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BSG - Entscheidung vom 28.05.2015

B 4 AS 43/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB II § 12

BSG, Beschluss vom 28.05.2015 - Aktenzeichen B 4 AS 43/15 B

DRsp Nr. 2015/13437

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss anstelle einer darlehensweisen Bewilligung Beurteilung der Angemessenheit eines Hausgrundstücks Gesamtwohnfläche des Hauses

1. Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben bereits mehrfach entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit eines Hausgrundstücks i.S. des § 12 SGB II auf die gesamte Wohnfläche des Hauses und nicht nur auf die bewohnte Wohnung abzustellen ist. 2. Dies betrifft auch die verschiedenen Verwertungsformen des Verkaufs, der Belastung sowie der Vermietung und die bei der Prüfung der Verwertbarkeit zugrunde zu legende prognostische Betrachtung.

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Januar 2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin E. H. in F. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB II § 12 ;

Gründe:

I

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 15.8.2005 bis 28.2.2006 als Zuschuss anstelle einer darlehensweisen Bewilligung.

Die Klägerin war im streitigen Zeitraum alleinige Eigentümerin des mit einem 2-Familien-Haus (Baujahr 2000) bebauten Grundstücks in F. mit einer Größe von 3045 qm, das sie am 29.9.2000 zu einem Kaufpreis von 440 000 DM erworben hatte. Das Wohnhaus verfügt über zwei eigenständige Wohnungen, eine im Erdgeschoss und eine im Dachgeschoss, mit einer Wohnfläche von insgesamt 190 qm sowie über eine weitere Einliegerwohnung im Kellergeschoss. Bis Juni 2006 bewohnte die Klägerin die Erdgeschosswohnung, seit Juli 2006 die Einliegerwohnung. Als Belastung aus dem Kauf bestand zum 30.8.2005 eine offene Darlehensschuld gegenüber der SKG Bank in Höhe von 100 399,49 Euro; ein Bauspardarlehen wies zum 31.12.2004 ein Saldo in Höhe von 13 396,31 Euro und zum 31.12.2005 ein Saldo von 12 401,21 Euro auf.

Für die Darlehensschuld musste die Klägerin in der Zeit von August 2005 bis Februar 2006 Zinsen in Höhe von insgesamt 3606,28 Euro sowie Zins- und Tilgungszahlungen von monatlich 587,99 Euro aufbringen. Auf das Bauspardarlehen waren für die Zeit von August 2005 bis Februar 2006 Zinsen in Höhe von insgesamt 336,81 Euro sowie monatlich 153,39 Euro für Zins und Tilgung zu entrichten. Im Grundbuch war zugunsten des K. S. ein Wohnrecht eingetragen, das dieser bis zu seinem Tod im Mai 2005 in Anspruch genommen hatte (gelöscht am 23.2.2007). Nachdem die Klägerin mit der Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen in Rückstand geraten war, leitete die SKG Bank ein Verfahren der Zwangsversteigerung hinsichtlich ihres Grundbesitzes ein, setzte den Verkehrswert auf 359 000 Euro fest und stellte das Zwangsvollstreckungsverfahren später ein (Beschlüsse des AG Crailsheim vom 25.10.2005, 18.2.2008 und 25.4.2008).

Auf den Antrag der Klägerin von August 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 15.8.2005 bis 28.2.2006 SGB II -Leistungen als Darlehen, nicht jedoch als Zuschuss, mit der Begründung, dass diese Eigentümerin einer von ihr selbstgenutzten Immobilie von unangemessener Größe sei (Bescheid vom 8.12.2005, Widerspruchsbescheid vom 9.3.2007).

Die gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 10.2.2012 gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 29.1.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das von der Klägerin selbst bewohnte Hausgrundstück stehe einem Anspruch auf eine zuschussweise Bewilligung von SGB II -Leistungen entgegen, weil dieses grundsätzlich prognostisch verwertbar gewesen sei. Es habe in absehbarer Zeit zu einem Preis verkauft werden können, der über die seinerzeit bestehenden Belastungen hinausgegangen wäre. Auch habe die Möglichkeit bestanden, dass die Klägerin selbst die Einliegerwohnung beziehe und die beiden anderen im Haus befindlichen Wohnungen vermietet worden wären. Schließlich habe im Antragszeitpunkt auch die Möglichkeit einer Beleihung ihres Hausgrundstücks - unabhängig vom Verfahren der Zwangsvollstreckung - bestanden, was die Klägerin lediglich pauschal verneint habe. Zwar lägen unterschiedliche Angaben zum Verkehrswert des Grundstücks vor, jedoch übersteige selbst der von der Sachverständigen in dem amtsgerichtlichen Verfahren ermittelte Verkehrswert von 270 000 Euro bei Weitem die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Belastungen um 150 000 Euro.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwältin E. H. begehrt.

II

Der Klägerin steht PKH für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO ). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Rechtsverfolgung nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Ein solcher Zulassungsgrund ist nicht erkennbar.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Es ist nicht erkennbar, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65). Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben sich bereits in mehreren, auch vom Berufungsgericht gewürdigten Entscheidungen mit den hier in Frage stehenden Rechtsproblemen befasst. Insofern ist bereits entschieden worden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit eines Hausgrundstücks iS des § 12 SGB II auf die gesamte Wohnfläche des Hauses und nicht nur die von der Klägerin im streitigen Zeitraum bewohnte Wohnung abzustellen ist ( BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 17; BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13). Dies betrifft auch die verschiedenen, hier vom Berufungsgericht gesehenen Verwertungsformen des Verkaufs, der Belastung sowie der Vermietung (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 f = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37; BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 19; BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 16 mwN) sowie die bei der Prüfung der Verwertbarkeit zugrunde zu legende prognostische Betrachtung ( BSG Urteil vom 18.9.2014 - B 14 AS 58/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 24 RdNr 15).

Die Entscheidung des LSG weicht des Weiteren nicht von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenz keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ).

Die von der Tochter der Klägerin, Rechtsanwältin E. H., eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist schon deshalb unzulässig, weil sie erst am 10.3.2015 und damit erst deutlich nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist am 5.3.2015, auf die das LSG auch hingewiesen hat, beim BSG eingegangen ist. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 20.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 7 AS 1406/12
Vorinstanz: SG Heilbronn, - Vorinstanzaktenzeichen 7 AS 1317/07