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BGH - Entscheidung vom 20.10.2016

V ZR 60/16

Normen:
ZPO § 4 Abs. 1
EGZPO § 26 Nr. 8

BGH, Beschluss vom 20.10.2016 - Aktenzeichen V ZR 60/16

DRsp Nr. 2016/18821

Anspruch eines Grundstücksnachbarn auf Rückbau einer Grenzmauer und Sicherstellung der Befestigung des Grundstücks in anderer Weise

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 7. Zivilsenat vom 27. Januar 2016 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 7.259 €.

Normenkette:

ZPO § 4 Abs. 1 ; EGZPO § 26 Nr. 8 ;

Gründe

I.

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. In der ersten Instanz hat der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche auf Rückbau einer Grenzmauer und Sicherstellung der Befestigung des Grundstücks in anderer Weise, auf Rückschnitt von sechs Nadelbäumen und zwei Buchen auf eine Höhe von 3 m ab dem Boden geltend gemacht. Außerdem hat er 18.054 € als Schadensersatz für die Beseitigung einer Grünverfärbung eines Schieferdachs sowie Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die Grenzmauer vollständig zurückzubauen und die Befestigung des Grundstücks in anderer Weise sicherzustellen. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, drei auf ihrem Grundstück befindliche Nadelbäume Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 gemäß einer - dem Urteil allerdings nicht beigefügten - Anlage auf eine Höhe von 10,9 m zurückzuschneiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung hat der Kläger zunächst den weitergehenden Rückschnitt der drei Nadelbäume und den Rückschnitt weiterer zwei Hainbuchen auf eine Höhe von 3 m verlangt (Berufungsantrag zu 1). Nachdem im Laufe des Berufungsverfahrens die Bäume gefällt wurden, haben die Parteien diesen Antrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Die weiteren Berufungsanträge zu 2 und 3, mit denen der Kläger Zahlung von Schadensersatz in Höhe von (noch) 7.259 € nebst Zinsen und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von (noch) 899,40 € verlangt, hat er aufrechterhalten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung nur bezüglich anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten des Klägers von 546,69 € nebst Zinsen für begründet gehalten, im Tenor das Urteil des Landgerichts "teilweise abgeändert und - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - insgesamt neu gefasst". Hierbei hat es die rechtskräftigen Teile des erstinstanzlichen Urteilstenors wiederholt und die von dem Landgericht erwähnte Anlage beigefügt. Die auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten hat es dem Kläger auferlegt. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO ). Die Beschwer beträgt lediglich 7.259 €.

1. Das Berufungsgericht hat den auf Zahlung eines Betrages von 7.259 € gerichteten Berufungsantrag zurückgewiesen und den Kläger in dieser Höhe beschwert. Dass es dem Antrag auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nur in Höhe eines Betrages von 546,69 € stattgegeben hat, ist für die Beschwer unerheblich. Es handelt sich nämlich um Kosten, die gemäß § 4 Abs. 1 ZPO für die Wertberechnung unberücksichtigt bleiben, weil sie als Nebenkosten geltend gemacht werden. Entsprechendes gilt für die auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten. Wenn ein Rechtsstreit - wie hier - hinsichtlich eines abgrenzbaren Teils übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wird, ist für die Berechnung der Beschwer allein der nicht erledigte Teil der Hauptsache maßgebend (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2013 - VIII ZB 45/12, NJW 2013, 2361 Rn. 14 mwN).

2. Dass das Berufungsgericht die Teile des erstinstanzlichen Urteils, die bereits rechtskräftig geworden sind, in den Tenor des Berufungsurteils aufgenommen und das landgerichtliche Urteil insgesamt neu gefasst hat, begründet entgegen der Auffassung des Klägers keine Beschwer in Höhe von 30.684,22 €.

a) Der Kläger meint, das Berufungsgericht habe im Umfang des erstinstanzlichen Streitstoffs abweichend von seinen Anträgen eine erneute Entscheidung getroffen. Die Neufassung des erstinstanzlichen Urteils habe stets dessen Aufhebung zur Folge. Hieraus ergebe sich zunächst eine Beschwer in Höhe von 18.684,22 €, weil das Berufungsgericht die Klage nochmals im Umfang des erstinstanzlichen Antrags abgewiesen habe. Er sei darüber hinaus in Höhe von weiteren 12.000 € beschwert, weil das Berufungsgericht die erneute Verurteilung der Beklagten über den Rückbau der Mauer (Wert: 4.000 €) und das Zurückschneiden der Bäume (Wert: 8.000 €) ausgesprochen habe, obwohl dies von ihm nicht beantragt worden sei. Seinem Rechtsschutzziel habe der erneute Ausspruch über die Verurteilung der Beklagten nicht entsprochen. Es wäre in seinem Interesse gewesen, die rechtskräftige Verurteilung durch das Landgericht aufrecht zu erhalten, da er auf ihrer Grundlage das Vollstreckungsverfahren eingeleitet habe und sie wesentlich für die Kostenentscheidung im weiteren Vollstreckungsverfahren gewesen sei.

b) Dies begründet die erforderliche Mindestbeschwer im Sinne des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht.

Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts ausweislich des eindeutigen Wortlauts des Tenors nicht insgesamt aufgehoben, sondern nur teilweise abgeändert und damit auch nur teilweise aufgehoben. Da sich aus dem im Anschluss insgesamt neu gefassten Tenor alleine nicht entnehmen lässt, welcher Teil auf der Abänderung durch das Berufungsgericht beruht und welcher Teil der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen bleiben soll, sind für die Auslegung des Tenors ergänzend die Entscheidungsgründe heranzuziehen. Hieraus ergibt sich unmissverständlich, dass sich die Abänderung ausschließlich auf anteilige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 546,69 € nebst Zinsen bezieht, die das Berufungsgericht dem Kläger abweichend von dem Landgericht zuerkannt hat. Den weitergehenden Berufungsantrag hat es zurückgewiesen und in diesem Umfang auch die Klageabweisung durch das Landgericht bestätigt. Damit hat es den Berufungsantrag des Klägers vollständig beschieden. Eine - erneute - Entscheidung über die bereits rechtskräftigen Teile des erstinstanzlichen Urteils sollte demgegenüber nicht erfolgen. Die Aufnahme dieser Teile in den Tenor des Berufungsurteils und die Neufassung des Tenors des Landgerichts dienten nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nur der Klarstellung. Sie hilft Missverständnisse zu dem Inhalt des Urteilsausspruchs zu vermeiden, wenn - wie hier - einer Klage nur teilweise stattgegeben worden ist, das Urteil nur teilweise angefochten wird und die Berufung nur in einem Teilumfang Erfolg hat. Weitergehende Wirkungen sind mit einer solchen Klarstellung nicht verbunden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entspricht dem Wert der Beschwer.

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 23.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 263/08
Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 27.01.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 134/14