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BGH - Entscheidung vom 13.10.2015

5 StR 414/15

Normen:
StPO § 302 Abs. 1 S. 1
StPO § 346 Abs. 1
StPO § 346 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 13.10.2015 - Aktenzeichen 5 StR 414/15

DRsp Nr. 2016/3297

Wirksame Rücknahme der Revision des Angeklagten; Befugnis des Tatgerichts zur Verwerfung eine Revision als unzulässig

1. Die Befugnis des Tatgerichts, eine Revision als unzulässig zu verwerfen, ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Revisionsführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat.2. Soweit die Revision aus einem anderen Grund als unzulässig oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 29. Juni 2015, durch den festgestellt wurde, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. April 2015 zurückgenommen worden ist, wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wirksam zurückgenommen ist.

Normenkette:

StPO § 302 Abs. 1 S. 1; StPO § 346 Abs. 1 ; StPO § 346 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung sowie wegen Diebstahls in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten Revision eingelegt und diese am 9. Juli 2015 mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Bereits am 18. Juni 2015 hatte ein vom Angeklagten beauftragter Wahlverteidiger die Revision "namens und im Auftrag meines Mandanten" zurückgenommen. Mit Schriftsatz seiner Pflichtverteidigerin vom 21. Juni 2015 hat der Angeklagte seine Erklärung der Revisionsrücknahme widerrufen und angefochten, weil er hierzu vom Leiter der heilpädagogischen Einrichtung - in der er untergebracht und zu dessen Nachteil die Körperverletzungshandlung begangen worden war - durch die Drohung, seine Sozialbezüge einzubehalten, genötigt worden sei.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 29. Juni 2015 festgestellt, dass der Angeklagte seine Revision wirksam zurückgenommen hat. Hiergegen richtet sich der vom Angeklagten durch seine Pflichtverteidigerin fristgemäß eingelegte Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 StPO ).

II.

Der Antrag des Angeklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Die Befugnis des Tatgerichts, eine Revision als unzulässig zu verwerfen, ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Revisionsführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (§ 346 Abs. 1 StPO ). Soweit die Revision aus einem anderen Grund als unzulässig oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Der Beschluss des Landgerichts vom 29. Juni 2015 war daher aufzuheben.

2. Die am 5. Mai 2015 eingelegte Revision hat der Angeklagte durch Schriftsatz seines hierzu beauftragten und bevollmächtigten Wahlverteidigers vom 18. Juni 2015 wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO ). Zutreffend führt der Generalbundesanwalt aus:

"Die Revisionsrücknahme ist ebenso wie der Rechtsmittelverzicht generell unwiderruflich (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 46, 257 , 258; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 6). Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall (vgl. dazu BGHSt 45, 51 , 53 mwN) liegt nicht vor. Zwar hat die Pflichtverteidigerin schriftsätzlich interveniert, der Angeklagte habe ihr mitgeteilt, zur Rücknahme seines Rechtsmittels 'genötigt' worden zu sein, er wolle die Revision durchführen. Indessen ist" der Wahlverteidiger "dem mit Schriftsatz vom 26. Juni 2015 entgegengetreten und hat glaubhaft versichert, der Angeklagte habe die Entscheidung zur Rechtsmittelrücknahme nach ausführlicher Beratung getroffen, bei der auch sein gesetzlicher Betreuer zugegen gewesen sei. Ferner versicherte" der Wahlverteidiger, "der ihm bereits aus früherer Zeit bekannte Angeklagte sei dabei voll verhandlungsfähig gewesen; von einer Nötigung oder Ähnliches könne keine Rede sein. Begründete Zweifel an der Darstellung" des Wahlverteidigers "bestehen nicht."

Vorinstanz: LG Saarbrücken, vom 29.06.2015