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BSG - Entscheidung vom 26.08.2015

B 13 R 133/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 103
SGG § 109
SGG § 128 Abs. 1 S. 1

BSG, Beschluss vom 26.08.2015 - Aktenzeichen B 13 R 133/15 B

DRsp Nr. 2015/18527

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit Verfahrensrüge Ordnungsgemäße Bezeichnung eines Verfahrensmangels Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht

1. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung eines Verfahrensmangels müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann. 2. Zu beachten ist aber, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 S. 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs. 2 Nr. 3 Teilsatz 2 SGG ) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs. 2 Nr. 3 Teilsatz 3 SGG ).

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Februar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 103 ; SGG § 109 ; SGG § 128 Abs. 1 S. 1;

Gründe:

Das LSG Rheinland-Pfalz hat im Urteil vom 25.2.2015 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund bestehender Funktionsstörungen der linken Hand verneint, weil sie zwar als Facharbeiterin einzustufen, aber zumutbar auf die Tätigkeit einer gehobenen Bürohilfskraft in der Poststelle einer öffentlichen Verwaltung (Entgeltgruppe 3 TVöD ) verweisbar sei.

Die Klägerin macht mit ihrer beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ausschließlich einen Verfahrensmangel geltend.

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 10.6.2015 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, da sie einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 202 ff). Zu beachten ist aber, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG ) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG ).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin beanstandet, das Berufungsgericht habe § 103 SGG verletzt, weil es ihrem bereits im Schriftsatz vom 10.4.2013 gestellten und im Schriftsatz vom 30.5.2014 konkretisierten Beweisantrag auf Einholung einer Stellungnahme des Sachverständigen Dr. B. zu der Frage, ob sie in der Lage sei, eine Tätigkeit in einer Poststelle auszuüben, ohne Begründung nicht gefolgt sei. Das LSG habe auf ihren Antrag vom 10.4.2013 hin den Arzt für Chirurgie Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage beauftragt, ob sie den genannten Verweisungsberuf ausüben könne. Da dessen Ausführungen im Gutachten vom 2.9.2013 für sie nicht überzeugend gewesen seien, habe sie mit Schriftsatz vom 30.5.2014 konkret den Antrag gestellt, Dr. B. zu der Thematik zu befragen. Dem sei das LSG nicht nachgekommen, sondern habe nach weiteren kurzen Schriftsätzen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Unerheblich sei, dass sie diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich erneuert habe; denn der Antrag sei "zum Ende des Verfahrens gestellt" worden und es sei eindeutig erkennbar gewesen, dass sie keinesfalls den bisherigen Stellungnahmen folgen wolle. Im Falle der Einholung eines Gutachtens von Dr. B. wäre voraussichtlich die Unzumutbarkeit der benannten Verweisungstätigkeit festgestellt worden und hätte ihre Klage Erfolg gehabt, weil eine andere Verweisungstätigkeit nicht benannt worden sei.

Nach diesen Darlegungen in der Beschwerdebegründung hat die Klägerin im Berufungsverfahren einen Antrag auf gutachtliche Anhörung eines namentlich bezeichneten Arztes gestellt, nachdem sie mit dem Ergebnis des von Amts wegen von Dr. B. eingeholten Gutachtens zu derselben Frage nicht einverstanden war. Es kann hier offenbleiben, ob die Klägerin mit dem Begehren auf Anhörung gerade von Dr. B. der Sache nach von ihrem Recht auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes gemäß § 109 Abs 1 SGG Gebrauch gemacht hat, zumal die im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Klägerin nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass sie eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen (§ 103 SGG ) anstrebe (vgl BSG Beschluss vom 22.6.2004 - B 2 U 78/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 5). Auf eine Verletzung des § 109 SGG könnte nach ausdrücklicher Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht gestützt werden.

Dem braucht hier jedoch nicht weiter nachgegangen werden. Denn die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie diesen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich erneuert habe. Schon deshalb kann sie sich auch auf die Rüge mangelnder Sachaufklärung von Amts wegen (§ 103 SGG ) nicht mehr berufen (s hierzu näher BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 17.7.2014 - B 5 R 408/13 B - BeckRS 2014, 71339 RdNr 14). Aus dem von ihr angeführten Beschluss des 5. Senats des BSG vom 2.3.2010 (B 5 R 208/09 B - Juris) ergibt sich insoweit nichts anderes, denn er befasst sich mit einem wesentlich anderen Sachverhalt. In jenem vom 5. Senat entschiedenen Fall hatte die dortige Klägerin nach Erhalt einer Anhörung zur Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG ihren Beweisantrag unmittelbar vor der Beschlussfassung des LSG nochmals bekräftigt, was iS des Wirksamwerdens der Warnfunktion für ausreichend erachtet worden ist ( BSG aaO RdNr 8; s auch BSG Beschluss vom 6.7.2006 - B 9a SB 52/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 11 RdNr 7). Hingegen hat die Klägerin des hier zu entscheidenden Falls den Beweisantrag fast neun Monate vor der Entscheidung des LSG angebracht, ist aber nach eigenem Bekunden weder im nachfolgenden Schriftwechsel noch in der mündlichen Verhandlung nochmals auf ihn zurückgekommen. Aus welchen Gründen für das LSG gleichwohl "eindeutig erkennbar" gewesen sein soll, dass sie den Antrag auch noch zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalte, teilt sie nicht mit.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 25.02.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 63/13
Vorinstanz: SG Trier, - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 362/08