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BVerwG - Entscheidung vom 03.12.2015

2 WD 2.15

BVerwG, Urteil vom 03.12.2015 - Aktenzeichen 2 WD 2.15

DRsp Nr. 2016/3731

Herabsetzung eines Soldaten in den Dienstgrad eines Unteroffiziers wegen eines Dienstvergehens (hier: Böllerwurf in einem Fussballstation); Verkürzung der Frist zur Wiederbeförderung auf zwei Jahre; Bemessung einer Disziplinarmaßnahme auf Grundlage der Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts

Tenor

Auf die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft wird das Urteil der 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 18. November 2014 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.

Der Soldat wird wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Unteroffiziers herabgesetzt.

Die Frist zur Wiederbeförderung wird auf zwei Jahre verkürzt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen Kosten werden dem Soldaten auferlegt.

Gründe

I

Der 25 Jahre alte Soldat absolvierte nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Mit Wirkung vom 1. November 2010 wurde er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und zum Stabsunteroffizier ernannt. Seine auf acht Jahre verlängerte Dienstzeit endet mit dem 30. Juni 2018. Zum 1. Mai 2012 wurde der Soldat zum ... in G. versetzt und bei der Unterstützungskompanie verwendet. Vom ... bis ... 2013 war der Soldat nach Mazar-e-Sharif kommandiert.

Der Soldat wurde noch nicht planmäßig beurteilt. In seiner mit Einverständnis der Beteiligten in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht verlesenen und in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Stellungnahme vom 3. November 2014 beurteilte der Disziplinarvorgesetzte Hauptmann G. die Leistungen des Soldaten positiv. Dieser sei nach dem Vorfall noch besser geworden und liege im Vergleich aktuell im mittleren Drittel.

Die von Hauptmann G. erstellte Sonderbeurteilung vom 29. Januar 2015 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Schnitt mit "5,00".

Der Soldat habe in einem schwierigen Umfeld gute und verlässliche Arbeit geleistet. Er habe auch zusätzlich übertragene Aufgaben mit Verantwortungsgefühl erfüllt und mit pragmatischer Vorgehensweise überzeugt. Positiv sei seine zupackende Art. Er sei kritikfähig, füge sich problemlos in die militärische Gemeinschaft ein und trete korrekt auf. Insgesamt sei er nie negativ, aber auch nicht durch außergewöhnliche Leistungen in Erscheinung getreten. Seine Gesamtleistung sei positiv zufriedenstellend. Eine Verwendung mit höherem truppendienstlichen Anteil würde seinem Naturell eher entsprechen.

Der nächsthöhere Vorgesetzte trug die Beurteilung mit und charakterisierte den Soldaten als intelligenten, schwungvollen Unteroffizier mit hoher Leistungsbereitschaft und impulsiver, zupackender Art. Es falle dem Soldaten nicht immer leicht, sein Temperament zu kontrollieren. Daher halte er ihn für Führungsverwendungen nur eingeschränkt geeignet. Der Soldat solle für Tätigkeiten mit hohem Praxisanteil eingesetzt und auf Verwendungen mit Vorgesetztenfunktion umfangreich vorbereitet werden.

Die Beurteilung berücksichtigt den Beurteilungsbeitrag für die besondere Auslandsverwendung vom 8. September 2013, der die Erfüllung der Anforderungen mit der Notenstufe "C" bewertet.

Erläuternd heißt es, der Soldat sei im Einsatz gewissenhaft und verlässlich aufgetreten. Auch unter der Einsatzbelastung habe er seinen Auftrag mit Professionalität und Sorgfalt ausgeführt sowie sich mit Verantwortungs- und hohem Pflichtbewusstsein, tatkräftig und willensfest seinen Aufgaben gewidmet. Er habe seine Aufgaben stets zuverlässig sowie mit viel Engagement erfüllt und sich auch freiwillig für andere Aufgaben zur Verfügung gestellt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten sei stets loyal und vorbildlich gewesen. Der Soldat habe eine im Ausdruck oft weitschweifige Art, die ihn aber gepaart mit seinem teils ungezwungenen Auftreten zu einem allzeit geschätzten Kameraden sowie einem voll integrierten Mitglied im Team gemacht habe. Er habe sich im Einsatz bewährt und sich für weitere empfohlen.

In der Berufungshauptverhandlung hat sein Disziplinarvorgesetzter Hauptmann G. erläutert, er sei seit dem 17. Januar 2014 als Kompaniechef Disziplinarvorgesetzter des Soldaten. Er begegne wegen der Größe der Dienststelle nicht jedem seiner Soldaten täglich. Wenn er mit dem Soldaten Kontakt habe, verhalte dieser sich stets korrekt. Es gebe keine Probleme. Auch das Feedback der mit dem Soldaten zusammenarbeitenden Kameraden sei stets positiv. Nach seiner Versetzung vom ... in die ..., wo Personalbedarf bestanden habe, habe er dort positive Arbeit geleistet. Auch in der ... leiste er mit Professionalität und Höflichkeit seinen Dienst. Die Versetzung in die ... sei dienstlich veranlasst gewesen. Der Soldat habe dort tatkräftig angepackt. Während er den Soldaten anfangs mit "5 bis 6" benotet habe, würde er ihn nun mit "6 bis 7" beurteilen. Aus seiner Sicht liege eine Nachbewährung vor. Dies leite er aus der Art und Weise ab, wie der Soldat seinen Dienst versehe und daraus, dass dieser sich auch freiwillig für zusätzliche Aufgaben zur Verfügung stelle. Wenn der Soldat erneut einen Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel oder auf Dienstzeitverlängerung stellte, würde er dies unterstützen. Ein abnormes Trinkverhalten des Soldaten sei ihm nie aufgefallen. Ob die Versetzung in die ... wegen des Vorfalles erfolgt sei, wisse er nicht. Dort habe jedenfalls Personalbedarf bestanden. Er könne sich nicht daran erinnern, von dem damaligen Kompaniefeldwebel über einen Befehl des ..., den Soldaten wegen des Vorfalles von seinen Aufgaben abzulösen, informiert worden zu sein. In der ... arbeite der Soldat mit Mannschaftsdienstgraden zusammen und sei aufgrund seines Dienstgrades ohne Unterstellungsverhältnis im engeren Sinne deren Vorgesetzter. Er könne so Führungsverhalten üben. Vor dem Einsatz in der .... habe der Soldat faktisch keine Vorgesetztenfunktion ausgeübt. In der Werkstatt habe er mit zivilen Mitarbeitern zusammengearbeitet. Er habe dem Soldaten die Tat nicht zugetraut. Der Vorfall habe ihn zunächst schockiert. Aus seiner Sicht sei der Alkohol die Ursache gewesen. Da der Soldat seine Aufgaben zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erledige, habe er auch wieder Vertrauen in ihn.

Der Soldat ist Träger der Schützenschnur in Gold und der Einsatzmedaille der Bundeswehr für den ISAF-Einsatz. Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 29. Oktober 2015 enthält einen am 25. April 2012 wegen unkameradschaftlichen Verhaltens verhängten Verweis. Die Auskunft aus dem Zentralregister vom 26. Oktober 2015 verweist auf das rechtskräftige Strafurteil des Amtsgerichts ... vom 17. Juli 2014. In dem mit diesem Verfahren sachgleichen Strafverfahren war der Soldat wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen sowie Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Geldstrafe in Höhe von 130 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt worden.

Der Soldat ist verheiratet und Vater eines Kindes. Er erhält Nettobezüge in Höhe von etwa 2.070 €. In der Berufungshauptverhandlung hat der Soldat zu seiner wirtschaftlichen Situation erläutert, er zahle monatlich etwa 300 € für sein Auto ab und außerdem noch 100 € wegen der Geldstrafe aus dem Strafverfahren. Von dieser seien noch 3.000 € offen. Die Warmmiete belaufe sich auf etwa 780 €. Er habe zwischenzeitlich auch eine zusätzliche private Rentenversicherung über 100 € monatlich abgeschlossen. Seine Ehefrau sei in Elternzeit und beziehe monatlich etwa 1.100 €. Wegen des laufenden Verfahrens habe er den Antrag auf Zulassung zur Feldwebellaufbahn zurückgezogen und werde auch keinen Antrag auf Dienstzeitverlängerung stellen. Er beabsichtige, im Rahmen des Berufsförderungsdienstes eine Weiterbildung zu beginnen.

II

1. Das Verfahren ist nach Anhörung des Soldaten mit Verfügung des Kommandeurs ... vom 12. Mai 2014, dem Soldaten ausgehändigt am 22. Mai 2014, eingeleitet worden. Der Anhörung der Vertrauensperson hatte der Soldat zuvor widersprochen.

Nach Gewährung des Schlussgehörs hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 22. August 2014, zugestellt am 27. August 2014, ein vorsätzliches Dienstvergehen zur Last gelegt.

2. Die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat mit Urteil vom 18. November 2014 gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von 36 Monaten verhängt.

Ihrer Entscheidung hat die Kammer in Anwendung von § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils des Amtsgerichts Aachen vom 17. Juli 2014 zugrunde gelegt, die sie wie folgt wiedergibt:

"1.

Der Angeklagte zündete am 25.01.2014 gegen 15:47 Uhr im Stadion ... in ... ca. 2 Minuten nach Ende der Regionalligabegegnung zwischen ... und ... einen nicht zugelassenen Böller 'Cobra Super 6', für dessen Umgang er keine Erlaubnis hatte, was der Angeklagte auch für möglich ansah und billigend in Kauf nahm. Der Angeklagte warf den Böller in den unteren Bereich des Blocks ..., wo er auf der untersten Stufe mit einem extrem lauten Knall explodierte. Hierdurch erlitt das zehn Jahre alte Kind E. und dessen Mutter, die Geschädigte E., sowie die Geschädigten B. und T. schmerzhafte Verletzungen in Form von Verdacht auf Knalltrauma bzw. Piepen der Ohren, welches bei den Zeugen E., E. und B. am nächsten Tag, bei dem Geschädigten T. erst am 03.02.2014 wieder abklang. Der Angeklagte hatte es bei dem Wurf des Böllers für möglich angesehen, dass andere Personen verletzt werden würden, dies jedoch billigend in Kauf genommen.

Eine dem Angeklagten am 25.01.2014 um 17:51 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration i.H.v. 2,17 Promille.

Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seiner Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, war daher aufgrund des konsumierten Alkohols zwar nicht im Sinne von § 20 StGB aufgehoben, jedoch erheblich im Sinne von § 21 StGB eingeschränkt.

2.

Am 31.01.2014 verfügte der Angeklagte in den von ihm bewohnten Räumlichkeiten des Hauses ...-Straße ... in G. über einen weiteren Böller 'Cobra Super 6', der keine Zulassung aufwies und für dessen Umfang er keine Erlaubnis hatte, was der Angeklagte auch für möglich ansah und billigend in Kauf nahm."

Zusätzlich hat die Kammer folgenden Sachverhalt festgestellt:

"Der Soldat befand sich Anfang November 2013 in ..., wo er in einem entsprechenden Geschäft drei der in Deutschland nicht zugelassenen Böller 'Cobra Super 6' erwarb, die in ... ohne Genehmigung zu erwerben sind. Er habe den Böller nicht auf die untere Stufe des Blocks ... werfen wollen, sondern habe versucht, ihn auf den Rasen zu werfen. Insoweit sei er davon ausgegangen, dass nichts passieren könne. Im Hinblick auf die erhebliche Alkoholisierung habe dies jedoch nicht geklappt, und der Böller sei nicht weit genug geflogen.

Als er von den Beeinträchtigungen der Opfer erfahren habe, habe er einen Brief an diese geschrieben und um Entschuldigung gebeten. Er habe jedoch keine Antwort erhalten.

Wegen des Böllerwurfs habe man ihm für vier Jahre Stadionverbot in sämtlichen Ligen erteilt. Auch sei der ihn betreffende Antrag auf Zulassung zur Feldwebellaufbahn zurückgezogen worden.

Sein Trinkverhalten habe er seit dem Vorfall vollkommen verändert. Er sei sich der Gefahren beim Trinken mittlerweile bewusst und trinke nur noch selten und in geringen Mengen Alkohol.

Der Böller, der bei ihm zu Hause aufgefunden worden sei, sei einer der drei, die er in ... erworben habe. Den dritten Böller habe er noch im Jahr 2013 an Silvester in ... 'verschossen'.

Der Vorfall tue ihm sehr leid. Er sei sich - wohl auch aufgrund des übermäßig genossenen Alkohols - nicht bewusst gewesen, welche Gefahr der nicht zugelassene Böller darstellte und welche schlimmen Folgen die Explosion des Böllers im Zuschauerbereich hätte nach sich ziehen können.

Mittlerweile habe er dies erkannt und werde so etwas nie wieder tun."

Der Soldat habe durch das Anbrennen und den Wurf des Feuerwerkskörpers, dessen Wirkungsgrad er gekannt habe, billigend in Kauf genommen, dass der Feuerwerkskörper in die Zuschauerränge fallen und Zuschauer in Mitleidenschaft ziehen würde. Der Soldat habe auch gewusst, dass die Feuerwerkskörper in Deutschland wegen des hohen Wirkungsgrades nicht zugelassen seien und damit zumindest billigend in Kauf genommen, durch den Besitz und Gebrauch gegen das Sprengstoffgesetz zu verstoßen. Damit habe er jeweils vorsätzlich die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erforderten, ernsthaft beeinträchtigt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG ).

Das Dienstvergehen wiege schwer und erfordere eine reinigende, zumindest aber eine laufbahnhemmende Maßnahme. Die Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 2 SG sei keine bloße Nebenpflicht und habe funktionalen Bezug für den militärischen Dienstbetrieb. Achtung und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten nähmen durch die Begehung einer schwerwiegenden Straftat - hier einer gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz - Schaden. Auf den Fortbestand des Vertrauens einzelner Vorgesetzter komme es nicht an. Maßgeblich sei die Eignung des Verhaltens zur ernsthaften Beeinträchtigung des Vertrauens. Eigenart und Schwere des Fehlverhaltens würden zudem durch die Vorgesetztenstellung des Soldaten gekennzeichnet. Das Dienstvergehen habe negative Folgen. Ein Kind, dessen Mutter und zwei weitere Personen hätten ein schmerzhaftes Knalltrauma erlitten. Das Bekanntwerden der Verfehlung bei den Strafverfolgungsbehörden sei ebenfalls zulasten des Soldaten zu würdigen. Seine Schuld werde durch sein vorsätzliches Handeln bestimmt. Die erhebliche Alkoholisierung wirke nicht maßnahmemildernd. Milderungsgründe in den Umständen der Tat lägen nicht vor. Insbesondere handele es sich nicht um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat. Mildernd sei die Offenbarung des Fehlverhaltens dem Disziplinarvorgesetzten gegenüber zu berücksichtigen. Die Beweggründe des Soldaten sprächen nicht für ihn.

Grundsätzlich sei Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei außerdienstlichen gefährlichen Körperverletzungen und einem Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz die Dienstgradherabsetzung. Allerdings seien die Tathandlungen hier im Vergleich der denkbaren tatbestandsmäßigen Handlungen deutlich unterdurchschnittlich. Das Werfen eines nicht zugelassenen Feuerwerkskörpers werte die Kammer als deutlich weniger gravierend als einen zielgerichteten Angriff mit einer Waffe. Auch der Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz sei mit unterdurchschnittlichen Gefahren verbunden gewesen. Dies werde an den geringfügigen gesundheitlichen Folgen der Geschädigten deutlich. Daher sei der Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen nach unten zu verschieben. Ein Beförderungsverbot sei erforderlich, aber auch ausreichend. Es sei angemessen mit 36 Monaten zu bemessen. Da es im Hinblick auf die Restdienstzeit auch Auswirkungen für den Soldaten habe, sehe die Kammer von einer zusätzlichen Kürzung der Dienstbezüge ab. Die Geldstrafe habe bereits erhebliche erzieherische Wirkung ausgeübt.

3. Gegen das der Wehrdisziplinaranwaltschaft am 15. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 8. Januar 2015, beim Truppendienstgericht am 12. Januar 2015 eingegangen, beschränkt auf die Bemessung der Maßnahme Berufung eingelegt.

Die Kammer habe das Dienstvergehen zutreffend als sehr schwerwiegend eingestuft und die Dienstgradherabsetzung als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen betrachtet. Milderungsgründe, die eine Verschiebung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägungen nach unten rechtfertigen könnten, gebe es aber nicht. Insbesondere könne dies nicht mit den geringen Verletzungsfolgen begründet werden, weil der Soldat gravierende Verletzungsfolgen jedenfalls billigend in Kauf genommen habe und ihr Ausbleiben nur dem Zufall geschuldet sei. Das Werfen eines Feuerwerkskörpers in eine Menschenmenge sei wegen seiner hohen Gefährlichkeit auch kein unterdurchschnittlich schwerer Fall einer gefährlichen Körperverletzung. Die für den Soldaten sprechenden Aspekte seien zu stark gewichtet worden. Außerdem sei das Ausbleiben schwerwiegender Folgen der Tat doppelt zugunsten des Soldaten in Ansatz gebracht worden, nämlich um von der Dienstgradherabsetzung abzusehen und dann erneut, um den zulässigen Umfang des Beförderungsverbotes nicht vollständig auszuschöpfen. Ein Beförderungsverbot hätte zudem mit einer Kürzung der Bezüge verbunden werden müssen.

III

Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 WDO formund fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Das vom Truppendienstgericht festgestellte Dienstvergehen ist tat- und schuldangemessen mit einer Herabsetzung um einen Dienstgrad zu sanktionieren. Zugleich verlangen die für den Soldaten sprechenden Umstände in seiner Person aber auch eine Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist.

Das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Da das Rechtsmittel zuungunsten des Soldaten durch die WDA eingelegt wurde, ist der Senat nicht an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 StPO ) gebunden.

1. Das Truppendienstgericht hat festgestellt, dass der Soldat am 25. Januar 2014 im Fußballstadion ... in ... einen Feuerwerkskörper "Cobra Super 6" gezündet und in Richtung des Spielfeldes geworfen hat, wobei er den im Vergleich mit in Deutschland zugelassenen Feuerwerkskörpern höheren Wirkungsgrad des von ihm im Ausland erworbenen Böllers kannte und Verletzungen von Zuschauern billigend in Kauf genommen habe. Der Böller sei im Zuschauerbereich explodiert und habe bei vier Personen, darunter einem Kind, zur schmerzhaften Verletzung in Form eines Knalltraumas und "Piepen" der Ohren geführt. Außerdem habe der Soldat am 31. Januar 2014 in seiner Wohnung in G. über einen weiteren in Deutschland nicht zugelassenen Böller verfügt, wobei er das Fehlen einer notwendigen Genehmigung billigend in Kauf genommen habe. Diese Verhaltensweisen bewertet das Truppendienstgericht als vorsätzliche Verletzungen der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG ).

Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.

2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen schwer.

Gefährliche Körperverletzungen sind sowohl mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und dem Verfassungsprinzip der Wahrung der Menschenrechte als auch mit der gesetzlichen Verpflichtung zu vorbildhaftem Verhalten gemäß § 10 Abs. 1 SG unvereinbar. Dadurch hat sich der Soldat nachhaltig in seiner Dienststellung als Vorgesetzter disqualifiziert. Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar; sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, und dieses Gebot kann innerhalb wie außerhalb der Streitkräfte nicht unterschiedlich gelten (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Januar 1991 - 2 WD 24.89 - BVerwGE 93, 19, vom 23. Januar 1996 - 2 WD 32.95 -DokBer B 1996, 147 und vom 5. Mai 1998 - 2 WD 25.97 - BVerwGE 113, 217 ). Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung hervorgehoben hat, ist auch die körperliche Unversehrtheit eines jeden Menschen durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet. Diese Grundrechte bedürfen nicht nur im militärischen Bereich besonderer Beachtung, da ihre Verletzung mit Freiheitsstrafe bedroht ist (§§ 30 , 31 WStG ), sondern derartige Verstöße sind auch generell durch das Kriminalstrafrecht, das dem allgemeinen Rechtsfrieden dient, sanktioniert. Diesen Verpflichtungen hat der Soldat auch außer Dienst sowie außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen jederzeit zu entsprechen (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Oktober 1999 - 2 WD 26.99 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 28 und vom 2. März 2000 - 2 WD 44.99 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 32 m.w.N.).

Die Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG ) wiegt schwer. Auch diese Pflicht ist keine bloße Nebenpflicht, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Wer durch seine Unfähigkeit oder Unwilligkeit, die Grenzen der rechtmäßigen Anwendung von Gewalt im außerdienstlichen Bereich zu achten, Achtung und Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordern, ernsthaft beeinträchtigt, stellt damit auch die Voraussetzungen seiner Verwendungsfähigkeit in Frage und beeinträchtigt den Ablauf des militärischen Dienstes.

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden hier des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Stabsunteroffizier in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 3 VorgV ). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG ). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht - wie hier - das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 - 2 WD 7.08 - m.w.N. -, vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - [...] Rn. 28 und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - [...] Rn. 30).

Im Hinblick auf die Umstände der Tatbegehung ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass mit einer Tathandlung vier Personen geschädigt wurden und dass die Tathandlung mit einem hohen Risiko gravierender Verletzungsfolgen verbunden war. Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass keine schweren oder dauerhaften Folgen eingetreten sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass mit dem gegen das Sprengstoffgesetz verstoßenden Besitz eines zusätzlichen, in Deutschland nicht zugelassenen Böllers eine weitere gewichtige Pflichtverletzung zu der den Schwerpunkt bildenden Tat hinzutritt.

b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen in erster Linie für die Geschädigten. Diese haben, wie vom Truppendienstgericht festgestellt, Schmerzen erlitten und zumindest einige Tage mit Einschränkungen des Hörvermögens leben müssen.

Die nachteiligen Auswirkungen für den Dienstherrn sind demgegenüber zu vernachlässigen. Es mag zwar sein, dass die Umsetzung des Soldaten vom ... in den ... Bereich durch den Vorfall mitveranlasst war. Der Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung selbst ausgeführt, dass er diesen Zusammenhang sieht. Gleichwohl bestand nach den Angaben seines Disziplinarvorgesetzten dort ein Personalbedarf, der mit dem Einsatz des Soldaten sinnvoll gedeckt werden konnte. Einen gewichtigen Nachteil hat der Dienstherr durch den anderweitigen Einsatz des Soldaten jedenfalls nicht erlitten.

Das Bekanntwerden bei den Strafverfolgungsorganen und dem Wehrbeauftragten wertet der Senat anders als die Vorinstanz nicht maßnahmeverschärfend (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2013 - 2 WD 36.12 - [...] Rn. 43). Denn dieser Umstand allein begründet noch keine nachteiligen Auswirkungen für das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit. Diese Einrichtungen sind ohne Weiteres in der Lage, die Bedeutung einzelner Straftaten von Soldaten für die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte realitätsgerecht einzuordnen. Ihr Eingreifen soll das Ansehen der Streitkräfte in der Öffentlichkeit wahren und wiederherstellen und begründet keinen Ansehensschaden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in den Medien - einigen lokalen Zeitungen und auf der Homepage des Fußballvereins ... - von dem Vorfall berichtet worden ist. Dies würde zulasten des Soldaten ins Gewicht fallen, wenn damit ein schlechtes Licht auf die Bundeswehr und ihre Angehörigen geworfen würde (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 2008 - 2 WD 13.07 - Rn. 32 m.w.N. und vom 30. Oktober 2012 - 2 WD 28.11 - [...] Rn. 39). Daran fehlt es hier allerdings, weil kein Bericht auf den Soldatenstatus des Täters hinweist.

c) Die Beweggründe des Soldaten sprechen gegen ihn.

Eine alkoholbedingte Enthemmung mag für die Taten mitursächlich gewesen sein. Ein derartig wenig verantwortungsvoller Umgang mit dem Genussmittel Alkohol spricht aber nicht für den Soldaten. Der Wunsch, seinen Gefühlen nach einem Fußballspiel durch eine gemeingefährliche Handlung Ausdruck zu verleihen, ist in hohem Maße sozialschädlich und offenbart eine erhebliche Charakterschwäche.

Der vorsätzliche Besitz eines nicht zugelassenen Feuerwerkskörpers ohne die notwendigen Genehmigungen dokumentiert die mangelnde Bereitschaft, Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit über den Eigennutz zu stellen.

d) Das Maß der Schuld des Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat.

Es entlastet ihn auch nicht, dass seine Blutalkoholkonzentration nach den Feststellungen der Vorinstanz eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit entsprechend § 21 StGB indiziert:

Ist ein Soldat für Art und Umfang seines Alkoholkonsums selbst verantwortlich, führt eine dadurch verminderte Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit nicht zu einer Milderung der Disziplinarmaßnahme (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2003 - 2 WD 10.03 - DokBer 2004, 193 = Blutalkohol 2005, 179, vom 24. November 2005 - 2 WD 32.04 - NZWehrr 2006, 127, vom 2. April 2008 - 2 WD 13.07 - Rn. 36 f. und vom 7. Februar 2013 - 2 WD 36.12 - Rn. 46). Die Bemessung der Maßnahme nach dem Maß der Schuld gemäß § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO rechtfertigt es zwar, § 21 StGB entsprechend anzuwenden. Die Norm stellt aber auch bei einer erheblichen Verminderung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit die Milderung der Sanktion in das Ermessen des Gerichts. Bei seiner Ausübung kommt dem Zweck des Wehrdisziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte und die dafür erforderliche Disziplin aufrechtzuerhalten, maßgebende Bedeutung zu. Alkoholmissbrauch ist eine besonders schwere Gefahr für die Disziplin in der Truppe. Um ihr angemessen zu begegnen, ist es geboten, eine Sanktionsmilderung zu versagen, wenn die Beeinträchtigung durch ein Fehlverhalten im Umgang mit Alkohol oder ein Verhalten herbeigeführt wurde, das Zweifel daran aufwirft, ob der Soldat seinen Pflichten im Umgang mit Alkohol im Dienst genügen kann. Innerdienstlich setzt Ziffer 403 der ZDv 10/5 ein grundsätzliches Alkoholverbot. Ein Verstoß dagegen ist ein Fehlverhalten, das nicht durch die Zubilligung einer Sanktionsmilderung prämiert werden darf. Im außerdienstlichen Bereich ist Alkoholkonsum für sich genommen zwar grundsätzlich keine Pflichtverletzung. Dass die enthemmende Wirkung von Alkohol Normüberschreitungen abstrakt wahrscheinlicher macht, ist aber allgemeinkundig. Für diese Gefahr sind Soldaten durch das Alkoholverbot der ZDv 10/5 und ihre Ausbildung besonders sensibilisiert. Sie sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie ihren Dienst ohne alkoholbedingte Einschränkungen antreten und ableisten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2013 - 2 WD 25.11 - [...]). Es obliegt ihnen, auch außerhalb des Dienstes von dem Genussmittel Alkohol verantwortlich Gebrauch zu machen, um keine Zweifel an ihrer dienstlichen Zuverlässigkeit in dieser Hinsicht aufzuwerfen. Kommt ein Soldat dieser Obliegenheit nicht nach, kann er sich nicht zur Milderung einer Maßnahme darauf berufen, dass sich das ihm bekannte Risiko einer Normüberschreitung durch die enthemmende Wirkung des Alkohols realisiert hat. Denn ein Soldat, der sich in einem Ausmaß berauscht, das seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert ist, dokumentiert damit, dass er nicht willens oder in der Lage ist, den Alkoholkonsum so rechtzeitig einzustellen, dass es zu einer Enthemmung nicht kommt. Begeht er in diesem Zustand zum Beispiel wie hier ein Gewaltdelikt, wirft er damit nicht nur Zweifel daran auf, ob er im innerdienstlichen Bereich die Grenzen rechtmäßiger Gewaltanwendung wahren kann. Vielmehr begründet er zugleich Zweifel daran, dass er seinen Dienstpflichten im Umgang mit Alkohol jederzeit genügen wird. Es gibt hier keinen Hinweis darauf, dass der Soldat für Art und Umfang seines Alkoholkonsums vor der Tat nicht selbst verantwortlich gewesen wäre. Insbesondere gibt es keinen Hinweis auf eine Alkoholabhängigkeit des Soldaten mit Krankheitswert. Der Soldat hat selbst auf Nachfrage in der Berufungshauptverhandlung darauf verwiesen, nicht alkoholkrank gewesen zu sein. Er habe sich einer Untersuchung durch den Truppenarzt und einen Psychologen gestellt. Eine Sucht sei nicht festgestellt worden. Der Psychologe habe ihm Informationsmaterial und Hinweise zu einem verantwortlichen Umgang mit Alkohol gegeben. Daraufhin habe er sein Trinkverhalten angepasst. Er trinke jetzt sehr viel weniger als vorher und nur zu besonderen Gelegenheiten. Da er nicht süchtig sei, habe er auch den Suchthilfeverein, auf den ihn der Kompaniefeldwebel hingewiesen habe, nicht aufgesucht.

Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des Soldaten mindern könnten (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 23. September 2008 - 2 WD 18.07 -m.w.N.), liegen nicht vor.

Insbesondere handelt es sich nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten. Im Hinblick auf den ihm 2012 erteilten Verweis hatte der Soldat sich schon vor dem Vorfall zum einen nicht tadelfrei geführt. Zum anderen handelt es sich nicht um eine Kurzschlusstat. Der Soldat hat den Feuerwerkskörper in das Stadion mitgebracht. Daher muss er über den Einsatz eines illegalen Böllers auch vor der kurzfristigen Überlegung, ihn nun zu werfen, zumindest nachgedacht haben. Diese Vorbereitungshandlung schließt es aus, von einer kopflosen Spontanreaktion auszugehen. Der unerlaubte Besitz des weiteren Böllers ist als Dauerdelikt keine Augenblickstat.

Da der Soldat allerdings weder als gewalttätiger Fußballfan aufgefallen noch an anderer Stelle Leichtfertigkeit im Umgang mit Sprengkörpern gezeigt hat, hält ihm der Senat die Persönlichkeitsfremdheit des Tuns - wenn auch mit geringerem Gewicht als ein "klassischer" Milderungsgrund in den Umständen der Tat -als mildernden Aspekt zugute (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - [...] Rn. 28).

Ein freiwilliges Offenbaren des Fehlverhaltens (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 1995 - 2 WD 1.95 - BVerwGE 103, 217 <218> m.w.N.) liegt hier auch nicht vor. Zwar hat der Soldat sich bereits kurz nach dem Vorfall seinem Vorgesetzten offenbart und eingestanden, einen großen Fehler begangen zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war der Vorfall aber bereits Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen und die Beweiserhebung weit fortgeschritten. Der Soldat hat durch die Meldung des Vorfalles nicht Ermittlungen, zu denen es sonst nicht gekommen wäre, erst angestoßen, ist vielmehr nur einer Mitteilung in Strafsachen zuvorgekommen.

Allerdings ist seine prompte Meldung unter dem Eingeständnis der eigenen Schuld ein deutlicher Ausdruck von Reue und Unrechtseinsicht und findet insoweit auch im Rahmen der Bemessung Berücksichtigung.

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" ist dem Soldaten zunächst das zufriedenstellende Leistungsbild zugute zu halten, das bereits die erste schriftliche Stellungnahme seines Disziplinarvorgesetzten ausweist.

Der Senat hält dem Soldaten auch eine Nachbewährung (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - [...] Rn. 48.) zugute.

Nach den Ausführungen seines Disziplinarvorgesetzten, die die Sonderbeurteilung stützen und ergänzen, haben sich die Leistungen des Soldaten kontinuierlich gesteigert und das Vertrauen seiner Vorgesetzten in ihn nach der Erschütterung durch den Vorfall wieder gestärkt. Dass eine Leistungssteigerung erst im Laufe des Berufungsverfahrens deutlich geworden sein mag, schließt die Nachbewährung nicht aus, weil der Tag der Berufungshauptverhandlung den maßgeblichen Zeitpunkt für die Entscheidung des Senats bildet.

Für den Soldaten sprechen seine durchgängig geständigen Einlassungen, die schnelle Meldung des Vorfalles bei seinen Vorgesetzten und seine Kooperation mit den ermittelnden Behörden. Er hat zudem mehrfach glaubhaft Unrechtseinsicht bekundet und seiner Reue nachdrücklich dadurch Ausdruck verliehen, dass er sich bei den Geschädigten schriftlich entschuldigt und seine Trinkgewohnheiten geändert hat. Durch die Übernahme der Verantwortung für eine Familie haben sich auch seine Lebensumstände so weit geändert, dass die Prognose für eine künftig tadelfreie Führung deutlich günstiger geworden ist.

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer Dienstgradherabsetzung nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 , § 62 Abs. 1 WDO erforderlich. Sie kann aber auf einen Dienstgrad begrenzt und mit einer Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist verbunden werden.

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 WD 9.09 - [...]) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".

Hier bildet die Pflichtverletzung durch das Werfen des nicht zugelassenen Böllers im Fußballstadium den Schwerpunkt des Dienstvergehens. Dieser erhält sein Gewicht durch die damit vollendete gefährliche Körperverletzung.

Bei einer außerdienstlichen Körperverletzung, bei der auch - wie hier - die qualifizierenden Tatbestandsmerkmale nach den §§ 224 - 227 StGB erfüllt sind, ist die Dienstgradherabsetzung bis in einen Mannschaftsdienstgrad zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zu nehmen (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 2 WD 18.11 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 39 Rn. 32). Dass es sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten handelt, rechtfertigt keine mildere Regelmaßnahme. Die Unfähigkeit, im privaten Bereich die Grenzen rechtmäßiger Anwendung von körperlicher Gewalt einzuhalten, hat auch Auswirkungen auf das Vertrauen des Dienstherrn in die dienstliche Zuverlässigkeit des Soldaten. Soldaten üben für den Dienstherrn das staatliche Gewaltmonopol in der Verteidigung des Staates und seiner Bürger nach außen hin aus. Hierbei muss der Dienstherr darauf vertrauen können, dass sie besonnen und unter Beachtung rechtlicher Grenzen vorgehen. Dieses Vertrauen ist auch beeinträchtigt, wenn ein Soldat im privaten Bereich gefährliche Körperverletzungen unter Einsatz explosionsgefährlicher Stoffe begeht, um seinen Gefühlen über ein Fußballspiel Ausdruck zu verleihen.

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.

Weder im Hinblick auf das Handlungsunrecht noch nach den Verletzungsfolgen der Geschädigten ist hier die Annahme eines minderschweren Falles veranlasst. Diese disziplinarrechtliche Würdigung wird entgegen der Auffassung der Verteidigung durch die strafrechtliche Frage nach einem minderschweren Fall im Sinne von § 224 Abs. 1 StGB nicht präjudiziert, zumal hier das Amtsgericht auch gar keinen minderschweren Fall im Sinne dieser Norm angenommen, vielmehr auf § 21 StGB abgestellt hatte.

Der Wurf eines Knallkörpers in eine Menschenmenge stellt eine Tat mit einem hohen Gefährdungspotential dar. Die eingesetzte Pyrotechnik kann leicht entflammbare Gegenstände in Brand setzen. Der Knall, der Rauch, ggf. auch Funken oder Flammen können in einer Menschenmenge Panikreaktionen auslösen und so zu mittelbaren Verletzungsfolgen führen. Werden von einem Böller Personen unmittelbar getroffen, sind gravierende Verletzungen mit dauerhaften Folgen nicht auszuschließen. Es ist letztlich nur dem Zufall zu verdanken, dass es hier nicht zu größeren Schäden gekommen ist. Im vorliegenden Fall sind vier Personen, darunter auch einem Kind, nicht unerhebliche Schmerzen und zum Teil tagelange Beeinträchtigungen des Hörvermögens zugefügt worden. Insgesamt handelt es sich daher um einen mittelschweren Fall einer gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz , der damit für sich betrachtet keinen Grund gibt, vom Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen nach unten abzuweichen.

Die gewichtig für den Soldaten sprechenden Aspekte in seiner Person - insbesondere seine Nachbewährung und die durch das Geständnis, die sofortige Meldung bei seinem Vorgesetzten, die Entschuldigungen bei den Geschädigten und die Änderung seiner Trinkgewohnheiten zum Ausdruck kommende Unrechtseinsicht - sind auch noch mit dem Hinzutreten der in dem gegen das Sprengstoffgesetz verstoßenden Besitz des zweiten Böllers bestehenden Pflichtverletzung abzuwägen. Auch diese wiegt nicht leicht, wie der Sanktionsrahmen des § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG ausweist. Die mildernden Aspekte überwiegen zwar das Gewicht der weiteren Pflichtverletzung; der überwiegende Anteil ist allerdings nicht so gewichtig, dass er es noch verlangen würde, von der im Regelfall angemessenen Maßnahmeart der Degradierung nach unten abzuweichen. Vielmehr ist er angemessen mit einer Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO erfasst.

Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen einer Dienstgradherabsetzung entgegen.

Die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme ist auch nicht mit Rücksicht auf die sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des Soldaten geboten. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder ihn aus dem Dienstverhältnis entfernt bzw. die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - [...] m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - [...] Rn. 51).

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WDO dem Soldaten aufzuerlegen. Es besteht kein Anlass, ihn aus Billigkeitsgründen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WDO ) ganz oder teilweise davon oder von den ihm in dem Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen (§ 140 Abs. 3 Satz 3 WDO ) zu entlasten.