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BGH - Entscheidung vom 02.06.2016

I ZR 268/14

Normen:
Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 Art. 118m
Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Art. 103
VO (EG) 1234/2007 Art. 118m
VO (EG) 1308/2013 Art. 103

Fundstellen:
GRUR 2016, 970
GRUR 2016, 9
MDR 2016, 1274
WRP 2016, 1245

BGH, Beschluss vom 02.06.2016 - Aktenzeichen I ZR 268/14

DRsp Nr. 2016/11946

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO; ABl. Nr. L 299 vom 16. November 2007, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 491/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 (ABl. Nr. L 154 vom 17. Juni 2009, S. 1) geänderten Fassung und des mit Wirkung zum 1. Januar 2014 an seine Stelle getretenen Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. Nr. L 347 vom 20. Dezember 2013, S. 671) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch dann eröffnet ist, wenn die geschützte Ursprungsbezeichnung als Teil einer Bezeichnung für ein nicht den Produktspezifikationen entsprechendes Lebensmittel verwendet wird, dem eine den Produktspezifikationen entsprechende Zutat beigefügt wurde?2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung als Teil einer Bezeichnung für ein nicht den Produktspezifikationen entsprechendes Lebensmittel, dem eine den Produktspezifikationen entsprechende Zutat beigefügt wurde, ein Ausnutzen des Ansehens der Ursprungsbezeichnung darstellt, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels den Bezeichnungsgewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise entspricht und die Zutat in ausreichender Menge beigefügt worden ist, um dem Produkt eine wesentliche Eigenschaft zu verleihen?3. Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung unter den in Vorlagefrage 2 beschriebenen Umständen eine widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung darstellt?4. Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass sie nur auf falsche oder irreführende Angaben anwendbar sind, die bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen unzutreffenden Eindruck über die geografische Herkunft eines Erzeugnisses hervorzurufen geeignet sind?

Tenor

I.

Das Verfahren wird ausgesetzt.

II.

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO; ABl. Nr. L 299 vom 16. November 2007, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 491/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 (ABl. Nr. L 154 vom 17. Juni 2009, S. 1) geänderten Fassung und des mit Wirkung zum 1. Januar 2014 an seine Stelle getretenen Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. Nr. L 347 vom 20. Dezember 2013, S. 671) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

5.

Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch dann eröffnet ist, wenn die geschützte Ursprungsbezeichnung als Teil einer Bezeichnung für ein nicht den Produktspezifikationen entsprechendes Lebensmittel verwendet wird, dem eine den Produktspezifikationen entsprechende Zutat beigefügt wurde?

6.

Falls die Frage 1 zu bejahen ist:

Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung als Teil einer Bezeichnung für ein nicht den Produktspezifikationen entsprechendes Lebensmittel, dem eine den Produktspezifikationen entsprechende Zutat beigefügt wurde, ein Ausnutzen des Ansehens der Ursprungsbezeichnung darstellt, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels den Bezeichnungsgewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise entspricht und die Zutat in ausreichender Menge beigefügt worden ist, um dem Produkt eine wesentliche Eigenschaft zu verleihen?

7.

Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung unter den in Vorlagefrage 2 beschriebenen Umständen eine widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung darstellt?

8.

Sind Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sowie Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dahin auszulegen, dass sie nur auf falsche oder irreführende Angaben anwendbar sind, die bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen unzutreffenden Eindruck über die geografische Herkunft eines Erzeugnisses hervorzurufen geeignet sind?

Normenkette:

Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 Art. 118m; Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Art. 103;

Gründe

A. Der Kläger ist ein Verband der französischen Champagnerwirtschaft, dem sämtliche mit dem Anbau und der Herstellung des Champagner befassten Winzer und Champagner-Firmen angeschlossen sind.

Die Streithelferin der Beklagten stellt Tiefkühlprodukte her, darunter ein "Champagner Sorbet", das die Beklagte, ein Lebensmittel-Discounter, in der aus dem Klageantrag ersichtlichen Produktverpackung Ende des Jahres 2012 anbot und in Prospekten bewarb. Ausweislich der Zutatenliste auf der Unterseite der Produktverpackung setzte sich das von der Beklagten vertriebene "Champagner Sorbet" aus folgenden Zutaten zusammen:

Wasser, Zucker, Champagner (12%), Maltodextrine, Glucosesirup, Birnenpüree (Birnen, Zucker, natürliches Aroma, Säuerungsmittel: Zitronensäure), natürliches Aroma, Karottenextrakt, Gelatine, Geliermittel: Johannisbrotkernmehl, Pektin, Säuerungsmittel: Zitronensäure.

Der Kläger sieht in dem Vertrieb des Tiefkühlproduktes unter der Bezeichnung "Champagner Sorbet" eine Verletzung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne".

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Tiefkühlkost die Bezeichnung "Champagner Sorbet" zu benutzen, insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend eingelichtet:

Die Beklagte und ihre Streithelferin sind der Klage entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Streithelferin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG München, GRUR 2015, 388 = WRP 2015, 218 ). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Die Streithelferin der Beklagten beantragt, die Revision zurückzuweisen.

B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO; ABl. Nr. L 299 vom 16. November 2007, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 491/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 (ABl. Nr. L 154 vom 17. Juni 2009, S. 1) geänderten Fassung (nachfolgend: Verordnung (EG) Nr. 1234/2007) und des mit Wirkung zum 1. Januar 2014 an seine Stelle getretenen Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. Nr. L 347 vom 20. Dezember 2013, S. 671; nachfolgend: Verordnung (EU) Nr. 1308/2013) ab. Vor einer Entscheidung ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

I. Das Berufungsgericht hat den mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch als unbegründet angesehen und dazu ausgeführt:

Die Voraussetzungen eines aus Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 hergeleiteten Unterlassungsanspruchs lägen nicht vor. Zwar sei die Bezeichnung "Champagne" eine nach dieser Verordnung geschützte Ursprungsbezeichnung, mit der besondere Gütevorstellungen verbunden seien, und die Beklagte habe diese Gütevorstellungen für den Vertrieb ihres als "Champagner Sorbet" bezeichneten Produkts kommerziell verwendet. Ein Ausnutzen des Ansehens der geschützten Ursprungsbezeichnung gemäß Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 setze jedoch eine Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung in unlauterer Weise voraus. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt.

Die Bezeichnung "Champagner Sorbet" sei ausweislich der von den Parteien vorgelegten Rezepte eine in der deutschen Sprache und Küchenliteratur feststehende Bezeichnung für eine halbgefrorene Süßspeise mit Champagnerzusatz, die in einer Reihe stehe mit anderen bekannten Süßspeisen wie "Mousse au chocolat", "Crème brûlée" oder "Panna Cotta". Die Beklagte verwende daher für das von ihr angebotene Tiefkühlprodukt diejenige Bezeichnung, unter der dem Verkehr eine derartige Speise bekannt sei. Hieran habe sie ein berechtigtes Interesse. Anhaltspunkte dafür, dass es verbindliche Rezepturen gebe, deren Einhaltung Bedingung für die Verwendung der Bezeichnung sein könnten, bestünden nicht. Champagner sei mit einem Anteil von 12% eine mengenmäßig wesentliche Zutat der als "Champagner Sorbet" bezeichneten Speise.

Mangels widerrechtlicher Benutzung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" lägen auch die Voraussetzungen eines aus Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 oder eines aus dem deutsch-französischen Herkunftsabkommen hergeleiteten Unterlassungsanspruchs oder einer Rufausbeutung gemäß § 127 Abs. 2 und 3 MarkenG und §§ 3 , 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aF oder § 5 Abs. 2 UWG aF nicht vor. Schließlich sei auch der Tatbestand einer Irreführung nach Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 oder § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG aF nicht erfüllt.

II. Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt von der Antwort auf die eingangs gestellten Fragen ab.

1. Der Kläger hat den mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf eine Verletzung der geschützten Ursprungsangabe "Champagne" nach Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gestützt, der nach Art. 232 Abs. 1 dieser Verordnung seit dem 1. Januar 2014 gilt.

a) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts ist die Bezeichnung "Champagne" für Wein aus Frankreich als geschützte Ursprungsbezeichnung gemäß Art. 118b Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und gemäß Art. 93 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 in das von der Europäischen Kommission geführte Register eingetragen (Europäische Kommission Datenbank E-Bacchus Dateinummer PDO-FR-A1359).

b) Wird eine Bezeichnung als geschützte Ursprungsbezeichnung oder als geschützte geografische Angabe in das von der Europäischen Kommission geführte Register eingetragen, so kommt dem Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den in der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 208 vom 24. Juli 1992, S. 1) und den in ihren Folgeverordnungen niedergelegten Vorschriften zum Schutz von Ursprungsangaben und geografischen Angaben, an deren Stelle mittlerweile Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 343 vom 14. Dezember 2012, S. 1) getreten ist, uneingeschränkter Anwendungsvorrang zu. Ein ergänzender Rechtsschutz aufgrund bilateraler Abkommen oder nach nationalem Recht scheidet im Anwendungsbereich der Verordnungen aus (st. Rspr.; vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 1999 - C-87/97, Slg. 1999, I-1301 = WRP 1999, 486 Rn. 18 - Gorgonzola/Cambozola; Urteil vom 8. September 2009 - C-478/07, Slg. 2009, I-7721 = GRUR 2010, 143 Rn. 114 bis 129 - American Bud II; Urteil vom 8. Mai 2014 - C-35/13, GRUR 2014, 674 Rn. 26 und 28 = WRP 2014, 1044 - Salame Felino; BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 69/04, GRUR 2012, 394 Rn. 20 = WRP 2012, 550 - Bayerisches Bier II; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz , 11. Aufl., § 126 Rn. 46; Büscher in Büscher/ Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 126 MarkenG Rn. 8; Grube in Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl., Art. 26 Rn. 85 und 100; Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 2007, Rn. 195). Für das nach dem Vorbild der Verordnung Nr. 1151/2012 ausgebildete Schutzsystem der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und die in der Vorgängerverordnung (EG) Nr. 1234/2007 enthaltenen Schutztatbestände gilt nichts Abweichendes (EuG, Urteil vom 18. November 2015 - T-659/14, GRUR Int. 2016, 144 Rn. 38 und 41 f. - Port Charlotte; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 126 Rn. 48).

Hiernach ist im Blick auf vom Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 erfasste geschützte Ursprungsangaben und geschützte geografische Angaben ein Rückgriff auf den im nationalen Recht für qualifizierte und mit einem besonderen Ruf ausgestattete geografische Angaben in § 127 Abs. 2 und 3 , § 128 Abs. 1 MarkenG niedergelegten Schutztatbestand ebenso ausgeschlossen wie ein Rückgriff auf § 4 Nr. 9 UWG (BGH, GRUR 2012, 394 Rn. 20 - Bayerisches Bier II; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 126 MarkenG Rn. 9 und 11; Hacker in Ströbele/ Hacker aaO § 126 Rn. 46 f.; Grube in Voit/Grube aaO Art. 26 Rn. 27; Fassbender/Herbrich, GRUR Int. 2014, 765 , 775). Gleiches gilt in Bezug auf nach der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geschützte Angaben auch für die in § 5 UWG niedergelegten Irreführungsverbote, weil die in Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/207 und Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelten Verletzungstatbestände in ihren Absätzen 2 Buchstaben c und b einen besonderen Irreführungsschutz vorsehen, der im Anwendungsbereich der Verordnungen dem nationalen Irreführungsschutz vorgeht (Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 126 Rn. 49; Grube in Voit/Grube aaO Art. 26 Rn. 97; Fassbender/Herbrich, GRUR Int. 2014, 765 , 773, 775; Obergfell, MarkenR 2010, 469 , 473; Sosnitza, Festschrift Welsch, 2010, 269, 276; aA Schoene, MarkenR 2014, 273 , 283; differenzierend Loschelder, MarkenR 2015, 225 , 228 f.).

Im Anwendungsbereich der hier in Rede stehenden Verordnungen scheidet ferner ein Rückgriff auf das deutsch-französische Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geografischen Bezeichnungen vom 8. März 1960 aus (EuGH, GRUR 2010, 143 Rn. 114 bis 129 - American Bud II; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 126 MarkenG Rn. 9).

Für den Erfolg der Revision ist hiernach entscheidend, ob die Voraussetzungen des Art. 118m Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des an seine Stelle getretenen Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorliegen.

2. Der Kläger hat sich zur Begründung des mit der Klage verfolgten Unterlassungsanspruchs auf eine Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" Ende des Jahres 2012 für ein von der Beklagten angebotenes Tiefkühlsorbet gestützt. Der Unterlassungsantrag ist daher nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten nach dem zur Zeit der Begehung geltenden Recht gegen Vorschriften zum Schutz geschützter Ursprungsangaben und geografischer Angaben verstieß. Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten zudem nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht eine Verletzung von Vorschriften zum Schutz eingetragener Ursprungsbezeichnungen oder geografischer Angaben begründen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 3. März 2011 - I ZR 167/09, GRUR 2011, 474 Rn. 13 = WRP 2011, 1054 - Kreditkartenübersendung; Urteil vom 6. November 2014 - I ZR 26/13, GRUR 2015, 504 Rn. 8 = WRP 2015, 565 - Kostenlose Zweitbrille, jeweils mwN). Sachliche Änderungen sind mit der Aufnahme der zuvor in Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 niedergelegten Verletzungstatbestände in Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 nicht verbunden. Die Vorschrift des Art. 118m Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 ist von einer hier nicht interessierenden Ausnahme abgesehen in Art. 103 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 inhaltsgleich übernommen worden.

3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass ein Verstoß gegen die in Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und in Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelten Tatbestände einen Unterlassungsanspruch begründen kann, zu dessen Geltendmachung der Kläger klagebefugt und aktivlegitimiert ist. Dieser Anspruch folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 135 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG .

4. Der Senat neigt zu der Annahme, dass die vom Kläger beanstandete Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" für ein Tiefkühlprodukt als kommerzielle Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" in den Anwendungsbereich des Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 fällt. Diese Frage ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedoch nicht abschließend geklärt (Vorlagefrage 1).

a) Gemäß Art. 118m Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dürfen die in das von der Europäischen Kommission geführte Register eingetragenen Ursprungsbezeichnungen von jedem Marktteilnehmer verwendet werden, der einen Wein vermarktet, der entsprechend den betreffenden Produktspezifikationen erzeugt wurde (vgl. zu Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 EuGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - C-4/10 und C-27/10, Slg. 2011, I-6131 = GRUR 2011, 926 Rn. 48 f. - Bureau national interprofessionel du Cognac). Die Beklagte verwendet die vom Kläger beanstandete Produktbezeichnung "Champagner Sorbet" allerdings nicht zur Vermarktung eines Weines, sondern zur Vermarktung einer Tiefkühlspeise, bei deren Herstellung Champagner verarbeitet worden ist, und damit für ein Produkt, das nicht den Spezifikationen entspricht, die bei der Herstellung von unter der Ursprungsbezeichnung "Champagne" vermarkteten Weinen zu beachten sind.

b) Der Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben erfasst gemäß Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung des geschützten Namens.

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht in der Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" für ein von der Beklagten beworbenes und vertriebenes Tiefkühlprodukt eine in den Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 fallende kommerzielle Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" gesehen. Diese von den Parteien des Revisionsverfahrens nicht angegriffene Beurteilung begegnet hinsichtlich der Annahme einer kommerziellen Verwendung der angegriffenen Produktbezeichnung keinen Bedenken. Von einer kommerziellen Verwendung ist auszugehen, wenn die beanstandete Bezeichnung in irgendeiner Weise, etwa durch ihre Verwendung für ein Erzeugnis, geschäftlich genutzt wird (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 400, Ergänzungslieferung 153, Juli 2013, § 22b WeinG Rn. 26; Boch, Weingesetz, 3. Aufl., § 22b Rn. 4; zu Art. 13 Verordnung (EU) 510/2006 und Art. 13 Verordnung 1151/2012 Ingerl/Rohnke, Markengesetz , 3. Aufl., § 135 Rn. 4; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 135 Rn. 17; Omsels aaO Rn. 131). Die Benutzung einer Herkunftsbezeichnung als Produktbezeichnung ist eine kommerzielle Verwendung.

c) Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, die Verwendung der Produktbezeichnung "Champagner Sorbet" stelle eine von Art. 103 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 erfasste Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" für das von der Beklagten vertriebene Tiefkühlprodukt dar. Der Senat hält diese Sichtweise für zutreffend.

aa) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Anwendung des Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 (ABl. Nr. L 39 vom 13. Februar 2008, S. 16), der den Schutz von eingetragenen geografischen Angaben für Spirituosen mit bestimmten Spezifikationen regelt und dessen Verletzungstatbestände weitgehend den in Art. 118m Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelten Schutzbestimmungen entsprechen, legt es nahe, eine in den Anwendungsbereich des Art. 118m Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 fallende direkte kommerzielle Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe nicht nur anzunehmen, wenn die eingetragene Angabe in identischer Form für ein anderes Erzeugnis verwendet wird, sondern auch dann, wenn die eingetragene Angabe selbst oder als Gattungsbezeichnung in einer Übersetzung Bestandteil einer aus mehreren Wortbestandteilen zusammengesetzten Bezeichnung ist (vgl. EuGH, GRUR 2011, 926 Rn. 55 - Bureau national interprofessionel du Cognac). So hat der Gerichtshof der Europäischen Union für die Bezeichnungen "COGNAC L & P HIENOA KONJAKKIA Lignell & Piispanen Product of France 40 % Vol 500 ml" und "KAHVI-KONJAKKI Cafe Cognac Likööri - Likör - Liqueur 21 % Vol Lignell & Piispanen 500 ml" den Anwendungsbereich des Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 als eröffnet angesehen (EuGH, GRUR 2011, 926 Rn. 55 - Bureau national interprofessionel du Cognac).

Bei Anlegung dieses Maßstabs ist nach Ansicht des Senats die Verwendung der Wortkombination "Champagner Sorbet" als Produktbezeichnung vom Anwendungsbereich des Art. 118m Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 erfasst.

bb) Dieses Verständnis des in Art. 118m Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und in Art. 103 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 niedergelegten Verletzungstatbestandes ist allerdings nicht zweifelsfrei.

Nach einer im deutschen Schrifttum vertretenen Auffassung sind vom Anwendungsbereich des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 93 vom 31. März 2006, S. 12) und der an seine Stelle getretenen Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 nur Fallgestaltungen erfasst, bei denen der Verletzer den eingetragenen Namen identisch, also ohne Abweichungen verwendet. Dagegen soll die Verwendung ähnlicher Bezeichnungen unter Art. 13 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnungen fallen (Ingerl/Rohnke aaO § 135 Rn. 4; Grube in Voit/Grube aaO Art. 26 Rn. 64; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 135 Rn. 10; Engelhardt, Die Verletzung EUrechtlich geschützter geografischer Namen, 2011, S. 101; Omsels aaO Rn. 131).

Die Beschränkung des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften auf identische Verwendungsformen hätte allerdings zur Folge, dass eine tatbestandsmäßige Ausnutzung des Ansehens ausschließlich im Falle der identischen Verwendung der geschützten Bezeichnung in Betracht käme. Die hiermit verbundene Gefahr von Schutzlücken und Wertungswidersprüchen spricht dafür, auch nicht identische Verwendungsformen dem Tatbestand des Art. 118m Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 zu unterstellen (vgl. Engelhardt aaO S. 101).

5. Die angegriffene Produktbezeichnung ist geeignet, das Ansehen der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" auf das von der Beklagten vertriebene, mit "Champagner Sorbet" bezeichnete Produkt zu übertragen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bisher nicht geklärte Frage, ob die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung ein Ausnutzen ihres Ansehens im Sinne von Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 darstellt, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels den Bezeichnungsgewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise entspricht und die Zutat in ausreichender Menge beigefügt worden ist, um dem Produkt eine wesentliche Eigenschaft zu verleihen (Vorlagefrage 2).

a) Die angegriffene Produktbezeichnung ist geeignet, das Ansehen der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" auf das beanstandete Erzeugnis zu transferieren.

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die geschützte Ursprungsbezeichnung "Champagne" ein besonderes Ansehen genießt, weil mit ihr besondere Gütevorstellungen verbunden sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1969 - I ZR 15/67, GRUR 1969, 611 , 614 = WRP 1970, 64 - Champagner-Weizenbier; Urteil vom 17. Januar 2002 - I ZR 290/99, GRUR 2002, 426 , 427 = WRP 2002, 542 - Champagner bekommen, Sekt bezahlen; BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 - I ZR 262/02, GRUR 2005, 957 , 958 = WRP 2005, 1530 - Champagner-Bratbirne).

bb) Der Senat teilt auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte durch die Verwendung der Produktbezeichnung "Champagner Sorbet" für ein Tiefkühlprodukt von der Werbewirkung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" profitiert. Der durch Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gewährleistete Schutz geografischer Ursprungsbezeichnungen und geografischer Angaben erstreckt sich auf alle Fallgestaltungen, in denen die durch die geschützte Bezeichnung vermittelten Güte- und Prestigevorstellungen auf ein anderes Erzeugnis übertragen werden (Ingerl/Rohnke aaO § 135 Rn. 5 und § 127 Rn. 17; Engelhardt aaO S. 148; Omsels aaO Rn. 147; zu § 127 MarkenG Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 127 MarkenG Rn. 36). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" in der Etikettierung anderer Produkte oder in der Werbung geeignet ist, die mit der geschützten Ursprungsbezeichnung verbundenen Qualitäts- und Gütevorstellungen auf die so bezeichneten Drittprodukte zu übertragen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1987, GRUR 1988, 453 , 455 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; BGH, GRUR 2002, 426 , 427 - Champagner bekommen, Sekt bezahlen; GRUR 2005, 957 , 958 - Champagner-Bratbirne). Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen.

b) Klärungsbedürftig ist die Frage, ob die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung kein Ausnutzen ihres Ansehens darstellt, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels den Bezeichnungsgewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise entspricht und die Zutat in ausreichender Menge beigefügt worden ist, um dem Produkt eine wesentliche Eigenschaft zu verleihen.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich auf ein berechtigtes Interesse an der beanstandeten Verwendung berufen. Die Aufnahme der Ursprungsbezeichnung in die Produktbezeichnung entspreche den Bezeichnungsgewohnheiten des Verkehrs, weil der Begriff "Champagner Sorbet" in der deutschen Sprache und Kochliteratur eine feststehende Bezeichnung für eine halbgefrorene Süßspeise mit Champagnerzusatz sei. Die den Produktspezifikationen entsprechende Zutat sei zudem mit einem mengenmäßig als wesentlich anzusehenden Anteil von 12% am Produkt der Beklagten enthalten. Von diesen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Bezeichnungsgewohnheiten ist im Revisionsverfahren vor dem Senat auszugehen.

bb) Nach Ansicht des Senats scheidet die Annahme einer tatbestandsmäßigen Ausnutzung des Ansehens aus, wenn ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der geschützten Bezeichnung besteht. Dies folgt aus einer Übertragung der Maßstäbe, die der Gerichtshof der Europäischen Union bei der Auslegung des Art. 16 Buchst. a bis d der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 anwendet.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 ausgeführt, dass die in den Buchstaben a bis d dieser Vorschrift enthaltenen Tatbestände verschiedene Fälle erfassen, in denen die Vermarktung eines Erzeugnisses mit einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Bezugnahme auf eine geografische Angabe unter Umständen einhergeht, die geeignet sind, das Publikum irrezuführen oder bei ihm zumindest Assoziationen hinsichtlich des Ursprungs des Erzeugnisses hervorzurufen oder dem Wirtschaftsteilnehmer zu ermöglichen, in unberechtigter Weise vom Ansehen der fraglichen geografischen Angabe zu profitieren (EuGH, GRUR 2011, 926 Rn. 46 - Bureau national interprofessionnel du Cognac). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat ferner entschieden, dass eine "Anspielung" im Sinne des Art. 16 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 selbst dann vorliegen kann, wenn keinerlei Verwechslungsgefahr zwischen den betroffenen Erzeugnissen besteht, da es vor allem darauf ankomme, dass beim Publikum keine Assoziationen hinsichtlich des Ursprungs des Erzeugnisses hervorgerufen würden und es einem Wirtschaftsteilnehmer nicht ermöglicht werde, in unberechtigter Weise vom Ansehen der geschützten geografischen Angabe zu profitieren (EuGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - C-75/15, GRUR 2016, 388 Rn. 45 - Viiniverla Oy).

Das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens des Ansehens der geschützten Bezeichnung ist in Art. 16 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 und den vorliegend betroffenen Vorschriften des Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gleichlautend formuliert. Die zu Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 ergangene Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union trifft gleichermaßen für die vorliegend in Rede stehenden Vorschriften zu. Es spricht daher viel dafür, auch bei diesen Vorschriften zu prüfen, ob die Verwendung einer geschützten Bezeichnung es ermöglicht, von ihrem Ansehen in unberechtigter Weise zu profitieren. Hieraus folgt, dass ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der geschützten Bezeichnung der Annahme der tatbestandsmäßigen Ausnutzung entgegensteht.

cc) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung folgt ein berechtigtes Interesse allerdings nicht bereits daraus, dass die Aufnahme einer geschützten Ursprungsbezeichnung in die Bezeichnung eines Lebensmittels nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 304 vom 22. November 2011, S. 18) geboten wäre.

Nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 wird ein Lebensmittel mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet. Bei diesen Angaben über die Bezeichnung des Lebensmittels handelt es sich um Pflichtinformationen nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. In der Bezeichnung des Lebensmittels dürfen nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 auch geschützte Ursprungsbezeichnungen verwendet werden, wenn die Ursprungsangabe der verkehrsüblichen Bezeichnung entspricht (Grube in Voit/Grube aaO Art. 17 Rn. 1 und Rn. 128).

Aus dem Umstand, dass eine geschützte Ursprungsbezeichnung nicht nur als Hinweis auf die Herkunft des Produkts, sondern auch als Verkehrsbezeichnung für ein Produkt verwendet werden darf, das den für die Ursprungsbezeichnung vorgeschriebenen Spezifikationen entspricht, kann allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass die Aufnahme einer Ursprungsbezeichnung in die Bezeichnung des Lebensmittels auch dann zulässig und geboten wäre, wenn das so bezeichnete Produkt den Spezifikationen der Ursprungsbezeichnung - wie im Streitfall - nicht entspricht (vgl. Grube in Voit/Grube aaO Art. 17 Rn. 52 f.). Vielmehr setzen sich nach Auffassung des Senats die Vorschriften zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben gemäß Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und gemäß Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, die einen Sonderschutz regeln, gegenüber der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 durch (vgl. hierzu Grube in Voit/Grube aaO Art. 26 Rn. 101 ff.). Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 dem Lebensmittelunternehmer die Möglichkeit eröffnet, anstelle der verkehrsüblichen Bezeichnung eine beschreibende Bezeichnung zu wählen. Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn die Verwendung einer Bezeichnung, die eine geschützte Ursprungsangabe für ein nicht den hierfür geltenden Spezifikationen entsprechendes Produkt enthält, mit den Vorschriften der Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 nicht in Einklang steht.

dd) Anhaltspunkte, die für die Bestimmung des berechtigten Interesses an der Verwendung der geschützten Bezeichnung bedeutsam sind, ergeben sich nach Auffassung des Senats aus einer Zusammenschau der in den Verordnungen (EG) Nr. 110/2008 und (EG) Nr. 1151/2012 sowie den vorliegend anwendbaren Verordnungen enthaltenen Bestimmungen zum Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen.

(1) Gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 ist die Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe in einem zusammengesetzten Begriff oder die Anspielung auf einen dieser Begriffe in der Aufmachung eines Lebensmittels grundsätzlich erlaubt, wenn der Alkohol, den das Lebensmittel enthält, ausschließlich von der Spirituose stammt, auf die Bezug genommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - I ZR 167/12, GRUR 2014, 1242 Rn. 20 = WRP 2014, 1453 - ENERGY & VODKA; Schoene, GRUR-Prax 2015, 30 , 32).

(2) Weitere Anhaltspunkte ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012.

(a) Nach Art. 13 Abs. 1 Buchst a und b der Verordnung (EG) Nr. 1151/ 2012 erstreckt sich zwar der Schutz eingetragener Namen auch auf eine Verwendung der unter dem geschützten Namen eingetragenen Erzeugnisse als Zutaten für andere Erzeugnisse (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke aaO C 134 Ergänzungslieferung 158 Juli 2014, Art. 13 EU-Qualitätsregelungen-Verordnung Rn. 11; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 135 Rn. 42; Grube in Voit/ Grube aaO Art. 26 Rn. 62; Geitz in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl., § 135 MarkenG Rn. 8). Bei der Verwendung als Zutaten soll allerdings nach Erwägungsgrund 32 Satz 2 dieser Verordnung die Mitteilung der Europäischen Kommission mit dem Titel "Leitlinien für die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Zutaten mit geschützten Ursprungsbezeichnungen (g. U.) und geschützten geografischen Angaben (g. g. A.) enthalten" berücksichtigt werden. Dieser Erwägungsgrund legt nahe, dass die Verwendung geschützter Ursprungsbezeichnungen und geschützter geografischer Angaben im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 nicht vollständig ausgeschlossen ist, auch wenn sie den Bezeichnungsschutz auf den Fall erstreckt, dass die Erzeugnisse, die diese Namen tragen dürfen, als Zutaten verwendet werden (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke aaO C 134 Ergänzungslieferung 158 Juli 2014, Art. 13 EU-Qualitätsregelungen-Verordnung Rn. 11). Die vorgenannten Leitlinien der Europäischen Kommission (ABl. Nr. C 341 vom 16. Dezember 2010, S. 3) sollen unbeschadet des mit der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 angestrebten hohen Schutzniveaus für geografische Herkunftsangaben dem Interesse der Lebensmittelunternehmer an der Aufnahme geografischer Angaben in die Kennzeichnung von Verarbeitungserzeugnissen, die Zutaten mit geografischen Angaben enthalten, Rechnung tragen (vgl. Ziffer 1.2 der Leitlinien).

Da der Unionsgesetzgeber, wie sich dem Erwägungsgrund 32 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 und dem Erwägungsgrund 92 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 entnehmen lässt, im Bereich der Qualitätsregelungen für andere Lebensmittel als Wein und Spirituosen und für den Weinsektor ein angeglichenes Schutzniveau erstrebt, liegt es nahe, den in den vorgenannten Leitlinien der Europäischen Kommission zum Ausdruck kommenden Regelungsansatz auch auf die hier in Rede stehenden Vorschriften zu übertragen, die keine ausdrückliche Aussage zur Frage der Verwendung von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Erzeugnisse treffen, die Zutaten mit geschützten Bezeichnungen enthalten.

(b) Nach Ziffer 2.1.1 der vorgenannten Leitlinien der Europäischen Kommission könnte ein als geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder geschützte geografische Angabe (g. g. A.) eingetragener Name berechtigterweise in der Zutatenliste eines Lebensmittels aufgeführt werden. Gemäß Ziffer 2.1.2 der Leitlinien vertritt die Europäische Kommission weiterhin die Ansicht, dass ein als g. U. oder g. g. A. eingetragener Name auch in der oder in der Nähe der Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels erwähnt werden könnte, dem Erzeugnisse zugesetzt wurden, welche den eingetragenen Namen führen, sowie bei der Kennzeichnung und Aufmachung von diesem Lebensmittel und der Werbung hierfür, sofern die weiteren in der Leitlinie genannten Bedingungen erfüllt sind.

Nach Ziffer 2.1.2 der Leitlinien kommt es nach Auffassung der Europäischen Kommission nicht entscheidend auf einen bestimmten mengenmäßigen Anteil der Zutat an. Vielmehr hat die Europäische Kommission in Anbetracht der Heterogenität der möglicherweise auftretenden Fälle davon abgesehen, einen einheitlich geltenden Mindestanteil vorzuschlagen, und stattdessen darauf verwiesen, dass die Verwendung einer geschützten Ursprungsangabe in der Bezeichnung eines weiterverarbeitenden Lebensmittels dann gerechtfertigt sein soll, wenn die mit der Angabe bezeichnete Zutat in ausreichender Menge verwendet wird, um dem Lebensmittel eine wesentliche Eigenschaft zu verleihen.

(c) Wesentliche Eigenschaft eines Sorbets, das - den Bezeichnungsgewohnheiten des Verkehrs entsprechend - nach einer bestimmten Zutat benannt ist, ist regelmäßig der Geschmack, den die Zutat dem Sorbet verleiht und die so benannte Süßspeise von mit anderen geschmacksgebenden Zutaten (etwa Fruchtpüree) hergestellten Sorbets unterscheidet (vgl. Grube in Voit/Grube aaO Art. 17 Rn. 82; Leitsätze für Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs unter I.B und II.A.7 [abgedruckt bei Meyer, Textsammlung Lebensmittelrecht, Nr. 6770]). Mit Rücksicht darauf, dass sich die Bezeichnungsgewohnheiten des Verkehrs bei Speiseeis oder Sorbet gerade aus der geschmacksgebenden Zutat herleiten, stimmt der Senat der Annahme des Berufungsgerichts nicht zu, nach der die angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung eines Lebensmittels als "Champagner Sorbet" keinen Hinweis auf eine geschmacksbestimmende Eigenschaft des Lebensmittels sehen.

ee) Das Berufungsgericht hat ein berechtigtes Interesse an der Nutzung der angegriffenen Bezeichnung angenommen, weil der Begriff "Champagner Sorbet" ausweislich der von den Parteien vorgelegten Rezepte eine in der deutschen Sprache und Kochliteratur feststehende Bezeichnung einer halbgefrorenen Süßspeise mit Champagnerzusatz sei, die in einer Reihe mit den Bezeichnungen anderer bekannter Süßspeisen wie "Mousse au chocolat", "Créme brûlée" oder "Panna Cotta" stehe. Die Beklagte verwende mithin für ihr Tiefkühlprodukt diejenige Bezeichnung, unter der dem Verkehr eine solche Speise bekannt sei. Diese Annahme begegnet nach Ansicht des Senats Bedenken, weil sich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf Bezeichnungsgewohnheiten im kommerziellen Bereich beziehen und sich aus einer im nichtkommerziellen Bereich üblichen Verwendung eines als Ursprungsbezeichnung geschützten Begriffs kein berechtigtes Interesse an seiner kommerziellen Nutzung ergeben dürfte.

ff) Die Vorlagefragen 1 und 2 sind entscheidungserheblich. Sollten die Vorlagefragen zu 1 und 2 zu bejahen sein, kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht. Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob der dem von der Beklagten angebotenen Tiefkühlerzeugnis "Champagner Sorbet" beigegebene Champagner-Anteil von 12% geschmacksbestimmend ist, keine Feststellungen getroffen. Gleiches gilt für die Frage, ob die Bezeichnung "Champagner Sorbet" im kommerziellen Bereich eine feststehende Bezeichnung ist. Sollten die Vorlagefragen 1 und 2 verneint werden, liegt kein Verstoß gegen Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vor.

6. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers könnte sich ferner aus Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ergeben. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich die durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch nicht geklärte Frage des berechtigten Interesses an der Nutzung einer geschützten Ursprungsbezeichnung bei der Weiterverarbeitung von Erzeugnissen, die unter einer geschützten Ursprungsbezeichnung vermarktet werden dürfen (Vorlagefrage 3).

a) Nach Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 werden geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geografische Angaben gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung geschützt, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist oder wenn der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie "Art", "Typ", "Verfahren", "Fasson", "Nachahmung", "Aroma" oder ähnlichem verwendet wird.

Eine Aneignung im Sinne der vorgenannten Vorschriften liegt vor, wenn die geschützte Bezeichnung nahezu identisch verwendet wird. Eine Nachahmung umfasst jede Bezeichnung, die dem geschützten Herkunftszeichen ähnlich ist und ihrem Sinn nach denselben Eindruck erweckt wie die geschützte Angabe (vgl. OLG Frankfurt, WRP 1997, 859 , 861; Grube in Grube/Voit aaO Art. 26 Rn. 68; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 135 Rn. 19; BeckOK MarkenR/ Schulteis, 6. Edition, Stand 1. Mai 2016, § 135 MarkenG Rn. 16 f.; Omsels aaO Rn. 159; Engelhardt aaO S. 157).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 und den zuvor geltenden Vorschriften sowie zu Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 erfasst der Begriff der Anspielung im Sinne dieser Vorschriften eine Fallgestaltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil der geschützten Bezeichnung in der Weise einschließt, dass der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Bezeichnung trägt, ohne dass hierzu die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr vorliegen müssen (EuGH, WRP 1999, 486 Rn. 25 f. - Gorgonzola/Cambozola; EuGH, Urteil vom 26. Februar 2008 - C-132/05, Slg. 2008, I-957 = GRUR 2008, 524 Rn. 44 f. - Parmesan/ Parmigiano Reggiano; EuGH, GRUR 2011, 926 Rn. 56 - Bureau national interprofessionnel du Cognac; EuGH, GRUR 2016, 388 Rn. 21 und 45 - Viiniverla Oy; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Februar 2008 - I ZR 69/04, GRUR 2008, 413 Rn. 18 = WRP 2008, 669 - Bayerisches Bier I). Danach sind die eingetragenen Angaben über den Bereich der Warenähnlichkeit hinaus gegen ihre Verwendung im Wege einer Anspielung geschützt (Büscher in Büscher/Dittmer/ Schiwy aaO § 135 MarkenG Rn. 44; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 135 Rn. 26; Ingerl/Rohnke aaO § 135 Rn. 9; vgl. auch Grube in Voit/Grube aaO Art. 26 Rn. 70). Diese Rechtsprechung kann auf die hier zu beurteilenden Vorschriften übertragen werden. Darüber hinaus umfasst der Schutz nach Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 die Verwendung des geschützten Namens in einer Übersetzung.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Voraussetzungen dieses Tatbestandes seien gegeben. Gegen diese Annahme bestehen angesichts der Übereinstimmungen zwischen der eingetragenen Ursprungsbezeichnung "Champagne" und des in der angegriffenen Produktbezeichnung verwendeten Begriffs "Champagner" in Kombination mit dem beschreibenden Zusatz "Sorbet" keine Bedenken. Durch die Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" für ein Tiefkühlprodukt wird der Verbraucher zumindest veranlasst, einen Bezug zu der geschützten Bezeichnung "Champagne" herzustellen.

c) Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 setzen nach ihrem Wortlaut weiter voraus, dass die beanstandete Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung widerrechtlich ist. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Verwender nicht zur Benutzung der geschützten Bezeichnung berechtigt ist (Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 130 MarkenG Rn. 42; Rathke in Zipfel/Rathke aaO C 134 Ergänzungslieferung 158 Juli 2014, Art. 13 EU-Qualitätsregelungen-Verordnung Rn. 18; ders. aaO C 400 Ergänzungslieferung 153 Juli 2013, § 22b WeinG Rn. 36; vgl. auch Boch aaO § 22b Rn. 13).

Mit dieser Einschränkung wird jedoch zugleich der allgemeine Wille des Unionsgesetzgebers zum Ausdruck gebracht, nicht jede Verwirklichung der Tatbestände des Art. 118m Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1234/ 2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 als verbotene Benutzungshandlung zu qualifizieren. Benutzungshandlungen, an denen ein berechtigtes Interesse besteht, unterfallen den Verbotstatbeständen daher nach Auffassung des Senats nicht. In diesem Zusammenhang stellt sich mithin die Frage, ob die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung unter den in Vorlagefrage 2 beschriebenen Umständen eine widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung im Sinne der genannten Vorschriften darstellt (Vorlagefrage 3).

7. Der Kläger hat sich zur Begründung des von ihm geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ferner gegen eine irreführende Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" durch die Beklagte gewandt. Bei der Anwendung des Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 stellt sich die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch nicht geklärte Frage, ob sich der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nur auf irreführende Angaben erstreckt, die bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen falschen Eindruck über die geografische Herkunft hervorzurufen geeignet sind (Vorlagefrage 4).

a) Nach Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gewähren geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geografische Angaben Schutz gegen alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben, die sich auf Herkunft, Ursprung, Natur oder wesentliche Eigenschaften des Erzeugnisses beziehen und auf der Aufmachung oder der äußeren Verpackung, in der Werbung oder in Unterlagen zu den betreffenden Weinerzeugnissen erscheinen.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Tatbestand des Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 sei schon deshalb nicht erfüllt, weil die Bezeichnung "Champagner Sorbet" nicht geeignet sei, bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen falschen Eindruck hinsichtlich der Herkunft des Tiefkühlerzeugnisses zu wecken, da diese Bezeichnung nicht dahin aufgefasst werden könne, dass das Sorbet selbst und nicht nur die Zutat Champagner in der Champagne hergestellt werde. Es hat jedoch nicht geprüft, ob der Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung über wesentliche Eigenschaften des mit der geschützten Ursprungsbezeichnung bezeichneten Erzeugnisses begründet sein kann. Der Kläger hat nicht nur auf eine Irreführung über die Herkunft verwiesen, sondern auch geltend gemacht, der Verkehr fasse die Bezeichnung "Champagner Sorbet" für ein Tiefkühlprodukt dahin auf, dass Champagner den charakteristischen und geschmacksgebenden Bestandteil des Produkts ausmache. Dies sei jedoch tatsächlich nicht der Fall. Dieser Irreführungsaspekt bezieht sich nicht auf die Herkunft, sondern auf eine wesentliche Eigenschaft des mit "Champagner Sorbet" bezeichneten Produkts.

c) Es stellt sich mithin die Frage, ob das in Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 niedergelegte Irreführungsverbot als allgemeines Irreführungsverbot aufzufassen ist, oder ob sich der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nur auf irreführende Angaben erstreckt, die bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen falschen Eindruck über die geografische Herkunft hervorzurufen geeignet sind.

Das in Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 niedergelegte Irreführungsverbot bezweckt den Schutz der unter die Verordnungen fallenden Herkunftsbezeichnungen gegen falsche oder irreführende Angaben. Dies spricht dafür, dass Bezugspunkt dieses Irreführungsverbotes der mit der geschützten Angabe zum Ausdruck gebrachte Hinweis auf die Herkunft des Erzeugnisses ist. Die Vorschriften zielen daher nach Auffassung des Senats auf solche Angaben, aus denen der Verbraucher irrtümlich den Schluss ziehen kann, dass das Erzeugnis in den Schutzbereich eines eingetragenen Namens fällt (Engelhardt aaO S. 161), und die daher einen unzutreffenden Eindruck über die Herkunft des Erzeugnisses hervorzurufen geeignet sind (Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 130 MarkenG Rn. 45; in diese Richtung wohl auch: Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 126 Rn. 49 und § 135 Rn. 27; Ingerl/Rohnke aaO § 135 Rn. 10; BeckOK MarkenR/Schulteis aaO § 135 MarkenG Rn. 19, die vor allem mittelbare Herkunftsangaben vom Schutzbereich der Vorschrift erfasst sehen).

Der Kläger macht nicht geltend, der mit der Produktbezeichnung "Champagner Sorbet" angesprochene Verkehr werde annehmen, dass das so bezeichnete Tiefkühlsorbet alle charakteristischen Eigenschaften eines Erzeugnisses aufweise, das den Spezifikationen entspreche, für die die Ursprungsbezeichnung "Champagne" Geltung beansprucht, so dass es bei diesem Verständnis der Vorschrift an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Irreführung und den durch die geografische Angabe vermittelten Herkunftsvorstellungen fehlte.

Demgegenüber wird allerdings vertreten, Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 enthielten ein allgemeines Irreführungsverbot, das dem in Art. 7 der Verordnung (EU) 1169/2011 niedergelegten Irreführungsverbot entspricht (Rathke in Zipfel/Rathke aaO C 400 Ergänzungslieferung 153 Juli 2013, § 22b WeinG Rn. 38; ders. aaO C 134 Ergänzungslieferung 158 Juli 2014, EUQualitätsregelungen-Verordnung Rn. 26; Boch aaO § 22b Rn. 14 f.). Nach diesem Verständnis könnte auch die vom Kläger zur Begründung des Unterlassungsanspruchs behauptete Irreführung unter den Tatbestand des Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 fallen.

Verkündet am: 2. Juni 2016

Vorinstanz: LG München I, vom 18.03.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 33 O 13181/13
Vorinstanz: OLG München, vom 16.10.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 29 U 1698/14
Fundstellen
GRUR 2016, 970
GRUR 2016, 9
MDR 2016, 1274
WRP 2016, 1245