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BSG - Entscheidung vom 23.02.2016

B 9 V 71/15 B

BSG, Beschluss vom 23.02.2016 - Aktenzeichen B 9 V 71/15 B

DRsp Nr. 2016/5609

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz ( OEG ).

Die 1962 geborene Klägerin wurde am 20.2.2006 zum wiederholten Mal Opfer eines Banküberfalls. Der Täter hatte dabei das Vorhandensein einer Waffe nur vorgetäuscht, indem er Zeigefinger und Daumen unter seiner Jacke ausgestreckte.

Die Beklagte stellte daraufhin bei der Klägerin als Folge des Banküberfalls Anpassungsstörungen und einen Anspruch auf Heilbehandlung fest (Bescheid vom 6.4.2009). Nach Anhörung der Klägerin stellte die Beklagte später aber die Rechtswidrigkeit der Anerkennung der Schädigungsfolge fest. Bei dem Banküberfall habe es sich nicht um eine Gewalttat im Sinne des OEG gehandelt, weil der Täter die Klägerin nicht tatsächlich mit einer Waffe bedroht habe. Die Rücknahme des Ursprungsbescheids sei nicht mehr möglich, der Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung werde jedoch von zukünftigen Änderungen ausgeschlossen und eingefroren (Bescheid vom 21.6.2013, Widerspruchsbescheid vom einen 21.7.2014).

Klage und Berufung der Klägerin blieben mit Hinweis der Instanzgerichte auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 3.2.2015; Urteil vom 5.11.2015).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde beim BSG eingelegt und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG , 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 42 ff).

An diesen Darlegungen fehlt es hier.

Die Beschwerde hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihr sinngemäß aufgeworfenen Frage,

ob die Änderung der Rechtsprechung des BSG mit dem Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 1/13 R - eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs 1 SGB X darstellen kann,

nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Beschwerde legt insbesondere nicht substantiiert dar, warum diese Frage überhaupt entscheidungserheblich sein sollte und damit im Verfahren der Klägerin geklärt werden könnte. Denn sie verzichtet vollständig darauf, den vom LSG festgestellten Sachverhalt sowie die Prozessgeschichte darzustellen. Aus ihren Ausführungen erschließt sich daher nicht, ob im Fall der Klägerin überhaupt die Rücknahme eines Bescheides auf der Grundlage der Vorschrift des § 48 Abs 1 SGB X erfolgt ist.

Darüber hinaus setzt sich die Beschwerde auch nicht mit der vorhandenen Rechtsprechung des BSG und dem gesetzlichen Regelungsgefüge auseinander und legt nicht dar, warum sich nicht schon daraus die Antwort auf die von ihr aufgeworfene Frage ergibt. Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Aufhebung oder Änderung der maßgebenden Rechtsvorschriften, dh des Gesetzes im materiellen Sinne ( BSG Urteil vom 30.6.1998 - B 2 U 41/97 R - BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr 5 S 15 mwN). Eine - nur zugunsten des Berechtigten zulässige - Aufhebung allein wegen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung behandelt demgegenüber § 48 Abs 2 SGB X (vgl Merten in Hauck/Noftz, SGB, 05/15, § 48 SGB X RdNr 85 mwN).

Damit ist die Klärungsfähigkeit und Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage insgesamt nicht dargetan.

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 05.11.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 10 VE 9/15
Vorinstanz: SG Lüneburg, - Vorinstanzaktenzeichen S 11 VE 22/14