Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 21.04.2016

B 9 SB 1/16 BH

BSG, Beschluss vom 21.04.2016 - Aktenzeichen B 9 SB 1/16 BH

DRsp Nr. 2016/10772

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Januar 2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe:

I

Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 20.1.2015 bei der Klägerin einen Grad der Behinderungen (GdB) von 70 ab dem 10.2.2010 zuerkannt und im Übrigen einen Anspruch der Klägerin auf Zurückverweisung der Sache an das SG München verneint. Dieses Urteil ist der Klägerin am 20.2.2015 zugestellt worden. Sie hat mit von ihr selbst verfasstem Schreiben vom 20.12.2015, das am 31.12.2015 beim BSG eingegangen ist, ua für ein beabsichtigtes Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihr am 20.2.2015 zugestellten Urteil die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragt mit dem Hinweis, das ihr die angefochtene Entscheidung des LSG ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden sei.

II

Der Antrag auf PKH ist ungeachtet der Frage, ob die Klägerin die Beschwerdefrist beim BSG eingehalten hat, abzulehnen, weil die Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Nach § 73a SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist hier weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffes ersichtlich.

1. Zunächst ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das von der Klägerin angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht (vgl BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind hier nicht ersichtlich. Das LSG hat sich in seiner angefochtenen Entscheidung sowohl hinsichtlich der abgelehnten Zurückverweisung an das SG als auch hinsichtlich der Feststellung des GdB ab dem 5.2.2010 an der Rechtsprechung des BSG orientiert.

Zwar trägt die Klägerin vor, sie "habe Anspruch darauf, nur die Einzel-GdB feststellen zu lassen, die ich begehrt habe, und die tatsächlich vorliegen". Damit lässt sich aber auch unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 26.2.1986 (- 9a RVs 4/83 - BSGE 60, 11) keine klärungsbedürftige Rechtsfrage formulieren. Denn nach dieser Entscheidung kann der Streitgegenstand iS des § 141 Abs 1 SGG nur dann hinsichtlich der Nicht-Feststellung einzelner Behinderungen beschränkt werden, wenn das Begehren Behinderungen von der Feststellung auszunehmen ausdrücklich beantragt worden ist. Entsprechende Anträge hat die Klägerin nicht gestellt. Zudem fehlt es in diesem Zusammenhang auch an der Entscheidungserheblichkeit, da nach der genannten BSG -Entscheidung die auszulassende Behinderung bei der Gesamt-GdB-Bewertung "außer Betracht" bleibt, sodass nach den Feststellungen des LSG eine von der Klägerin noch begehrte Höherbewertung des GdB keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

2. Eine Zulassung nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG scheidet ebenfalls aus. Die danach erforderliche Abweichung (Divergenz) ist gegeben, wenn das angefochtene Urteil auf einer bestimmten Rechtsauffassung beruht, die zu der in einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG zugrunde gelegten Rechtsansicht im Widerspruch steht. Davon kann hier auch vor dem Hintergrund der Ausführungen zu 1. nicht ausgegangen werden.

3. Schließlich ist auch kein Verfahrensmangel ersichtlich, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Sofern die Klägerin eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts oder eine fehlerhafte Beweiswürdigung des LSG rügen wollte, könnte sie damit keine Revisionszulassung erreichen. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Während Angriffe gegen die Beweiswürdigung des LSG iS von § 128 Abs 1 S 1 SGG damit von vornherein für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde ausscheiden, ist hier auch kein Beweisantrag ersichtlich, den das LSG unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG ) übergangen haben könnte. Das LSG war auch in Anbetracht der Regelungen in § 106 Abs 1 und § 112 SGG nicht verpflichtet, auf die Stellung eines Beweisantrages hinzuwirken (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 13). Entsprechend verhält es sich mit einer möglichen Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (vgl § 62 SGG ). Mit dieser kann ein Beteiligter nur dann durchdringen, wenn er vor dem LSG alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich Gehör zu verschaffen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 11d mwN). Eine solche Ausschöpfung aller Rügemöglichkeiten ist hier nicht ersichtlich. Ebenfalls nicht substantiiert dargelegt ist der Vorwurf der Klägerin, das LSG habe über etwas anderes entschieden als von ihr beantragt, vgl § 123 SGG . Vielmehr entspricht der Urteilsauspruch des LSG weitgehend dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung laut Protokoll gestellten Antrag.

Da der Klägerin nach alledem keine PKH zusteht, kann sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 20.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 15 SB 207/12
Vorinstanz: SG München, - Vorinstanzaktenzeichen S 37 SB 1074/10