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BSG - Entscheidung vom 31.03.2015

B 5 RE 32/14 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB VI § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 31.03.2015 - Aktenzeichen B 5 RE 32/14 B

DRsp Nr. 2015/7670

Keine Befreiung eines Syndikusanwalts von der gesetzlichen Rentenversicherung Zuordnung zum anwaltlichen Berufsfeld

1. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber beschäftigter Syndikusanwalt für die Tätigkeit als Syndikus, d.h. die Tätigkeit als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Angestelltenverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber, nicht von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien ist. 2. Entscheidend ist, dass eine Erwerbstätigkeit bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden kann, weil eine anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich ist. 3. Die Tätigkeit als Syndikus für einen Dienstherrn entspricht selbst dann nicht dem allgemeinen, in der Vorstellung der Allgemeinheit bestehenden anwaltlichen Berufsbild, wenn der Syndikusanwalt seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand auf fachlich einem Rechtsanwalt entsprechendem Niveau gewährt und diesem gegenüber selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB VI § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 24.11.2014 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG .

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG , 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin misst den Fragen grundsätzliche Bedeutung bei, ob

1. "der Syndikusanwalt ein Anwalt" ist und

2. "der Syndikusanwalt einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hat".

Die zu 1. formulierte Frage wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Die Klägerin hat keine abstrakt generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG ) gestellt (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG , den Vortrag des Beschwerdeführers darauf zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

Hinsichtlich der zu 2. formulierten Frage hat es die Klägerin jedenfalls versäumt, deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit, ausreichend darzulegen.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; s hierzu auch Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG , 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 42 mwN). Ebenso kann der Klärungsbedarf durch die Rechtsprechung eines anderen obersten Bundesgerichts entfallen (BVerwG Beschluss vom 6.3.2006 - 10 B 80/05 - Juris RdNr 5; BVerwG Beschluss vom 16.11.2007 - 9 B 36/07 - Juris RdNr 11). Im Hinblick hierauf muss die Beschwerdebegründung unter Auswertung des maßgeblichen Gesetzes und der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG sowie ggf der einschlägigen Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte zu dem Problemkreis substantiiert vortragen, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet ist (Krasney/Udsching, aaO, Kap IX RdNr 183 mwN).

Hieran fehlt es. Die Beschwerdebegründung setzt sich nicht in der gebotenen Weise mit den Urteilen des erkennenden Senats vom 3.4.2014 (ua B 5 RE 13/14 R - Juris sowie vorgesehen zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 6 Nr 12) auseinander, mit denen bereits entschieden worden ist, dass ein bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigter Syndikusanwalt für die Tätigkeit als Syndikus, dh die Tätigkeit als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Angestelltenverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber ( BSG aaO Juris RdNr 35), nicht von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI zu befreien ist. Hierzu hat der erkennende Senat ausgeführt, dass eine Erwerbstätigkeit bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden könne, weil eine anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich sei ( BSG aaO Juris RdNr 31). Die Tätigkeit als Syndikus für einen Dienstherrn entspreche selbst dann nicht dem allgemeinen, in der Vorstellung der Allgemeinheit bestehenden anwaltlichen Berufsbild, wenn der Syndikusanwalt seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand auf fachlich einem Rechtsanwalt entsprechendem Niveau gewähre und diesem gegenüber selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln vermöge ( BSG aaO Juris RdNr 38).

Dass trotz dieser vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf bestehe, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Um darzulegen, dass einer bereits entschiedenen Rechtsfrage gleichwohl noch grundsätzliche Bedeutung zukomme, hat ein Beschwerdeführer aufzuzeigen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen werde bzw die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten sei ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 51). Dasselbe gilt für die Behauptung, dass neue erhebliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung der grundsätzlich bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung nicht offensichtlich ausschlössen (vgl hierzu BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 mwN). Hierzu trägt die Beschwerdebegründung nichts vor. Dass die Klägerin die genannten Urteile des erkennenden Senats für unzutreffend hält, vermag die erneute Klärungsbedürftigkeit nicht zu begründen.

Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen.

Ob eine Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist, kann generell nur auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen beantwortet werden, an die das BSG grundsätzlich gebunden ist (vgl § 163 SGG ). Welchen Sachverhalt das LSG festgestellt hat, gibt die Beschwerdebegründung jedoch nicht an. Soweit sie Mitteilungen zum Sachverhalt enthält, ist ihr nicht zu entnehmen, ob diese Ausführungen dem LSG zuzuordnen sind.

Mit ihrem übrigen Vorbringen macht die Klägerin die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung in der Sache geltend. Hierauf kann indes gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 24.11.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 55/12
Vorinstanz: SG Braunschweig, - Vorinstanzaktenzeichen 39 R 170/11