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BGH - Entscheidung vom 26.08.2015

IV ZR 18/14

Normen:
VVG § 5a Abs. 2 S. 1 und S. 4

BGH, Beschluss vom 26.08.2015 - Aktenzeichen IV ZR 18/14

DRsp Nr. 2015/17704

Rückzahlung bereits geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversicherung; Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eines Policenmodells; Fehlerhaftigkeit einer Belehrung in einem Versicherungsschein; Ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht; Zustandekommen eines Versicherungsvertrages

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Dezember 2013 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Normenkette:

VVG § 5a Abs. 2 S. 1 und S. 4;

Gründe

I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Diese wurde aufgrund eines Antrags des Ehemannes d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. November 1999 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen, der in der Folge die Versicherungsprämien zahlte. Im Jahr 2005 wurde der Vertrag auf d. VN umgeschrieben, die sodann die Prämien zahlte. Mit Schreiben vom November 2011 ließ d. VN den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., hilfsweise u.a. die Kündigung erklären. Der Versicherer wertete das Schreiben als Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt der Ehemann d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ( VAG ) und eine schriftliche Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.

Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 34.431,10 €.

Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.

II. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherer habe ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt und der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren hinsichtlich des Bereicherungsanspruchs weiter.

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, da es meinte, es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Policenmodell als solches europarechtskonform ist. Diese Frage stellt sich hier jedoch nicht.

a) Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt der Ehemann d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinfor mation und eine sowohl formell als auch inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14 -tägigen Widerspruchsfrist erklärte er den Widerspruch nicht.

b) Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist blieb bei Vertragsbeginn 1999 ungenutzt. Der Ehemann d. VN und sie zahlten 12 Jahre die Versicherungsprämien. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits bei Vertragsschluss über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.

2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

Vorinstanz: LG Bonn, vom 04.02.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 370/12
Vorinstanz: OLG Köln, vom 06.12.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 20 U 47/13