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BSG - Entscheidung vom 19.06.2015

B 1 KR 31/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3

BSG, Beschluss vom 19.06.2015 - Aktenzeichen B 1 KR 31/15 B

DRsp Nr. 2015/11296

Kosten einer Excimer-Laser-Behandlung Grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts des SGB V Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage Drohende Erblindung

1. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist. 2. Bei der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts des SGB V kommt für eine "wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung" eine drohende Erblindung in Betracht, während hochgradige Sehstörungen demgegenüber nicht ausreichen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. März 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 ;

Gründe:

I

Der Kläger ist Sonderrechtsnachfolger der bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesenen Versicherten. Sie und der Kläger sind mit ihrem Begehren, 3053,98 Euro Kosten der Excimer-Laser-Behandlung vom 18.1. und 15.2.2006 zur Korrektur der Fehlsichtigkeit beider Augen bei Brillenunverträglichkeit der Versicherten von der Beklagten erstattet zu erhalten, bei dieser und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, die durchgeführte neue Behandlungsmethode der photorefraktiven Keratektomie diene zur Korrektur der Fehlsichtigkeit und sei vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien (RL) aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Ausnahmetatbestände, die die RL für die phototherapeutische Keratektomie vorsähen, griffen nicht ein. Eine grundrechtsorientierte Auslegung komme bei der bestehenden starken Sehstörung nach der Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht (Urteil vom 19.3.2015).

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe des Verfahrensfehlers (dazu 1.) und der grundsätzlichen Bedeutung (dazu 2.).

1. Wer - wie der Kläger - eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), muss zur Bezeichnung des Verfahrensmangels die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Er hat zudem darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36 ; BSG Beschluss vom 14.10.2014 - B 1 KR 96/14 B - RdNr 4 mwN, nicht veröffentlicht). Der Kläger trägt diesen Anforderungen mit seiner Beschwerdebegründung nicht hinreichend Rechnung.

Der Kläger rügt, das LSG habe nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG den beantragten Beweis erheben müssen. Darauf kommt es - wie aufgezeigt - bei der Darlegung eines Verfahrensfehlers indes nicht an.

2. Der Kläger legt auch die für die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar, soweit er sich sinngemäß auf diesen Zulassungsgrund berufen will. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Daran fehlt es.

Der Kläger formuliert bereits keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Sein Vortrag zielt sinngemäß insbesondere auf die Auslegung des Rechtsbegriffs der Krankheit, die zumindest wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar ist. Selbst wenn sich diesem Vortrag eine Rechtsfrage entnehmen ließe, legt der Kläger jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - Juris RdNr 7 mwN). Das LSG hat hierzu auf eine Entscheidung des BSG verwiesen ( BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 17; vgl auch BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 9 RdNr 13 mwN). Danach kommt bei der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts des SGB V für eine "wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung" eine drohende Erblindung in Betracht, während hochgradige Sehstörungen demgegenüber nicht ausreichen. Der Kläger legt nicht dar, dass dennoch Klärungsbedarf verblieben ist.

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 19.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 KR 453/14
Vorinstanz: SG Hannover, - Vorinstanzaktenzeichen S 16 KR 568/06