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BSG - Entscheidung vom 15.07.2015

B 13 R 177/15 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 15.07.2015 - Aktenzeichen B 13 R 177/15 B

DRsp Nr. 2015/13934

Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten während einer Strafhaft Grundsatzrüge Auslegung nicht in Kraft gesetzter Vorschriften

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Die Frage nach der "verfassungskonformen Auslegung" nicht in Kraft gesetzter Vorschriften des StVollzG läuft ins Leere, weil nur geltendes Recht der Auslegung zugänglich ist.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. März 2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., K., zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten für während der Strafhaft ausgeübte Beschäftigungen verneint. Es hat dabei ua auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1.7.1998 - 2 BvR 441/90 - Bezug genommen (Urteil vom 31.3.2015). Der Kläger hat Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., K., beantragt und Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG eingelegt, mit der er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht. Er wirft die Frage auf, ob § 190 Nr 13 , § 198 Abs 3 Strafvollzugsgesetz ( StVollzG ) verfassungskonform so auszulegen seien, dass für die Arbeitstätigkeit Inhaftierter während der Strafhaft rentenversicherungsrechtliche Pflichtbeitragszeiten zu gewähren seien. Werde diese Frage verneint, sei die Frage zu beantworten, ob § 190 Nr 13 , § 198 Abs 3 StVollzG insofern verfassungswidrig seien, als sie durch die fehlende Inkraftsetzung einen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Grundgesetz und den Gleichheitsgrundsatz im Europarecht verstoßenden Zustand aufrechterhielten.

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) iVm § 114 Zivilprozessordnung ( ZPO ) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das ist hier nicht der Fall. Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt worden. Daher scheidet auch die Beiordnung von Rechtsanwalt B., K., aus, § 121 ZPO .

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 8.7.2015 nicht.

Die Frage nach der "verfassungskonformen Auslegung" nicht in Kraft gesetzter Vorschriften des StVollzG läuft ins Leere, weil nur geltendes Recht der Auslegung zugänglich ist. Ohne Versicherungspflichttatbestand in der gesetzlichen Rentenversicherung lässt sich zudem die begehrte Anrechnung von Pflichtbeitragszeiten nicht begründen.

Die Frage nach der Gleichheitswidrigkeit macht der Kläger iS einer bedingten Verknüpfung von der Verneinung der ersten Frage abhängig; kann diese nicht verneint werden, weil sie ins Leere läuft, entfällt die zweite Frage. Überdies wäre die Frage aus sich heraus nicht verständlich, weil der Senat ohne konkrete Bezeichnung der - vermeintlich - verletzten Norm im Europarecht nicht in die Lage versetzt wird, die Frage zu beantworten.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 31.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 5 R 46/14
Vorinstanz: SG Kassel, - Vorinstanzaktenzeichen 7 R 149/11