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BVerfG - Entscheidung vom 13.10.2015

2 BvR 1864/14

Normen:
BVerfGG § 93a Abs. 2
GG Art. 20 Abs. 3

BVerfG, Beschluss vom 13.10.2015 - Aktenzeichen 2 BvR 1864/14

DRsp Nr. 2015/18833

Annahme einer Verfassungsbeschwerde eines Strafgefangenen zur Entscheidung bzgl. Verhängung einer Disziplinarmaßnahme durch die JVA

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Normenkette:

BVerfGG § 93a Abs. 2 ; GG Art. 20 Abs. 3 ;

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde des strafgefangenen Beschwerdeführers, die die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme durch die Justizvollzugsanstalt W. betrifft, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. a) Der Beschwerdeführer hat den Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht gewahrt. Dieser Grundsatz verpflichtet den Beschwerdeführer, vor der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um im fachgerichtlichen Verfahren die Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder die Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 81, 22 <27>; 95, 163 <171>). Dies hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer nicht getan. Er hat es im fachgerichtlichen Verfahren versäumt, im Rahmen seiner Rechtsbeschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss eine substantiierte Aufklärungsrüge zu erheben.

b) Hinsichtlich des angegriffenen Beschlusses des Oberlandesgerichts fehlt es bereits an einer den Anforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG genügenden substantiierten Begründung einer Grundrechtsverletzung.

2. Angesichts der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ist dem Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung darüber versagt, ob die angegriffenen Beschlüsse mit der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 74, 358 <370 f.>), zu vereinbaren sind. Diesbezüglich bestehen Bedenken, weil die landgerichtliche Entscheidung die Feststellung enthält, streitgegenständlich sei eine Disziplinarmaßnahme wegen "einer Beleidigung der stellvertretenden Anstaltsleiterin am 27.03.2014". Ferner führt das Landgericht aus, der Vollzug erfordere einen "straffreien Umgang der Gefangenen mit den Bediensteten" und der Beschwerdeführer habe dieses Gebot "durch die diffamierende Kundgabe seiner Missachtung der stellvertretenden Anstaltsleiterin nicht eingehalten" (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Juli 2015 - 2 BvR 1245/15 -, [...], und aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung OLG Hamm, Beschluss vom 17. Juli 2012 - III-1 Vollz [Ws] 323/12 -, [...]).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 25.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ws 322/14
Vorinstanz: LG Braunschweig, vom 05.06.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 50 StVK 241/14