Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 28.01.2016

III ZB 112/15

Fundstellen:
AnwBl 2016, 108

BGH, Beschluss vom 28.01.2016 - Aktenzeichen III ZB 112/15

DRsp Nr. 2016/3421

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Zivilkammer 54 des Landgerichts Berlin vom 7. August 2015 - 54 S 25/15 - wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert der Beschwerde wird auf bis zu 500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die beklagte Steuerberatungsgesellschaft Auskunftsansprüche aus einem Mittelverwendungskontrollvertrag geltend. Der Kläger beteiligte sich als Kommanditist an einer Fondsgesellschaft. Die Beklagte hatte im Rahmen dieses Fonds die Funktion des Mittelverwendungskontrolleurs übernommen.

Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Mittelverwendungskontrolle zu erteilen durch Vorlage des Kontoeröffnungsantrags des Mittelverwendungskontos nebst Annahmebestätigung der kontoführenden Bank, Übergabe der Kontoauszüge für dieses Konto mit Ausweis der gebuchten Umsätze einschließlich der sich daraus ergebenden Salden, Angabe des zu jeder Buchung gehörenden Namens des Zahlungsadressaten beziehungsweise Zahlungsempfängers sowie des Verwendungszwecks, Abgabe der Erklärung in Form einer Bankauskunft, dass die Angaben in dem Kontoeröffnungsantrag während des Zeitraums der Mittelverwendungskontrolle nicht geändert worden sind, sowie Abgabe der Erklärung, dass bei der Mittelfreigabe die Grundsätze der Mittelfreigabe eingehalten wurden. Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 600 Euro für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landgericht Berlin als unzulässig verworfen mit der Begründung, dass die Beschwer der Beklagten höchstens 476,60 Euro betrage und die Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorlägen.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil der von der Beschwerde allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ) nicht vorliegt.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob die Grundsätze, die für die Bemessung der Beschwer eines Rechtsanwalts durch die Verpflichtung zur Auskunft in Berufsangelegenheiten entwickelt worden sind, auf die entsprechende Verurteilung einer Steuerberatungsgesellschaft übertragen werden können.

Diese Rechtsfrage ist bereits nicht entscheidungserheblich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Bewertung des Zeitaufwands für die Erteilung einer Auskunft durch einen Rechtsanwalt eine Stundenvergütung von 100 bis 150 Euro angemessen, wenn sich die geforderte Auskunft auf dessen berufliche Tätigkeit bezieht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2008 - II ZR 314/06, BeckRS 2008, 04202 Rn. 5 f; vom 22. März 2010 - II ZR 75/09, NJW-RR 2010, 786 Rn. 6 und vom 28. September 2011 - IV ZR 250/10, BeckRS 2011, 29729 Rn. 9). Darauf, ob dies auch für eine Steuerberatungsgesellschaft gilt, wie die Beschwerde meint, kommt es hier jedoch nicht an. Die Bewertung des Zeitaufwands eines Berufsträgers für die Erteilung einer Auskunft in Berufsangelegenheiten ist nur dann entscheidend, wenn der Aufwand bei ihm selbst entsteht, die für die Erteilung der Auskunft erforderlichen Tätigkeiten also von dem Berufsträger persönlich ausgeführt werden müssen und ausgeführt werden. Soweit dagegen die Einschaltung von Hilfskräften ausreicht, kann nur der hierfür entstehende Aufwand angesetzt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Februar 2012 - III ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888 , Rn. 6; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2008 aaO Rn. 4). Dies ist hier jedenfalls weitestgehend der Fall. Im Wesentlichen zutreffend und ohne dass dies mit der Beschwerde angegriffen wird, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte die Arbeiten zur Erteilung der Auskünfte auf angestelltes Hilfspersonal delegieren kann. Anderes könnte allenfalls für die der Beklagten auferlegte Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung gelten, "dass bei der Mittelfreigabe ... die ... Grundsätze der Mittelfreigabe eingehalten wurden." Hierzu mag die Tätigkeit eines Steuerberaters notwendig sein. Es ist jedoch nicht ersichtlich und wird auch von der Beschwerde nicht geltend gemacht, dass hierfür ein Zeitaufwand erforderlich ist, der unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 100 bis 150 Euro und der übrigen Tätigkeiten, die Hilfskräften überlassen werden können, zu einer höheren Beschwer der Beklagten als 600 Euro führt.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob bei der Bemessung der Beschwer eines der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Berufsträgers zu berücksichtigen ist, dass er seine Auskunftsverpflichtung nur unter Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gegenüber anderen Mandanten erfüllen kann. Diese Rechtsfrage ist bereits höchstrichterlich geklärt. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 10. Februar 2011 ( III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rn. 11) entschieden, dass das aus § 43a Abs. 2 BRAO folgende Geheimhaltungsinteresse als Fernwirkung nicht nur für den Streitgegenstand und die daran zu orientierende Bemessung des Streitwerts, sondern gleichermaßen für die Beschwer außer Betracht bleibt. Weiter hat der Senat ausgeführt, dass der Rechtsanwalt durch die Erteilung der ihm abverlangten Auskunft im Verhältnis zu seiner Mandantschaft ohnehin keine Nachteile zu befürchten habe, weil er hierzu - auch im Hinblick auf § 43a Abs. 2 BRAO - infolge der Verurteilung berechtigt sei. Für das von der Beklagten geltend gemachte Geheimhaltungsinteresse auf Grund ihrer Verschwiegenheitspflicht als Steuerberater (§ 57 Abs. 1 StBerG ) gilt nichts anderes.

2. Infolge der Verwerfung der Rechtsbeschwerde als unzulässig erübrigt sich die Entscheidung über den Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil.

Vorinstanz: AG Berlin-Charlottenburg, vom 26.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 239 C 188/14
Vorinstanz: LG Berlin, vom 07.08.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 54 S 25/15
Fundstellen
AnwBl 2016, 108