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BGH - Entscheidung vom 22.11.2016

II ZR 319/15

Normen:
ZPO § 118 Abs. 2 S. 1
InsO § 54

BGH, Beschluss vom 22.11.2016 - Aktenzeichen II ZR 319/15

DRsp Nr. 2017/457

Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch den Insolvenzverwalter; Berücksichtigung des Prozess- und Vollstreckungsrisikos und der Gläubigerstruktur; Zumutbarkeit von Vorschüssen auf die Prozesskosten

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren und der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren werden abgelehnt.

Dem Beklagten wird als Revisionsbeklagtem für die Revision Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwältin Dr. G. beigeordnet.

Er hat auf die Prozesskosten monatlich 53 € an die Bundeskasse zu zahlen.

Normenkette:

ZPO § 118 Abs. 2 S. 1; InsO § 54 ;

Gründe

I. Dem Kläger ist keine Prozesskostenhilfe für die Revision zu bewilligen, weil die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht dargetan sind. Zwar hat der Kläger behauptet, dass die Kosten der beabsichtigten Prozessführung aus der Masse nicht gedeckt werden können. Er hat aber nicht dargelegt, dass den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern eine Prozessfinanzierung nicht zumutbar ist. Der Insolvenzverwalter hat die Voraussetzungen für die Bewilligung darzulegen und auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Dies gilt auch für die Umstände, wegen derer den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern eine Prozessfinanzierung nicht zumutbar ist (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 - II ZR 263/14, ZinsO 2015, 1465 Rn. 3).

Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten. Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Prozess- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - II ZR 13/10, [...] Rn. 2; Beschluss vom 4. Dezember 2012 - II ZA 3/12, NZI 2013, 82 Rn. 2; Beschluss vom 19. Mai 2015 - II ZR 263/14, ZinsO 2015, 1465 Rn. 2). Der Kläger hat dazu nur vorgetragen, dass unter Abzug der vorweg zu begleichenden Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO ) sowie der sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO ) kein Insolvenzgläubiger existiere, dem die Finanzierung des Rechtsstreits zumutbar wäre, und eine Insolvenztabelle vorgelegt. Daraus kann einerseits allenfalls teilweise die Gläubigerstruktur entnommen werden, weil nicht aus allen Bemerkungen klar ist, inwieweit Forderungen festgestellt oder bestritten sind. Zum anderen hat der Kläger zu einer zu erwartenden Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens auch mit dem abgewiesenen Teil der Zahlungsklage oder zum Prozess- und Vollstreckungsrisiko keine näheren Angaben gemacht und auch keine Berechnung unter Berücksichtigung der veränderten Massekosten vorgelegt.

II. Dem Beklagten ist als Revisionsbeklagtem Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Revision zu bewilligen. Für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde fehlt es an Erfolgsaussichten.

1. Der Beklagte erfüllt die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit einer Ratenzahlungspflicht von 53 € pro Monat.

2. Dagegen fehlt der beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde die hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Die Beschwerde wäre zwar statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO ), jedoch ist die Beschwerdefrist nicht gewahrt. Ein Gesuch des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde (§ 233 ZPO ) verspricht keinen Erfolg. Revision kann er nicht einlegen, weil das Berufungsgericht die Revision nur insoweit teilweise zugelassen hat, als es die Zahlungsklage abgewiesen hat.

Einer Partei, die nicht über die finanziellen Mittel zur Einlegung eines Rechtsmittels verfügt, wird auf Antrag Wiedereinsetzung in eine versäumte Rechtsmittelfrist gewährt, wenn die Partei innerhalb dieser Rechtsmittelfrist einen Prozesskostenhilfeantrag bei Gericht gestellt und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über diesen Antrag ohne Verzögerung entschieden werden kann. Das setzt voraus, dass innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist nicht nur der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, sondern auch eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Partei unter Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Formulars (§ 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO ) nebst der erforderlichen Nachweise vorgelegt wird (BGH, Beschluss vom 3. April 2001 - XI ZA 1/01, [...] Rn. 3; Beschluss vom 4. Juli 2002 - IX ZB 221/02, NJW 2002, 2793 f.; Beschluss vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05, NJW-RR 2006, 140 , 141; Beschluss vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07, NJW-RR 2008, 942 Rn. 10; Beschluss vom 28. Juni 2011 - IX ZA 29/11, [...] Rn. 2; Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZA 36/12, [...] Rn. 2; Beschluss vom 5. Februar 2013 - XI ZA 13/12, WuM 2013, 377 Rn. 4; Beschluss vom 9. Oktober 2013 - XII ZB 311/13, NJW-RR 2013, 1527 Rn. 11; Beschluss vom 24. Juli 2014 - III ZB 4/14, [...] Rn. 3; Beschluss vom 16. Dezember 2014 - VI ZA 15/14, NJW 2015, 1312 Rn. 2; Beschluss vom 14. Juli 2015 - II ZA 29/14, [...] Rn. 2).

Der Beklagte hat zwar innerhalb der Beschwerdefrist einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Das Urteil des Berufungsgerichts ist ihm am 6. Oktober 2015 zugestellt worden. Der Prozesskostenhilfeantrag ist am 6. November 2015 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO beim Bundesgerichtshof eingegangen. Eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten unter Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Formulars lag aber nicht bei. Auf eine frühere Erklärung wurde auch nicht Bezug genommen. Die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist vielmehr erst am 2. Dezember 2015 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingegangen.

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 01.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 231/11
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 01.10.2015 - Vorinstanzaktenzeichen I-6 U 169/14