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BVerwG - Entscheidung vom 16.09.2015

3 C 9.14

Normen:
GG Art. 12 Abs. 1
KHEntgG § 4 Abs. 2a
GG Art. 12 Abs. 1
KHEntgG § 4 Abs. 2a
GG Art. 12 Abs. 1
KHEntgG § 4 Abs. 2a S. 3

Fundstellen:
DÖV 2016, 309
NVwZ-RR 2016, 234

BVerwG, Urteil vom 16.09.2015 - Aktenzeichen 3 C 9.14

DRsp Nr. 2016/1139

Verhältnismäßigkeit des Mehrleistungsabschlags gemäß § 4 Abs. 2a KHEntgG im Lichte der Berufsfreiheit; Voraussetzungen einer Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag bei zusätzlichen Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung

1. Der Mehrleistungsabschlag nach § 4 Abs. 2a des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG .2. Die Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag bei zusätzlichen Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung nach § 4 Abs. 2a Satz 3 KHEntgG setzt voraus, dass die Krankenhausplanungsbehörde die Erweiterung der Kapazitäten des Krankenhauses gebilligt hat. Dazu bedarf es entweder einer Ausweisung der zusätzlichen Kapazitäten im Landeskrankenhausplan oder einer sonstigen Erklärung der Krankenhausplanungsbehörde, aus der sich die Zustimmung zur Erweiterung der Kapazitäten ergibt.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Normenkette:

GG Art. 12 Abs. 1 ; KHEntgG § 4 Abs. 2a S. 3;

Gründe

I

Die Kläger sind Krankenkassen oder Zusammenschlüsse von Krankenkassen mit Sitz in Bayern. Sie streiten mit der beigeladenen Krankenhausträgerin über die Höhe des Vergütungsabschlags auf Mehrleistungen (Mehrleistungsabschlag) nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) für den Vereinbarungszeitraum 2011.

Im Rahmen der Budgetverhandlungen für das Jahr 2011 konnte zwischen den Klägern und der Beigeladenen keine Einigung darüber erzielt werden, ob Mehrleistungen, die die Beigeladene ab 2011 in einem neuen Operationssaal für Schulterchirurgie erbringen wollte, abschlagspflichtig waren. Die beklagte Schiedsstelle setzte den Mehrleistungsabschlag auf 244 207 € fest. Dabei ließ sie die auf den neuen Operationssaal entfallenden Mehrleistungen unberücksichtigt. Zur Begründung führte sie in ihrem Schiedsspruch vom 4. April 2011 aus, diese Mehrleistungen seien nach § 4 Abs. 2a Satz 3 KHEntgG von dem Abschlag auszunehmen, weil es sich um zusätzliche Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung des Landes handele. Der Umbau von Klinikräumen zu einem Operationssaal stelle eine Erweiterung der Kapazitäten dar, die im Einklang mit der bayerischen Krankenhausplanung stehe.

Die Regierung von Unterfranken genehmigte durch Bescheid vom 26. Juli 2011 die von dem Schiedsspruch außerdem umfassten Festsetzungen zum Erlösbudget, Zusatzentgelt und zur Erlössumme. Den Mehrleistungsabschlag hielt die Behörde weder für genehmigungspflichtig noch für genehmigungsfähig. Die dagegen gerichtete Klage der Kläger blieb vor dem Verwaltungsgericht Würzburg (Urteil vom 8. März 2012 - W 3 K 11.652 -) und im (Sprung-)Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ohne Erfolg (Urteil vom 30. Mai 2013 - 3 C 16.12 - BVerwGE 146, 369).

Am 2. April 2012 haben die Kläger unmittelbar Klage gegen die Festsetzung des Mehrleistungsabschlags erhoben und beantragt, den Schiedsspruch vom 4. April 2011 insoweit aufzuheben. Sie haben geltend gemacht, die Einrichtung eines Operationssaals sei in Bayern nicht Gegenstand der Krankenhausplanung. Die Umbaumaßnahme der Beigeladenen könne somit nicht aufgrund der Krankenhausplanung vorgenommen worden sein. Es handele sich auch nicht um zusätzliche Kapazitäten im Sinne der Ausnahmeregelung; denn die Kapazität eines Krankenhauses werde nicht durch Anzahl und Größe von Operationssälen, sondern durch die Bettenzahl bestimmt. Die für das Krankenhaus der Beigeladenen vereinbarten Mehrleistungen der Schulterchirurgie seien daher abschlagspflichtig, wodurch sich das Abschlagsvolumen um 786 494 € erhöhe.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Anfechtungsbegehren sei aus den Gründen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2013 - 3 C 16.12 - zulässig. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung des Mehrleistungsabschlags in einer bestimmten Höhe komme wegen des im Entgeltverfahren maßgeblichen Vereinbarungsprinzips und der Einschätzungsprärogative der Beklagten nicht in Betracht. Die Klage sei auch begründet. Zwar unterliege § 4 Abs. 2a KHEntgG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Mit dem Mehrleistungsabschlag verfolge der Gesetzgeber legitime Gemeinwohlzwecke; denn der Abschlag solle dazu beitragen, die Ausgaben im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zu begrenzen und deren Finanzierbarkeit zu sichern. Die Regelung sei verhältnismäßig, da der Vergütungsabschlag in Höhe von 30 Prozent nur im ersten Jahr der Mehrleistung erhoben werde und für eine systematische Unterfinanzierung der betroffenen Krankenhäuser nichts ersichtlich sei. Die Beklagte habe den Mehrleistungsabschlag aber fehlerhaft festgesetzt, weil sie die im Erlösbudget berücksichtigten Mehrleistungen für den neuen Operationssaal zu Unrecht nicht in Ansatz gebracht habe. Nach § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 Alt. 2 KHEntgG seien Mehrleistungen abschlagsfrei, wenn die zusätzlichen Kapazitäten durch die Krankenhausplanung verursacht würden. Die Ausweitung der Kapazitäten dürfe also nicht nur auf der Entscheidung des Krankenhausträgers beruhen. Dieses Verständnis lege schon der Wortlaut der Norm nahe und werde durch deren Entstehungsgeschichte bestätigt. Die Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag solle sich auf wenige Fälle beschränken. Damit sei nicht zu vereinbaren, die Voraussetzungen der Ausnahme schon dann zu bejahen, wenn die Bereitstellung der zusätzlichen Kapazitäten nicht in Widerspruch zu den Festlegungen des Landeskrankenhausplans stehe. Das Ziel, die Krankenhäuser über den Vergütungsabschlag anzuhalten, die Generierung zusätzlicher Leistungen zu begrenzen, werde unterlaufen, wenn schon jede durch den Versorgungsauftrag des Krankenhauses gedeckte Kapazitätsausweitung unter den Ausnahmetatbestand falle. Das in § 4 Abs. 2a KHEntgG bestimmte Regel-Ausnahme-Verhältnis werde dadurch umgekehrt und die mit dem Mehrleistungsabschlag bezweckten Einsparungseffekte könnten nicht erreicht werden. Danach seien die streitigen Mehrleistungen nicht abschlagsfrei. Im Krankenhausplan des Freistaates Bayern sei die Einrichtung eines zusätzlichen Operationssaals für das Krankenhaus der Beigeladenen nicht ausgewiesen. Ebenso wenig liege eine anderweitige Billigung der Maßnahme durch die zuständige Krankenhausplanungsbehörde vor.

Gegen dieses Urteil hat die Beigeladene die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Die angefochtene Festsetzung des Mehrleistungsabschlags verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie könnten einen höheren Mehrleistungsabschlag bereits deshalb nicht verlangen, weil § 4 Abs. 2a KHEntgG in der für das Jahr 2011 geltenden Fassung verfassungswidrig sei. Wegen der absenkenden Berücksichtigung der Mehrleistungen bei der Ermittlung des Landesbasisfallwerts nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 KHEntgG ergebe sich eine doppelte Entgeltdegression, die die Krankenhausträger unverhältnismäßig belaste. Das habe auch der Gesetzgeber erkannt und ab dem Jahr 2013 einen Zuschlag eingeführt, mit dem die Auswirkungen der doppelten Degression abgemildert werden sollten. Im Übrigen habe die Beklagte die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 KHEntgG zu Recht als erfüllt angesehen. Der Begriff "aufgrund" drücke nicht zwingend einen Ursachenzusammenhang aus, sondern werde nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch im Sinne der Formulierung "nach Maßgabe von" verwendet. In der Rechtssprache werde der Begriff zudem häufig im Sinne von "in Übereinstimmung mit" benutzt. Das Verwaltungsgericht verkenne mit seiner Forderung nach einem Ursachenzusammenhang die Funktion des Krankenhausplans und des Versorgungsauftrags, die keinen imperativen Charakter hätten. Der Blick auf gleichlautende Formulierungen in der Bundespflegesatzverordnung bestätige dieses Auslegungsergebnis. Zudem gehe auch aus der amtlichen Begründung zu § 4 Abs. 2a KHEntgG hervor, dass die Mehrleistungen nicht durch die Krankenhausplanung verursacht sein müssten, sondern ausreichend sei, wenn sie nicht in Widerspruch zu ihr stünden. Dafür stritten überdies verfassungsrechtliche Erwägungen. Halte man eine ausdrückliche Festlegung im Krankenhausplan für erforderlich, seien Krankenhäuser in Bundesländern benachteiligt, die ihre Krankenhausplanung auf eine Rahmenplanung beschränkten und deshalb für viele Maßnahmen der Kapazitätserweiterung keine gesonderte Ausweisung im Krankenhausplan vorsähen. Die Abschlagsregelung laufe bei einem weiten Verständnis des Ausnahmetatbestandes auch nicht leer; denn viele Mehrleistungen würden ohne Erweiterung von Kapazitäten erzielt.

Die Kläger verteidigen das angegriffene Urteil.

Der Vertreter des Bundesinteresses ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit der Auffassung, dass der Mehrleistungsabschlag in Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG stehe. Die streitige Ausnahmeregelung setze voraus, dass die zusätzlichen Kapazitäten auf einer Entscheidung der Krankenhausplanungsbehörde des Landes beruhten.

II

Die Revision der Beigeladenen hat keinen Erfolg.

1. Die Sprungrevision ist zulässig. Zur Einhaltung des sich aus § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Formerfordernisses reicht es aus, dass die Kläger und die Beklagte die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu Protokoll erklärt haben. Die Protokollierung der Erklärungen macht es zudem entbehrlich, die Zustimmung nach § 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO der Revisionsschrift beizufügen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. November 2004 - 2 C 28.03 - Buchholz 240 § 13 BBesG Nr. 5 S. 4, vom 23. März 2011 - 8 C 47.09 - Buchholz 452.00 § 124 VAG Nr. 1 Rn. 16 und vom 10. Dezember 2013 - 1 C 1.13 - BVerwGE 148, 297 Rn. 8, jeweils m.w.N.).

2. Die Revision ist jedoch nicht begründet. Das angegriffene Urteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ).

a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von der Zulässigkeit der Anfechtungsklage ausgegangen. Diese Klageart ist hier statthaft (§ 42 Abs. 1 VwGO ), weil der Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2011 nicht von der Genehmigungspflicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG a.F. umfasst war (anders nunmehr § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG i.d.F. des Art. 2b Nr. 3 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes vom 17. Dezember 2014, BGBl. I S. 2222, 2230) und der Festsetzung durch die Beklagte deshalb Verwaltungsaktcharakter zukommt (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 3 C 16.12 - BVerwGE 146, 369 Rn. 27). Ob die Kläger ihr Ziel, einen höheren Mehrleistungsabschlag zu erreichen, auch im Wege der Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage verfolgen könnten, kann dahingestellt bleiben; sie haben einen darauf gerichteten Klageantrag nicht gestellt (zur Rechtslage bei genehmigungspflichtigen Entgeltbestandteilen: BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.).

b) Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat ohne Bundesrechtsverstoß angenommen, dass die Festsetzung des Mehrleistungsabschlags in dem Schiedsspruch der Beklagten vom 4. April 2011 rechtswidrig ist, weil sie nicht den Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes entspricht (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG; § 18 Abs. 5 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes - KHG -, § 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG analog). Die im Erlösbudget 2011 berücksichtigten Mehrleistungen aufgrund des neuen Operationssaals für Schulterchirurgie sind nicht nach § 4 Abs. 2a Satz 3 KHEntgG von der Erhebung des Abschlags ausgenommen.

aa) Der Einwand der Beigeladenen, es fehle bereits die Rechtsgrundlage für die Erhebung des Mehrleistungsabschlags, weil § 4 Abs. 2a KHEntgG verfassungswidrig sei, greift nicht durch. Die Regelung verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG .

Gemäß § 4 Abs. 2a Satz 1 KHEntgG - in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 8 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2309, 2318) - gilt für Krankenhausleistungen nach Absatz 1, die im Vergleich zur Vereinbarung für das Jahr 2010 zusätzlich im Erlösbudget für 2011 berücksichtigt werden, ein Vergütungsabschlag in Höhe von 30 Prozent. Das betrifft nach § 4 Abs. 1 KHEntgG voll- und teilstationäre Leistungen, die mit Fallpauschalen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG) oder Zusatzentgelten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG) vergütet werden. Nach § 4 Abs. 2a Satz 3 KHEntgG gilt der Mehrleistungsabschlag nicht für zusätzlich vereinbarte Entgelte mit einem Sachkostenanteil von mehr als zwei Dritteln und bei zusätzlichen Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung oder des Investitionsprogramms des Landes (Halbsatz 1). Im Übrigen können die Vertragsparteien zur Vermeidung unzumutbarer Härten einzelne Leistungen von der Erhebung des Abschlags ausnehmen (Halbsatz 2). Der Abschlag wird bei der Ermittlung des Landesbasisfallwerts (vgl. § 10 KHEntgG) nicht absenkend berücksichtigt (§ 4 Abs. 2a Satz 7 KHEntgG). Mehrleistungen nach Satz 1 sind in den Erlösbudgets für die Folgejahre in Höhe des ungekürzten Landesbasisfallwerts zu vereinbaren (§ 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG), das heißt sie sind in voller Höhe zu vergüten (vgl. Amtl. Begründung zum Entwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes, BT-Drs. 17/3040 S. 35).

Danach verletzt § 4 Abs. 2a KHEntgG private Krankenhausträger wie die Beigeladene nicht in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG . Die Regelung des Mehrleistungsabschlags ist durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(1) Der Gesetzgeber rechnete für das Jahr 2011 ohne gegensteuernde Maßnahmen mit einem Defizit von bis zu 11 Mrd. € in der gesetzlichen Krankenversicherung und sah deshalb dringenden Handlungsbedarf für eine umfassende Finanzreform des Gesundheitssystems. Die Finanzierungsgrundlagen sollten gestärkt und die Ausgaben durch verschiedene Maßnahmen begrenzt werden. Teil dieses Maßnahmenpakets, mit dem die Kostenträger finanziell stabilisiert werden sollten, war die Festlegung des Mehrleistungsabschlags für 2011 in Höhe von 30 Prozent (BT-Drs. 17/3040 S. 1 f., S. 17 f., S. 34). Der Gesetzgeber erwartete dadurch Einsparungen in Höhe von rund 350 Mio. € (BT-Drs. 17/3040 S. 5 und S. 38). In der Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass es sich bei der Stabilisierung des gesetzlichen Krankenkassensystems um einen Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung handelt (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2005 - 3 C 23.04 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 12 Rn. 29; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Oktober 2004 - 1 BvR 682/01 - NVwZ-RR 2005, 1 <2> m.w.N.).

(2) Die Begrenzung der Krankenhausausgaben durch Erhebung eines Vergütungsabschlags auf Mehrleistungen ist ein geeignetes Mittel, zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung beizutragen. Der Abschlag mindert die Erlöse aus Mehrleistungen bei den Krankenhäusern und entlastet in entsprechender Höhe die Kostenträger. Zudem kann die Regelung der seit Jahren zu beobachtenden dynamischen Mengenentwicklung bei den Krankenhausleistungen (vgl. dazu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des Psych-Entgeltgesetzes, BT-Drs. 17/9992 S. 22) entgegenwirken, weil der Anreiz für Leistungszuwächse durch den Vergütungsabschlag sinkt (zum Einsatz des Mehrleistungsabschlags als Mittel der Mengensteuerung: BT-Drs. 17/9992 S. 26; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des Ersten Pflegestärkungsgesetzes, BT-Drs. 18/2909 S. 46). Danach unterliegt auch die Erforderlichkeit der Abschlagsregelung keinen Bedenken. Der Gesetzgeber verfügt bei der Auswahl der Maßnahmen, die er zur Verwirklichung des Ziels der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzt, über einen weiten Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. März 2001 - 1 BvR 491/96 - BVerfGE 103, 172 <189>; Kammerbeschluss vom 20. August 2013 - 1 BvR 2402/12 u.a. - NVwZ-RR 2013, 985 <986>).

(3) Die Regelung über den Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2011 erweist sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne. Sie belastet die von ihr betroffenen Krankenhausträger nicht unangemessen.

Der Vergütungsabschlag ist auf ein Jahr befristet. Werden die im Erlösbudget für 2011 vereinbarten Mehrleistungen auch im Folgejahr in das Erlösbudget eingestellt, sind sie in ungekürzter Entgelthöhe zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG). In den Gesetzesmaterialien wird darauf verwiesen, dass der einjährig zu erhebende Mehrleistungsabschlag in Höhe von 30 Prozent betriebswirtschaftlich zumutbar ist (BT-Drs. 17/3040 S. 18 und S. 34). Für eine Fehleinschätzung des Gesetzgebers bestehen bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. August 2013 - 1 BvR 2402/12 u.a. - NVwZ-RR 2013, 985 <986>) keine greifbaren Anhaltspunkte. Das Verwaltungsgericht hat eine systematische Unterfinanzierung der von dem Abschlag betroffenen Kliniken verneint. Auch im Fall der Beigeladenen ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für eine erhebliche Finanzierungslücke im Budget des Krankenhauses nichts dargetan. Die tatrichterliche Bewertung ist für das Revisionsverfahren bindend (§ 137 Abs. 2 , § 134 Abs. 4 VwGO ).

Die Eingriffswirkung wird zudem dadurch abgemildert, dass bestimmte Mehrleistungen von dem Abschlag ausgenommen sind. Nach § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 KHEntgG sind Mehrleistungen mit einem sehr hohen Sachkostenanteil mit dem vollen Entgelt zu berücksichtigen. Das betrifft laut den Gesetzesmaterialien die meisten Zusatzentgelte (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum GKV-Finanzierungsgesetz, BT-Drs. 17/3696 S. 52). Außerdem gilt der Mehrleistungsabschlag nicht für Leistungszuwächse aufgrund zusätzlicher Krankenhauskapazitäten, die durch die Krankenhausplanung oder das Investitionsprogramm des Landes begründet sind. Des Weiteren sieht § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 2 KHEntgG die Möglichkeit vor, einzelne Leistungen von der Erhebung des Abschlags auszunehmen, wenn dies zur Vermeidung einer unzumutbaren Härte geboten ist. Damit ist gewährleistet, dass den Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen werden kann, beispielsweise wenn die Finanzierung eines Leistungsbereichs ansonsten gefährdet wäre (BT-Drs. 17/3696 S. 52).

Die Regelung des Mehrleistungsabschlags stellt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer Geltungsdauer als unverhältnismäßig dar. Der Abschlag ist durch Art. 1 Nr. 4 Buchst. b1 des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes (KHRG) vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 534, 537) eingeführt worden und galt erstmals für das Jahr 2009. § 4 Abs. 2a KHEntgG i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes sah keine bestimmte Abschlagshöhe vor, sondern überließ die Festlegung von "Preisnachlässen" für Mehrleistungen der Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes, BT-Drs. 16/11429 S. 41 f.). Mehrleistungen, die im Jahr 2010 vereinbart wurden, unterlagen keinem Abschlag. Somit sind Krankenhäuser, bei denen nach § 4 Abs. 2a KHEntgG i.d.F. des GKV-Finanzierungsgesetzes für das Jahr 2011 ein Abschlag zu erheben ist, entweder erstmals oder - sofern bereits für 2009 ein Abschlag vereinbart wurde - ein zweites Mal betroffen. Angesichts dieses kurzen Zeitraums ist nicht erkennbar, dass die Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Oktober 2004 - 1 BvR 682/01 - NVwZ-RR 2005, 1 <2>; BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2005 - 3 C 23.04 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 12 Rn. 31).

Schließlich ergibt sich eine unangemessene Belastung auch nicht im Hinblick auf die von der Beigeladenen geltend gemachte so genannte doppelte Degression. Dieser Begriff hebt darauf ab, dass Mehrleistungen außer nach § 4 Abs. 2a KHEntgG auch bei der Ermittlung des Landesbasisfallwerts absenkend zu berücksichtigen sind. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 KHEntgG werden Leistungszuwächse, die sich aus zusätzlichen Fallzahlen (oder veränderten Schweregraden) ergeben, bei der jährlichen Fortschreibung des Landesbasisfallwerts nicht in vollem Umfang einbezogen. Sie fließen nur in Höhe der (geschätzten) zusätzlichen variablen Kosten in die Berechnung ein. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass sich Fallzahlensteigerungen aufgrund des Entgeltsystems mit festen Fallpauschalenpreisen (vgl. § 17b KHG ) kostendegressiv auswirken (Fixkostendegression; vgl. die amtl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des diagnoseorientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser - Fallpauschalengesetz - vom 11. September 2001, BT-Drs. 14/6893 S. 45; Vollmöller, in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2014, § 10 KHEntgG Rn. 11). Diese anteilige Berücksichtigung der Fallkosten führt rechnerisch zu einer entsprechenden Absenkung des Landesbasisfallwerts. Da der Landesbasisfallwert über die Höhe des Erlösbudgets des einzelnen Krankenhauses mitbestimmt (vgl. § 4 Abs. 2 KHEntgG), wirkt eine Absenkung gegenüber allen Krankenhäusern. Für ein Krankenhaus, das einen Mehrleistungsabschlag zu tragen hat, entsteht auf diese Weise eine "doppelte Degression". Die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 KHEntgG führt zudem dazu, dass Krankenhäuser, obwohl sie selbst keine Mehrleistungen erbracht haben, über einen niedrigeren Basisfallwert gleichwohl von einer Vergütungsabsenkung betroffen sein können (vgl. Gamperl, in: Dietz/Bofinger, KHG , BPflV und Folgerecht, Bd. 2, Stand: Februar 2015, § 4 KHEntgG, S. 46 und § 10 KHEntgG, S. 160 f.; Vollmöller a.a.O.). Zur finanziellen Entlastung der Krankenhäuser wird seit dem 1. August 2013 ein Versorgungszuschlag erhoben. Nach § 8 Abs. 10 KHEntgG i.d.F. des Art. 5a Nr. 4 des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2423, 2427; zuletzt geändert durch Art. 2b Nr. 2 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes vom 17. Dezember 2014, BGBl. I S. 2222, 2230) ist bei Patientinnen und Patienten, die zur voll- und teilstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden und für die Entgelte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG berechnet werden, für Aufnahmen ab dem 1. August 2013 ein Versorgungszuschlag in Höhe von 1 Prozent der entsprechenden Entgelte und für Aufnahmen ab dem 1. Januar 2014 ein Zuschlag in Höhe von 0,8 Prozent vorzunehmen. Mit der Einführung des Versorgungszuschlags soll die "doppelte Degression" kompensiert werden, die im Zusammenhang mit der absenkenden Berücksichtigung zusätzlicher Leistungen bei der Bestimmung des Landesbasisfallwerts entsteht, weil der Mehrleistungsabschlag über das Jahr 2012 hinaus verlängert worden ist (vgl. § 4 Abs. 2a KHEntgG i.d.F. des Art. 3 Nr. 02 des Psych-Entgeltgesetzes vom 21. Juli 2012 <BGBl. I S. 1613, 1630>, zuletzt geändert durch Art. 2b Nr. 1 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes vom 17. Dezember 2014 <BGBl. I S. 2222, 2229>; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung, BT-Drs. 17/13947 S. 34 f.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Ersten Pflegestärkungsgesetz, BT-Drs. 18/2909 S. 38 und S. 46 f.; Gamperl, in: Dietz/Bofinger, KHG , BPflV und Folgerecht, Bd. 2, Stand: Februar 2015, § 8 KHEntgG, S. 130b f.).

Die Beigeladene sieht in der "doppelten Degression" eine unzumutbare Doppelbelastung, die bei den betroffenen Krankenhäusern zu einer systembedingten Unterfinanzierung führe und deshalb verfassungswidrig sei. Der Einwand ist nicht berechtigt. Die absenkende Einbeziehung der Mehrleistungen bei der Ermittlung des Landesbasisfallwerts nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 KHEntgG bezweckt, die mit Leistungszuwächsen verbundene Kostenentwicklung sachgerecht abzubilden und Kostensenkungseffekte bei der Fortschreibung des Preisniveaus der Fallpauschalen zu berücksichtigen. Dagegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Versorgungszuschlags ab dem Jahr 2013 der "doppelten Degression" entgegenwirken wollte, erlaubt nicht den Schluss, in den Vorjahren seien die von dem Mehrleistungsabschlag betroffenen Krankenhäuser unverhältnismäßig belastet worden. Das gilt schon wegen des kurzen Geltungszeitraums der Abschlagsregelung. Zudem trägt die Einführung des Versorgungszuschlags auch dem Umstand Rechnung, dass der Mehrleistungsabschlag über das Jahr 2012 hinaus verlängert worden ist und überdies nicht mehr beschränkt auf ein Jahr, sondern mehrjährig zu erheben ist (§ 4 Abs. 2a KHEntgG i.d.F. des PsychEntgeltgesetzes vom 21. Juli 2012 <BGBl. I S. 1613, 1630>, zuletzt geändert durch das Erste Pflegestärkungsgesetz vom 17. Dezember 2014 <BGBl. I S. 2222, 2229>).

bb) Das Verwaltungsgericht hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Mehrleistungsabschlag nicht vorliegen.

Der hier allein in Betracht kommende Ausnahmetatbestand der "zusätzlichen Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung ... des Landes" nach § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 Alt. 2 KHEntgG verlangt, dass die zusätzlichen Kapazitäten durch die Landeskrankenhausplanung begründet sind. Das ist der Fall, wenn sich die Bereitstellung der zusätzlichen Kapazitäten durch das Krankenhaus der zuständigen Krankenhausplanungsbehörde zurechnen lässt. Dazu bedarf es entweder einer Ausweisung der Kapazitätserweiterung im Krankenhausplan oder einer sonstigen Erklärung der Krankenhausplanungsbehörde, aus der sich ihr Einverständnis mit der Kapazitätserweiterung ergibt.

(1) Für dieses Regelungsverständnis sprechen der Wortlaut und die Erläuterungen in den Gesetzesmaterialien. Die Formulierung "aufgrund" stellt zwischen den zusätzlichen Kapazitäten und der Krankenhausplanung einen Zurechnungszusammenhang her. Vom Mehrleistungsabschlag sollen Leistungszuwächse ausgenommen werden, die durch die Krankenhausplanung des Landes "begründet" sind (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes, BT-Drs. 17/3696 S. 52). Das meint, dass die Bereitstellung der zusätzlichen Kapazitäten in einem Krankenhaus der Krankenhausplanungsbehörde zurechenbar sein muss. Nur wenn die zusätzlichen Kapazitäten durch eine zustimmende Entscheidung der zuständigen Landesplanungsbehörde abgedeckt sind, greift die Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag. Das schließt es aus, den Begriff "aufgrund" mit Formulierungen wie "in Übereinstimmung mit" (vgl. dazu den Vorschlag des Bundesrates in seiner Stellungnahme zu Art. 3 Nr. 01 - neu - <§ 4 Abs. 2a KHEntgG> des Entwurfs des Psych-Entgeltgesetzes, BT-Drs. 17/8986 S. 57 sowie die ablehnende Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/8986 S. 61) oder "nach Maßgabe von" (dazu BVerwG, Urteil vom 11. November 1999 - 3 C 19.99 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr. 4 S. 5 <zu § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. f der Bundespflegesatzverordnung 1992>) gleichzusetzen. Es genügt deshalb nicht schon, wenn die zusätzlichen Kapazitäten nicht in Widerspruch zu den Festlegungen im Krankenhausplan stehen. Beschränkt sich nämlich die Krankenhausplanung des Landes auf eine Rahmenplanung, die keine detaillierte Ausweisung von kapazitätserweiternden Maßnahmen vorsieht, kann sich von vornherein kein Widerspruch zu den Festlegungen der Krankenhausplanung ergeben. Damit würde es aber an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der Kapazitätserweiterung und der Krankenhausplanung fehlen.

Für die Zurechnung kommt es nicht darauf an, ob die zusätzlichen Kapazitäten durch die Krankenhausplanung "verursacht" sind, also die Krankenhausplanung den Anstoß für die Erweiterung der Kapazitäten in einem Krankenhaus gegeben hat. Entscheidend für den Zurechnungszusammenhang ist, dass die Krankenhausplanungsbehörde die zusätzlichen Kapazitäten gebilligt und damit bestätigt hat, dass die Maßnahme aus Sicht der Krankenhausplanung erwünscht ist.

Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 Alt. 2 KHEntgG ist des Weiteren abzuleiten, dass die gebotene Zurechnung nicht allein über Ausweisungen und Festlegungen im Landeskrankenhausplan bewirkt werden kann, sondern auch jede sonstige Erklärung der Krankenhausplanungsbehörde ausreicht, sofern sich daraus die Billigung der zusätzlichen Kapazitäten entnehmen lässt. Das ergibt sich aus dem Begriff der Krankenhausplanung, den der Gesetzgeber hier bewusst anstelle des Begriffs des Krankenhausplans verwendet, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Krankenhauspläne der Länder unterschiedlich detailliert ausgestaltet sein können und sind (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben 1996, BT-Drs. 13/3498 S. 6 <zu § 1 Abs. 2 StabG>; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes, BT-Drs. 13/7264 S. 72 <zu § 6 BPflV 1997>; siehe zur Unterscheidung von Krankenhausplan und Krankenhausplanung auch Stollmann/Quaas/Dietz, in: Dietz/Bofinger, KHG , BPflV und Folgerecht, Bd. 1, Stand: Februar 2015, § 6 KHG , S. 50; VG Magdeburg, Urteil vom 7. Februar 2005 - 1 A 10/04 - [...] Rn. 85 <zu § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 BPflV 2000>).

Das Tatbestandsmerkmal der zusätzlichen Kapazitäten gibt für ein abweichendes Verständnis nichts her. Insbesondere lässt sich daraus nicht schlussfolgern, die Ausnahmeregelung gelte nur für Mehrleistungen, die im Krankenhausplan ausgewiesen sind. Die Formulierung stellt auf den quantitativen Umfang möglicher Krankenhausleistungen ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2003 - 3 C 4.02 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 11 S. 15). Erfasst werden beispielsweise kapazitätserweiternde Maßnahmen wie die Aufstockung der Bettenzahl, die Ansiedlung einer neuen Fachabteilung oder die Ausweitung einer Fachabteilung aufgrund der Schließung eines anderen Krankenhauses (BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2003 - 3 C 4.02 - a.a.O. S. 15 f., vom 8. September 2005 - 3 C 41.04 - BVerwGE 124, 209 <216> und vom 20. Dezember 2007 - 3 C 53.06 - Buchholz 451.73 § 12 BPflV Nr. 1 Rn. 30; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes, BT-Drs. 17/3696 S. 52). Auch die Einrichtung neuer Operationssäle lässt sich darunter subsumieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2003 - 3 C 4.02 - a.a.O. S. 16). Ob die Ausnahmeregelung darüber hinaus für Leistungszuwächse gilt, die auf eine intensivere Nutzung von vorhandenen Operationsräumen durch effizientere Abläufe und den Einsatz modernerer Geräte zurückzuführen sind (bejahend z.B. Schiedsstelle für die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze in Hessen, Schiedsspruch vom 18. Juni 2014 - Az.: Sch. 08/2014 - S. 4) oder auf der Bereitstellung zusätzlichen Personals beruhen, ist streitig (zur Beschränkung auf sächliche Mittel: Schiedsstelle Hessen, Schiedsspruch vom 18. Juni 2014, S. 5), bedarf aber mangels Entscheidungserheblichkeit keiner weiteren Erörterung.

(2) Für das Erfordernis einer ausdrücklichen Billigung der zusätzlichen Kapazitäten durch die Krankenhausplanungsbehörde spricht zudem die Normsystematik.

Nach § 4 Abs. 2a Satz 1 KHEntgG ist die Erhebung des Mehrleistungsabschlags die Regel. Ausnahmen sind nur unter den in Satz 3 abschließend genannten Voraussetzungen möglich. Diese Regelungsstruktur - die bis heute beibehalten worden ist (vgl. § 4 Abs. 2a KHEntgG i.d.F. des Ersten Pflegestärkungsgesetzes vom 17. Dezember 2014, BGBl. I S. 2222) - steht einer Auslegung entgegen, die das Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehrt oder aufweicht. Das schließt es aus, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 Alt. 2 KHEntgG schon dann als erfüllt anzusehen, wenn die Bereitstellung der zusätzlichen Kapazitäten nicht in Widerspruch zu der Krankenhausplanung des Landes gerät. Denn dieser Befund trifft auf jede kapazitätserweiternde Maßnahme zu, die von dem Versorgungsauftrag des jeweiligen Krankenhauses gedeckt ist. Der Versorgungsauftrag ergibt sich bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung (§ 8 Abs. 1 Satz 4 KHEntgG). Die Festlegungen im Krankenhausplan können von Bundesland zu Bundesland mehr oder weniger detailliert ausfallen. Wenn und soweit die Krankenhausplanung auf die Ausweisung von Strukturvorgaben verzichtet, die für die Kapazität eines Krankenhauses (mit)bestimmend sein können, vergrößert das den Spielraum des Krankenhausträgers; denn durch die Festlegungen des Krankenhausplans und deren Umsetzung im Bescheid über die Aufnahme in den Krankenhausplan wird der Versorgungsauftrag des Krankenhauses konkretisiert und dadurch zugleich begrenzt (vgl. Gamperl, in: Dietz/Bofinger, KHG , BPflV und Folgerecht, Bd. 2, Stand: Februar 2015, § 8 KHEntgG, S. 123). Erweitert das Krankenhaus seine Kapazitäten im Rahmen seines Versorgungsauftrages, erbringt es die dadurch bedingten Mehrleistungen mithin im Einklang mit der Krankenhausplanung. Genügte das für die Anwendung der Ausnahmeregelung, wäre zu besorgen, dass in Ländern, in denen sich die Krankenhausplanung auf eine Rahmenplanung beschränkt und sich deshalb im Krankenhausplan keine oder nur sehr begrenzt Festlegungen zur Kapazität finden, das Regel-Ausnahme-Verhältnis aufgeweicht würde.

Für das Auslegungsergebnis streitet außerdem die tatbestandliche Parallele mit dem Investitionsprogramm. Nach § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 Alt. 2 KHEntgG gilt die Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag gleichermaßen bei zusätzlichen Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung wie aufgrund des Investitionsprogramms des Landes. Die Aufnahme des Investitionsvorhabens eines Krankenhauses in das Landesinvestitionsprogramm besagt, dass die Maßnahme die Voraussetzungen für eine staatliche Förderung erfüllt (vgl. § 8 Abs. 1 KHG ). Durch den Förderbescheid, mit dem die Entscheidung über die Aufnahme in das Investitionsprogramm umgesetzt wird, wird die Förderfähigkeit des Vorhabens anerkannt und die Übereinstimmung mit der Krankenhausplanung bestätigt (BVerwG, Urteil vom 11. November 1999 - 3 C 19.99 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr. 4 S. 6). Daran knüpft die Freistellung vom Mehrleistungsabschlag an. Wird das auf die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten gerichtete Investitionsvorhaben eines Krankenhauses mit öffentlichen Mitteln gefördert, kommt darin zum Ausdruck, dass die mit der Kapazitätsausweitung verbundenen Leistungszuwächse gebilligt werden. Dem entspricht es, diese Mehrleistungen von dem Vergütungsabschlag auszunehmen (ebenso zu § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben 1996 vom 29. April 1996 <BGBl. I S. 654>: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 13/3498 S. 6). Für die parallel genannte Ausnahme der zusätzlichen Kapazitäten aufgrund der Krankenhausplanung kann nichts anderes gelten. Die Regelung in einem einheitlichen Tatbestand zeigt, dass der Gesetzgeber die beiden Sachverhalte denselben Anwendungsvoraussetzungen unterstellen wollte.

(3) Auch der Normzweck bestätigt das Auslegungsergebnis. Der Mehrleistungsabschlag ist - wie gezeigt - Teil eines Maßnahmenpakets zur Ausgabenbegrenzung, mit dem die gesetzliche Krankenversicherung entlastet werden sollte. Allein durch die Regelung zum Mehrleistungsabschlag erwartete der Gesetzgeber Einsparungen in Höhe von 350 Mio. € für das Jahr 2011 und von weiteren 270 Mio. € ab dem Jahr 2012 (vgl. die Amtl. Begründung zum GKV-Finanzierungsgesetz, BT-Drs. 17/3040 S. 5 und S. 38). Mit dieser Zielsetzung lässt sich eine Auslegung und Anwendung des Ausnahmetatbestandes nicht vereinbaren, die das Regel-Ausnahme-Verhältnis aushöhlt und die Realisierung des Einsparungspotentials in Frage stellt. Das Gleiche gilt für die bezweckte Mengensteuerung. Fehlentwicklungen bei den Leistungszuwächsen kann umso effektiver mit dem Mehrleistungsabschlag entgegengewirkt werden, je geringer die Zahl der Ausnahmen von dem Abschlag ausfällt.

(4) Aus der Regelungshistorie lässt sich, anders als die Beigeladene meint, nichts Gegenteiliges ableiten. Der Vergleich mit früheren Vorschriften stützt vielmehr das bisherige Auslegungsergebnis.

Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. f BPflV i.d.F. des Art. 12 Abs. 1 Nr. 3 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266, 2311) war zwar insofern weiter, als danach Leistungszuwächse budgeterhöhend zu berücksichtigen waren, wenn die Mehrleistungen "nach Maßgabe der Krankenhausplanung" erfolgten. Das setzte nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass sich die kapazitätserweiternde Maßnahme in die Krankenhausplanung des Landes einfügen musste, das heißt ihr nicht widersprechen durfte. Einer Festlegung der Maßnahme im Krankenhausplan selbst bedurfte es nicht (BVerwG, Urteil vom 11. November 1999 - 3 C 19.99 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr. 4 S. 5). § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. f BPflV 1992 verlangte aber darüber hinaus, dass die Kapazitätsausweitung "für das Krankenhaus rechtsverbindlich festgelegt" war. Danach musste die Übereinstimmung der Maßnahme mit der Krankenhausplanung ausdrücklich festgestellt und dadurch ihre Notwendigkeit, Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit bestätigt werden (BVerwG, Urteil vom 11. November 1999 a.a.O. S. 6). Die Ausnahme von der Budgetdeckelung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BPflV 1992 unterlag also vergleichbar engen Voraussetzungen wie die Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag nach § 4 Abs. 2a Satz 3 Halbs. 1 Alt. 2 KHEntgG.

§ 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben 1996 vom 29. April 1996 (BGBl. I S. 654) knüpfte an § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. f BPflV 1992 an und wollte die Anforderungen für die Berücksichtigung zusätzlicher, "auf Grund der Krankenhausplanung des Landes" geschaffener Kapazitäten nicht lockern. Die amtliche Begründung verwies darauf, dass die Regelung enger sei, weil die über Fördermittel finanzierte Maßnahme im Krankenhausplan selbst bestimmt sein müsse und eine Aufnahme in das Investitionsprogramm allein nicht genüge (BT-Drs. 13/3061 S. 4). Abweichend hieß es in der Stellungnahme des Ausschusses für Gesundheit, aus der Bezugnahme auf den Begriff der Krankenhausplanung, der der unterschiedlichen Regelungstiefe der Krankenhausplanung in den Ländern Rechnung trage, ergebe sich, dass der Tatbestand auch erfüllt sein könne, wenn der Krankenhausplan selbst nicht geändert worden sei (BT-Drs. 13/3498 S. 6). Danach stellte auch § 1 Abs. 2 StabG darauf ab, dass die Kapazitätserweiterung der Krankenhausplanung zurechenbar sein musste.

§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BPflV i.d.F. des Art. 11 Nr. 2 Buchst. b des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S. 1520, 1533) sowie § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 BPflV i.d.F. des Art. 5 Nr. 1 Buchst. a des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626, 2649) haben diese Regelungsstruktur fortgeführt. Die Formulierung "zusätzliche Kapazitäten ... auf Grund der Krankenhausplanung oder des Investitionsprogramms des Landes" entspricht dem Wortlaut des § 4 Abs. 2a Satz 3 KHEntgG. Aus den Gesetzesmaterialien und der Kommentierung zu § 6 BPflV a.F. ergeben sich keine Hinweise, die das Ergebnis der Auslegung des § 4 Abs. 2a KHEntgG in Zweifel ziehen könnten (vgl. BT-Drs. 13/6087 S. 33 f.; Tuschen, in: Dietz/Bofinger, KHG , BPflV und Folgerecht, Stand: Februar 2015, Bd. 1, § 6 BPflV , S. 145 f.). Der zunächst vorgesehene Begriff des Krankenhausplans ist im Gesetzgebungsverfahren durch den Begriff der Krankenhausplanung ersetzt worden. Dadurch sollte die unterschiedliche Handhabung der Krankenhausplanung in den Ländern berücksichtigt werden (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 13/7264 S. 72). Das knüpfte erkennbar an die Ausschussbegründung zu § 1 Abs. 2 StabG an.

(5) Schließlich ist auch aus Sicht des Verfassungsrechts kein anderes Normverständnis geboten.

Richtig ist allerdings, dass bei der Auslegung die unterschiedliche Planungstiefe der Länder bei der Krankenhausplanung in den Blick zu nehmen ist. Es ist nicht einsichtig, weshalb die Befreiung vom Mehrleistungsabschlag davon abhängig sein soll, ob der Krankenhausplan des Landes detaillierte Festlegungen zu den Kapazitäten von Krankenhäusern trifft oder sich auf eine Rahmenplanung beschränkt (Vollmöller, in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2014, § 4 KHEntgG, Rn. 26; BT-Drs. 13/3498 S. 6; BVerwG, Urteil vom 11. November 1999 - 3 C 19.99 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr. 4 S. 5). Es greift zu kurz, diesem Einwand damit zu begegnen, es handele sich um eine unvermeidbare Folge der föderalen Strukturen und der Länderzuständigkeit für die Krankenhausplanung. Das blendet aus, dass der Normgeber diesen Kontext im Blick hatte und durch die Verwendung des Begriffs der Krankenhausplanung anstelle von Krankenhausplan ein teilweises Leerlaufen der Ausnahmeregelung verhindern wollte. Es ist deshalb - wie gezeigt - nicht erforderlich, dass sich die zusätzlichen Kapazitäten auf eine Festlegung im Krankenhausplan und/oder in den Bescheiden zu seiner Durchführung zurückführen lassen. Es ist aber nicht geboten, genügen zu lassen, dass die Kapazitätserweiterung nicht in Widerspruch zu den Festlegungen oder Ausweisungen im Krankenhausplan steht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob insoweit grundrechtliche Belange der (privaten) Krankenhausträger nach Art. 3 Abs. 1 GG berührt sind (bejahend Gamperl, in: Dietz/Bofinger, KHG , BPflV und Folgerecht, Stand: Februar 2015, Bd. 2, § 4 KHEntgG, S. 44; Becker, in: Prütting, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 4 KHEntgG, Rn. 17a). Gleiche Anwendungsvoraussetzungen lassen sich hinreichend dadurch herstellen, dass der Ausnahmetatbestand auch als erfüllt angesehen wird, wenn die zuständige Krankenhausplanungsbehörde ihr Einverständnis mit der Maßnahme außerhalb des Krankenhausplans erklärt hat. Das bedeutet zwar, dass ein Krankenhausträger gegebenenfalls bei der Krankenhausplanungsbehörde um eine solche Billigung nachsuchen können muss. Diesem Verfahren stehen aber weder rechtliche Hindernisse entgegen noch bringt es für den Krankenhausträger oder die Behörde einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand mit sich.

(6) Danach hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2a Satz 3 KHEntgG für eine Ausnahme von dem Mehrleistungsabschlag nicht vorliegen. Es hat ausgeführt, dass sich für die Einrichtung des neuen Operationssaals und die damit verbundenen zusätzlichen Kapazitäten im Krankenhaus der Beigeladenen keine Festlegung im Krankenhausplan des Freistaates Bayern findet. Ebenso wenig hat die Krankenhausplanungsbehörde außerhalb des Krankenhausplans ihr Einverständnis mit der Maßnahme erklärt. Diese Feststellungen sind für das Revisionsverfahren bindend. Mit der Rüge fehlender Sachaufklärung kann die Beigeladene in der Sprungrevision nicht gehört werden (§ 134 Abs. 4 VwGO ).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO .

Verkündet am 16. September 2015

Vorinstanz: VG München, vom 26.03.2014 - Vorinstanzaktenzeichen M 9 K 13.3542
Fundstellen
DÖV 2016, 309
NVwZ-RR 2016, 234