Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 08.07.2015

B 13 R 25/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3
SGG § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 08.07.2015 - Aktenzeichen B 13 R 25/15 B

DRsp Nr. 2015/13896

Rente wegen Erwerbsminderung Substantiierung einer Verfahrensrüge Bezeichnung des Verfahrensmangels

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs. 2 S. 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. 2. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 ; SGG § 160a Abs. 2 S. 3;

Gründe:

Mit Urteil vom 12.11.2014 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung vom 23.3.2015 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam (S 2 der Beschwerdebegründung):

"Ist ein Facharbeiter mit regulärer 3 - 3 ½ jähriger Ausbildung verweisbar auf eine Anlerntätigkeit, die nicht mehr als 3 Monate Zeit in Anspruch nimmt, hilfsweise hier in concreto auf die Stelle eines Registrators verweisbar?"

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger damit eine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG formuliert hat. Denn es fehlen bereits hinreichende Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Der Kläger versäumt es, sich mit dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema zur Prüfung der Berufsunfähigkeit und hier insbesondere mit der zumutbaren Verweisbarkeit von Facharbeitern auseinanderzusetzen, und prüft - anders als erforderlich - demzufolge auch nicht, ob sich die gestellte Frage nicht bereits mit der hierzu ergangenen einschlägigen Rechtsprechung des BSG beantworten lässt. Soweit der Kläger meint, das LSG hätte ihn ("in concreto") nicht auf die Tätigkeit eines Registrators verweisen dürfen, wendet er sich gegen eine - vermeintlich - fehlerhafte Subsumtion des LSG im Rahmen der Anwendung des Mehrstufenschemas. Insoweit geht sein Vortrag nicht über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge hinaus. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Mit seinem Vorbringen hat der Kläger den geltend gemachten Verfahrensmangel einer Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) nicht hinreichend bezeichnet.

Der Kläger rügt, das LSG habe den (in der Beschwerdebegründung auf S 5 f wörtlich wiedergegebenen) Vortrag seines vorherigen Bevollmächtigten zur Unzumutbarkeit der Verweisung auf die Tätigkeit eines Registrators nicht berücksichtigt, und zwar insbesondere soweit er angemahnt habe, ob es eine zumutbar erreichbare freie Registratorenstelle überhaupt gebe. Bereits aus dem in der Beschwerdebegründung auf S 6 wiedergegebenen Auszug aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt sich aber, dass sich das Berufungsgericht mit dem diesbezüglichen (seiner Ansicht nach allerdings zu "pauschalen") Vortrag des Klägers auseinandergesetzt hat. Dass das LSG der Rechtsansicht des Klägers, dass er nicht zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators verweisbar sei, nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (Senatsbeschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - Juris RdNr 9; s auch BVerfG [Kammer] NZS 2010, 497 RdNr 17; stRspr). Wenn der Kläger weiter meint, die vom LSG benannte Verweisungstätigkeit eines Registrators gäbe es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gar nicht, wendet er sich wiederum gegen die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtene Entscheidung. Hierauf kann aber - wie oben bereits erwähnt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 12.11.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 5 R 2514/14
Vorinstanz: SG Freiburg, - Vorinstanzaktenzeichen 11 R 5462/13