheinigt worden und die Folgebescheinigung datiere erst vom 2.1.2008. Ein Anspruch auf Krankengeld könne erst ab dem Tag nach der Ausstellung der Bescheinigung beginnen. Zu dieser Zeit sei die Klägerin aber nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. § 46 Abs 1 SGB V sei noch in seiner alten Fassung anwendbar, da die Neuregelung erst ab dem 23.7.2015 gelte.

Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht formgerecht dargelegt wurde (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufführt, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin meint, die Entscheidung des LSG beruhe auf der Rechtsfrage,

"ob § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch auf Fälle anzuwenden sind, die vor dem 23.7.2015 sich abspielten."

Die Klägerin hat dazu jedoch nicht dargelegt, dass die Entscheidung des LSG auf der Beantwortung dieser Rechtsfrage beruht, und dass die Frage daher entscheidungserheblich ist. Die Revision dient der Wahrung der Rechtseinheit bzw der Rechtsfortbildung nur im Rahmen eines konkret zur Entscheidung anstehenden Falles. Daher setzt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung voraus, dass die Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall erheblich ist, das heißt eine Klärung durch das Revisionsgericht erwartet werden kann. Daran mangelt es insbesondere, wenn die Entscheidung der Berufungsinstanz auf verschiedene Begründungen gestützt wird, die jede für sich den Urteilsausspruch tragen, aber nicht alle von der aufgeworfenen Rechtsfrage betroffen sind (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 69). In solchen Fällen ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jede Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt und dies vom Beschwerdeführer auch entsprechend vorgetragen worden ist ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 5 und 38 ; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 13 f).

Diesen Voraussetzungen hat die Klägerin nicht Rechnung getragen. Die Berufung der Klägerin ist insgesamt erfolglos geblieben, weil nach Auffassung des Berufungsgerichts die Höchstbezugsdauer für das Krankengeld erreicht war. Für den Zeitraum ab dem 31.12.2007 stützt das LSG die Zurückweisung der Berufung lediglich zusätzlich auch darauf, dass es an einer durchgehenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit fehle. Es handelt sich also für diese Zeit um zwei selbständige, gleichermaßen tragende Begründungen. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage betrifft aber lediglich die Voraussetzung der durchgehenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Die Entscheidung des Berufungsgerichts zum Erreichen der Höchstbezugsdauer für das Krankengeld wird in der Beschwerdebegründung zwar inhaltlich angegriffen; es wird diesbezüglich aber kein Revisionszulassungsgrund aufgeführt. Vor dem Hintergrund der die Entscheidung auch allein tragenden Begründung, dass die Bezugsdauer für das Krankengeld ausgeschöpft sei, hat die Klägerin die Entscheidungserheblichkeit ihrer Rechtsfrage nicht dargelegt.

Darüber hinaus wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) ausdrücklich geregelt, dass ua die Neuregelungen zu § 46 SGB V am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten (BGBl I 1244). Das GKV-VSG wurde am 22.7.2015 verkündet. Wie es bei dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zu einer Rückwirkung kommen könnte, hätte die Klägerin darlegen müssen. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sich ihre Beantwortung ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften ergibt.

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 15.12.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 11 KR 2319/15
Vorinstanz: SG Freiburg, - Vorinstanzaktenzeichen S 19 KR 2575/14