Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 20.05.2015

2 B 89.14

Normen:
BBesG § 1 Abs. 2 S. 3

BVerwG, Beschluss vom 20.05.2015 - Aktenzeichen 2 B 89.14

DRsp Nr. 2015/10035

Rückforderung von Dienstbezügen bei einem Berufssoldaten aufgrund eines Eingabefehlers der Wehrbereichsverwaltung

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. September 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 23 249,04 € festgesetzt.

Normenkette:

BBesG § 1 Abs. 2 S. 3;

Gründe

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO ) gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.

1. Der Kläger steht als Korvettenkapitän im Dienst der Beklagten. Unter Berufung auf eine Überzahlung von Dienstbezügen im Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis Ende Juni 2010 forderte die Beklagte vom Kläger 23 249,04 € zurück. Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde mit der Begründung, die Beklagte hätte zum Teil von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen absehen müssen, weil die Überzahlung auf einem Eingabefehler der Wehrbereichsverwaltung beruhe. Zudem hätte ihm Ratenzahlung gewährt werden müssen. Die Beklagte wies die Beschwerde zurück und lehnte es ab, aus Billigkeitsgründen teilweise von der Rückforderung abzusehen. Die Behörde treffe infolge fehlerhafter Dateneingabe zwar eine Mitschuld an der Überzahlung. Bei Abwägung aller Umstände sei jedoch gleichwohl eine Reduzierung der Schuldsumme nicht erforderlich. Es sei ausreichend, Ratenzahlung zu gewähren. Für die Dauer der Auslandsverwendung wurde die Ratenhöhe auf 900 € monatlich und für den anschließenden Zeitraum auf 450 € monatlich festgesetzt. Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Billigkeitsentscheidung der Beklagten, dem Kläger die ratenweise Tilgung des Rückforderungsbetrages zu ermöglichen, genüge den Vorgaben des § 1 Abs. 2 Satz 3 BBesG . Die Beklagte habe eine ordnungsgemäße Billigkeitsentscheidung zulässigerweise im Beschwerdebescheid getroffen sowie alle insoweit maßgeblichen Erwägungen dort dargestellt und gemäß § 114 Satz 2 VwGO in ihrer Berufungsbegründung ergänzt. Die Beklagte sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, der Grund für die Überzahlung der Dienstbezüge liege nicht in ihrer alleinigen oder auch nur überwiegenden Verantwortung, sondern eindeutig in der Verantwortung des Klägers. Das geringfügige Verschulden der Behörde reiche nicht aus, um die Verringerung des Rückforderungsbetrages aus Gründen der Billigkeit rechtlich geboten erscheinen zu lassen. Da der Kläger den überzahlten Betrag auch nicht für Luxusaufwendungen ausgegeben habe und sonstige Ermessensfehler der Beklagten nicht erkennbar seien, sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Kläger lediglich die Möglichkeit der Ratenzahlung eingeräumt habe.

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ), die ihr die Beschwerde beimisst.

Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in den Fragen:

"Wann ist der Grund für eine Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (Az. 2 C 15/10; 2 C 4/11) zu sehen?

Ist eine überwiegende behördliche Verantwortung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (Az. 2 C 15/10; 2 C 4/11) dann ausgeschlossen, wenn der Behörde ein Eingabefehler im Rahmen der EDV- Datenverarbeitung unterläuft?

Liegt der Grund für eine Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung, wenn die Überzahlung auf einem Eingabefehler im Verantwortungsbereich der Behörde beruht, während der Besoldungsempfänger zu dem Entstehen der Überzahlung nicht durch fehlende Mitwirkung bzw. falsche Angaben beigetragen hat?"

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer überwiegenden behördlichen Verantwortung ausgegangen werden muss, die im Rahmen des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG Anlass gibt, von der Rückforderung zumindest teilweise abzusehen, ist lediglich einzelfallbezogen zu beantworten und einer rechtssatzmäßigen Klärung nicht zugänglich. Der Sache nach wirft die Beschwerde keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage auf, sondern wendet sich gegen die fallbezogene Würdigung des Oberverwaltungsgerichts der Frage einer überwiegenden Verantwortung der Behörde für die Überzahlung von Dienstbezügen. Damit kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aber nicht erreicht werden.

3. Die Revision ist auch nicht wegen der Abweichung von den in der Beschwerde bezeichneten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (- 2 C 15.10 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 35 und - 2 C 4.11 -) zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ).

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt auch nicht den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

Ein solcher Auffassungsunterschied zu den von der Beschwerde herangezogenen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen.

a) Die Beschwerde sieht die Divergenz zunächst darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht die im Beschwerdebescheid getroffene ordnungsgemäße Billigkeitsentscheidung hat ausreichen lassen. Hierin liegt tatsächlich keine Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012. Diesen Urteilen ist nicht der Rechtssatz zu entnehmen, die erforderliche Billigkeitsentscheidung müsse bereits im Ausgangsbescheid getroffen worden sein und dürfe nicht im Widerspruchsbescheid nachgeholt werden. Tatsächlich befassen sich die genannten Revisionsurteile im Gegensatz zum Berufungsurteil nicht mit dem Verhältnis von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid. Im Übrigen bestimmt § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ausdrücklich, dass Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid (hier Beschwerdebescheid) gefunden hat.

b) Ferner rügt die Beschwerde, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts weiche hinsichtlich der für die Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG wesentliche Annahme einer überwiegenden behördlichen Verantwortung von den Revisionsurteilen vom 26. April 2012 ab. Damit wird aber kein prinzipieller Auffassungsunterschied aufgezeigt, sondern lediglich, wie auch die Beschwerdebegründung selbst ausführt, geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe insoweit die Maßstäbe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft angewendet. Dies reicht, wie dargestellt, für die Darlegung der Rüge der Divergenz gerade nicht aus.

c) Schließlich sieht die Beschwerde eine Divergenz darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht von einer ordnungsgemäßen Billigkeitsentscheidung im Beschwerdebescheid ausgegangen sei und dieses entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 114 Satz 2 VwGO (BVerwG, Urteile vom 5. Mai 1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 und vom 21. Juni 2007 - 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 ) es der Beklagten erlaubt habe, die tragenden Erwägungen der von der Behörde zu treffenden Ermessensentscheidung nicht nur zu ergänzen, sondern vollständig auszuwechseln. Auch dies genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung einer rechtssatzmäßigen Abweichung. Denn es wird der Sache nach lediglich vorgebracht, das Oberverwaltungsgericht habe die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ordnungsgemäßen Billigkeitsentscheidung sowie zu § 114 Satz 2 VwGO nicht zutreffend auf den festgestellten Sachverhalt angewendet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: OVG Schleswig-Holstein, vom 12.09.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 LB 11/14