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BSG - Entscheidung vom 06.07.2015

B 9 SB 28/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 06.07.2015 - Aktenzeichen B 9 SB 28/15 B

DRsp Nr. 2015/13438

Herabsetzung des Grades der Behinderung Unzutreffende Rechtsanwendung durch das LSG Klärungsbedürftige Rechtsfrage

1. Auf eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das LSG kann eine Revisionszulassung nicht gestützt werden. 2. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst eine Rechtsfrage zu formulieren, der möglicherweise grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte. 3. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Der 1988 geborene Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des bei ihm festgestellten Grades der Behinderung (GdB) ab dem 10.8.2012 von 80 auf 50 bzw 60. Mit Urteil vom 24.2.2015 hat das Bayerische LSG ab dem 26.9.2014 einen GdB von 70 festgestellt und einen weitergehenden Anspruch des Klägers verneint. Unter Berücksichtigung der Einlassungen beider Beteiligten zu der Frage einer Leidensverschlimmerung im Laufe des Berufungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung des Vergleichsangebotes des Beklagten vom 14.11.2014, sei mit Wirkung ab dem 26.9.2014 (Zeitpunkt der Untersuchung bei Prof. Dr. Dr. G.) über den bereits vom SG ab dem 10.8.2012 festgestellten GdB von 60 hinaus ein solcher von 70 festzustellen. Schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten - wie beim Kläger - seien mit einem Einzel-GdB von 50 bis 70 zu berücksichtigen. Das Leidensbild des Klägers stelle sich über die Verfahrensdauer hinweg als schwankend dar und habe gegenüber dem Änderungsbescheid vom 5.1.2007 zunächst eine wesentliche Besserung entsprechend dem Befundbericht des Dr. T. vom 13.3.2012 erfahren. Allerdings sei die Herabstufung auf einen GdB von 50 ausweislich des psychiatrischen Gutachtens des Dr. R. vom 18.10.2013 zu weitgehend gewesen, für die bestehende Persönlichkeitsstörung und teilkompensierte ADHS sei ein Einzel-GdB von 60 zu berücksichtigen. Entsprechend einer im Laufe des Berufungsverfahrens eingetretenen wesentlichen Verschlechterung iS von § 48 Abs 1 SGB X sei dann ausweislich der Untersuchung des Klägers bei Prof. Dr. Dr. G. ein GdB von 70 festzustellen. Entgegen der Auffassung des Klägers lägen jedoch noch keine schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten vor, die einen höheren GdB begründeten. Zusammenfassend sei daher der Gerichtsbescheid des SG vom 14.1.2014 zu bestätigen und im Übrigen der Beklagte entsprechend seinem Vergleichsangebot vom 14.11.2014 zu verurteilen, ab dem 26.9.2014 einen GdB von 70 festzustellen. Die Gesundheitsstörung "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, mit Verformung verheilter Wirbelbruch" wirkten sich mit einem Einzel-GdB von 10 nicht auf die Bildung des Gesamt-GdB aus.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) geltend.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG , wie sie der Kläger hier geltend macht, hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger hält folgende Frage für eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage:

"Darf ein Berufungsgericht in einem Fall, in dem es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankommt, einer Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil des Sozialgerichts dergestalt stattgeben, dass zwischen der letzten Behördenentscheidung und der vom Berufungsgericht angeordneten abweichenden Feststellung eines Grades der Behinderung ein Zeitraum mit einem niedriger festzustellenden GdB verbleibt, wenn es an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Zeiträume fehlt?"

Bei dieser vom Kläger gestellten Frage handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, die auf die Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmales abzielt, sondern um eine (unzulässige) Tatsachenfrage bezogen auf die Feststellung tatsächlicher Umstände des Einzelfalls (vgl hierzu Becker, SGb 2007, 261, 265 zu Fußnote 42 mwN). Die vom Kläger gestellte Frage betrifft die tatsächliche Einschätzung und damit die tatrichterliche Beurteilung der Auswirkungen von Gesundheitsstörungen durch das LSG. Tatsächlich kritisiert der Kläger die Beweiswürdigung des LSG und rügt die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung. Auf eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das LSG kann allerdings eine Revisionszulassung nicht gestützt werden ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Darüber hinaus ist es nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst eine Rechtsfrage zu formulieren, der möglicherweise grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 24.02.2015 - Vorinstanzaktenzeichen L 3 SB 32/14
Vorinstanz: SG Regensburg, - Vorinstanzaktenzeichen S 7 SB 793/12