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BGH - Entscheidung vom 14.07.2016

III ZR 323/13

Normen:
ZPO § 42 Abs. 2
ZPO § 47 Abs. 1
ZPO § 78b

BGH, Beschluss vom 14.07.2016 - Aktenzeichen III ZR 323/13

DRsp Nr. 2016/13668

Ablehnung von Richtern wegn Besorgnis der Befangenheit; Beruhen eines einmaligen Verstoßes gegen die Wartepflicht auf einem offensichtlichen Versehen; Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts

Tenor

Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Vorsitzenden Richter Dr. H. , die Richter S. und R. und die Richterin Dr. L. vom 29. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Normenkette:

ZPO § 42 Abs. 2 ; ZPO § 47 Abs. 1 ; ZPO § 78b;

Gründe

I.

Gegen die Zurückweisung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 30. April 2014 haben die Kläger am 21. Mai 2014 über einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eine Anhörungsrüge erhoben und am gleichen Tage selbst einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts (§ 78b ZPO ) eingereicht. Die Anhörungsrüge und der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts sind durch Senatsbeschluss vom 24. Juli 2014 zurückgewiesen worden. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts haben die Kläger Gegenvorstellung, hilfsweise Anhörungsrüge erhoben und zugleich die am Beschluss vom 24. Juli 2014 mitwirkenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat mit Beschluss vom 12. Februar 2015 zurückgewiesen. Hiergegen haben die Kläger am 2. März 2015 Anhörungsrüge erhoben und mit weiterem Schreiben vom 16. März 2015 den am Beschluss vom 12. Februar 2015 beteiligten Richter T. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat durch Beschluss vom 27. Mai 2015 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger am 17. Juni 2015 Anhörungsrüge erhoben und mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 2015 die an dem Beschluss vom 27. Mai 2015 beteiligten Richter H. , Dr. R. und O. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat durch Beschluss vom 23. September 2015 als unzulässig verworfen; zugleich ist die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 27. Mai 2015 zurückgewiesen worden. Hinsichtlich der Verwerfung des Ablehnungsgesuchs haben die Kläger eine Entscheidungsergänzung beantragt, hilfsweise Anhörungsrüge erhoben. Mit Beschluss vom 15. Februar 2016 hat der Senat den Beschluss vom 23. September 2015 wegen eines Schreibfehlers berichtigt und eine Ergänzung dieses Beschlusses im Übrigen abgelehnt. Mit Beschluss vom 16. Februar 2016 hat der Senat durch den Einzelrichter H. die Erinnerung der Kläger gegen den Ansatz der Gerichtskosten vom 2. Mai und 28. Juli 2014 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 18. April 2016 haben die Kläger Gegenvorstellung gegen den Senatsbeschluss vom 15. Februar 2016 und Anhörungsrüge gegen den Einzelrichterbeschluss vom 16. Februar 2016 erhoben sowie den Richter H. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2016 hat der Senat die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 24. Juli 2014, die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 15. Februar 2016 und das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Richter H. zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Richter H. haben die Kläger am 29. Juni 2016 Anhörungsrüge erhoben und vier der am Beschluss vom 2. Juni 2016 beteiligten Richter - nämlich den Vorsitzenden Richter Dr. H. , die Richter S. und R. sowie die Richterin Dr. L. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

II.

Der Befangenheitsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO ). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit der abgelehnten Richter aufkommen lassen (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO , 31. Aufl., § 42 Rn. 8 f mwN).

2. Solche Gründe liegen hier nicht vor.

a) Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass sie drei am Senatsbeschluss vom 2. Juni 2016 mitwirkende Richter, nämlich den Vorsitzenden Richter Dr. H. und die Richter S. und R. , im August 2014 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatten, dieses Gesuch durch Senatsbeschluss vom 12. Februar 2015 zurückgewiesen worden ist und die Kläger gegen diesen Beschluss am 2. März 2015 eine Anhörungsrüge (§ 321a ZPO ) erhoben haben, über die bislang nicht entschieden worden ist.

aa) Durch die Mitwirkung an der Entscheidung vom 2. Juni 2016 - nach Anbringung, aber vor Bescheidung der Anhörungsrüge vom 2. März 2015 dürften die genannten Richter objektiv ihre Wartefrist nach § 47 Abs. 1 ZPO verletzt haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 f Rn. 16 ff und vom 7. März 2012 - AnwZ (B) 13/10, BeckRS 2012, 07842).

bb) Gleichwohl begründet dies nicht die Besorgnis der Befangenheit. Eine solche kann bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen § 47 Abs. 1 ZPO zu bejahen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2012 aaO), nicht aber dann, wenn ein einmaliger Verstoß gegen die Wartepflicht auf einem offensichtlichen Versehen beruht. Letzteres ist hier der Fall. Wie aus dem Akteninhalt offen zu Tage tritt, ist die Anhörungsrüge vom 2. März 2015 schlicht übersehen worden, nachdem die Kläger zwischenzeitlich eine Mehrzahl weiterer bescheidungsbedürftiger Eingaben eingereicht hatten (s. Senatsbeschlüsse vom 27. Mai 2015, 23. September 2015, 15. Februar 2016, 16. Februar 2016 und 2. Juni 2016); hierüber ist die Anhörungsrüge vom 2. März 2015 offenbar in Vergessenheit geraten. Dass die Anhörungsrüge vom 2. März 2015 von den erwähnten Richtern - wegen der zwischenzeitlichen anderweitigen Eingaben der Kläger und deren Bescheidung - schlicht übersehen wurde, ergibt sich insbesondere aus dem letzten Absatz des Beschlusses vom 2. Juni 2016, wonach - abgesehen von der an dieser Stelle nicht relevanten Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 16. Februar 2016 - "nunmehr sämtliche Eingaben der Kläger abschließend beschieden [sind], insbesondere auch sämtliche Ablehnungsgesuche".

b) Soweit die Kläger ihr Ablehnungsgesuch auf vermeintliche Rechtsfehler der Senatsbeschlüsse vom 23. September 2015, 15. Februar 2016 und 2. Juni 2016 stützen möchten, ergibt sich hieraus keine tragfähige Grundlage für Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der abgelehnten Richter.

Vorinstanz: LG München I, vom 04.06.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 35 O 25376/11
Vorinstanz: OLG München, vom 08.05.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 18 U 2953/12