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BVerwG - Entscheidung vom 26.11.2015

1 WB 18.15

Normen:
WBO § 5
WBO § 6 Abs. 1
WBO § 23a Abs. 2
VwGO § 43 Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 26.11.2015 - Aktenzeichen 1 WB 18.15

DRsp Nr. 2016/7231

Besetzung des Dienstpostens "Dezernatsleiter" mit einem Bewerber i.R.d. Auswahlentscheidung

Ist eine Auswahlentscheidung bestandskräftig geworden, und hat der Antragsteller sie nicht mit der Beschwerde angefochten, ist sie einer inhaltlichen rechtlichen Kontrolle durch den Senat nicht zugänglich.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Normenkette:

WBO § 5 ; WBO § 6 Abs. 1 ; WBO § 23a Abs. 2 ; VwGO § 43 Abs. 2 ;

Gründe

I

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens Dezernatsleiter II 3 g (...) im Zentrum für ... in F..

Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 20.. enden wird. Er wurde zum 1. Juli 19.. zum Oberfeldarzt ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Er war seit dem 1. Juni 20.. als Facharzt für ... beim ... Institut der ... in F. eingesetzt. Ebendort wird er seit dem 1. Oktober 20.. als Sanitätsstabsoffizier Arzt und Facharzt für Neurologie beim Zentrum für ... verwendet.

Am 1. August 2014 entschied der Präsident des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement), den bei der Dienststelle des Antragstellers neu ausgebrachten nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten Dezernatsleiter II 3 g (..) mit dem Beigeladenen zu besetzen. Seiner Entscheidung lag eine Vorlage des Bundesamtes für das Personalmanagement - Abteilung III - vom 28. Juli 2014 zugrunde, die einen Kandidatenvergleich zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsteller, Personalbögen der beiden betrachteten Bewerber, ein Protokoll mit Auswahlrational und eine Besetzungsempfehlung des Beratungsgremiums zugunsten des Beigeladenen enthält.

Gegen diese Auswahlentscheidung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 Beschwerde ein. Er machte geltend, dass ihn die Personalführung nicht rechtzeitig über die getroffene Besetzungsentscheidung informiert und dadurch seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt habe. Infolgedessen habe er nicht zeitgerecht Widerspruch einlegen können. Erst nachträglich habe er von dem Beigeladenen erfahren, dass dieser zum 1. September 2014 auf den in Rede stehenden Dienstposten versetzt, sodann aber nach K. zurückkommandiert worden sei. Die Entscheidung erweise sich als sachfremd, weil der Beigeladene nicht zu einem dauerhaften Einsatz in F. bereit sei. Für den Beigeladenen hätten die Dienstorte K. und K. Priorität. Insoweit sei die Personalführung offensichtlich von einem unrichtigen Sachverhalt bezüglich der Mobilitätsbereitschaft des Beigeladenen ausgegangen. Die "Musik" des ... zentrums spiele für die nächsten Jahre weiter in F. und nur sekundär in K.. Nicht zuletzt seien bei der Auswahlentscheidung die dem Beigeladenen fehlenden administrativen Erfahrungen und ...-Kenntnisse zu gering, dessen MRT-Fachkenntnisse hingegen zu stark gewichtet worden.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 legte der Antragsteller weitere Beschwerde ein.

Bereits unter dem 7. Oktober 2014 hatte er beim Verwaltungsgericht K. vorläufigen Rechtsschutz gegen die getroffene Auswahlentscheidung beantragt. Mit Beschluss vom 8. Januar 2015 (Az.: 23 L 1911/14) erklärte das Verwaltungsgericht K. den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht (Wehrdienstgericht), der beim Senat als Eilrechtsschutzverfahren BVerwG 1 WDS-VR 1.15 geführt worden ist.

Am 11. März 2015 hob der Präsident des Bundesamtes für das Personalmanagement seine zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung auf. Dies teilte das Bundesministerium der Verteidigung dem Antragsteller am 13. März 2015 unter Übersendung einer Kopie der Aufhebungsverfügung mit. Auf Befragen erklärte der Antragsteller am 16. März 2015 und am 18. März 2015, dass er an seinem Rechtsbehelf festhalte.

Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat die weitere Beschwerde des Antragstellers daraufhin als Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewertet und mit seiner Stellungnahme vom 28. April 2015 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Bescheid vom 25. März 2015 wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde des Antragstellers vom 28. Oktober 2014 gegen die Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 1. August 2014 zurück. Den dagegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 2015 hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 4. Mai 2015 dem Senat zum vorliegenden Verfahren übermittelt.

Am 8. Juni 2015 hat der Präsident des Bundesamtes für das Personalmanagement unter Billigung einer umfassenden Entscheidungsvorlage und einer Empfehlung des Beratungsgremiums vom 28. Mai 2015 eine neue Auswahlentscheidung getroffen und wiederum entschieden, den strittigen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Im gerichtlichen Hauptsacheverfahren hat sich der Antragsteller nicht geäußert und auch nicht auf die ihm am 24. August 2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte gerichtliche Verfügung vom 13. August 2015 reagiert.

Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Es hält den Antrag für unzulässig. Die neue Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 8. Juni 2015 sei dem Antragsteller am 12. Juni 2015 durch seinen Personalführer bekannt gegeben worden. Der Antragsteller habe keine Beschwerde eingelegt.

Der Beigeladene ist zum 1. September 2014 auf den strittigen Dienstposten versetzt worden. Nach Aufhebung der ersten Auswahlentscheidung und seiner zeitweiligen Verwendung auf einem "dienstpostenähnlichen Konstrukt" wird er nach der zweiten Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement seit dem 8. Juni 2015 auf dem strittigen Dienstposten verwendet. Er hat sich im gerichtlichen Verfahren ausführlich geäußert und unter anderem eine ihm vom Stellvertretenden Generalarzt der ... am 10. November 2014 erteilte Dauerreisegenehmigung vorgelegt, aus der sich seine Präsenzzeiten in F. ergeben. Der Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt.

Der Senat hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Auswahlentscheidungen des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 1. August 2014 und vom 8. Juni 2015 sowie gegen die Versetzung des Beigeladenen auf den strittigen Dienstposten mit Beschluss vom 6. Oktober 2015 - BVerwG 1 WDS-VR 1.15 - abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung - 384/14 und 503/15 -, die Personalgrundakte des Antragstellers und die Gerichtsakte BVerwG 1 WDS-VR 1.15 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Der Antragsteller hat im gerichtlichen Hauptsacheverfahren keinen konkreten Sachantrag gestellt.

Sein mit der Beschwerde gestellter Antrag festzustellen, dass die Ernennung des Beigeladenen (offensichtlich gemeint: dessen Versetzung auf den strittigen Dienstposten) rechtswidrig war, ist im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel für Feststellungsanträge (§ 23a Abs. 2 WBO in Verbindung mit § 43 Abs. 2 VwGO ) und unter Berücksichtigung des eigentlichen Rechtsschutzziels des Antragstellers, selbst für den strittigen Dienstposten ausgewählt zu werden, sach- und interessengerecht dahin auszulegen, dass er beantragt, die Entscheidungen des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) vom 1. August 2014 und vom 8. Juni 2015, den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten Dezernatsleiter II 3 g (...) im Zentrum für ... in F. mit dem Beigeladenen zu besetzen, sowie den Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom 25. März 2015 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, über die Besetzung dieses Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Da der Antragsteller die Anfechtung der Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 1. August 2014 auch nach deren Aufhebung ausdrücklich weiterverfolgt und auf die gerichtliche Aufforderung vom 13. August 2015 zur Formulierung eines Sachantrages im Hauptsacheverfahren nicht reagiert hat, ist diese (erste) Auswahlentscheidung Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens geblieben. Da der Präsident des Bundesamtes für das Personalmanagement während des gerichtlichen Verfahrens am 8. Juni 2015 eine neue Auswahlentscheidung getroffen hat, geht der Senat davon aus, dass das Rechtsschutzziel des Antragstellers darauf gerichtet ist, auch diese Auswahlentscheidung, die erneut zugunsten des Beigeladenen ergangen ist und die das Bundesministerium der Verteidigung mit Schriftsatz vom 12. August 2015 in das vorliegende Hauptsacheverfahren eingeführt hat, einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen.

1. Der Rechtsstreit hat sich nicht in der Hauptsache erledigt.

Zwar ist die erste Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 1. August 2014 mit ihrer Aufhebung am 11. März 2015 und der Durchführung einer neuen Auswahlentscheidung vollständig erledigt und gegenstandslos. Mit der neuen Auswahlentscheidung vom 8. Juni 2015 ist jedoch dem Bestreben des Antragstellers, für den in Rede stehenden Dienstposten mitbetrachtet und ausgewählt zu werden, erneut nicht Rechnung getragen worden. Sein Neubescheidungsbegehren ist deshalb weiterhin offen.

Eine Erledigung ist auch nicht deshalb eingetreten, weil der Beigeladene den Dienst auf dem strittigen Dienstposten angetreten hat und dort die dienstpostenbezogenen Aufgaben wahrnimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - 1 WB 18.10 - Rn. 20 <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 138, 70> und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - Rn. 27).

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 1. August 2014 ist unzulässig.

Diese Auswahlentscheidung ist am 11. März 2015 aufgehoben worden. Sie entfaltet nach ihrer vollständigen Ersetzung durch die zweite Auswahlentscheidung im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine Rechtswirkungen mehr. Der Antragsteller ist durch die erste Auswahlentscheidung und den dazu ergangenen Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 25. März 2015 nicht mehr beschwert und hat hinsichtlich der Aufhebung dieser Entscheidungen kein Rechtsschutzbedürfnis.

3. Unter der oben formulierten Voraussetzung, dass die neue Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 8. Juni 2015 ebenfalls Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist, bleibt der Antrag gegen diese Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

Die Auswahlentscheidung vom 8. Juni 2015 ist bestandskräftig geworden und damit - auch als Rechtsgrundlage für die gegenwärtige Verwendung des Beigeladenen auf dem strittigen Dienstposten - einer inhaltlichen rechtlichen Kontrolle durch den Senat nicht zugänglich, weil der Antragsteller sie nicht mit der Beschwerde (§§ 5 , 6 Abs. 1 WBO ) angefochten hat. Überdies greifen die vom Antragsteller in seiner Beschwerde vom 28. Oktober 2014 erhobenen Einwände, soweit sie auch auf die zweite Auswahlentscheidung bezogen werden können, nicht durch.

Das hat der Senat im Einzelnen in dem Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 6. Oktober 2015 - BVerwG 1 WDS-VR 1.15 -, der den Verfahrensbeteiligten bekannt ist, dargelegt (BA Rn. 32 bis Rn. 44).

Eine neuerliche Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu keiner anderen Bewertung, zumal sich die Verfahrensbeteiligten nach Zustellung des o.a. Beschlusses nicht (mehr) geäußert haben. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen im o.a. Beschluss Bezug.

4. Der Beigeladene trägt die ihm in diesem Verfahren entstandenen Kosten selbst.