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BSG - Entscheidung vom 06.08.2015

B 6 KA 5/15 B

BSG, Beschluss vom 06.08.2015 - Aktenzeichen B 6 KA 5/15 B

DRsp Nr. 2015/15834

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 3. Dezember 2014 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1618,10 Euro festgesetzt.

Gründe:

I

Der Kläger wendet sich gegen einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung des Arzneimittels Forsteo im Quartal II/2008.

Der Kläger nimmt in Hamburg als Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Von April 2004 bis Dezember 2005 und damit über einen Zeitraum von 21 Monaten behandelte der Kläger den Patienten K. mit dem Medikament Forsteo. Ab Juli 2007 und auch in dem hier streitgegenständlichen Quartal II/2008 verordnete der Kläger dem Patienten K. dieses Medikament erneut. Allein in diesem Quartal betrugen die Verordnungskosten netto 1618,10 Euro.

Forsteo ist ein Arzneimittel zur Behandlung von Osteoporose mit dem Wirkstoff Teriparatid. Die Zulassung bezog sich zunächst allein auf die Verordnung bei Frauen und wurde im Jahr 2007 auf Männer erweitert. Nach der im streitigen Quartal neuesten Fachinformation betrug die maximale Therapiedauer 18 Monate. Begründet wurde diese Beschränkung mit dem Ergebnis von Studien an Ratten, die Hinweise auf ein erhöhtes Risiko von Knochenkrebs (Osteosarkome) bei Langzeitanwendung ergeben hatten. Die Empfehlung zur maximalen Therapiedauer wurde im April 2008 um folgenden Zusatz ergänzt: "Diese 18-monatige Therapie sollte im Laufe des Lebens beim gleichen Patienten nicht wiederholt werden." Der Gemeinsame Bundesausschuss hat als Anlage 4 der Arzneimittel-Richtlinie (AMRL) Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Teriparatid beschlossen (Beschluss vom 21.11.2006, in Kraft getreten am 24.3.2007, BAnz Nr 58 vom 23.3.2007, S 3121). Danach handelt es sich bei Teriparatid zur Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen nur um ein Mittel der zweiten Wahl. Die Verordnung bleibe lediglich definierten Ausnahmefällen vorbehalten. Teriparatid sei wegen der im Vergleich zu Bisphosphonaten bis zu 35-fach höheren Tagestherapiekosten in der Regel unwirtschaftlich. Eine Verordnung sei nur möglich, wenn bestimmte, in den Empfehlungen näher definierte Bedingungen kumulativ erfüllt seien, zu denen ua das Vorliegen einer manifesten "Osteoporose mit mindestens 2 neuen Frakturen in den letzten 18 Monaten" sowie "kein ausreichendes Ansprechen auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über mindestens 1 Jahr" gehörten.

Die gemeinsame Prüfstelle setzte gegen den Kläger einen Regress mit der Begründung fest, dass die maximale Behandlungsdauer von 18 Monaten überschritten worden sei. Die Verordnungsmenge lasse sich auch mit Blick auf das Vorbringen des Klägers und die vorliegenden Behandlungsunterlagen nicht rechtfertigen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte zurück. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger mit der Verordnung zwar nicht die nach dem Inhalt der Zulassung des Arzneimittels maximale Behandlungsdauer überschritten habe, dass die Entscheidung des Beklagten aber gleichwohl zutreffend sei, weil der Kläger gegen Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise nach Anlage 4 der AMRL verstoßen habe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, zu deren Begründung er eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend macht.

II

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG .

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist nicht ausreichend dargelegt. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN).

Der Kläger hat die Nichtzulassungsbeschwerde für das vorliegende Verfahren übereinstimmend mit seinen Nichtzulassungsbeschwerden in den Verfahren zum Az: B 6 KA 3/15 B, B 6 KA 4/15 B und B 6 KA 7/15 B begründet und sich gegen die Auffassung des LSG gewandt, nach der die Verordnung unzulässig gewesen sei, weil die maximale Verordnungsdauer überschritten worden sei und deshalb Verordnung außerhalb der Zulassung (Off-Label-Use) vorliege. Auf die Frage der maximalen Verordnungsdauer kam es für die Entscheidung des LSG jedoch nicht an, sodass es an der Entscheidungserheblichkeit fehlt. Anders als in den og drei Verfahren hat das LSG seine Auffassung im vorliegenden Verfahren gerade nicht mit einem Off-Label-Use begründet, sondern die Auffassung vertreten, dass die Verordnung den von der Zulassung umfassten Anwendungsbereich nicht überschritten habe. Dabei ist das LSG davon ausgegangen, dass die Änderung der Fachinformation mit der Anfügung des Satzes "Diese 18-monatige Therapie sollte im Laufe des Lebens beim gleichen Patienten nicht wiederholt werden" die Möglichkeit eröffne, nach vorangegangener, die Maximaldauer ausschöpfender Therapie erneut Forsteo zu verordnen.

Auf die Frage, ob in dieser Änderung tatsächlich eine Erweiterung des Anwendungsbereichs gegenüber der zuvor geltenden Fassung der Fachinformation gesehen werden kann, kommt es für die Entscheidung über die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde nicht an. Ausschlaggebend ist, dass sich das LSG mit seiner Entscheidung nicht auf den Inhalt der Zulassung und die dementsprechende Fachinformation gestützt hat, sondern ausschließlich auf den Inhalt der AMRL. Nach Anlage 4 der AMRL dürfe Teriparatid nur Patienten verordnet werden, die in den letzten 18 Monaten vor Beginn der Therapie mindestens zwei neue Frakturen erlitten hätten und die außerdem auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über mindestens ein Jahr nicht ausreichend angesprochen hätten. Das Vorliegen beider Voraussetzungen sei hier nicht dargetan, sodass die nach den AMRL nur ausnahmsweise gegebene Verordnungsmöglichkeit nicht bestanden habe. Der am Nachmittag des letzten Tages der Begründungsfrist eingegangenen Beschwerdebegründung des Klägers sind zu diesen beiden die Entscheidung des LSG tragenden Gesichtspunkten keine Ausführungen zu entnehmen. Darauf hat bereits die zu 1. beigeladene Krankenkasse mit Schriftsatz vom 5.5.2015 zutreffend hingewiesen, ohne dass der Kläger darauf reagiert hätte.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO . Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO ).

3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz und ist von keinem Beteiligten in Frage gestellt worden (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 , Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG ).

Vorinstanz: LSG Hamburg, vom 03.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KA 26/12
Vorinstanz: SG Hamburg, - Vorinstanzaktenzeichen S 3 KA 36/11