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BGH - Entscheidung vom 20.10.2015

X ZR 117/13

Normen:
PatG § 121 Abs. 2
ZPO § 91 Abs. 1

BGH, Urteil vom 20.10.2015 - Aktenzeichen X ZR 117/13

DRsp Nr. 2015/20830

Annahme einer erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich eines Verfahrens zur Übertragung von RückkanalDaten in einer Verbindung auf Ebene 7 des OSI-Referenzmodells (OSI = Open Systems Interconnection) zwischen einem Endgerät und einem Server in einem Paketvermittlungsnetz

1. Unter einem Netzwerkmanagement versteht ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik, der über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Übertragung von Daten in Telekommunikationsnetzen verfügt, jedwedes Kontroll- oder Steuersystem, das Elemente eines Netzwerks überwacht oder steuert. 2. Ein Patent, nach dem es möglich sein soll, Daten einer bestimmten Anwendung zunächst nur im breitbandigen Übertragungsweg zu übermitteln und sodann - bei bestehender L7-Verbindung - eine schmalbandige Übertragung zuzuschalten, nimmt nicht den Übergang von einer nur schmalbandigen Übertragung zu einer Kombination von schmalbandiger und breitbandiger Übertragung, also die Zuschaltung einer breitbandigen Übertragung während einer bestehenden L7Verbindung, vorweg. 3. Die Definition des technischen Problems dient nicht dazu, eine Vorentscheidung über die Frage der Patentfähigkeit zu treffen. Es ist weder zulässig, Elemente, die zur patentgemäßen Lösung gehören, bei der Formulierung der Aufgabe zu berücksichtigen, noch darf ohne weiteres unterstellt werden, dass dem Fachmann die Befassung mit einer bestimmten Aufgabenstellung nahegelegt war. Die Frage, welche Anregung sich für den Fachmann aus dem Stand der Technik ergibt, ist vielmehr erst bei der Prüfung der Patentfähigkeit zu stellen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 15. Mai 2013 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Normenkette:

PatG § 121 Abs. 2 ; ZPO § 91 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 198 60 756 (Streitpatents), das am 23. Dezember 1998 angemeldet worden ist. Nach Abschluss eines Einspruchsverfahrens lautet Patentanspruch 1, dem neun weitere Ansprüche unmittelbar oder mittelbar nachgeordnet sind, wie folgt:

"Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSI-Referenzmodell (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server des Paketvermittlungsnetzes, zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und POTS/ISDN-Leitungen oder breitbandig über einen BreitbandRückkanal, mit folgenden Schritten:

a) Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) über das Paketvermittlungsnetz (3),

b) schmalbandiges Übertragen von Rückkanal-Daten vom Server (4) zum Endgerät (1), wobei die Daten vom Server zu einem Switch (5), vom Switch (5) über das Paketvermittlungsnetz zu einem Einwählknoten (31) des Endgeräts (1) in das Paketvermittlungsnetz und vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1) übertragen werden, und wobei der Switch (5) kein Einwählknoten in das Paketvermittlungsnetz ist,

c) wiederholtes Prüfen beim Switch (5), der Teil des Paketvermittlungsnetzes (3) ist oder zu diesem Zugang hat, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät vorliegt,

d) Zuschalten einer Übertragung via Breitband-Rückkanal während der bestehenden L7-Verbindung bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals, wobei die Rückkanal-Daten zunächst breitbandig vom Server (4) zum Switch (5) übertragen und dann vom Switch (5) auf den Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät gegeben werden, und ohne dass die auf den Breitband-Rückkanal gegebenen Daten auf ihrem Weg zum Endgerät den Einwählknoten (31) in das Paketvermittlungsnetz durchlaufen,

e) Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, wobei

f) eine L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) stets unter Zwischenschaltung des Switches (5) hergestellt wird, insbesondere Daten vom Endgerät zum Server und vom Server zum Endgerät unter Zwischenschaltung des Switches übertragen werden,

g) allein der Switch (5) prüft, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal vorliegt, und wobei

h) das Paketvermittlungsnetz das Internet ist."

Die Klägerin macht mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der Fassung, die es im Einspruchsverfahren erhalten hat, und hilfsweise mit zwei geänderten Anspruchssätzen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, der die Klägerin entgegentritt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung führt zur Abweisung der Klage.

I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Übertragung von RückkanalDaten in einer Verbindung auf Ebene 7 des OSI-Referenzmodells (OSI = Open Systems Interconnection) zwischen einem Endgerät und einem Server in einem Paketvermittlungsnetz.

1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift soll die Übertragung der Daten dabei wahlweise schmalbandig, also mit geringem Datendurchsatz, etwa über POTS- oder ISDN-Leitungen (POTS = Plain Old Telephony System, ISDN = Integrated Services Digital Network), oder breitbandig mit hohem Datendurchsatz erfolgen können. Die Patentschrift führt dazu aus, dass für eine breitbandige Übertragung inzwischen vielfach Satelliten eingesetzt werden, über die ein schnelles Herunterladen von Daten aus dem Internet möglich ist. Als andere breitbandige Übertragungstechnik sind Verbindungen mittels ADSLTechnik (Assymetric Digital Subscriber Line) bekannt.

2. Das technische Problem besteht vor diesem Hintergrund darin, eine den Bedürfnisses des Nutzers angepasste, flexible Nutzung der unterschiedlichen Übertragungsarten zu ermöglichen.

3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor (Merkmalsgliederung des Patentgerichts in eckigen Klammern):

1.

Verfahren zur Übertragung von Rückkanaldaten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSI-Referenzmodell (L7Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server des als Paketvermittlungsnetz dienenden Internets [1.1] [1.3.h].

2.

Die Übertragung erfolgt zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise

a)

schmalbandig über das Internet und POTS/ISDNLeitungen oder

b)

breitbandig über einen Breitbandrückkanal [1.2].

3.

Die Herstellung der L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) erfolgt stets unter Zwischenschaltung eines Switches (5),

a)

der Teil des Internets ist oder zu diesem Zugang hat [1.3.c.3],

b)

der kein Internet-Einwählknoten ist [1.3.b.5] und

c)

über den insbesondere die Daten vom Endgerät zum Server und vom Server zum Endgerät übertragen werden [1.3.f].

4.

Das Verfahren weist folgende Schritte auf:

4.1.

Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) über das Internet (3) [1.3.a];

4.2.

Schmalbandiges Übertragen von Rückkanaldaten vom Server (4) zum Endgerät (1) [1.3.b.1], indem die Daten übertragen werden: a) vom Server zum Switch (5) [1.3.b.2], b) vom Switch (5) über das Internet zu einem InternetEinwählknoten (31) des Endgeräts (1) [1.3.b.3] und c) vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1) [1.3.b.4];

4.3.

Wiederholtes Prüfen allein beim Switch (5), ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitbandrückkanal bis zum Endgerät vorliegt [1.3.c.1, 1.3.c.2 und 1.3.g];

4.4.

Zuschalten einer Übertragung via Breitbandrückkanal während der bestehenden L7-Verbindung bei einem entsprechenden Steuersignal [1.3.d.1 und 1.3.d.2], indem

a)

die Rückkanaldaten zunächst breitbandig vom Server (4) zum Switch (5) übertragen werden [1.3.d.3]

b)

und dann vom Switch (5) auf den Breitbandrückkanal bis zum Endgerät gegeben werden [1.3.d.4],

c)

ohne auf ihrem Weg zum Endgerät den Internet-Einwählknoten (31) zu durchlaufen [1.3.d.5];

4.5.

Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanaldaten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt [1.3.e].

4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:

a) Patentanspruch 1 betrifft nach Merkmal 1 eine Verbindung auf Ebene 7 des OSI-Referenzmodells (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server des Paketvermittlungsnetzes. Das Merkmal nimmt damit Bezug auf das OSI-Modell, eines der gängigen Modelle zur Darstellung der verschiedenen Schichten einer Kommunikation in einem Paketvermittlungsnetz. Nach diesem Modell ist die Kommunikation in sieben übereinander gelagerte Schichten aufgeteilt. Die jeweils darunter liegende Schicht stellt Dienste zur Verfügung, die in der darüber liegenden Schicht genutzt werden können. Die Ebene 7 ist die oberste Schicht, die als application layer oder Anwendungsschicht bezeichnet wird. Hier werden die Funktionen bereitgestellt, die dem Nutzer, typischerweise einem Menschen, die übermittelten Daten anwendbar zur Verfügung stellen, sie etwa auf dem Bildschirm darstellen. Eine solche L7Verbindung besteht beispielsweise zwischen einem Server des Internets und einem Personal-Computer eines Nutzers. Der Nutzer stellt über das Endgerät eine Verbindung zu einem Server des Internets her, um von dort Daten zu erhalten.

Das Verfahren befasst sich mit der Übertragung von Rückkanal-Daten in einer L7-Verbindung, also der Übertragung von Daten vom Server zum Endgerät, nicht in die Gegenrichtung (Hinkanal).

b) Nach Merkmal 1 und Merkmal 2 geht es, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, um die Übertragung von Daten, die eine bestimmte Anwendung betreffen, im Rückkanal einer L7-Verbindung. Das Streitpatent nimmt von vornherein nur die Übertragung von Rückkanal-Daten in einer bestimmten Anwendung in den Blick, etwa in einer Streaming- oder einer E-MailAnwendung, und zielt darauf, eine Übertragung von Rückkanal-Daten für diese bestimmte Anwendung zu ermöglichen, die wahlweise entweder nur schmalbandig oder aber schmal- und breitbandig erfolgt. Es befasst sich dagegen nicht mit der Frage, mit welcher Bandbreite die Daten in mehreren, gleichzeitig bestehenden L7-Verbindungen übertragen werden. Für dieses Verständnis von Patentanspruch 1 spricht auch, dass in den weiteren Merkmalen bei Nennung von Endgerät und Server stets der bestimmte Artikel verwendet wird. In die gleiche Richtung weisen etwa Absätze 34 und 35 der Beschreibung, in denen es darum geht, auf welche Weise bestimmte Daten von einem (bestimmten) Internet-Server heruntergeladen werden können.

c) Die Übertragung der Rückkanal-Daten erfolgt nach Merkmal 2 zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig oder breitbandig. Das Verfahren setzt damit voraus, dass zwischen dem Server und dem Endgerät beide Verbindungsarten hergestellt werden können.

d) Die Daten werden im Rückkanal nach dem beanspruchten Verfahren grundsätzlich zunächst schmalbandig auf dem in Merkmal 4.2 näher beschriebenen Weg übertragen. Unter bestimmten Voraussetzungen wird jedoch eine breitbandige Übertragung während der bestehenden L7-Verbindung zugeschaltet (Merkmal 4.4). Mit dem Begriff des Zuschaltens grenzt das Streitpatent das unter Schutz gestellte Verfahren von einem Wechsel des Übertragungswegs ab, der, wie in Absatz 31 der Beschreibung ausdrücklich vermerkt ist, nicht beansprucht wird. Der schmalbandige Übertragungsweg im Rückkanal bleibt also während des Bestehens der L7-Verbindung stets erhalten (siehe auch Absätze 16 und 48 der Beschreibung), wird jedoch bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals durch das Zuschalten einer Übertragung via BreitbandRückkanal ergänzt. Die Zuschaltung des breitbandigen Rückkanals ermöglicht es, in kurzer Zeit große Datenmengen vom Server zum Endgerät zu übertragen.

Entgegen der von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung kann der Umstand, dass die zuvor auf einer Verbindung mit längerer Laufzeit versandten Datenpakete möglicherweise ihren Empfänger noch nicht erreicht haben, während nachfolgend schon weitere Datenpakete auf einer anderen Verbindung auf den Weg gebracht worden sind, nicht ausreichen, um ein Zuschalten im Sinne des Streitpatents anzunehmen. Hierbei handelt es sich lediglich um eine kurzfristig auftretende Folge eines Wechsels der Verbindungsart.

Soweit in Merkmal 4.3 von einem "Übergang" auf eine RückkanalDatenübertragung via Breitband-Rückkanal die Rede ist, folgt aus dem erläuterten Verständnis von Merkmal 4.4, dass damit kein Wechsel des Übertragungswegs, sondern lediglich das Zuschalten des breitbandigen Übertragungswegs gemeint ist.

e) Das Steuersignal, auf welches hin die Übertragung im BreitbandRückkanal zugeschaltet wird, wird durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst (Merkmal 4.3). Unter einem Netzwerkmanagement versteht der Fachmann, bei dem es sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts um einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik handelt, der über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Übertragung von Daten in Telekommunikationsnetzen verfügt, jedwedes Kontroll- oder Steuersystem, das Elemente eines Netzwerks überwacht oder steuert. Wer welche Kriterien festlegt, nach denen das Netzwerkmanagement ein entsprechendes Steuersignal auslöst, lässt Patentanspruch 1 offen.

f) Sofern ein weiteres Steuersignal festgestellt wird, bewirkt dies nach Merkmal 4.5 ein Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten. Die zuvor erfolgte Zuschaltung des breitbandigen Übertragungswegs für die Rückkanal-Daten wird damit rückgängig gemacht: Die breitbandige Übertragung der Rückkanal-Daten entfällt mit der Folge, dass diese nun wieder allein auf dem schmalbandigen Weg übertragen werden.

g) Sowohl das Zuschalten des breitbandigen Übertragungswegs (Merkmal 4.4) als auch die Rückgängigmachung dieser Zuschaltung (Merkmal 4.5) erfolgen während der bestehenden L7-Verbindung. Dies ist im Patentanspruch zwar nur für das Zuschalten ausdrücklich gesagt, gilt aber, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, auch für das Zurückwechseln. Wie die Beschreibung hierzu erläutert (Absatz 18), ist es dadurch möglich, innerhalb einer bestehenden L7-Verbindung dynamisch zwischen einer nur schmalbandigen Übertragung und einer kombinierten schmal- und breitbandigen Übertragung zu wechseln. Zu einer Unterbrechung der Verbindung auf der Anwendungsebene kommt es dabei nicht. Eine solche Änderung der Übertragungsart kommt insbesondere dann in Betracht, wenn im Rückkanal große Datenmengen übertragen werden sollen (Absatz 19). Gegenstand des Verfahrens nach Patentanspruch 1 ist danach nur eine unter bestimmten Voraussetzungen erfolgende Änderung des Übertragungswegs innerhalb einer bestimmten, zuvor hergestellten L7-Verbindung, dagegen befasst es sich nicht mit der Übertragungsart in möglicherweise parallel bestehenden L7-Verbindungen.

h) Patentanspruch 1 sieht ferner eine bestimmte Reihenfolge der Verfahrensschritte vor. Nach dem Aufbau der L7-Verbindung werden die Daten im Rückkanal zunächst nur schmalbandig übertragen. Entweder bleibt es dabei oder es findet bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals ein Zuschalten eines breitbandigen Übertragungswegs statt mit der Folge, dass die Übertragung der Daten im Rückkanal sowohl schmalbandig als auch breitbandig erfolgt. Dieser Zustand kann beibehalten werden oder die Zuschaltung kann, wenn ein entsprechendes weiteres Steuersignal festgestellt wird, wieder aufgehoben werden.

i) Eine zentrale Rolle in dem beanspruchten Verfahren kommt dem Switch zu. Die L7-Verbindung wird stets unter Zwischenschaltung des Switches hergestellt. Auch die Übertragung der Daten im Hinkanal wie im Rückkanal erfolgt stets über den Switch. Dies gilt sowohl für die schmalbandige als auch für die breitbandige Übertragung (Merkmal 3, 4.2a und b, 4.4a und b). Zudem ist allein der Switch die Stelle, bei der die wiederholte Prüfung auf das Vorliegen von Steuersignalen des Netzwerkmanagements stattfindet. Für die Prüfung des Steuersignals, das ein Zuschalten der breitbandigen Übertragung auslöst, ist dies in Merkmal 4.3 ausdrücklich gesagt. Der Switch prüft aber auch, ob ein Steuersignal für das Zurückwechseln nach Merkmal 4.5 vorliegt.

II. Das Patentgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der Gegenstand des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit und hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 habe sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem US-Patent 5 852 721 (K8) und dem Beitrag "Performance Modeling for Packet Networks with Satellite Overflow Channels" von Yuill und Pickholtz, IEEE Transactions on Communications, Vol. Com-29, No. 6, S. 808 ff. (K9) ergeben.

K8 beschreibe ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten im Rahmen des Datenaustauschs zwischen Anwendungen. Die Übertragung der Rückkanal-Daten erfolge somit im Rahmen einer L7-Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes. Im zweiten Ausführungsbeispiel sei ein Verfahren beschrieben, bei dem zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals die Daten wahlweise schmalbandig oder breitbandig übertragen würden. Das Verfahren könne so ausgebildet sein, dass von der Übertragung der Daten über den breitbandigen Satellitenkanal auf eine schmalbandige terrestrische Übertragung umgeschaltet werde. Auf diesem Weg würden die Daten vom Server zum Switch und weiter über das Paketvermittlungsnetz und den Einwählknoten an das Endgerät übertragen.

K8 sehe vor, dass die breitbandige und die schmalbandige Verbindung einander als Ausweichmöglichkeiten dienten, beschreibe aber auch, dass der Switch bei Überlastung des breitbandigen Kanals den schmalbandigen Kanal zuschalte. Der Fachmann verstehe dies als ein Zuschalten während einer bestehenden L7-Verbindung, zumal es fachmännischem Bestreben entspreche, eine bestehende Verbindung nach Möglichkeit nicht zu unterbrechen. Für den Fachmann ergebe sich daraus die Notwendigkeit, dass beim Switch wiederholt geprüft werde, ob der schmalbandige Rückkanal überlastet sei und ein Steuersignal einen Übergang zur Rückkanal-Datenübertragung via BreitbandRückkanal auslöse, da es unfachmännisch wäre, zwar ein Zuschalten des schmalbandigen Kanals bei Überlastung des breitbandigen Kanals vorzusehen, im umgekehrten Fall der Überlastung des schmalbandigen Kanals dagegen ein Zuschalten des breitbandigen Kanals zu unterlassen. Ein entsprechendes Steuersignal werde aus Sicht des Fachmanns ersichtlich durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst, da nur dieses den Überblick über die Zustände und Belastungen der Kanäle habe. Erfolge eine Zuschaltung des breitbandigen Kanals, durchliefen die Daten den in Merkmalsgruppe 4.4 beschriebenen Weg. Für den Fachmann ergebe sich bei einem solchen Verfahren weiter die Notwendigkeit, ein Zurückwechseln auf die schmalbandige Übertragung für den Fall vorzusehen, dass die Überlast im breitbandigen Übertragungsweg wegfalle.

K8 sehe für die Satelliten-Übertragung der Rückkanal-Daten vor, dass die Verbindung zwischen Endgerät und Server stets unter Zwischenschaltung des Switches hergestellt werde.

Nicht vorbekannt sei danach lediglich, dass die Daten bei einer terrestrischen Übertragung zwingend den Switch passierten und dass allein dieser prüfe, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine breitbandige Rückkanal-Datenübertragung vorliege.

In der Praxis habe sich hiervon ausgehend dem Fachmann die Aufgabe gestellt, das in der K8 gelehrte Verfahren hinsichtlich der zeitlichen Abläufe und der bei der Datenübertragung entstehenden Kosten zu optimieren. Insoweit habe er bereits der K8 die Anregung entnommen, mit der Übertragung der Rückkanal-Daten im kostengünstigeren schmalbandigen Kanal zu beginnen statt im teureren breitbandigen Satellitenkanal. Eine Anregung hierzu ergebe sich auch aus K9. Diese Druckschrift betreffe dasselbe technische Gebiet der "hybriden Netzwerke" wie das Streitpatent. Die Auffassung der Beklagten, K9 befasse sich nur mit Datenpaketen, nicht aber mit einer L7-Verbindung, treffe nicht zu. Der Fachmann entnehme K9, dass Satellitenkanäle zwar breitbandig, aber mit hohen Verzögerungszeiten behaftet seien, während terrestrische Kanäle zwar schmalbandig arbeiteten, jedoch wesentlich kürzere Verzögerungszeiten aufweisen könnten. Er entnehme K9 ferner unmittelbar und eindeutig, dass man nicht nur einen breitbandigen Kanal als primären Kanal und einen schmalbandigen Kanal als sekundären Überlaufkanal nutzen, sondern auch das umgekehrte Szenario wählen könne. Dies veranlasse den Fachmann, solches auch für eine Anordnung nach K8 in Betracht zu ziehen, zumal dieses Dokument bereits vorsehe, dass die beiden Kanäle einander als Ausweichmöglichkeiten dienen könnten. Zur Steigerung der Effizienz und zur Reduktion der Kosten werde der Fachmann daher den Verkehr zum und vom Server generell über den gemäß der Lehre der K8 bereits mit Intelligenz ausgestatteten Switch lenken, diesen mit der Funktionalität des in K9 beschriebenen Queuing-Switches ausstatten und ihm die Prüfung zuweisen, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Breitband-Übertragung vorliege.

III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nichtstand.

1. Das Patentgericht hat, wie die Berufung zu Recht rügt, den Offenbarungsgehalt der K8 nicht zutreffend bestimmt. In K8 fehlt es nicht nur an einer Vorwegnahme der Merkmale 3 und 4.3, vielmehr sind auch die Merkmale 4.2a und b sowie Merkmal 4.5 nicht offenbart.

a) K8 beschreibt Verfahren und Vorrichtungen zum selektiven Abrufen von Informationen aus einem Server über eine terrestrische oder eine Satelliten-Schnittstelle. Eingangs der Beschreibung der K8 wird zum Hintergrund der Erfindung ausgeführt, dass der Zugang zum Internet regelmäßig auf einem schmalbandigen Weg (insbesondere über eine terrestrische Verbindung) erfolgt, wobei etwa SLIP (Serial Line IP) oder ISDN genutzt wird. Der typische Nutzer sende viel weniger Daten in das Internet als er herunterlade. Häufig wolle er größere Datenmengen aus dem Internet abrufen, weswegen es wünschenswert sei, in eine Richtung - für das Herunterladen von Informationen eine schnelle Verbindung, insbesondere eine Satelliten-Verbindung, bereitzustellen. K8 befasst sich insbesondere mit der Möglichkeit der Nutzung einer schnellen Satelliten-Verbindung zum Herunterladen von Daten, während die herkömmliche langsame Verbindung zur Übermittlung von Daten in das Netzwerk genutzt wird.

Ein erstes Ausführungsbeispiel befasst sich damit, dass das Herunterladen - also die Übertragung von Daten im Rückkanal - stets über die schnelle Verbindung (via Satellit) erfolgt. Ein zweites Ausführungsbeispiel beschreibt die Möglichkeit des Nutzers, für bestimmte Anwendungen das Herunterladen über die terrestrische Verbindung statt über die Satelliten-Verbindung zu wählen (Sp. 1, Z. 57 bis 65, Sp. 13, Z. 23 ff.).

Hierfür soll ein System zum Abruf von Daten von einem Quell-Computer, der mit einem Netzwerk verbunden ist, sowohl eine langsame als auch eine schnelle Verbindung umfassen, die das anfragende Endgerät mit dem Netzwerk verbinden, sowie Mittel, mit denen bestimmt werden kann, ob entweder der schnelle oder der langsame Weg für das Herunterladen der Daten vom QuellComputer zu dem anfragenden Endgerät gewählt wird (Sp. 1, Z. 66 bis Sp. 2, Z. 6). Das Endgerät erstellt dazu ein Daten-Anfrage-Paket, das über die terrestrische Verbindung zum Quell-Computer geschickt wird. Die Mittel zum Auswählen der Verbindung umfassen einen Treiber im Endgerät, der das DatenAnfrage-Paket modifiziert um festzulegen, ob die angeforderten Daten entweder über die schnelle oder über die langsame Verbindung heruntergeladen werden (Sp. 2, Z. 16 bis 20). Das Endgerät umfasst sowohl eine Schnittstelle für den Empfang von Daten über die terrestrische Verbindung als auch eine Schnittstelle für den Empfang von Daten über die Satelliten-Verbindung. Nachstehend ist die Figur 1 der K8 wiedergegeben:

In der Beschreibung des ersten Ausführungsbeispiels wird erläutert, dass alle angefragten Daten über die schnelle Satelliten-Verbindung heruntergeladen werden (Sp. 3, Z. 43 bis Sp. 13 Z. 21). K8 führt hierzu aus, durch welche technische Maßnahmen es erreicht werden kann, dass das Daten-Anfrage-Paket vom Endgerät (110) über die terrestrische Verbindung zum Quell-Computer (140) gesendet wird, die von dort übermittelten Datenpakete dagegen über die Satelliten-Verbindung (160, 170, 175, 180) zum Endgerät gesendet werden.

Nach einem zweiten Ausführungsbeispiel (Sp. 13, Z. 23 bis Sp. 17, Z. 67) soll es möglich sein, die heruntergeladenen Informationen wahlweise über eine schnelle oder eine langsame Verbindung zu empfangen. Ein Bedarf hierfür könne - so die K8 - aus verschiedenen Gründen entstehen. Er könne sich beispielsweise bei Anwendungen ergeben, bei denen die Laufzeit der Daten wichtig sei, weshalb der Weg über die terrestrische Verbindung bevorzugt werde, die eine kürzere Laufzeit als die Satelliten-Verbindung aufweise, oder daraus, dass die Nutzung der Satelliten-Verbindung teuer sei, so dass der Nutzer hierauf aus Kostengründen für Anwendungen verzichte, bei denen die schmalbandige Verbindung ausreiche. Um solchen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, solle der Nutzer die Möglichkeit haben, die Satelliten-Verbindung wahlweise zu umgehen und die terrestrische Verbindung zu nutzen, um Informationen aus dem Internet zu erlangen (Sp. 13, Z. 36 bis Sp. 14 Z. 2).

K8 erläutert dies näher dahin, dass das Endgerät beispielsweise eine graphische Benutzer-Schnittstelle aufweisen kann, die dem Nutzer erlaubt, eine Liste von Anwendungen zu erstellen, für die die terrestrische Verbindung genutzt wird. Vorzugsweise werde dem Nutzer ermöglicht, während laufender Nutzung ("on the fly") festzulegen, dass alle Anwendungen oder aber eine bestimmte Anwendung über den terrestrischen Weg laufen soll(en) (Sp. 14, Z. 35 bis 45). Ferner könne vorgesehen werden, dass das Endgerät automatisch die terrestrische Verbindung wähle, wenn die Satelliten-Verbindung nicht richtig funktioniere (Sp. 14, Z. 46 bis 53 und Sp. 17, Z. 57 bis 59). In ähnlicher Weise könne der Hybrid-Gateway feststellen, dass die Satelliten-Verbindung überlastet sei und daraufhin einen Teil der Daten über die terrestrische Verbindung leiten, um die Überlastung zu verringern. Dazu könnten ausgewählte Datenpakete, die der Hybrid-Gateway empfange, modifiziert und in das Internet zurückgeschickt werden, um sie über die terrestrische Verbindung umzuleiten (Sp. 14, Z. 53 bis 59 und Sp. 17, Z. 5 bis 49). Satelliten-Verbindung und terrestrische Verbindung könnten schließlich zur Problembehebung im System dienen. So könne die Satelliten-Verbindung als Ausweichmöglichkeit genutzt werden, wenn die terrestrische Verbindung ausfalle und umgekehrt (Sp. 14 Z. 60 bis 64).

K8 beschreibt sodann näher die Wege, die die Daten nehmen, wenn die Möglichkeit besteht, zwischen der terrestrischen und der Satelliten-Verbindung zu wählen und nimmt hierbei Bezug auf die nachstehend abgebildete Figur 15:

Sollen die Daten über die Satelliten-Verbindung heruntergeladen werden, nimmt das Daten-Anfrage-Paket den Weg A, die angeforderten Daten nehmen den Weg B (Sp. 15, Z. 13 bis 31). Sollen die Daten dagegen über die terrestrische Verbindung heruntergeladen werden, nimmt das Daten-Anfrage-Paket den Weg C, die angeforderten Daten nehmen den Weg D (Sp. 15, Z. 32 ff.).

b) K8 geht insofern von einer anderen Situation aus als das Streitpatent, als die Übermittlung von Daten im Rückkanal über eine breitbandige Verbindung der Regelfall ist. Dabei soll dem Nutzer, wie im zweiten Ausführungsbeispiel beschrieben, die Möglichkeit eröffnet werden, für einzelne Anwendungen oder Gruppen von Anwendungen ausnahmsweise eine schmalbandige Übertragung auch im Rückkanal zu wählen. Die Übertragung von Daten im Rückkanal in einer bestimmten Anwendung soll danach grundsätzlich entweder breitbandig oder aber schmalbandig erfolgen. Dabei soll es möglich sein, den Übertragungsweg entweder im Vorhinein zu wählen oder während einer laufenden Anwendung ("on the fly") zu wechseln. K8 beschreibt ferner verschiedene Situationen, in denen ein solcher Wechsel nicht vom Nutzer veranlasst wird, sondern automatisch erfolgt, etwa bei einem Versagen eines Verbindungswegs.

aa) K8 mag zu entnehmen sein, dass es möglich sein soll, Daten einer bestimmten Anwendung zunächst nur im breitbandigen Übertragungsweg zu übermitteln und sodann - bei bestehender L7-Verbindung - eine schmalbandige Übertragung zuzuschalten.

In der von der Klägerin hierfür herangezogenen Passage der Beschreibung (K8, Sp. 14, Z. 53 bis 59) heißt es, dass der Hybrid-Gateway, der dem Switch im Streitpatent entspricht, im Fall einer Überlastung der breitbandigen Verbindung zu deren Entlastung einen Teil der Daten ("a portion of the data")über die terrestrische Verbindung lenken könne. Hierzu sollen ausgewählte Datenpakete, die der Hybrid-Gateway empfängt, geändert und in das Internet zurückgeschickt werden, damit sie über die terrestrische Verbindung geleitet werden. Dies lässt auch ein Verständnis zu, wonach die Gesamtheit der innerhalb der betroffenen Anwendung zu übertragenden Datenpakete aufgeteilt wird in einen Teil, der über die Satelliten-Verbindung, und einen anderen Teil, der über die terrestrische Verbindung geleitet wird. Damit offenbart K8 ein Zuschalten einer Übertragung im schmalbandigen Kanal während der bestehenden L7Verbindung.

bb) Dagegen ist der Übergang von einer nur schmalbandigen Übertragung zu einer Kombination von schmalbandiger und breitbandiger Übertragung, also die Zuschaltung einer breitbandigen Übertragung, in K8 nicht vorweggenommen. K8 offenbart damit nicht, dass während einer bestehenden L7Verbindung und damit innerhalb einer bestimmten Anwendung eine breitbandige Übertragung zugeschaltet wird.

cc) Nicht offenbart ist ferner Merkmal 4.5. K8 verhält sich nicht dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen das Herunterladen von Daten über die schmalbandige Verbindung wegfällt, die Zuschaltung also wieder aufgehoben wird und die angeforderten Daten nur noch über die breitbandige Verbindung übermittelt werden. Ebenso wenig enthält K8 Ausführungen zu einem Zurückwechseln auf eine nur schmalbandige Übertragung.

dd) Auch an einer Vorwegnahme der Merkmale 3, 4.2a und 4.2b fehlt es. Die Übertragung von Daten in der L7-Verbindung zwischen dem Endgerät und dem Server (dem Quell-Computer) erfolgt nach K8 nicht stets unter Zwischenschaltung des Switches. Der Hybrid-Gateway ist vielmehr nicht involviert, wenn von vornherein der terrestrische Übertragungsweg gewählt wird. Für diesen Fall erfolgt die Datenübertragung im Rückkanal über den aus Figur 15 ersichtlichen Weg D und im Hinkanal über den Weg C. Beide schließen den Hybrid-Gateway nicht ein.

2. Die Beurteilung des Patentgerichts, der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen, erweist sich danach ebenfalls als unzutreffend.

a) Die in K8 enthaltenen Ausführungen haben den Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht nahegelegt.

K8 sieht vor, dass die Übertragung von Rückkanal-Daten grundsätzlich breitbandig erfolgt. Die Entgegenhaltung beschreibt zudem die Möglichkeit, für die Übertragung der Daten ausnahmsweise den terrestrischen Kanal zu wählen und erläutert, dass dies etwa im Hinblick auf die mit der durch die bei der Übertragung per Satellit verbundene Laufzeitverzögerung in Betracht kommen kann, wenn es für eine Anwendung besonders auf eine kurze Laufzeit ankommt (Sp. 13, Z. 38 bis 46). Schließlich spricht die K8 neben der Möglichkeit, bei Problemen in einer Verbindungsart auf die andere zu wechseln, auch die Möglichkeit an, zur Behebung solcher Probleme auf dem breitbandigen Übertragungsweg eine schmalbandige Übertragung zuzuschalten (Sp. 14, Z. 53 bis 59).

Hieraus ergab sich jedoch für den Fachmann keine Anregung zur Entwicklung eines Verfahrens, das dem Nutzer die Möglichkeit bietet, flexibel, nach seinen jeweiligen Prioritäten, zwischen den verschiedenen Übertragungswegen zu wechseln oder diese zu kombinieren und solche Maßnahmen auch wieder rückgängig zu machen. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf das Interesse des Fachmanns daran geboten, dass das Verfahren auch eine minimale Laufzeitverzögerung ermöglichen solle. Wie bereits ausgeführt spricht K8 diesen Gesichtspunkt an, schlägt hierzu aber lediglich vor, ausnahmsweise eine terrestrische Übertragung der Rückkanal-Daten zu wählen.

Der Auffassung des Patentgerichts steht zudem entgegen, dass ein Verfahren nach dem Gegenstand von Patentanspruch 1 eine Ausgestaltung des schmalbandigen Übertragungswegs erfordert, bei der die Stelle einbezogen ist, die die entsprechenden Signale auswertet. Nach der in K8 beschriebenen Vorgehensweise ist jedoch der Hybrid-Gateway als Stelle, die eine Änderung der Übertragungsart steuern kann, nur in den Satellitenübertragungsweg eingeschaltet. Eine Anregung, auch für den Fall, in dem sich der Nutzer für eine Übertragung der Rückkanal-Daten auf dem terrestrischen Weg entscheidet, den Hybrid-Gateway in den Übertragungsweg einzubeziehen, gibt K8 nicht. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, dies ergebe sich aus fachlicher Sicht aus der Lektüre der K8 zwangsläufig, steht dem entgegen, dass sowohl nach der Beschreibung als auch nach Figur 15 der K8 die auf terrestrischem Weg übertragenen Rückkanal-Daten gerade nicht über den Hybrid-Gateway laufen.

b) Eine Anregung zu einer Entwicklung in diese Richtung erhält der Fachmann auch nicht aus K9.

aa) Dieser Aufsatz befasst sich mit der Frage, wie ein möglichst effektiver Verkehr der Datenpakete in einem Paketvermittlungsnetz erreicht werden kann. Hierzu wird eingangs geschildert, dass Verzögerungen im Paketvermittlungsnetz insbesondere durch begrenzte Kanalkapazitäten und durch Laufzeitverzögerungen bewirkt werden. Terrestrische Kanäle wiesen eine geringe Laufzeitverzögerung, aber begrenzte Kapazitäten auf. Dagegen seien Satellitenkanäle von höherer Kapazität, doch ergäben sich daraus, dass sie sich im geostationären Orbit befinden, erhebliche Laufzeitverzögerungen. Die Autoren führen hierzu aus, es sei bevorzugt, Pakete grundsätzlich über einen terrestrischen Kanal zu senden, solange dieser ausreichende Kapazitäten bereitstelle. Bei erhöhtem Datenverkehr könne es aber sinnvoll sein, einen Satellitenkanal als Überlaufkanal einzusetzen, um die Leistungsfähigkeit des gesamten Netzwerks zu erhöhen. Bei Überschreiten eines bestimmten Schwellwerts würden die ansonsten im terrestrischen Netzwerk übertragenen Pakete sowohl im Satellitenkanal als auch im terrestrischen Kanal befördert (S. 808, r. Sp. oben). In dem Aufsatz wird sodann ein mathematisch-statistisches Modell vorgestellt, mit dem besser erfasst werde, unter welchen Randbedingungen die Leistungsfähigkeit des Netzwerks durch Einschalten eines Satelliten-Überlaufkanals erhöht werde, wobei auch der Fall einbezogen ist, dass ein Satellitenkanal als Überlauf für mehrere terrestrische Kanäle dient. Mit diesem Modell soll es möglich sein, die Beziehung zwischen dem Durchsatz von Datenpaketen und der Verzögerungszeit bei zeitweiliger Überlastung der terrestrischen Kanäle besser zu bestimmen.

bb) K9 enthält zwar den Hinweis, dass ein Paketnetzwerk so ausgestaltet werden könne, dass entweder der Satellitenkanal als primärer Kanal und ein terrestrischer Kanal als Überlaufkanal vorgesehen werden könne oder aber umgekehrt zu verfahren sei. Der Aufsatz erörtert jedoch ganz allgemein, wie die Leistungsfähigkeit eines Paketvermittlungsnetzes erhöht werden könne. Er befasst sich nicht mit einer Ebene-7-Verbindung und auch nicht speziell mit der Übertragung von Daten im Rückkanal, sondern mit Vorgängen in der Ebene 4 des OSI-Modells. Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann die K9 dahin versteht, dass sie von der Datenübertragung innerhalb einer bestimmten L7Verbindung als einfachstem Fall ausgehe, hat die Berufungserwiderung nicht aufgezeigt. Aus K9 erhielt der Fachmann mithin keine Anregung, ein Verfahren vorzuschlagen, das innerhalb einer bestimmten Verbindung die Zuschaltung eines breitbandigen Übertragungswegs für Rückkanal-Daten ermöglicht. Schließlich zeigt K9 weder einen Switch noch befasst sich der Aufsatz mit der Ausgestaltung der verschiedenen Übertragungswege, insbesondere damit, dass die Datenübertragung in beide Richtungen auf beiden Wegen stets unter Einschaltung des Switches vonstattengeht.

c) Der abweichenden Beurteilung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 3. November 2009, die das parallele europäische Patent 998 093 widerrufen hat (Anlage K4), vermag der Senat nicht beizutreten.

aa) Die Technische Beschwerdekammer hat den Gegenstand von Patentanspruch 1 des europäischen Patents auch in der dort als Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung, die mit dem Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents nahezu identisch ist, als nicht patentfähig angesehen. Sie hat angenommen, ausgehend von K8 - dort D23 - als nächstliegendem Stand der Technik stelle sich dem Fachmann die objektive Aufgabe einer dynamischen Festlegung der Bandbreite einer Anwendungsverbindung. Zwar lasse K8 nicht eindeutig erkennen, ob generell von einem Umschalten zwischen einer Übertragung über Satellit oder einer terrestrischen Übertragung oder auch von einem Zuschalten ausgegangen werden könne. Jedoch werde der Durchschnittsfachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens vor dem Hintergrund eines Routens von ausgewählten Datenpaketen für die Übertragung solcher Pakete über den schmalbandigen Kanal nicht extra den breitbandigen Kanal abschalten, sondern eine Nutzung beider Kanäle in Betracht ziehen, weil ein Abbau und Aufbau der Breitbandkanal-Verbindung viel zu aufwändig und uneffektiv wäre. Damit habe für den Fachmann ein Zuschalten eines zusätzlichen Übertragungskanals nahegelegen. Hiervon ausgehend stelle sich dem Fachmann die weitere unabhängige objektive Teilaufgabe, die Zeitverzögerung der Datenübertragung zu minimieren, was es nahelege, die Möglichkeit vorzusehen, bei einer zunächst schmalbandigen Übertragung von Rückkanal-Daten eine Übertragung im Breitbandkanal zuzuschalten.

bb) Diese Einschätzung vermag der Senat nicht zu teilen. Ihr liegt die Annahme der Technischen Beschwerdekammer zugrunde, dem Fachmann stelle sich ausgehend von K8 die Aufgabe einer dynamischen Festlegung der Bandbreite einer Anwendungsverbindung. Diese Annahme steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, nach welcher die Definition des technischen Problems nicht dazu dient, eine Vorentscheidung über die Frage der Patentfähigkeit zu treffen. Danach ist es weder zulässig, Elemente, die zur patentgemäßen Lösung gehören, bei der Formulierung der Aufgabe zu berücksichtigen, noch darf ohne weiteres unterstellt werden, dass dem Fachmann die Befassung mit einer bestimmten Aufgabenstellung nahegelegt war (BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - X ZR 41/13, GRUR 2015, 352 Rn. 15 ff. mwN - Quetiapin). Die Frage, welche Anregung sich für den Fachmann aus dem Stand der Technik ergibt, ist vielmehr erst bei der Prüfung der Patentfähigkeit zu stellen. Wie bereits ausgeführt ergibt sich aus K8 keine Anregung zu einer Weiterentwicklung des dort beschriebenen Verfahrens zum Gegenstand von Patentanspruch 1. Von einer dynamischen Festlegung der Bandbreite ist dort keine Rede, vielmehr ist die Übermittlung von Daten auf einem anderen Rückkanal dort nur für bestimmte Ausnahmefälle, insbesondere für den Fall vorgesehen, dass in dem eigentlich bestimmten Rückkanal Schwierigkeiten auftreten.

cc) Der Senat teilt weiterhin nicht die Auffassung der Technischen Beschwerdekammer, K8 nehme auch Merkmal 3 vorweg. K8 offenbart nicht, dass die Herstellung der L7-Verbindung zwischen dem Endgerät und dem Server stets unter Zwischenschaltung eines Switches erfolgt. Sowohl aus Figur 15 als auch in der zugehörigen Beschreibung ergibt sich, dass die Rückkanal-Daten im terrestrischen Kanal über den Weg "D" laufen, der gerade nicht den HybridGateway einbezieht. Dem steht nicht entgegen, dass der Hybrid-Gateway in bestimmten Situationen veranlassen kann, dass Daten nicht über den breitbandigen, sondern über den terrestrischen Rückkanal geleitet werden (Sp. 17, Z. 5 ff.).

dd) Die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer enthält schließlich keine Ausführungen dazu, inwiefern Merkmal 4.5 durch K8 vorweggenommen oder nahegelegt worden ist.

IV. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 20. Oktober 2015

Vorinstanz: BPatG, vom 15.05.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ni 81/11