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BFH - Entscheidung vom 29.06.2016

I B 32/16

Normen:
§ 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO
§ 74 FGO
§ 181 Abs 5 AO
§ 171 Abs 3a AO
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

Fundstellen:
BFH/NV 2016, 1679

BFH, Beschluss vom 29.06.2016 - Aktenzeichen I B 32/16

DRsp Nr. 2016/17110

Aussetzung des finanzgerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss eines Gewinnsfeststellungsverfahrens betreffend die Gewinnanteile des Klägers an einer KGaA

1. NV: Ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist bereits dann durchzuführen, wenn zweifelhaft ist, ob die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Entscheidung über das Erfordernis oder Nichterfordernis einer gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO kann verbindlich nur in dem Grundlagenverfahren getroffen werden und dementsprechend ist ein positiver oder negativer Feststellungsbescheid gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO schon dann zu erlassen, wenn eine gesonderte Feststellung auf Grund des (ggf. streitigen) Sachverhalts möglich erscheint. Hiervon ist auch mit Rücksicht auf die Frage auszugehen, ob die Ergebnisanteile des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA Gegenstand eines Verfahrens zur einheitlichen und gesonderten Feststellung sind. 2. NV: Ein Feststellungsverfahren nach § 181 Abs. 5 AO ist auch dann durchzuführen, wenn die Feststellung für die Steuerfestsetzung gegenüber nur einem Beteiligten von Bedeutung ist, und diese Voraussetzung jedenfalls gegenüber dem Steuerpflichtigen mit Rücksicht auf die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO betreffend die Fristen zur Festsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre gewahrt wird.

Ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit a AO ist bereits dann durchzuführen, wenn zweifelhaft ist, ob die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Denn die Entscheidung über das Erfordernis oder Nichterfordernis einer gesonderten Feststellung kann verbindlich nur in dem – gegebenenfalls noch einzuleitenden – Grundlagenverfahren getroffen werden.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Finanzgerichts München vom 28. Januar 2016 13 K 2396/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Normenkette:

AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a;

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger), der mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, war in den Streitjahren (2004 bis 2008) neben weiteren Personen persönlich haftender Gesellschafter der A Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Seine —der Höhe nach umstrittenen— Gewinnanteile wurden vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) unmittelbar im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung angesetzt. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung (§§ 179 ff. der Abgabenordnung —AO—) wurde nicht durchgeführt.

Das Finanzgericht (FG) hat das Klageverfahren bis zur Bestandskraft der für die Streitjahre zu erlassenden Feststellungsbescheide nach § 74 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) ausgesetzt (FG München, Beschluss vom 28. Januar 2016 13 K 2396/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 869 ). Der hiergegen erhobenen Beschwerde hat das FG nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde des FA bleibt ohne Erfolg.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO bereits dann durchzuführen ist, wenn zweifelhaft ist, ob die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Letzteres ergibt sich daraus, dass die Entscheidung über das Erfordernis oder Nichterfordernis einer gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO verbindlich nur in dem —vorliegend noch einzuleitenden— Grundlagenverfahren getroffen werden kann und dementsprechend ein positiver oder negativer Feststellungsbescheid gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO schon dann zu erlassen ist, wenn eine gesonderte Feststellung auf Grund des (ggf. streitigen) Sachverhalts möglich erscheint (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 16. November 2006 XI B 156/05, BFH/NV 2007, 401 ; vom 22. August 2013 X B 16–17/13, BFH/NV 2013, 1763 ).

Hiervon ist —worin dem FG gleichfalls beizupflichten ist— auch mit Rücksicht auf die Frage auszugehen, ob die Ergebnisanteile des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA Gegenstand eines Verfahrens zur einheitlichen und gesonderten Feststellung sind. Der beschließende Senat hat diese Frage —ohne hierbei auf den den Streitfall zusätzlich kennzeichnenden Umstand einer Mehrheit persönlich haftender Gesellschafter einzugehen— erst jüngst ausdrücklich offengelassen (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 I R 5/11, BFH/NV 2012, 556 ; ebenso BFH-Urteil vom 21. Juni 1989 X R 14/88, BFHE 157, 382 , BStBl II 1989, 881 ). Hinzu kommt, dass sich dem Schrifttum kein einheitliches Meinungsbild entnehmen lässt (die Notwendigkeit eines Feststellungsverfahrens bejahend Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung , Finanzgerichtsordnung , § 180 AO Rz 17; a.A. Klein/Ratschow, AO , 13. Aufl., § 180 Rz 6).

Schließlich ist dem FG darin beizupflichten, dass ein Feststellungsverfahren nach § 181 Abs. 5 AO auch dann durchzuführen ist, wenn die Feststellung für die Steuerfestsetzung gegenüber nur einem Beteiligten von Bedeutung ist (Klein/ Ratschow, a.a.O., § 181 Rz 38, m.w.N.), und diese Voraussetzung jedenfalls gegenüber dem Kläger mit Rücksicht auf die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO betreffend die Fristen zur Festsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre gewahrt wird.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG München, vom 28.01.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 13 K 2396/13
Fundstellen
BFH/NV 2016, 1679