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BGH - Entscheidung vom 09.12.2015

VIII ZR 236/12

Normen:
BGB § 433 Abs. 2
GasGVV § 5 Abs. 2
EnWG § 36 Abs. 1
EnWG § 39 Abs. 1

BGH, Urteil vom 09.12.2015 - Aktenzeichen VIII ZR 236/12

DRsp Nr. 2016/3130

Berechtigung eines Energieversorgers zu einer Erhöhung des Arbeitspreises auf Grundlage eines gesetzlichen Preisanpassungsrechts; Weitergabe von Kostensteigerungen seiner eigenen (Bezugs-)Kosten während der Laufzeit des Vertrages an den Abnehmer; Einordnung eines Gaslieferungsvertrags als Tarifkundenvertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag); Automatische Tarifeinstufung nach dem Prinzip der Bestpreisabrechnung

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juli 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 433 Abs. 2 ; GasGVV § 5 Abs. 2 ; EnWG § 36 Abs. 1 ; EnWG § 39 Abs. 1 ;

Tatbestand:

Die Klägerin, die in D. die Grundversorgung mit Erdgas wahrnimmt, belieferte die dort ansässigen Beklagten ab 1996 leitungsgebunden mit Erdgas. Die Belieferung erfolgte zu einem in den Allgemeinen Tarifen aufgeführten "Grundpreistarif", neben dem es zwei weitere Allgemeine Tarife gab, in die die Kunden jeweils nach einer von der individuellen jährlichen Abnahmemenge abhängigen "Bestabrechnung" eingruppiert wurden. In späteren Jahren wurde der Tarif in "D. gas Klassik (Grundversorgung)" umbenannt, für den ebenfalls eine Tarifstaffelung nach Verbrauch mit Bestpreis-Einstufung vorgesehen war.

Der zum 1. Oktober 2004 abgerechnete und von den Beklagten nicht angegriffene "Grundpreistarif" sah - jeweils netto - einen Grundpreis von 84,60 €/Jahr und einen Arbeitspreis von 4,35 Cent/kWh vor. Im Zeitraum von Anfang 2005 bis Ende 2009 passte die Klägerin den Arbeitspreis bei gleichbleibendem Grundpreis insgesamt zehnmal an, wobei sie sechsmal den Preis erhöhte. Diese Preisanpassungen machte sie jeweils in der örtlichen Presse bekannt, veröffentlichte die neuen Preise auf ihrer Internetseite und informierte die Beklagten darüber außerdem durch Brief, ohne dabei jedoch auf ein Kündigungsrecht der Beklagten aus Anlass der Preisanpassungen hinzuweisen. Im Oktober 2004 teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass sie künftigen Preiserhöhungen höchstens im Umfang von zwei Prozent zustimmten und darüber hinausgehende Preisanstiege als unbillig zurückwiesen. Dementsprechend beglichen sie in der Folgezeit die ihnen gestellten Jahresabrechnungen nicht vollständig.

Die Klägerin, die die Beklagten als Tarifkunden ansieht und geltend macht, ihre jeweils auf § 4 AVBGasV beziehungsweise § 5 GasGVV gestützten Preiserhöhungen entsprächen der Billigkeit, weil sie dabei ausschließlich ihre gestiegenen Gasbezugskosten weitergegeben habe, verlangt von den Beklagten das restliche Entgelt für ihre Erdgaslieferungen in der Zeit vom 30. November 2005 bis zum 23. November 2009 in Höhe von insgesamt noch 600,17 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Der Senat hat das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 29. Mai 2013 gemäß § 148 ZPO analog im Hinblick auf das beim Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) damals aufgrund des Vorlagebeschlusses des Senats gemäß Art. 267 AEUV im Verfahren VIII ZR 71/10 anhängige Verfahren C-359/11 ausgesetzt. In diesem Verfahren ist am 23. Oktober 2014 die Entscheidung des Gerichtshofs ergangen (C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff).

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagten seien aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers als Tarifkunden in der allgemeinen Grundversorgung anzusehen. Denn sie hätten das Gas mit dem Grundpreistarif zu einem Tarif bezogen, zu dem der Grundversorger jeden Interessierten bis zur Grenze der Unzumutbarkeit anschließen müsse. Dagegen könne aus dem Umstand, dass die Klägerin in zulässiger Weise bei ihrem Preissystem mehrere Grundversorgungstarife vorgehalten und innerhalb dieser Tarife die Beklagten nach deren individuellen Verbrauch im Wege einer "Bestabrechnung" in den für sie günstigsten Tarif eingeordnet habe, nicht gefolgert werden, dass die Beklagten zu einem nur für Sonderkunden geltenden Tarif beliefert werden sollten.

Der Klägerin habe daher gemäß § 4 Abs. 2 AVBGasV , § 5 Abs. 2 GasGVV ein gesetzliches Preisanpassungsrecht zugestanden; zumindest könne sie, falls man die Unionsrechtskonformität der genannten Bestimmungen verneinen wollte, eine Preisanpassung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung beanspruchen. Denn ohne ein solches Preisanpassungsrecht und die Möglichkeit der Weitergabe von gestiegenen Kosten sei es für einen Versorger, der wegen des Kontrahierungszwangs nach § 36 Abs. 1 EnWG ein Grundversorgungsverhältnis nicht wirksam kündigen könne, unzumutbar, dauerhaft an einen solchen Vertrag gebunden zu bleiben.

Gleichwohl stehe der Klägerin ein erhöhter Preis nicht zu, weil sie ein solches Preisänderungsrecht nicht beanstandungsfrei ausgeübt habe. Denn unabhängig davon, worauf das Preisanpassungsrecht bei einem Grundversorgungsverhältnis letztlich beruhe, seien die Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Gas- Richtlinie 2003/55/EG gehalten gewesen, deren volle Wirksamkeit jedenfalls mit Ablauf ihrer Umsetzungsfrist am 1. Juli 2004 zu gewährleisten. Das müsse mangels unmittelbarer Geltung der Richtlinie regelmäßig im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften geschehen.

Insoweit ergebe sich aus Anhang A zu Art. 3 Abs. 3 der vorgenannten Gas-Richtlinie, dass einseitige Preisanpassungen aus Gründen des Verbraucherschutzes und der Transparenz strengen Anforderungen unterlägen. Die hierin geforderten Maßnahmen begründeten im Falle von Haushaltskunden einen sicherzustellenden Mindeststandard. Insbesondere seien die danach erforderlichen Mindestangaben nicht nur auf Änderungen der Vertragsbestimmungen beschränkt, sondern bezögen sich auf sämtliche Vereinbarungen und fänden auch dann Anwendung, wenn das Versorgungsunternehmen einseitige Preisanpassungen durchführe.

Die Vorgaben der Richtlinie seien in der AVBGasV und der GasGVV nicht vollständig umgesetzt worden; namentlich sei darin entgegen Anhang A Buchst. b der Richtlinie eine Belehrung über das Kündigungsrecht infolge der Preisanpassung nicht vorgesehen. Diese Anforderungen seien daher im Wege richtlinienkonformer Auslegung in § 5 Abs. 2 GasGVV , dessen Wortlaut dem nicht entgegenstehe, hineinzulesen beziehungsweise bei einer etwaigen ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen.

Den genannten Anforderungen würden die von der Klägerin gegenüber den Beklagten durchgeführten Preisanpassungen nicht gerecht, so dass die Anpassungen nicht wirksam erfolgt seien. Denn die Klägerin habe die Beklagten bei Bekanntmachung ihrer Preiserhöhungen nicht auf deren Kündigungsrecht hingewiesen. Ebenso wenig sei das Bestehen eines solchen Kündigungsrechts bei Verbrauchern ohne Weiteres als bekannt vorauszusetzen.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die auf Zahlung des Restkaufpreises für die im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachten Gaslieferungen (§ 433 Abs. 2 BGB ) gerichtete Klage nicht abgewiesen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitern die von der Klägerin vorgenommenen Preisanpassungen nicht schon daran, dass sie die Beklagten bei der Mitteilung der Preiserhöhungen nicht auf deren Kündigungsrecht hingewiesen hat.

Das Berufungsgericht hat den Gaslieferungsvertrag der Parteien zwar zutreffend als Tarifkundenvertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag) angesehen. Auch war die Klägerin - anders als der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen hat - nicht schon gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise - seit dem 8. November 2006 - gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV in der bis zum 29. Oktober 2014 geltenden Fassung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2391; im Folgenden: GasGVV aF) zu einer Erhöhung des Arbeitspreises berechtigt. Denn diesen Vorschriften kann, wie der Senat in seinen Urteilen vom 28. Oktober 2015 ( VIII ZR 158/11, ZIP 2015, 2226 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt], und VIII ZR 13/12, juris) im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff) entschieden hat, ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Energieversorgers jedenfalls für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 nicht (mehr) entnommen werden.

Jedoch ergibt sich nach den vom Senat in den beiden vorbezeichneten Urteilen vom 28. Oktober 2015 entwickelten Grundsätzen aus einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157 , 133 BGB ) des Gaslieferungsvertrages der Parteien, dass die Klägerin berechtigt ist, Kostensteigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten während der Laufzeit des Vertrages an die Beklagten weiterzugeben, und dass sie verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Ob hiervon ausgehend die Klägerin zu den ab dem 1. Januar 2005 erfolgten Erhöhungen des Arbeitspreises berechtigt war, lässt sich anhand der vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

1. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu Recht als Tarifkunden angesehen. Es ist in rechtsfehlerfreier Anwendung der Rechtsprechung des Senats (zuletzt Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 17 f., und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 20 f.; jeweils mwN) zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei dem mit Aufnahme der Versorgung zwischen den Parteien abgerechneten "Grundpreistarif" und dem später in "D. gas-Klassik (Grundversorgung)" umbenannten Tarif um Allgemeine Tarife im Sinne von § 10 Abs. 1 , § 11 Abs. 1 EnWG 1998 beziehungsweise um Allgemeine Preise im Sinne von § 36 Abs. 1 , § 39 Abs. 1 EnWG 2005 gehandelt hat. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers die Versorgung zu den vorstehenden, von ihr öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften und nicht unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit angeboten hat, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Einer solchen Sicht steht insbesondere nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Tarife und Preise nach der jeweils abgenommenen Jahresmenge gestaffelt hat. Denn nach der Rechtsprechung des Senats steht es einem Energieversorgungsunternehmen auch im Rahmen der Grundversorgung frei, verschiedene Tarife anzubieten, und zwar auch solche, bei denen - wie hier - die Tarifeinstufung automatisch nach dem Prinzip der Bestpreisabrechnung erfolgt (zuletzt Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 18, und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 21; jeweils mwN).

2. Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - in seinen Urteilen vom 28. Oktober 2015 ( VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 21 ff., insbesondere Rn. 33, und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 23 ff., insbesondere Rn. 35) entschieden hat, kann an seiner früheren Rechtsprechung zum gesetzlichen Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV/§ 5 Abs. 2 GasGVV aF angesichts des auf Vorlage des Senats ergangenen Urteils des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11 und C-400/11, aaO. - Schulz und Egbringhoff) jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der Gas- Richtlinie 2003/55/EG bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Richtlinienbestimmungen und die darin an Preisanpassungen normierten Anforderungen allerdings auch nicht im Wege richtlinienkonformer Auslegung in § 5 Abs. 2 GasGVV aF "hineingelesen" werden. Denn nicht (fristgerecht) umgesetzte Richtlinien der Europäischen Union können zur Auslegung oder Fortbildung des nationalen Rechts nur insoweit herangezogen werden, als dieses dafür Raum gibt. Zudem entfalten sie bei Fehlen dieser Möglichkeit im nationalen Recht grundsätzlich keine unmittelbaren Wirkungen in einem ausschließlich zwischen Privaten bestehenden Rechtsverhältnis.

a) Zu erstgenanntem Gesichtspunkt ist der Senat in seinen Urteilen vom 28. Oktober 2015 ( VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 34 ff., und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 36 ff.) zu dem Ergebnis gelangt, dass sich ein Recht des Gasversorgers zur einseitigen Änderung der Preise, welches den Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie nach Maßgabe der für den Senat bindenden Auslegung des Gerichtshofs entspricht, nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung oder einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV oder der die Grundversorgung betreffenden Vorschriften des der AVBGasV zugrunde liegenden und ihr übergeordneten Energiewirtschaftsgesetzes - für § 5 Abs. 2 GasGVV aF gilt Entsprechendes - herleiten lässt. Eine solche, insbesondere auch im Wortlaut der genannten Bestimmungen nicht angelegte Bedeutung würde - wie dort im Einzelnen ausgeführt - ihnen ein Verständnis beimessen, das dem erkennbaren Willen des (nationalen) Gesetz- und Verordnungsgebers entgegenstünde. Denn insbesondere im Verordnungsgebungsverfahren ist deutlich geworden, dass zum einen dem Informationsinteresse des Gaskunden im Hinblick auf die Besonderheiten der Grundversorgung und aus Gründen der Rechtssicherheit Grenzen gesetzt und zum anderen ein Bedürfnis zur Transparenz nur hinsichtlich des Umfangs einer Preisänderung und nicht darüber hinaus anerkannt werden sollten (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 59, und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 61).

b) Ebenso wenig liegen die in den Senatsurteilen vom 28. Oktober 2015 ( VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 63 ff., und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 65 ff.; jeweils mwN) näher dargestellten Voraussetzungen vor, unter denen eine unmittelbare Anwendung der Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie auf die zwischen den Parteien bestehende Lieferbeziehung in Betracht kommt. Denn ungeachtet der Frage, ob die Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie die für eine unmittelbare Anwendung erforderliche inhaltliche Unbedingtheit und hinreichende Genauigkeit aufweisen, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass es sich bei der Klägerin um eine in der dafür erforderlichen Weise dem Staat zuzurechnende Organisation oder Einrichtung handelt, insbesondere dass die Klägerin bei der Erbringung ihrer Versorgungsleistungen mit (besonderen) Rechten und Pflichten versehen sein sollte, die über diejenigen hinausgehen, welche sich aus den ansonsten auf diesem Gebiet für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden Vorschriften ergeben (vgl. EuGH, Urteile vom 12. Juli 1990 - C-188/89, Slg. 1990, I-3313 Rn. 17 ff. - Foster u.a.; vom 4. Dezember 1997 - C-253/96 bis C-258/96, Slg. 1997, I-6907 Rn. 46 f. - Kampelmann u.a.; vom 5. Februar 2004 - C-157/02, Slg. 2004, I-1515 Rn. 24 - Rieser Internationale Transporte; vom 24. Januar 2012 - C-282/10, NJW 2012, 509 Rn. 39 - Dominguez; jeweils mwN). Übergangenen Tatsachenvortrag zeigt die Revisionserwiderung insoweit nicht auf.

3. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in den Urteilen vom 28. Oktober 2015 ( VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 66 ff., und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 68 ff.) entschieden hat, ergibt sich jedoch aus der gebotenen und sich an dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Vertragsparteien auszurichtenden ergänzenden Auslegung (§§ 157 , 133 BGB ) eines - wie hier - auf unbestimmte Dauer angelegten Gaslieferungsvertrags, dass der Grundversorger berechtigt ist, Steigerungen seiner Bezugskosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, und er verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen.

Der Klägerin steht somit infolge ergänzender Vertragsauslegung des Gaslieferungsvertrags der Parteien ein Preisänderungsrecht, dessen wirksame Ausübung nicht an die Unterrichtung der Beklagten über ihr Kündigungsrecht gebunden ist, in dem vorstehend beschriebenen Umfang zu, so dass der berechtigterweise erhöhte Preis zum vereinbarten Preis wird. Ausgangspunkt dafür ist der vor dem 1. Januar 2005 geltende und zuletzt am 3. Dezember 2003 von 4,09 Ct/kWh auf 4,35 Ct/kWh erhöhte Arbeitspreis. Denn zuvor erfolgte Preisanpassungen haben die Beklagte nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts nicht in Frage gestellt (vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 84, und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 86). Von dem Preisänderungsrecht allerdings nicht erfasst sind Preiserhöhungen, die über die bloße Weitergabe von (Bezugs-) Kostensteigerungen hinausgehen und der Erzielung eines (zusätzlichen) Gewinns dienen (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO. Rn. 85, und VIII ZR 13/12, aaO. Rn. 87; jeweils mwN). Hierzu hat das Berufungsgericht - nach seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Die Sache wird, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 04.07.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 23 S 277/11
Vorinstanz: AG Düsseldorf, vom 17.08.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 43 C 7062/10