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BGH - Entscheidung vom 23.01.2015

V ZR 107/13

Normen:
BauGB § 99 Abs. 3
BGB § 157
BGB § 313 Abs. 1
BGB § 313 Abs. 2

BGH, Urteil vom 23.01.2015 - Aktenzeichen V ZR 107/13

DRsp Nr. 2015/9312

Geltendmachung eines Verzinsunganspruchs des sich aus einer Preisangleichungsklausel ergebenden Erhöhungsbetrags im Wege einer ergänzenden Auslegung eines Grundstückskaufvertrags; Abschluss eines Grundstückkaufvertrags zur Abwendung eines Enteignungsverfahrens

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als sie zur Zahlung von Zinsen für die Zeit vom 18. Dezember 1990 bis zum 18. März 2010 verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 9. September 2010 dahingehend geändert, dass die Klage auch insoweit abgewiesen wird, als die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Zinsen für die Zeit vom 18. Dezember 1990 bis zum 18. März 2010 beantragt haben.

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 63 % und die Beklagten zu 37 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 49 % und die Beklagten zu 51 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BauGB § 99 Abs. 3 ; BGB § 157 ; BGB § 313 Abs. 1 ; BGB § 313 Abs. 2 ;

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 18. Dezember 1990 verkaufte eine aus der Klägerin zu 4 und weiteren sieben Personen bestehende Erbengemeinschaft ihr in einem städtebaulichen Entwicklungsbereich gelegenes Grundstück an die von der Stadt mit dem Grunderwerb beauftragte Entwicklungsträgerin. Diese ist Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1; deren Komplementärin ist die Beklagte zu 2. Der Kaufvertrag enthält eine Preisangleichungsklausel, die im Unterschied zu den später (von 1993 an) von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 abgeschlossenen Kaufverträgen keine Verpflichtung der Käuferin zur Verzinsung eventueller Erhöhungsbeträge vorsieht. Der Sachverhalt entspricht in Bezug auf das Kaufgeschäft demjenigen, der Gegenstand der Entscheidung des Senats vom 14. Februar 2014 ( V ZR 102/13, NVwZ 2014, 967 ff.) gewesen ist. Zur näheren Darstellung des Vertragsinhalts wird auf den Tatbestand jenes Urteils Bezug genommen.

Nach dem rechtskräftigen Abschluss verschiedener Verfahren über die Entschädigung enteigneter Eigentümer haben die Klägerin zu 4 und die Erben der übrigen Verkäufer (im folgenden Kläger) gegen die Beklagten im März 2010 Klage erhoben, mit der sie eine Nachzahlung in Höhe von 1.135.389,55 € sowie Zinsen auf diesen Betrag vom 18. Dezember 1990 bis zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 2 % über dem Diskontsatz, vom 1. Januar 1999 bis zum 18. März 2010 von 2 % über dem Basiszinssatz und vom Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage am 19. März 2010 von 5 % über dem Basiszinssatz verlangt haben. Das Landgericht hat dem Zahlungsanspruch in Höhe von 816.842,38 €, das Oberlandesgericht in Höhe von 805.543,65 € nebst den für die genannten Zeiträume beantragten Zinsen stattgegeben. Mit der von dem Oberlandesgericht in Bezug auf den zuerkannten Zinsanspruch zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen, soweit den Klägern über die Rechtshängigkeitszinsen hinaus weitere Zinsen zugesprochen worden sind. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger auf eine § 99 Abs. 3 BauGB entsprechende Verzinsung des sich aus der Preisangleichungsklausel ergebenden Erhöhungsbetrags im Wege einer ergänzenden Auslegung des Grundstückskaufvertrags. Die Begründung entspricht derjenigen in der Parallelsache (V ZR 102/13). Zur Darstellung der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils wird daher auf das Senatsurteil vom 14. Februar 2014 Bezug genommen.

II.

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist im Hinblick auf den in der Revisionsinstanz anhängigen Zinsanspruch unbegründet.

1. a) Die Vertragsschließenden haben in dem notariellen Vertrag keine Bestimmung getroffen, der eine solche Verpflichtung entnommen werden kann.

Die Beklagte zu 1 schuldet nicht die Zahlung eines Kaufpreises, der in jeder Beziehung der in einem Enteignungsverfahren zu zahlenden Entschädigung entspricht. Diese schließt allerdings über die Kompensation für die in Anspruch genommene Eigentumssubstanz hinaus einen Ausgleich für entgangene Nutzungsvorteile in der Zeit vom Besitzverlust bis zur Zahlung der Entschädigung ein (BGH, Urteil vom 4. Juni 1962 - III ZR 163/61, BGHZ 37, 269 , 275; Urteil vom 10. Juli 1986 - III ZR 44/85, BGHZ 98, 188 , 193; Urteil vom 2. September 1999 - III ZR 315/98, NVwZ 2000, 230 , 231). Eine solche Zahlung ist jedoch nicht vereinbart worden. Die vereinbarte Preisangleichungsklausel lässt nicht einmal ansatzweise einen Vertragswillen der Käuferin erkennen, eine über die Differenz der Quadratmeterpreise hinausgehende Nachzahlung zu leisten, wie es in § 99 Abs. 3 BauGB für eine Enteignungsentschädigung bestimmt ist.

b) Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich auch nicht aus einer ergänzenden Auslegung (§ 157 BGB ) des Kaufvertrags. Ein zur Abwendung eines Enteignungsverfahrens abgeschlossener Kaufvertrag ist nicht deswegen lückenhaft, weil ihm eine § 99 Abs. 3 BauGB entsprechende Verzinsungsregelung fehlt. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts, das ein Lücke bejaht, weil der Käufer (die Gemeinde oder der von ihr beauftragte Entwicklungsträger) bei dem Abschluss solcher Verträge sich nicht auf Zielvorstellungen berufen könne, die dem Enteignungsrecht widersprechen, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe seines Urteils vom 14. Februar 2014 ( V ZR 102/13, NVwZ 2014, 967 Rn. 10) Bezug.

c) Der Zinsanspruch ergibt sich auch nicht aus gesetzlichen Vorschriften, da die Bestimmungen über die Bemessung einer Enteignungsentschädigung nach §§ 93 ff. BauGB auf außerhalb eines Enteignungsverfahrens abgeschlossene Kaufverträge nicht anzuwenden sind (Senat, Urteil vom 14. Februar 2014 - V ZR 102/13, NVwZ 2014, 967 Rn. 8 mwN). Die Haupt- und die Nebenleistungspflichten beurteilen sich bei den auf der Ebene gleichberechtigter Partner ausgehandelten Kaufverträgen allein nach dem Privatrecht (Senat, Urteil vom 5. Dezember 1980 - V ZR 160/78, NJW 1981, 976). Die Vorschriften zur Bemessung einer Enteignungsentschädigung binden die Parteien nicht bei der Vereinbarung des Kaufpreises und etwaiger Nebenleistungen. Ein zur Vermeidung einer Enteignung geschlossener Kaufvertrag ist auch dann wirksam, wenn die vereinbarten Konditionen nicht denjenigen eines Angebots für einen freihändigen Erwerb zu angemessenen Bedingungen im Sinne des § 87 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsprechen (EZBK/Runkel, BauGB [Stand: Juli 2014], § 87 Rn. 72).

2. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem ergänzenden Vorbringen der Revisionserwiderung nach der Entscheidung des Senats in dem Parallelverfahren.

a) Soweit die Erwiderung auf das von den Klägern bereits in zweiter Instanz Vorgetragene verweist, liegt eine zulässige Gegenrüge vor (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - IX ZR 166/73, MDR 1976, 138; Urteil vom 14. Februar 1996 - VIII ZR 65/95, NJW 1996, 1337 , 1339 - insoweit in BGHZ 132, 55 ff. nicht abgedruckt). Dieses Vorbringen ist jedoch unerheblich. Zu dem von der Erwiderung zitierten Vortrag der Kläger ist im Einzelnen auszuführen:

aa) Die in dem Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 12. März 1988 (Anlage K 17) enthaltene Erklärung, der Eigentümerin entstünden bei einem Verkauf an sie keine Nachteile, bezieht sich auf den Preis, der im Falle einer höheren Wertfestsetzung in einem Enteignungsverfahren nachzuzahlen ist. Sie besagt insoweit nichts anderes als die in dem Kaufvertrag vereinbarte Preisangleichungsklausel.

bb) Der von den Klägern vorgelegte Vorlagebeschluss des Magistrats der Stadt vom 26. März 2012 (GA IV 804 ff.) ist ohne Relevanz für die hier zu entscheidende Frage, auf welchem Regelungswillen und auf welchen Vorstellungen der Vertragsparteien der Abschluss des Vertrags im Jahre 1990 beruhte. Der Vorlage ist nichts dafür zu entnehmen, dass nach der vereinbarten Preisangleichungsklausel ein etwaiger Nachzahlungsbetrag von dem Vertragsschluss an bis zu seiner Auszahlung verzinst werden muss.

cc) Im Ausgangspunkt anders verhält es sich allerdings bei dem im Schriftsatz der Kläger vom 3. März 2011 unter Beweis gestellten Vortrag, sowohl der Notar als auch (nicht näher benannte) Bedienstete der Stadt und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 hätten allen Personen, die die Frage der Zinsen angesprochen hätten, erklärt, dass selbstverständlich Zinsen gezahlt werden müssten, wenn es zu einer Nachzahlung komme. Hierzu haben sich die Kläger auf das Zeugnis von G. und H. K. berufen, denen das bei der Beurkundung des von ihnen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 geschlossenen Grundstückskaufvertrags gesagt worden sein soll. Die Kläger behaupten weiter, die Bediensteten der Stadt und der Entwicklungsträgerin hätten auch gegenüber ihren Rechtsvorgängern erklärt, dass Zinsen gezahlt würden.

(1) Dieser Vortrag betrifft Äußerungen der Käuferseite zu dem mit der Klage verfolgten Zinsanspruch. Aus diesen könnte sich ein Anspruch der Kläger auf eine Verzinsung der Nachzahlung ergeben, auch wenn dies in dem Text des notariellen Kaufvertrags nicht einmal ansatzweise zum Ausdruck gekommen ist.

Rechtsgrundlage eines solchen Anspruchs wäre allerdings nicht der Kaufvertrag. Gegen dessen ergänzende Auslegung spricht nämlich, dass bei den Verhandlungen - wie aus dem Text der Preisangleichungsvereinbarung hervorgeht - die Übernahme der Grundsätze des Enteignungsrechts auf die Bestimmung des Kaufpreises ein Verhandlungsgegenstand war; danach drängt sich der Schluss auf, dass die Käuferin eine § 99 Abs. 3 BauGB entsprechende vertragliche Verpflichtung nicht eingehen wollte. Beruht das Fehlen einer Vertragsbestimmung jedoch auf dem negativen Geschäftswillen einer Partei (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1965 - II ZR 6/63, NJW 1965, 1960 - insoweit nicht in BGHZ 44, 40 abgedruckt; Urteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99, NJW 2002, 1260 , 1261), liegt eine abschließende vertragliche Regelung vor. Es fehlt dann an einer Lücke, die vom Richter durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann (Senat, Urteil vom 30. März 1990 - V ZR 113/89, BGHZ 111, 110 , 115; Urteil vom 9. Januar 2009 - V ZR 168/07, NJW 2009, 1348 Rn. 12; BGH, Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01, NJW 2002, 2310 ).

In Betracht käme jedoch ein Anspruch auf Anpassung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (entspr. § 313 Abs. 1 BGB ). Da in dem hier zu beurteilenden Kaufvertrag (anders als in den ab 1993 geschlossenen) eine vertragliche Verpflichtung der Käuferin zur Zahlung von Zinsen nicht aufgenommen wurde, wären die behaupteten Äußerungen zur Verzinsung einer Nachzahlung so zu verstehen, dass damals davon ausgegangen wurde, eine solche Pflicht bestehe auch ohne entsprechende Vereinbarung. Die Vertragsschließenden hätten sich dann über die Rechtslage geirrt. Ein gemeinschaftlicher Irrtum ist - wenn der Geschäftswille hierauf aufbaut - ein typischer (nunmehr in § 313 Abs. 2 BGB bezeichneter) Fall des Fehlens der Geschäftsgrundlage (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 1972 - VI ZR 47/71 BGHZ 58, 355, 363; Urteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 205/92, BGHZ 123, 76 , 82; Urteil vom 28. April 2005 - III ZR 351/04, BGHZ 163, 42 , 49).

(2) Das mit der Gegenrüge aufgezeigte Vorbringen der Kläger ist jedoch mangels Substantiierung nicht erheblich.

(a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltende Recht als in seiner Person entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nur dann erforderlich, wenn die Einzelheiten für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707 , 2709; Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, NJW 2001, 1500 , 1502; Urteil vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 , 2711 - st. Rspr.). Zur näheren Darlegung kann eine Partei jedoch gezwungen sein, wenn die Gegenpartei ihre Darstellung substantiiert angreift. Denn der Umfang der jeweils erforderlichen Substantiierung des Sachvortrags bestimmt sich aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, NJW 1999, 1859 , 1860; Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404 , 1405). Dieser Grundsatz besagt allerdings nur, dass der Tatsachenvortrag einer Ergänzung bedarf, wenn er infolge der Einlassung des Gegners unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt (BGH, Urteil vom 16. Mai 1962 - VIII ZR 79/61, NJW 1962, 1394, 1395; Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888 , 2889; Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707 , 2709; Urteil vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 , 2711).

(b) So verhält es sich hier jedoch. Der Vortrag der Kläger stellt sich angesichts der substantiierten Erwiderung der Beklagten als nicht erheblich dar. Ihm kann mangels Darlegung, welche Personen für die Rechtsvorgängerin der Beklagten die behaupteten Erklärungen abgegeben haben, und einer näheren Bezeichnung der Einzelheiten, wann und in welchem Zusammenhang so etwas für die Käuferseite erklärt wurde, nicht entnommen werden, dass der Geschäftswille der Vertragsschließenden auf der gemeinsamen, jedenfalls auch von der Käuferseite akzeptierten Vorstellung aufbaute, dass ein Nachzahlungsbetrag verzinst werden muss. Dem steht der von der Revision zitierte Vortrag der Beklagten entgegen. Diese haben im Schriftsatz vom 19. Januar 2012 unter gegenbeweislicher Benennung der Personen, die für sie die Verhandlungen geführt und bei den Beurkundungsterminen zugegen waren, vorgebracht, dass ihre Bediensteten so etwas nicht erklärt hätten, und die Kläger aufgefordert, die Mitarbeiter zu benennen, die sich zur Zinspflicht geäußert haben sollen. Die Beklagten hatten bereits in der Berufungsbegründung vom 17. Dezember 2010 unter Benennung ihrer Mitarbeiter B. und H. als Zeugen ausgeführt, dass dem von den Verkäufern bevollmächtigten H. A. im Juli 1988 und April 1990 die Preisangleichungsklausel erläutert worden sei und dass dieser der vereinbarten Preisanpassung zugestimmt habe. Sie haben schließlich im Schriftsatz vom 3. April 2012 unter Vorlage des Anfang Dezember 1990 (unmittelbar vor dem Vertragsschluss der Parteien) geführten Schriftwechsels zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 und dem Rechtsanwalt eines anderen verkaufsbereiten Grundstückseigentümers, der eine Ergänzung der Preisangleichungsklausel durch eine Bestimmung über die Verzinsung des Kaufpreises gefordert hatte, dargelegt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 seinerzeit diesem Ansinnen entgegengetreten sei, weil nach ihrer Ansicht für eine derartige Verzinsung keine Grundlage bestanden habe. Die Kläger haben ihren Vortrag daraufhin nicht ergänzt, sondern im Schriftsatz vom 9. Mai 2012 lediglich ausgeführt, dass - selbst wenn der von den Beklagten benannte Zeuge B. den in sein Wissen gestellten Vortrag bestätigen sollte - dies allenfalls belege, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 unter Überschreitung des von der Stadt ihr erteilten Mandats die jeweiligen Verkäufer hätten übervorteilen wollen.

Danach stellt sich der Vortrag der Kläger als unklar dar. Der von ihnen unter Beweis der Zeugen G. und H. K. gestellte (weitere) Vortrag über Äußerungen des Notars und eines nicht benannten Bediensteten der Stadt zur Verzinsungspflicht bezieht sich auf den von den Zeugen abgeschlossenen Vertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 und ist schon deshalb unerheblich.

b) Das Vorbringen der Revisionserwiderung, das nicht auf den bereits in den Tatsacheninstanzen gehaltenen Vortrag der Kläger Bezug nimmt, sondern erst in der Revisionsinstanz in den Rechtsstreit eingeführt wurde, ist nicht zu berücksichtigen.

aa) Die rechtliche Prüfung des Revisionsgerichts beschränkt sich nach § 559 Abs. 1 ZPO auf das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen sowie auf die mit einer Revisionsrüge geltend gemachten Tatsachen. Neues tatsächliches Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz bleibt danach unberücksichtigt.

bb) Dieser Grundsatz erfährt allerdings eine Einschränkung, wenn das Berufungsgericht bei zutreffender rechtlicher Sicht den Parteien einen Hinweis nach § 139 ZPO hätte erteilen müssen, um sie zu einem ergänzenden Vortrag zu veranlassen. In einem solchen Fall ist den Parteien die Einführung neuen Vorbringens in den Rechtsstreit durch die Zurückverweisung der Sache nach § 563 Abs. 1 ZPO zu ermöglichen (Senat, Urteil vom 28. Juni 1968 - V ZR 22/65, WM 1968, 1109 , 1110; Urteil vom 17. März 1995 - V ZR 100/93, BGHZ 129, 112 , 122).

Anders liegt es, wenn das Streitverhältnis in der Berufungsinstanz keiner weiteren Aufklärung nach § 139 ZPO mehr bedurfte. Hätte das Berufungsgericht auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Revisionsgerichts sofort eine abschließende Entscheidung in der Sache treffen können, besteht keine Veranlassung, den Parteien durch Zurückverweisung Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vorbringens zu geben. In einem solchen Falle hat das Revisionsgericht die Entscheidung zu treffen, die an sich schon in der Berufungsinstanz hätte ergehen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, NJW 1992, 436 , 438; Musielak/Ball, ZPO , 11. Aufl., § 563 Rn. 21). So ist es hier. Das Berufungsgericht hätte auch dann, wenn es hinsichtlich der Verzinsungspflicht eine Vereinbarung oder einen entsprechenden übereinstimmenden Geschäftswillen der Vertragsparteien für erforderlich erachtet hätte, die Klage insoweit abweisen können, ohne den Klägern nach § 139 ZPO Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vorbringens zu geben.

(1) Dem Gewährleistungsgehalt des Art. 103 Abs. 1 GG entnimmt der Bundesgerichtshof allerdings in ständiger Rechtsprechung, dass die in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10, NJW-RR 2011, 1009 Rn. 12; Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 Rn. 4). Ein solcher Hinweis an die Partei, die in erster Instanz obsiegt hat, ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine Rechtsoder Tatfrage als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt wird. Denn in diesem Fall muss die in erster Instanz erfolgreiche Partei von vornherein damit rechnen, in der Berufungsinstanz zu verlieren. Das Berufungsgericht hat dann regelmäßig keinen Anlass zu der Annahme, dass trotz der in der Berufung zentral geführten Auseinandersetzung über den Streitpunkt noch Aufklärungsbedarf besteht und der Partei Gelegenheit zu weiterem Vortrag und Beweisantritt gegeben werden muss (vgl. Senat, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 , 236; BGH, Urteil vom 19. August 2010 - VII ZR 113/09, NJW 2010, 3089 Rn. 18; Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 212/10, NJW 2012, 3035 Rn. 7).

(2) Danach bedurfte es keines Hinweises an die Kläger. Die Frage, ob auch die Verkäufer, in deren Kaufverträgen eine Verzinsung des sich aus der Preisangleichungsklausel ergebenden Erhöhungsbetrags nicht vereinbart worden ist, Zinsen auf die Nachzahlungsbeträge verlangen können, ist von Anfang an ein wesentlicher Gegenstand des Rechtsstreits und auch in der von den Beklagten eingelegten Berufung ein zentraler Streitpunkt gewesen. In tatsächlicher Hinsicht ist in der Berufungsinstanz dazu, ob und welche Erklärungen von den Bediensteten der Stadt und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 in Bezug auf eine Verzinsung eines Nachzahlungsbetrags abgegeben worden sind, umfänglich streitig vorgetragen worden (siehe oben 2.a.cc (2)(b)). Angesichts der Einwände der Beklagten gegen die Schlüssigkeit des Vortrags der Kläger wäre ein richterlicher Hinweis nur dann geboten gewesen, wenn für das Gericht offenkundig gewesen wäre, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Bedenken der Beklagten falsch aufgenommen hätte (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98, NJW 2001, 2548 , 2550; Urteil vom 17. Juni 2004 - VII ZR 25/03, NJW-RR 2004, 1247 , 1248; Urteil vom 10. Juli 2012 - II ZR 212/10, NJW 2012, 3035 Rn. 8). Das legt die Revisionserwiderung nicht dar; Anhaltspunkte dafür sind auch nicht ersichtlich. Die Kläger haben auf die Einwände der Beklagten ihr Vorbringen zu den behaupteten Erklärungen nicht ergänzt, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass der Kaufvertrag auch dann eine Regelungslücke enthalte, wenn - wie von der Beklagtenseite erwidert - über Zinsen nicht gesprochen worden sei.

cc) Das neue Vorbringen ist zudem unerheblich. Nach der Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die nunmehr als Zeugen benannten Rechtsanwälte nicht für die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger verhandelt. Es ist daher nicht erkennbar, inwieweit ihre Wahrnehmung Rückschlüsse auf den Geschäftswillen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 bei Abschluss des Vertrages vom 18. Dezember 1990 zulassen. Entsprechendes gilt für das weitere neue Vorbringen über "Dorfgespräche" zu der von der Stadt und der Erschließungsträgerin den Eigentümern angebotenen Preisangleichungsklausel und über den Ablauf und das Ergebnis der für andere Eigentümer geführten Verhandlungen. Auch aus diesem Vortrag geht nicht hervor, dass dem hier zu beurteilenden Kaufvertrag ein vom Vertragstext abweichender Geschäftswille oder die gemeinsame Vorstellung der Vertragsschließenden zugrunde lag, dass die Käuferin einen etwaigen Nachzahlungsanspruch zu verzinsen hat.

3. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben, soweit den Klägern über die Rechtshängigkeitszinsen hinaus weitere Zinsen zugesprochen worden sind (§ 562 Abs. 1 ZPO ), und die Klage in diesem Umfang abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO ).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 , § 97 Abs. 1 ZPO . Zur näheren Begründung wird auf die Entscheidung des Senats vom 14. Februar 2012 in der Parallelsache (V ZR 102/13, juris Rn. 20) verwiesen.

Verkündet am: 23. Januar 2015

Vorinstanz: LG Wiesbaden, vom 09.09.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 10 O 65/10
Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, vom 18.03.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 18 U 40/10