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BSG - Entscheidung vom 18.03.2015

B 13 R 7/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 18.03.2015 - Aktenzeichen B 13 R 7/15 B

DRsp Nr. 2015/6199

Gewährung von Altersrente Grundsatzrüge Abstellen auf bestimmte Fallkonstellationen

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. 3. Das Abstellen in einer Rechtsfrage auf "bestimmte Fallkonstellationen" lässt indes offen, welche Fallkonstellationen als rechtlich klärungsbedürftig angesehen werden.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Der Kläger begehrt noch die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit für die Zeit vom 1.5.2010 bis 30.4.2013 (Beginn seiner Altersrente für langjährig Versicherte am 1.5.2013). Der Altersrentenantrag vom 10.5.2010 ist im Verwaltungsverfahren sowie in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben, weil der Kläger nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten nicht arbeitslos gewesen sei. Eigenen Angaben zufolge war er zwischen Juli 2008 und Ende 2009 aufgrund einer chronischen Alkoholkrankheit sowie einer rezidivierenden schweren Depression arbeitsunfähig erkrankt und hat es aus Unwissenheit unterlassen, sich arbeitsuchend zu melden.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts vom 10.11.2014 wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht. Er wirft die Fragen auf,

"ob der Kläger von der Möglichkeit einer Altersrente nach § 237 I SGB VI ausgeschlossen ist, obwohl er vor dem 01.01.1952 geboren und das 60. Lebensjahr vollendet hat, weil er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit bei Beginn der Rente nicht arbeitslos und auch nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten nicht insgesamt 52 Wochen arbeitslos gewesen war" (1),

"ob nicht bei bestimmten Fallkonstellationen eine arbeitsunfähig erkrankte sozialversicherungspflichtige Person einer arbeitslosen, sozialversicherungspflichtigen Person gleichzustellen ist" (2)

und

"ob der Kläger nicht zumindest einer Person gleichgestellt werden muss, die sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet hat, bei der sich aber niemand dafür interessiert, ob diese überhaupt noch arbeitsfähig ist" (3).

Der Kläger behauptet die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfragen, weil sich das Bundessozialgericht ( BSG ) in einem Urteil vom 21.3.2006 (S 46 RJ 302/03) zwar mit den Fragen "Arbeitslosigkeit, Arbeitsamt, Arbeitslosenversicherung, Verfügbarkeit, zumutbare Beschäftigung, subjektive Arbeitslosigkeit" auseinandergesetzt habe, nicht aber mit der hier vorliegenden Fallkonstellation.

II

Die Beschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt worden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 9.3.2015 nicht.

Mit den Fragen (1) und (3) wirft der Kläger keine abstrakt klärungsfähige Rechtsfrage auf, weil sie sich nur auf seine, des Klägers, Situation beziehen. Bei der zu (2) aufgeworfenen Frage handelt es sich nicht um eine hinreichend konkretisierte Rechtsfrage, weil das Abstellen auf "bestimmte Fallkonstellationen" offenlässt, welche Fallkonstellationen als rechtlich klärungsbedürftig angesehen werden.

Überdies hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen nicht dargetan. Denn er zeigt nicht auf, dass höchstrichterliche Rechtsprechung zu der angesprochenen Problematik noch nicht ergangen ist. Mit der von ihm erwähnten Entscheidung des BSG vom 21.3.2006 zum Aktenzeichen S 46 RJ 302/03 (zutreffend: B 5 RJ 27/05 R - SozR 4-2600 § 237 Nr 10) setzt er sich nicht auseinander. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob das BSG schon eine Entscheidung zur konkreten Fallkonstellation getroffen hat, weil eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt angesehen werden muss, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden gesetzlichen Begriffs aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage vorliegen (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 314 mit zahlreichen Nachweisen). Dass dies nicht der Fall ist, hat der Kläger darzulegen versäumt.

Im Übrigen zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, woraus sich die vom Kläger behaupteten "Auslegungszweifel" zum Begriff der Arbeitslosigkeit iS von § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch auf der Grundlage der herkömmlichen Auslegungsmethoden ergeben könnten bzw aus welchen sachlichen Gründen die Gleichstellung einer arbeitsunfähig erkrankten, nicht arbeitsuchend gemeldeten Person mit einem arbeitslosen Versicherten iS der genannten Vorschrift geboten sein soll. Allein der Wunsch, eine Rentenleistung zu erhalten, genügt zur Darlegung einer sich ernsthaft stellenden Rechtsfrage nicht.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 10.11.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 311/13
Vorinstanz: SG Speyer, - Vorinstanzaktenzeichen 20 R 491/11