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BFH - Entscheidung vom 21.05.2015

IV R 15/12

Normen:
§ 6 Abs 1 Nr 2 S 3 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 6 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 52 Abs 16 S 2 EStG 1997 vom 24.03.1999
Art 20 Abs 3 GG
StEntlG 1999/2000/2002
§ 52 Abs 16 S 3 EStG 1997 vom 24.03.1999
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4

BFH, Urteil vom 21.05.2015 - Aktenzeichen IV R 15/12

DRsp Nr. 2015/16858

Ertragsteuerliche Behandlung von Gewinnausschüttungsansprüchen aufgrund übertragener Geschäftsanteile an einer GmbH

NV: Auch unter Berücksichtigung der Beschlüsse des BVerfG vom 7. Juli 2010 ( 2 BvL 14/02, BVerfGE 127, 1 , 18; 2 BvL 1/03, BVerfGE 127, 31 , 48; 2 BvR 748/05, BVerfGE 127, 61 , 77) und 10. Oktober 2012 ( 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 ) verstoßen § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG idF des StEntlG 1999/2000/2002 (vom 24. März 1999, BGBl I 1999, 402 ) nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG (Bestätigung des BFH-Urteils vom 25. Februar 2010 IV R 37/07, BFHE 229, 122 , BStBl II 2010, 784 ).

Liegt im Zeitpunkt der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft noch kein Gewinnverwendungsbeschluss vor, so kommt eine Abspaltung der Ausschüttungsansprüche nicht in Betracht (BFH - I R 199/84 - 21.05.1996). Entsprechend kann ein Gesellschafter Gewinnansprüche aus einer am Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung einer Tochtergesellschaft grundsätzlich nicht aktivieren.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. März 2012 3 K 989/06 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Normenkette:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4;

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die früheren Gesellschafter der inzwischen auf die … GmbH (GmbH) verschmolzenen … GbR (GbR), die ihren Gewinn nach § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes ( StEntlG ) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402 ) —EStG— durch Bestandsvergleich ermittelte.

Die Geschäftsanteile an der GmbH im Nennwert von 100.000 DM sowie die wesentlichen Geschäftsgrundlagen eines Einzelunternehmens, welches einer der Verkäufer zuvor als Besitzunternehmen in einer Betriebsaufspaltung mit der GmbH betrieben hatte, erwarben die Kläger als Gesellschafter der GbR mit Anteilsübertragungsvertrag vom 11. Dezember 1998. Im Rahmen der Kaufpreisverhandlungen hatten sich die Vertragsparteien zunächst darauf geeinigt, dass der Wert der GmbH-Anteile zum Übertragungsstichtag bei 300.000 DM liegen sollte. Die Gewinnansprüche aus den Jahren 1997 und 1998 sollten dabei noch an die Verkäufer ausgeschüttet werden. Da die Kläger davon ausgingen, dass die steuererhöhende Ausschüttung der Dividenden von der GmbH durch eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf Ebene der GbR neutralisiert werden könne, verwarfen sie die ursprünglich angestrebte Gestaltung und einigten sich darauf, dass die Gewinnansprüche aus den Jahren 1997 und 1998 gegen eine Erhöhung des Kaufpreises für die Geschäftsanteile von 300.000 DM auf 500.000 DM an die Kläger mitveräußert wurden. Übertragungsstichtag war der 27. Dezember 1998, 24 Uhr. Der Kaufpreis sollte die bis zum 31. Dezember 1997 gezeigten Gewinnvorträge und eventuellen Gewinnrücklagen der GmbH umfassen. Darüber hinaus sollte er auch den Handelsbilanzgewinn der GmbH für das Wirtschaftsjahr 1998 abdecken.

Am 29. Dezember 1998 erfolgte eine Gewinnausschüttung seitens der GmbH an die GbR in Höhe von 342.857,14 DM. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus den Ausschüttungsbeträgen für 1997, einer Vorabausschüttung für 1998 und der Körperschaftsteuerminderung. Bei Aufstellung der Bilanz der GbR zum 31. Dezember 1998 wurde in Höhe der Gewinnausschüttung eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung in Höhe von 342.857,14 DM auf die Anteile an der GmbH vorgenommen. Diese hatten danach in der Bilanz der GbR zum Stichtag 31. Dezember 1998 einen Buchwert von 169.678,03 DM (Anschaffungskosten 512.535,17 DM ./. Teilwertabschreibung 342.857,14 DM). In einer später für das Jahr 1998 durchgeführten Außenprüfung erkannte die Prüferin die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung zwar an, im Wege einer tatsächlichen Verständigung einigten sich die GbR und die Prüferin allerdings darauf, dass der Teilwert der Beteiligung an der GmbH zum Stichtag 31. Dezember 1998 300.000 DM betragen habe. Entsprechend kürzte die Prüferin die Teilwertabschreibung der GbR um 130.321,97 DM, sodass diese insgesamt 212.535,17 DM gewinnmindernd ansetzen konnte.

Im Streitjahr (1999) zahlte die GbR einen weiteren Kaufpreis für die Beteiligung an der GmbH in Höhe von 48.171,57 DM. In der Bilanz zum 31. Dezember des Streitjahres setzte die GbR die Beteiligung unverändert mit 300.000 DM an.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) veranlagte die GbR im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung 1999 vom 22. März 2001 zunächst erklärungsgemäß. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer allerdings die Auffassung, die aufwandswirksame Behandlung der im Streitjahr gezahlten Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der GmbH in Höhe von 48.171,57 DM sei nicht zulässig. Er erhöhte den Gewinn der GbR entsprechend und gelangte weiter zu dem Ergebnis, dass der Gewinn der GbR wegen einer Wertaufholung auf die Beteiligung an der GmbH gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG zu erhöhen sei. Im Veranlagungszeitraum 1998 sei unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verständigung auf den Teilwert in Höhe von 300.000 DM eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung in Höhe von 212.535,17 DM anerkannt worden. Der Gewinn des Streitjahres sei aufgrund der eingetretenen Wertaufholung aber um diesen Betrag zu erhöhen. Die GbR könne in Höhe von vier Fünfteln des Zuschreibungsbetrags (170.028,13 DM) eine Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG bilden. Insgesamt erhöhte der Prüfer den Gewinn aus der Wertaufholung um 212.535,17 DM ./. 170.028,13 DM = 42.507,04 DM. Dem folgte das FA und erließ unter dem 6. Oktober 2004 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1999.

Dagegen erhob die GbR nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage vor dem Finanzgericht (FG). Das FG erhob zunächst Beweis über die Höhe des Teilwerts der Beteiligung an der GmbH zum 31. Dezember 1999 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Gutachter ermittelte zum Bilanzstichtag einen Wert der Beteiligung in Höhe von 1.229.000 DM. Die GbR erklärte deshalb in der mündlichen Verhandlung vor dem FG, sie erkenne an, dass der Teilwert der Beteiligung zum 31. Dezember des Streitjahres jedenfalls den Betrag der insgesamt gezahlten Anschaffungskosten in Höhe von 560.706,92 DM erreiche.

Das FG wies die Klage in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 19 veröffentlichten Urteil im noch verbliebenen Umfang als unbegründet ab. Das FA sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger die Anteile an der GmbH als einheitliches Wirtschaftsgut erworben und diese im Jahr 1998 in die GbR eingelegt hätten. Es habe auch ohne Rechtsfehler eine Teilwertabschreibung für die im Streitjahr gezahlte Kaufpreiserhöhung in Höhe von 48.171,57 DM verneint und den Gewinn der GbR entsprechend erhöht. Auch die Wertaufholung auf die Beteiligung an der GmbH in Höhe von 212.535,17 DM, die unter Berücksichtigung der gebildeten Wertaufholungsrücklage in Höhe von 170.028 DM zu einer Gewinnerhöhung im Streitjahr in Höhe von 42.507 DM geführt habe, sei rechtmäßig. Es bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG .

Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, mit welcher sie die Verletzung materiellen Rechts geltend machen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2006 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung 1999 vom 6. Oktober 2004 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn/Verlust 1999 ohne Gewinnerhöhung aus der Wertaufholung für die Beteiligung an der GmbH in Höhe von 42.507 DM und unter Berücksichtigung einer Gewinnminderung für eine weitere Teilwertabschreibung in Höhe von 48.171,57 DM auf die Beteiligung an der GmbH festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger die Anteile an der GmbH als einheitliches Wirtschaftsgut erworben haben (dazu 1.) und dass eine Teilwertabschreibung für die im Streitjahr gezahlte Kaufpreiserhöhung nicht zulässig war (dazu 2.). Es hat auch zu Recht angenommen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer Wertaufholung auf die Beteiligung an der GmbH vorlagen (dazu 3.) und dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG nicht bestehen (dazu 4.).

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger durch den Anteilsübertragungsvertrag vom 11. Dezember 1998 lediglich Anteile an der GmbH, nicht hingegen daneben auch Gewinnausschüttungsansprüche erworben haben.

a) Liegt im Zeitpunkt der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft noch kein Gewinnverwendungsbeschluss vor, so kommt eine Abspaltung der Ausschüttungsansprüche nicht in Betracht (Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 21. Mai 1986 I R 199/84, BFHE 147, 44 , BStBl II 1986, 794 ). Entsprechend kann ein Gesellschafter Gewinnansprüche aus einer am Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung einer Tochtergesellschaft grundsätzlich nicht aktivieren (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. August 2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339 , BStBl II 2000, 632 ; BFH-Urteile vom 20. Dezember 2000 I R 50/95, BFHE 194, 185 , BStBl II 2001, 409 ; vom 28. Februar 2001 I R 48/94, BFHE 195, 189 , BStBl II 2001, 401 ; vom 7. Februar 2007 I R 15/06, BFHE 216, 541 , BStBl II 2008, 340 ).

b) Zwar können nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 192, 339 , BStBl II 2000, 632 in äußerst seltenen Fällen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 541 , BStBl II 2008, 340 ) Gewinnausschüttungsansprüche ausnahmsweise (phasengleich) als eigenständige Wirtschaftsgüter zu aktivieren sein. Dazu ist es allerdings erforderlich, dass zum Bilanzstichtag ein Gewinn auszuweisen und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn bekannt ist und anhand objektiver Gesichtspunkte nachgewiesen werden kann, dass die Gesellschafter der ausschüttenden Gesellschaft am Bilanzstichtag endgültig entschlossen waren, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Überdies muss sich die Ausschüttungsabsicht des (beherrschenden) Gesellschafters auf einen genau festgelegten Betrag beziehen, wofür es nicht ausreicht, dass die Höhe des auszuschüttenden Betrags nur ungefähr feststeht und seine exakte Bezifferung von erst in der Zukunft erkennbaren Umständen abhängig ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 194, 185 , BStBl II 2001, 409 , und in BFHE 216, 541 , BStBl II 2008, 340 ).

c) Ausgehend von den vorstehenden Rechtsgrundsätzen und auf Grundlage der —den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden— Feststellungen des FG musste danach im Streitfall eine Aktivierung von Gewinnansprüchen ausscheiden.

aa) Der im Anteilsübertragungsvertrag vom 11. Dezember 1998 vereinbarte Kaufpreis für die Anteile an der GmbH betrug nach den Feststellungen des FG 500.000 DM und sollte die "bis zum 31. Dezember 1997 gezeigten Gewinnvorträge und eventuellen Rücklagen der GmbH" umfassen. Schon aus dieser Vereinbarung ergibt sich, dass im Veräußerungszeitpunkt (27. Dezember 1998, 24 Uhr) noch keine aktivierungsfähigen Ausschüttungsansprüche bestanden.

bb) Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im Rahmen der Kaufvertragsverhandlung der Erwerb der Beteiligung und derjenige des Gewinnbezugsrechts zunächst getrennt verhandelt und bestimmt worden sind, denn maßgeblich für die Bilanzierung ist alleine das endgültig vereinbarte Veräußerungsgeschäft. Angesichts des eindeutigen Inhalts des Anteilsübertragungsvertrages ist auch für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise kein Raum.

cc) Das FG hat zudem festgestellt, dass die maßgeblichen Gewinnverwendungsbeschlüsse für die Ausschüttung des Gewinns des Jahres 1997 und die Vorabausschüttung des Jahres 1998 erst nach diesem Zeitpunkt gefasst und die entsprechenden Ausschüttungen ebenfalls erst danach durchgeführt wurden. Selbst wenn die Voraussetzungen, die nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 192, 339 , BStBl II 2000, 632 an eine vorzeitige Aktivierung von Gewinnausschüttungsansprüchen zu stellen sind, vorlägen, würde dies deshalb nichts daran ändern, dass die Ansprüche erst nach dem maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt —und damit unabhängig vom Veräußerungsvorgang— zu aktivieren gewesen wären.

2. Soweit die Kläger vor dem FG die Auffassung vertreten haben, es sei eine Teilwertabschreibung auf die GmbH-Beteiligung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Höhe der im Streitjahr gezahlten weiteren Anschaffungskosten von 48.171,57 DM (nachträgliche Kaufpreiserhöhung) vorzunehmen, haben sie diesen Einwand im Revisionsverfahren nicht mehr weiter vertieft. An der dafür erforderlichen dauernden Wertminderung der Beteiligung zum Bilanzstichtag fehlt es nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten und mit dem FG schon deshalb, weil ausweislich des vom FG eingeholten Sachverständigengutachtens der Teilwert der Beteiligung zum 31. Dezember 1999 den Wert der bis dahin angefallenen Anschaffungskosten und Nebenkosten in Höhe von insgesamt 560.706,92 DM jedenfalls nicht unterschritten hat. Dies haben die Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem FG auch eingeräumt. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen —insbesondere zu den "Nachwirkungen" der Teilwertabschreibung des Jahres 1998— ab.

3. Das FG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitjahr nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG eine Wertaufholung auf die GmbH-Beteiligung in Höhe von 212.535,17 DM vorzunehmen und unter Berücksichtigung der Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG ein Gewinn in Höhe von 42.507 DM zu erfassen war.

a) § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG sieht erstmals für nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre (§ 52 Abs. 16 Satz 2 EStG ) vor, dass Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Vermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, zwingend mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten sind, wenn nicht der Steuerpflichtige einen niedrigeren Teilwert nachweist. Teilwertabschreibungen aus den Folgejahren sind also durch eine Zuschreibung bis zur Obergrenze der Anschaffungs- oder Herstellungskosten rückgängig zu machen, soweit nicht der Steuerpflichtige auch im jeweiligen Folgejahr einen niedrigeren Teilwert am Bilanzstichtag nachweisen kann (steuerliches Wertaufholungsgebot; vgl. BFH-Urteil vom 24. April 2007 I R 16/06, BFHE 218, 102 , BStBl II 2007, 707 ). Nach der Übergangsbestimmung des § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG kann im Erstjahr der Anwendung des Wertaufholungsgebots eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage von vier Fünfteln des Wertaufholungsbetrages gebildet werden, die in den Folgejahren mit jeweils mindestens einem Viertel gewinnerhöhend aufzulösen ist.

b) Auf Grundlage der Feststellungen des FG sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG im Streitjahr und bezogen auf die vom FA vorgenommene Wertaufholung auf die GmbH-Beteiligung erfüllt, denn der zum 1. Januar des Streitjahres in der GbR-Bilanz ausgewiesene Teilwert der Beteiligung in Höhe von 300.000 DM hatte sich zum 31. Dezember des Streitjahres nach den Ausführungen unter II.2. auf einen solchen von mindestens 560.706,92 DM erholt.

aa) Die Kläger berufen sich vergeblich darauf, dass die einkommenserhöhende Wertaufholung einen vorherigen einkommensmindernden Wertabschlag voraussetze. Einen derartigen Rechtsgrundsatz gibt es nicht. Die einkommenswirksame Wertaufholung eines Beteiligungswerts umfasst gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG auch eine frühere ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf den Buchwert der Beteiligung, die nicht einkommenswirksam war (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2009 I R 1/09, BFHE 226, 231 , BStBl II 2010, 225 ). Es existiert insofern auch kein —einen vorherigen einkommensmindernden Wertabschlag erforderndes— übergreifendes Regelungskonzept des Gesetzgebers (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 2008 I R 19/08, BFHE 223, 258 , BStBl II 2010, 301 ).

bb) Die Wertaufholung war auch nur —wie vom FA gehandhabt— in Höhe von 212.535,17 DM vorzunehmen, denn die Differenz zwischen dem Buchwert der GmbH-Beteiligung zum 1. Januar 1999 (300.000 DM) und den bis zum 31. Dezember 1999 insgesamt aufgewendeten Anschaffungskosten (560.706,92 DM) in Höhe von 260.706,92 DM war noch um die erst im Jahr 1999 aufgewendeten weiteren —bereits nach Maßgabe der Ausführungen unter II.2. nicht gewinnmindernd zu berücksichtigenden— Anschaffungskosten in Höhe von 48.171,57 DM zu kürzen. Auf die vom FG bejahte Frage, ob Anschaffungsvorgänge im Rahmen der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG erfolgsneutral zu behandeln sind, weil sie nicht zu einer Gewinnrealisierung führen, kam es angesichts der Handhabung des FA nicht an.

c) Die Beteiligten haben die Gewinnerhöhung aus der Wertaufholung in Höhe von 212.535,17 DM nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG im Streitjahr als Erstjahr der Anwendung des Wertaufholungsgebots in eine Wertaufholungsrücklage in Höhe von vier Fünfteln des Wertaufholungsbetrages einbezogen. Hieraus ergibt sich die angesetzte Gewinnerhöhung in Höhe von einem Fünftel des vorgenannten Betrages (gerundet 42.507 DM).

4. Entgegen der Einlassung der Kläger verstößt das Wertaufholungsgebot auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalls nicht gegen Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes ( GG ).

a) Der Senat hat bereits mit Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 37/07 (BFHE 229, 122 , BStBl II 2010, 784 ) entschieden, dass das durch das StEntlG 1999/2000/2002 eingeführte Wertaufholungsgebot verfassungsgemäß und auch insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, als davon Teilwertabschreibungen erfasst werden, die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung vorgenommen worden sind. Er hat dabei insbesondere deutlich gemacht, dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG nicht zu einem Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG führt, soweit davon auch Wertaufholungen aus der Zeit vor Inkrafttreten der geänderten Vorschriften erfasst werden.

b) Soweit die Kläger rügen, im Streitfall begründeten in ihrer Person vorliegende subjektive Elemente eine anzuerkennende "Besonderheit" im Sinne des BFH-Urteils in BFHE 229, 122 , BStBl II 2010, 784 , weil sie die GmbH-Beteiligung inklusive der ausschüttbaren Gewinnrücklagen nur in Erwartung einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung ohne spätere Wertaufholung erworben hätten, ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

aa) Der Senat hat im vorgenannten Urteil in BFHE 229, 122 , BStBl II 2010, 784 (unter II.2.c bb der Entscheidungsgründe) deutlich gemacht, dass sich die Erfassung auch früherer Wertaufholungen aus dem formellen Bilanzenzusammenhang ergibt und dass diese —abweichend von dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung erfolgende— periodenübergreifende Gewinnerfassung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, sofern nicht im Einzelfall die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu einem anderen Ergebnis führen. Er hat dazu aber weiter klargestellt, dass ein allgemeines Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand des geltenden Rechts für eine Berufung auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht genügt, und dass die Möglichkeit, dass der Steuerpflichtige Teilwertabschreibungen nicht vorgenommen oder von dem Wahlrecht zur Wertaufholung schon früher Gebrauch gemacht hätte, wenn er mit der Rechtsänderung gerechnet hätte, einer Anwendung der Vorschriften über die Wertaufholung nicht entgegensteht.

bb) Es mag insofern zwar sein, dass es den Klägern gerade auf die vor dem Inkrafttreten des Wertaufholungsgebotes noch mögliche Herabsetzung der historischen Anschaffungskosten angekommen ist; dieser subjektive Umstand stellt indessen keinen besonderen Umstand des Vertrauensschutzes dar. Dies folgt in Übereinstimmung mit dem FG daraus, dass die GbR die Gewinnausschüttung mittels der vorgenommenen Teilwertabschreibung trotz des Eingreifens des Wertaufholungsgebots im Jahr 1998 unversteuert vereinnahmen konnte. Die Wertaufholung im Folgejahr führte insoweit nur dazu, dass die ansonsten ausschüttungsbedingt eintretende Minderung des Anteilswerts neutralisiert wurde, wodurch sich der reduzierte Buchwert nicht erst im Zeitpunkt des Ausscheidens der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen in Form eines dann höheren Veräußerungs- oder Entnahmegewinns auswirken konnte. Die Erwartung, zwischenzeitliche Wertaufholungen erst im Zeitpunkt des Ausscheidens der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen versteuern zu müssen, unterscheidet sich nicht von der Erwartung desjenigen, der eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung vor Inkrafttreten des Wertaufholungsgebots vorgenommen und sich darauf verlassen hat, dass anschließende Wertaufholungen nicht vor Veräußerung oder Entnahme der Beteiligung zu versteuern sein würden.

c) Nichts anderes ergibt sich im Übrigen, soweit das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (BVerfGE 127, 1 ), 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 (BVerfGE 127, 31 ), 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (BVerfGE 127, 61 ) und vom 10. Oktober 2012 1 BvL 6/07 (BVerfGE 132, 302 ) ausgeführt hat, eine unechte Rückwirkung sei mit den Grundsätzen des grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur dann vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich sei und bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibe.

aa) Wie der Senat bereits im Urteil in BFHE 229, 122 , BStBl II 2010, 784 (unter II.2.a bb der Entscheidungsgründe) ausgeführt hat, war es das Ziel der hier streitbefangenen Gesetzesänderung, die Möglichkeit bilanzierender Unternehmer zur Bildung stiller Reserven im Interesse einer Angleichung an die Maßstäbe für diejenigen Steuerpflichtigen, die nach den Grundsätzen von Zufluss und Abfluss besteuert werden, einzuschränken. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ermöglichte insoweit die Objektivierung der Gewinnermittlung als Gegenfinanzierungsmaßnahme die Absenkung des Steuersatzes auf Unternehmensgewinne und führte lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der Besteuerung, deren tatsächliche wirtschaftliche Belastung nur in den Zinseffekten der vorgezogenen Steuerzahlung bestand (vgl. BTDrucks 14/265, S. 171). Der Senat hat diese Erwägungen nicht nur als sachlichen Differenzierungsgrund im Sinne des Gleichheitssatzes betrachtet, sondern auch ausgeführt, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der strengen Gleichbehandlung aller Wertaufholungen im Zusammenhang mit früheren Teilwertabschreibungen —deren Belastungswirkung durch die Möglichkeit zur Bildung einer Rücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG auf fünf Jahre verteilt werden kann— seinen weiten Gestaltungsspielraum überschritten habe.

bb) Es steht vor diesem Hintergrund außer Zweifel, dass die Einführung des Wertaufholungsgebotes für bilanzierende Steuerpflichtige gegenüber solchen Steuerpflichtigen, die ihre Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, zu einer Objektivierung der Gewinnermittlung geführt hat und deshalb zur Förderung des entsprechenden Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich war. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren nicht gewahrt sein könnte, zumal die Wirkungen der Wertaufholung durch die Übergangsregelung in § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG deutlich abgemildert worden sind (von der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG weiterhin ausgehend etwa Schmidt/Kulosa, EStG , 34. Aufl., § 6 Rz 371; Schindler in Kirchhof, EStG , 14. Aufl., § 6 Rz 107).

d) Abgesehen davon, dass eine Billigkeitsmaßnahme im Feststellungsverfahren nicht gewährt werden könnte, ist vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen auch nicht erkennbar, worauf diese von den Klägern hilfsweise geltend gemachte Maßnahme gestützt werden sollte.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: Finanzgericht Köln, vom 14.03.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 989/06