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BFH - Entscheidung vom 13.12.2016

V B 36/16

Normen:
AO § 251 Abs. 3

Fundstellen:
BFH/NV 2017, 437

BFH, Beschluss vom 13.12.2016 - Aktenzeichen V B 36/16

DRsp Nr. 2017/1972

Zulässigkeit der Klage gegen einen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid nach Bestandskraft eines Feststellungsbescheides in der Insolvenz des Steuerpflichtigen

Die Feststellung der vor Insolvenzeröffnung mit Einspruch und Klage angefochtenen und im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter bestrittenen Steuerforderung durch das FA ist nicht mit Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO , sondern nur durch Aufnahme des unterbrochenen Klageverfahrens zu betreiben. Das ursprüngliche Anfechtungsverfahren wandelt sich dabei in ein Insolvenzfeststellungsverfahren um, wodurch sich die Parteirollen der Beteiligten ändern. Erlässt das FA gleichwohl einen Feststellungsbescheid, entfällt spätestens mit dessen Bestandskraft das für die Zulässigkeit des Insolvenzfeststellungsverfahrens erforderliche Feststellungsinteresse.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 26. Januar 2016 8 K 845/07 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Normenkette:

AO § 251 Abs. 3 ;

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legte gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid 2005/IV vom 3. April 2006 Einspruch ein, den der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 als unbegründet zurückwies. Der Kläger erhob Klage zum Finanzgericht (FG). Während des finanzgerichtlichen Verfahrens erging zunächst der Umsatzsteuerjahresbescheid 2005 vom 20. Oktober 2008, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) Gegenstand der Finanzstreitsache wurde, und wurde am 6. November 2008 über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet.

Im Insolvenzverfahren meldete das FA Umsatzsteuer 2005 zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter widersprach der Forderungsanmeldung, nicht aber auch der Kläger. Auf den Widerspruch des Insolvenzverwalters erließ das FA am 7. Juni 2010 einen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung ( AO ). Einspruch und Klage des Klägers hiergegen hatten keinen Erfolg. Die hiergegen eingelegte Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision wies der VII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) durch Beschluss vom 23. Juli 2015 VII B 132/14 zurück.

Das FA teilte mit Schreiben vom 24. September 2013 mit, dass es das Verfahren aufnehme. Der Insolvenzverwalter teilte mit Schreiben vom 26. September 2013 mit, dass er den Anspruch aus Umsatzsteuer 2005, den der Kläger mit seiner Klage als "Aktivprozess" geltend mache, freigegeben habe. Das FA erklärte in der Folgezeit den Rechtsstreit für erledigt.

Das FG sah in seinem Urteil den Rechtstreit, soweit er den Insolvenzverwalter betrifft, als erledigt und die Klage des Klägers als unzulässig an. Seine Entscheidung begründete das FG damit, dass der Feststellungsbescheid vom 7. Juni 2010 nach der Rechtsprechung des BFH zu einer Hauptsacheerledigung geführt habe (BFH-Urteil vom 18. August 2015 V R 39/14, BFHE 251, 125). Die Klage des Klägers sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Stehe aufgrund des Feststellungsbescheides fest, dass für Umsatzsteuer 2005 ein Anspruch des FA gegeben sei, sei es ausgeschlossen, dass zugleich ein Zahlungsanspruch gegen das FA bestehen könne.

Mit seiner Beschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Das FG sei fehlerhaft von einem Passivprozess ausgegangen. Nach dem Urteil liege eine unzulässige Beteiligtenidentität vor. Das Urteil beruhe auch hierauf. Materiell-rechtlich bestehe ein Erstattungsanspruch.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Klage nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zwingend als unzulässig abzuweisen war.

1. Nach dem Senatsurteil in BFHE 251, 125, das zum selben Insolvenzverfahren ergangen ist, ist die Feststellung der vor Insolvenzeröffnung mit Einspruch und Klage angefochtenen und im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter bestrittenen Steuerforderung durch das FA nicht mit Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO , sondern nur durch Aufnahme des unterbrochenen Klageverfahrens zu betreiben. Das ursprüngliche Anfechtungsverfahren wandelt sich dabei in ein Insolvenzfeststellungsverfahren um, wodurch sich die Parteirollen der Beteiligten ändern. Erlässt das FA gleichwohl einen Feststellungsbescheid, entfällt spätestens mit dessen Bestandskraft das für die Zulässigkeit des Insolvenzfeststellungsverfahrens erforderliche Feststellungsinteresse.

Der Senat hat dies damit begründet, dass ein gemäß § 251 Abs. 3 AO wirksam erlassener Bescheid die Feststellung enthält, dass der bestrittene Anspruch in der geltend gemachten Höhe besteht und i.S. von § 38 der Insolvenzordnung ( InsO ) begründet ist. Festgestellte Steueransprüche werden von der rechtskraftähnlichen Wirkung des Tabelleneintrages i.S. von § 178 Abs. 3 InsO erfasst, so dass sie ohne Steuerbescheid durchgesetzt werden können. Wird der Feststellungsbescheid —wie hier— unanfechtbar, wirkt er entsprechend § 183 Abs. 1 InsO wie eine rechtskräftige Entscheidung (BFH-Urteil in BFHE 251, 125, unter II.2.b aa).

Danach war die Klage, wie das FG zutreffend entschieden hat, zwingend als unzulässig zu verwerfen. Selbst wenn eine verfahrensmäßig nicht zutreffende Vorgehensweise vorliegen würde, kann sich diese nicht entscheidungserheblich ausgewirkt haben. Die Entscheidung des FG kann nicht hierauf beruhen. Soweit der Kläger hiergegen geltend macht, seine Rechte würden verkürzt, beruht dies auf den Besonderheiten des Insolvenzverfahrens und den sich hieraus ergebenden Beschränkungen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Köln, vom 26.01.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 8 K 845/07
Fundstellen
BFH/NV 2017, 437