Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 14.04.2015

B 3 KR 3/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1-2

BSG, Beschluss vom 14.04.2015 - Aktenzeichen B 3 KR 3/15 B

DRsp Nr. 2015/7804

Vergütung von Krankentransportfahrten Grundsatzrüge Beantwortung einer Rechtsfrage aus dem Gesetz Divergenzrüge Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall

1. Zur Darlegung des Revisionszulassungsgrundes, die angegriffene Entscheidung betreffe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ), ist es erforderlich, die Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen, dass sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt und dass sie klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist, im Falle der Revisionszulassung also entscheidungserheblich wäre. 2. In der Regel fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, wenn diese höchstrichterlich bereits entschieden ist oder sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt. 3. Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde obliegt es nicht dem BSG , die eigentliche Rechtsfrage selbst herauszufinden oder aus der Gesamtheit des Beschwerdevorbringens herauszufiltern. 4. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5732,74 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 -2;

Gründe:

I

Streitig ist die Vergütung von Krankentransportfahrten in Höhe von 5732,74 Euro aus der Zeit von Oktober 2006 bis Mai 2007. Die beklagte Krankenkasse verweigert die Vergütung der ordnungsgemäß erbrachten Transportfahrten (überwiegend Rollstuhltransportfahrten) ihrer Versicherten, weil der Rahmenvertrag vom 16.2.2006 nicht mit dem klagenden Transportunternehmer R. T. (Institutionskennzeichen - IK - 600359797), sondern mit dessen - inzwischen verstorbener - Lebensgefährtin M. S., handelnd unter der Firma "Rollstuhltransporte R." (IK 600366638), abgeschlossen worden sei. Den vorangegangenen Rahmenvertrag vom 10.3.2004, auf dessen Basis die früheren Transporte abgerechnet worden waren, hatte noch der Kläger unter der Firma "Taxi R." (IK 600359797) abgeschlossen. Die Beklagte war zwar nicht Partnerin dieser Vergütungsvereinbarung, hatte dessen Bestimmungen aber zur Grundlage ihrer Beziehungen zu den Leistungserbringern gemacht. Die Beklagte vermutet, der Kläger habe bei dem Abschluss des neuen Rahmenvertrags vom 16.2.2006 nicht als Vertragspartner und Entgeltgläubiger in Erscheinung treten wollen, weil er Steuerschulden gehabt habe und das Finanzamt O. auf die Vergütungen zugreifen wollte (vgl Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 2.8.2006). Frau S. habe die Transporte aber nicht durchführen dürfen, weil nur der Kläger im Besitz der notwendigen Beförderungskonzession gewesen sei.

Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 14.4.2011). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.5.2014). Ein vertraglicher Vergütungsanspruch sei nicht entstanden, weil der Rahmenvertrag vom 16.2.2006 (Vergütungsvertrag nach § 133 Abs 1 Satz 1 SGB V ) mit der Transportunternehmerin S. abgeschlossen worden sei. Ein Rückgriff auf zivilrechtliche Vorschriften (Zahlungsansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung) über § 69 SGB V scheide aus systematischen Gründen aus.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Er stützt sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) sowie auf eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch § 160 Abs 2 , § 160a Abs 2 Satz 3 SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1, § 169 SGG ).

1. Zur Darlegung des Revisionszulassungsgrundes, die angegriffene Entscheidung betreffe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), ist es erforderlich, die Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen, dass sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39) und dass sie klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist ( BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 7 RdNr 4), im Falle der Revisionszulassung also entscheidungserheblich wäre ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 54). In der Regel fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, wenn diese höchstrichterlich bereits entschieden ist ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65 , BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8) oder sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap RdNr 66 mwN). Diese Erfordernisse betreffen die gesetzliche Form des § 169 Satz 1 SGG (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48). Deren Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Es fehlt bereits an der Formulierung einer konkreten Rechtsfrage. Der Kläger wiederholt lediglich seine Rechtsauffassung, er sei als eigentlicher Partner des Rahmenvertrages vom 16.2.2006 anzusehen, und hilfsweise kämen durchaus Zahlungsansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht, zumal die Höhe der Vergütung für die Krankentransportfahrten aus dem Rahmenvertrag hervorgehe und nicht umstritten sei. Er konkretisiert seine Überlegungen aber nicht zu einer bestimmten Rechtsfrage. Insbesondere bleibt unklar, ob er die grundsätzliche Bedeutung des Falles im Vertragsrecht selbst (§ 133 SGB V ) oder in den außervertraglichen Hilfskonstruktionen (§ 69 SGB V iVm §§ 677 ff BGB bzw §§ 812 ff BGB ) sieht.

Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde obliegt es nicht dem BSG , die eigentliche Rechtsfrage selbst herauszufinden oder aus der Gesamtheit des Beschwerdevorbringens herauszufiltern ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 31; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 14a mwN).

2. Die Divergenzrüge ist ebenfalls nicht formgerecht vorgetragen worden. Für eine Divergenz des Berufungsurteils zur Rechtsprechung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) hätte dargelegt werden müssen, dass das LSG einen tragenden Rechtssatz in Abweichung von einem anderen Rechtssatz aufgestellt hat, den eines der vorgenannten Gerichte - hier: das BSG - entwickelt und angewandt hat, und dass die Entscheidung des LSG auf dieser Divergenz beruht. Hierzu ist notwendig, den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz des LSG herauszuarbeiten und die Unvereinbarkeit mit einem Rechtssatz des BSG aufzuzeigen. Eine Abweichung liegt indes nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67). Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.

Der Kläger benennt zwar eine Entscheidung des BSG (Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KR 25/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr 3), von der das LSG abgewichen sein soll, referiert die aus seiner Sicht dort und in einem weiteren Urteil des BSG (vom 29.11.1995 - 3 RK 32/94 - BSGE 77, 119 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1) enthaltenen Aussagen, stellt dem aber keinen vom LSG entwickelten abweichenden Rechtssatz gegenüber. Dies wäre auch nicht möglich gewesen, weil das LSG die Rechtsprechung des BSG an keiner Stelle in Zweifel gezogen hat. Vielmehr bezieht sich das LSG ausdrücklich auf das Urteil des BSG vom 20.11.2008 ( B 3 KR 25/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr 3), auf das der Kläger seine Divergenzrüge stützt, und ferner auf ein weiteres Urteil vom 10.4.2008 ( B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr 2). Damit wird vom Kläger aber allenfalls eine fehlerhafte Deutung und Umsetzung der Rechtsprechung des BSG und damit eine Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall dargelegt, nicht aber eine - allein zur Zulassung der Revision berechtigende - Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO .

Die Festsetzung des Streitwerts basiert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 , § 52 Abs 3 , § 47 Abs 3 GKG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 21.05.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KR 270/11
Vorinstanz: SG Osnabrück, - Vorinstanzaktenzeichen S 3 KR 315/07