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BGH - Entscheidung vom 21.01.2015

2 StR 247/14

Normen:
StGB § 242 Abs. 1
StGB § 249 Abs. 1

BGH, Urteil vom 21.01.2015 - Aktenzeichen 2 StR 247/14

DRsp Nr. 2015/3090

Vorliegen eines finalen Zusammenhangs zwischen der Gewaltanwendung und der nachfolgenden Wegnahme bei der Abgrenzung vom Diebstahl zum Raub

Tenor

Auf die Revision des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 20. November 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

StGB § 242 Abs. 1 ; StGB § 249 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren (M. ), sowie von vier Jahren und zehn Monaten (K. ) verurteilt. Mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision erstrebt der Nebenkläger eine Verurteilung beider Angeklagter wegen tateinheitlich zur gefährlichen Körperverletzung begangenen besonders schweren Raubes. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.

I.

Nach den Feststellungen bestanden zwischen dem Angeklagten K. und dem Nebenkläger O. nicht näher aufklärbare "Meinungsverschiedenheiten". Auf Bitte des K. erklärte sich der Angeklagte M. dazu bereit, bei der "Klärung des Problems" behilflich zu sein. Er rief deshalb am 16. April 2013 absprachegemäß bei dem Nebenkläger an und vereinbarte mit diesem unter einem Vorwand ein Treffen für 20.00 Uhr an einer Straßenbahnhaltestelle in W. . Auf dem Weg zur Haltestelle brach der Angeklagte M. eine Latte aus einem Bretterzaun, um diese - im Einvernehmen mit dem Angeklagten K. - im Rahmen der beabsichtigten tätlichen Auseinandersetzung mit dem Nebenkläger als Schlagwerkzeug einzusetzen. Während M. die Zaunlatte an der Haltestelle griffbereit auf einem Mülleimer ablegte, versteckte sich K. in unmittelbarer Nähe hinter einer Hecke. Gegen 20.00 Uhr erschien der Nebenkläger mit seinem Fahrrad. Auf dem Rücken trug er einen Rucksack. Nach einem kurzen Gespräch zwischen dem Angeklagten M. und dem Nebenkläger rannte der Angeklagte K. hinter der Hecke hervor und stieß den überraschten Geschädigten unvermittelt und wortlos mit dem Fahrrad um. Sodann schlugen und traten beide Angeklagte mehrfach brutal auf Körper und Kopf des am Boden liegenden Nebenklägers ein, wobei M. auch die bereitgelegte Zaunlatte verwandte. Als der Geschädigte nach Beendigung der Gewalttätigkeiten aufzustehen versuchte um zu flüchten, entschloss sich K. im Einvernehmen mit M. , dem Nebenkläger dessen Fahrrad und dessen Rucksack nebst Inhalt wegzunehmen. Der Angeklagte K. riss dem Geschädigten den Rucksack, in dem sich ein Handy und Zigaretten im Wert von insgesamt etwa 100 Euro befanden, vom Rücken. Zudem nahm er das Fahrrad an sich und verließ zusammen mit M. den Tatort. Durch den Überfall erlitt der Nebenkläger Frakturen der Stirnhöhle, des Nasenbeins, der Augenhöhlen und der Kieferhöhlen, die mehrfach operativ versorgt werden mussten. Zudem trug er ein andauerndes Schädel-Hirn-Trauma und eine erhebliche Beeinträchtigung des Sehvermögens davon.

II.

Soweit das Landgericht die Angeklagten nur wegen Diebstahls, nicht aber wegen eines Raubtatbestandes verurteilt hat, weil es an einem finalen Zusammenhang zwischen der Gewaltanwendung und der nachfolgenden Wegnahme des Rucksacks fehle, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Im Ansatz zutreffend führt die Strafkammer aus, dass es an der erforderlichen Verknüpfung in der Regel dann fehlt, wenn der Täter - wie hier rechtsfehlerfrei festgestellt - den Entschluss zur Wegnahme erst nach Beendigung der Gewalthandlungen fasst. Das Landgericht hat auch erwogen, ob der Nebenkläger infolge der unmittelbar vorangegangenen erheblichen Gewalteinwirkungen derart eingeschüchtert war, dass er sich der Wegnahme des Rucksacks und des Fahrrads nicht widersetzt hat, vermochte aber eine "als Drohung fortwirkende" Gewalteinwirkung nicht festzustellen. Allerdings könnte - was das Landgericht nicht bedacht hat - in dem Entreißen des auf dem Rücken getragenen Rucksacks Gewalt gelegen haben, wenn die dafür aufgewandte körperliche Kraft nicht völlig unerheblich war und dazu diente, einen erwarteten oder geleisteten Widerstand des Opfers zu überwinden. Dies wird der neue Tatrichter aufzuklären und zu erwägen haben, ob sich die Angeklagten insoweit wegen - einfachen - Raubes strafbar gemacht haben.

Die Aufhebung wegen der unzulänglichen Prüfung des Raubtatbestandes erfasst auch die an sich nicht zu beanstandende Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung. Jedoch wird der neue Tatrichter insoweit zu erwägen haben, ob neben den zutreffend angenommenen Tatbestandsvarianten der Ziffer 2, 4 und 5 auch eine Tatbegehung mittels eines hinterlistigen Überfalls gemäß § 224 Abs. 1 Ziff. 3 StGB vorliegt.

Vorinstanz: LG Erfurt, vom 20.11.2013