Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BFH - Entscheidung vom 06.07.2015

X K 5/13

Normen:
ZPO § 91 Abs. 1 S. 2
GVG § 198 Abs. 1

Fundstellen:
AnwBl 2016, 438

BFH, Beschluss vom 06.07.2015 - Aktenzeichen X K 5/13

DRsp Nr. 2015/18543

Erstattungsfähigkeit des Zeitaufwandes eines Mitarbeiters einer juristischen Person für die Teilnahme an einem Gerichtstermin

Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigung für die Zeitversäumnis wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch einen Bediensteten. Dies gilt jedenfalls für beim Bundesfinanzhof erstinstanzlich geführte Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer, wenn ein Bundesland durch Justizorgane des öffentlichen Dienstes vertreten wird.

Normenkette:

ZPO § 91 Abs. 1 S. 2; GVG § 198 Abs. 1 ;

Gründe

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Juni 2014 X K 5/13 hat die Klägerin zu 5/8 und der Beklagte zu 3/8 die Kosten des Klageverfahrens zu tragen. Der Streitwert/Gegenstandswert beträgt 2.400 €.

I. Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin

1. Die Klägerin hat mit Kostenberechnung vom 15. Januar 2015, beim BFH eingegangen am 15. Januar 2015, zu erstattende Kosten in Höhe von 527,39 € (Verfahrensgebühr 321,60 €; Terminsgebühr 241,20 €; Entgelte für Post und Telekommunikation 20 €; Fahrtkosten zur mündlichen Verhandlung beim BFH mit dem eigenen PKW von Berlin nach München und zurück, insgesamt 1 154 km x 0,30 € = 346,20 €; Tagegeld 60 €; Übernachtungskosten 192,62 €; Umsatzsteuer 224,55 €; insgesamt 1.406,37 €, davon 3/8) geltend gemacht sowie eine Verzinsung der Kosten mit 5 % ab dem 15. Januar 2015 (Antragseingang beim BFH) über dem Basiszinssatz beantragt.

Die Kostenberechnung wurde dem Land Brandenburg (Beklagter) zur Stellungnahme übersandt und von diesem mit Schreiben vom 10. Februar 2015 hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Verfahrens- und Terminsgebühr sowie hinsichtlich Fahrtkosten, Abwesenheitsgeld und Übernachtungskosten beanstandet. Am Tag der mündlichen Verhandlung, dem 4. Juni 2014, hätten drei weitere mündliche Verhandlungen beim BFH stattgefunden, in denen der für die bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft tätige Rechtsanwalt andere Kläger vertreten habe. In allen vier mündlichen Verhandlungen beim BFH vom 4. Juni 2014 habe jeweils der Bevollmächtigte Rechtsanwalt R zusammen mit Frau Steuerberaterin S teilgenommen. Die insgesamt von der Klägerin geltend gemachten Auslagen nach den Nrn. 7003 bis 7006 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV–RVG) seien daher zu gleichen Teilen auf die vier am 4. Juni 2014 beim BFH verhandelten Verfahren aufzuteilen. Vorliegend seien daher die Fahrtkosten und das Tagegeld jeweils nur zu einem Viertel anzusetzen. Die geltend gemachten Übernachtungskosten beinhalteten zudem ausweislich der dazu vorgelegten Hotelrechnung die Kosten der Übernachtung für zwei Personen. Auf den Bevollmächtigten entfalle daher nur die Hälfte der Übernachtungskosten laut Hotelrechnung. Eine Vertretung der Kläger durch mehrere Bevollmächtigte sei nach § 91 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) nicht notwendig. Von den "halben" Hotelkosten sei nur ein Viertel dem vorliegenden Verfahren zuzurechnen. Erstattungsfähig sei daher grundsätzlich nur ein Viertel der geltend gemachten Fahrtkosten (25 % von 346,20 € = 86,55 €), des Tagegelds (25 % von 60 € = 15 €) sowie im Ergebnis ein Achtel der Übernachtungskosten laut Hotelrechnung (1/8 von 192,62 € = 24,08 €). Die Auslagen nach den Nrn. 7003 bis 7006 VV–RVG betrügen daher insgesamt 125,63 €.

Für die Bestimmung der Gebührenhöhe sei gemäß § 60 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ( RVG ) die Gebührentabelle zum RVG in der vor dem 1. August 2013 gültigen Fassung maßgeblich, da der unbedingte Auftrag zur Vertretung im Verfahren X K 5/13 vor dem 1. August 2013 erteilt worden sei. Eine 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV–RVG betrage folglich nur 257,60 €, eine 1,2-fache Terminsgebühr nur 193,20 €. Zusammen mit Auslagenpauschale 20 €, Fahrtkosten 86,55 €, Abwesenheitsgeld 15 €, Übernachtungskosten 24,08 €, Umsatzsteuer 113,32 € betrügen die notwendigen Aufwendungen der Klägerin somit 709,75 €, von denen aufgrund der Kostengrundentscheidung des X. Senats tatsächlich 3/8 (266,16 €) vom Beklagten zu erstatten seien.

2. Die notwendigen, angemessenen und erstattungsfähigen Aufwendungen der Klägerin werden auf 266,16 € festgesetzt.

Die der Klägerin für das Entschädigungsklageverfahren zu erstattenden Aufwendungen werden gemäß § 149 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) auf Antrag von dem Urkundsbeamten des BFH als dem Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Nach § 139 Abs. 1 FGO können nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen erstattet werden.

a) Die Entschädigungsklage ist vor dem 1. August 2013 beim BFH eingegangen. Der Auftrag zur Erhebung der Entschädigungsklage ist damit offensichtlich vor dem 1. August 2013 erteilt worden, dem Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin ist daher wie vom Beklagten zutreffend vorgetragen nach § 60 Abs. 1 RVG das RVG i.d.F. vor Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes zugrunde zu legen. Die geltend gemachte Termins- und Verfahrensgebühr betragen damit 257,60 € bzw. 193,20 €, sind zusammen mit der Telekommunikationspauschale von 20 € im Umfang der Kostengrundentscheidung des X. Senats, also zu 3/8 erstattungsfähig und werden von der zwischen den Beteiligten ansonsten streitigen teilweisen Zuordnung von Auslagen nach Nrn. 7003 bis 7006 VV–RVG zu den anderen Verfahren vom 4. Juni 2014 nicht berührt.

b) Hinsichtlich Fahrtkosten, Tagegeld und Übernachtungskosten wird der zutreffenden Auffassung des Beklagten gefolgt. Dient eine Reise mehreren Geschäften, sind nach Vorbemerkung 7 Abs. 3 Satz 1 VV–RVG die dabei entstandenen Auslagen nach den Nrn. 7003 bis 7006 VV–RVG nach dem Verhältnis der Kosten zu verteilen, die bei gesonderter Ausführung der einzelnen Geschäfte entstanden wären. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist auch eröffnet, wenn der Rechtsanwalt mehrere Geschäfte wie vorliegend an ein und demselben Ort erledigt (vgl. Mayer/ Kroiß, RVG , 6. Aufl., Vorbemerkung 7 Rz 5). Zur Aufteilung sind die tatsächlichen Auslagen nach Nrn. 7003 bis 7006 VV–RVG zunächst insgesamt für sämtliche Geschäfte, vorliegend also für die vier mündlichen Verhandlungen am 4. Juni 2014, zu berechnen. Nunmehr ist für jedes Geschäft isoliert zu ermitteln, welche Auslagen ersatzfähig sind und in welcher Höhe sie angefallen wären, wenn ausschließlich diese Angelegenheit erledigt worden wäre. Anschließend sind diese (fiktiven) Einzelkosten zu addieren, so dass sich fiktive Gesamtkosten ergeben. Die tatsächlich angefallenen Auslagen nach Nrn. 7003 bis 7006 VV–RVG sind dann nach dem Verhältnis der fiktiven Einzelkosten zu den fiktiven Gesamtkosten auf das einzelne Verfahren aufzuteilen (vgl. z.B. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, Vorbemerkung 7 VV–RVG Rz 10; Maser/Kroiß, a.a.O., Vorbemerkung 7 Rz 7 ff., mit Rechenbeispielen; Rehberg/Schons/Vogt/Feller/ Hellstab/Jungbauer/Bestelmayer/Frankenberg, RVG , 6. Aufl., "Reisekosten des Rechtsanwalts", Rz 7, "Reisen zur Ausführung mehrerer Geschäfte"). Wäre vorliegend von den vier am 4. Juni 2014 beim BFH durchgeführten vier mündlichen Verhandlungen fiktiv nur eine durchgeführt worden, wären die fiktiven streitigen Auslagen nach Nrn. 7003 bis 7006 VV–RVG für jedes einzelne der vier verhandelten Verfahren exakt gleich hoch gewesen (gleich hohe Fahrtkosten zum identischen Gerichtsort, gleich hohes Tagegeld, ggf. gleich hohe Übernachtungskosten). Es entfällt daher wie vom Beklagten zutreffend vorgetragen jeweils ein Viertel der streitigen Auslagen auf jedes der am 4. Juni 2014 verhandelten Verfahren.

Die vom Bevollmächtigten in Kopie vorgelegte Hotelrechnung für die Übernachtung über 192,62 € bezieht sich ausdrücklich auf zwei Personen. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Prozessvertreter von der unterliegenden Partei nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen. Die Hotelrechnung rechnet die Übernachtung für zwei Personen ab, auf eine Person entfällt von der Hotelrechnung also ein Betrag von 50 % (96,31 €). Dieser Betrag entfällt zu gleichen Teilen auf die vier am 4. Juni 2015 verhandelten Verfahren, im vorliegenden Verfahren ist also ein Betrag von (25 % von 96,31 €) 24,08 € erstattungsfähig.

c) Insgesamt beträgt der der Klägerin zu erstattende Betrag daher wie vom Beklagten im Schriftsatz vom 10. Februar 2015 zutreffend errechnet 266,16 €.

II. Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten

1. Beklagter ist das Land Brandenburg, vertreten durch das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg, das die Vertretung in Entschädigungsklageverfahren durch Verwaltungsanordnung auf den Präsidenten bzw. Vizepräsidenten des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg mit Sitz in Cottbus übertragen hat. Das FG Berlin-Brandenburg übt jeweils Rechtsprechungsgewalt desjenigen Bundeslandes aus, aus dem das Ausgangsverfahren stammt (BFH-Urteil vom 17. April 2013 X K 3/12, BFHE 240, 516 , BStBl II 2013, 547 ). Soweit das Land Brandenburg bei den vier mündlichen Verhandlungen beim BFH am 4. Juni 2014 beklagt war, war es jeweils durch den Vizepräsidenten des FG Berlin-Brandenburg vertreten. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 15. Dezember 2014, beim BFH eingegangen am 15. Dezember 2014, seine Aufwendungen anlässlich der vier mündlichen Verhandlungen beim BFH am 4. Juni 2014 allen vier Verfahren zu je ein Viertel zugeordnet und im vorliegenden Fall ein Viertel in Höhe von 173,46 € (Flugkosten 31,96 €; Bahn 5,85 €; Fahrtkosten ein Viertel von 270 km x 0,25 € = 16,88 €; Aufwandsentschädigung nach § 91 Abs. 1 ZPO , § 6 Abs. 1 des Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetzes —JVEG—, 6 €; Übernachtung 29,75 €; postalische Aufwendungen 4,67 €; Kopierkosten von 60,85 € für 289 Seiten nach § 91 Abs. 1 ZPO , § 7 Abs. 2 JVEG ; Zeitversäumnis nach § 91 Abs. 1 ZPO , § 20 JVEG je 8,75 € für 3. Juni und 4. Juni 2014 = 17,50 €) geltend gemacht sowie eine Verzinsung der Kosten mit 5 % ab Antragseingang (15. Dezember 2014) über dem Basiszinssatz beantragt. Die Klägerin erachtet davon mit Schreiben vom 15. Januar 2015 die Positionen "Kopierkosten", "Zeitversäumnis" und "PKW-Fahrtkosten" für nicht erstattungsfähig. Bei den PKW-Kosten handle es sich um die Hin- und Rückfahrt des Vizepräsidenten des FG Berlin-Brandenburg von seinem Wohnort in X-Stadt zum Flughafen Berlin-Tegel anlässlich der mit dem Flugzeug durchgeführten Anreise zu den mündlichen Verhandlungen beim BFH. "Sitz" des beklagten Landes Brandenburg sei jedoch Potsdam. Nach dem im Bereich der Kostenerstattung zu beachtenden Grundsatz der Kostenminimierung seien die Reisekosten eines an einem dritten Ort ansässigen auswärtigen Rechtsanwalts nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung erforderlich gewesen wäre. Bei sinngemäßer Anwendung dieser Grundsätze hätte auch das Land Brandenburg mit "Sitz" in Potsdam geeignete Vertreter in Potsdam finden können und müssen. Erstattungsfähig seien daher nur die Reisekosten des Vertreters des Landes Brandenburg von Potsdam nach München, nicht aber die Fahrtkosten X-Stadt–Berlin und zurück.

2. Die notwendigen, angemessenen und erstattungsfähigen Aufwendungen des Beklagten werden auf 48,89 € festgesetzt.

a) Wird wie vorliegend ein Bundesland wegen überlanger Verfahrensdauer an einem FG des Bundeslandes nach § 155 Satz 2 FGO i.V.m. §§ 198 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes beim BFH als hierfür erstinstanzlich zuständigem Gericht verklagt, ist das Bundesland keine "Finanzbehörde" gemäß § 139 Abs. 2 FGO . Zu diesen Finanzbehörden gehören nur die Stellen, die in Abgabenangelegenheiten, also in ihrer steuerverwaltenden Funktion, an einem Klageverfahren beteiligt sind (vgl. Hessisches FG, Beschluss vom 28. Juli 1998 12 Ko 3483/98, Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1423; BFH-Beschluss des Urkundsbeamten vom 20. Oktober 2014 X K 3/13, juris). Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören gemäß § 139 Abs. 1 FGO die zur Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Da in der FGO eine nähere Festlegung fehlt, welche Aufwendungen einer —nicht in den Anwendungsbereich des RVG fallenden— juristischen Person des öffentlichen Rechts im Einzelfall erstattungsfähig sind, ist nach § 155 Satz 1 FGO die Regelung in § 91 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO sinngemäß anzuwenden. Die Kostenerstattung umfasst demnach auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ist nicht nur die reine Zeitversäumnis, sondern sind auch die eigentlichen Reisekosten nach den für die Entschädigung von Zeugen geltenden Regeln abzurechnen (vgl. Beschluss vom 6. Dezember 1983 4 A 1/78, Der Deutsche Rechtspfleger 1984, 158). Die Erstattung notwendiger Reisekosten einschließlich Tagegelder eines Vertreters einer juristischen Person des öffentlichen Rechts richtet sich somit nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 5 , 6 JVEG (vgl. z.B. Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 22. November 2012 M 21 M 12.4763, juris).

b) Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sind die vom Beklagten anteilig geltend gemachten Kosten für Hin– und Rückflug nach München (31,96 €), Bahnfahrt (5,85 €), Tagegeld (6 €), Übernachtung (29,75 €), postalische Aufwendungen in Höhe von 4,67 € insgesamt also in Höhe von 78,23 €, angemessen, notwendig und damit im Umfang der Kostengrundentscheidung des X. Senats zu 5/8 (48,89 €) nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

c) Die Frage, ob eine Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der Kostenerstattung nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO Entschädigung für den Zeitaufwand verlangen kann, der ihr durch die Teilnahme eines Mitarbeiters an einem gerichtlichen Termin entstanden ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung abgelehnt, bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handele es sich insoweit um steuerfinanzierte Vorhaltekosten, die nicht auf den Prozessgegner abgewälzt werden könnten. Nach anderer Auffassung soll § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch auf Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts uneingeschränkt anwendbar sein, weil für eine abweichende Behandlung kein Raum sei. Eine Behörde oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts könne daher für die durch eine Terminswahrnehmung durch einen gesetzlichen Vertreter oder einen sonstigen Beauftragten entstandene Zeitversäumnis Verdienstausfall nach § 22 JVEG verlangen. Nach Auffassung des BVerwG und des Bundesgerichtshofs —BGH— (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Mai 2014 XII ZB 630/12, Monatsschrift für Deutsches Recht 2014, 867 , mit umfangreichen Nachweisen, unter Anschluss an den BVerwG-Beschluss vom 29. Dezember 2004 9 KSt 6/04, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 466 ) haben dagegen juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigung für die Zeitversäumnis wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch einen Bediensteten (§ 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO , §§ 19 ff. JVEG ). Letzterer Auffassung ist für die beim BFH erstinstanzlich geführten Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer zu folgen, wenn ein Bundesland durch Justizorgane des öffentlichen Dienstes vertreten wird. Die geltend gemachte Zeitversäumnis des Vertreters des Landes Brandenburg, hier des Vizepräsidenten des FG Berlin-Brandenburg infolge der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung beim BFH in München, ist daher nicht erstattungsfähig (vgl. BFH-Beschluss des Urkundsbeamten des BFH vom 20. Oktober 2014 X K 3/13, juris).

d) Von der vorstehend unter II.2.c dargestellten Rechtsprechung wird nur eine Erstattung infolge Zeitversäumnis erfasst, nicht aber das Tagegeld nach § 6 Abs. 1 JVEG . Mit dem Tagegeld sind die weiteren Kosten abgedeckt, die infolge einer längeren Abwesenheitszeit vom Wohnort oder der Arbeitsstelle entstehen. Davon umfasst sind insbesondere die Kosten für Verpflegung. Zehr- oder Verpflegungskosten sind als allgemeiner Aufwand i.S. von § 6 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig, wenn sie infolge des gerichtlich angesetzten Termins objektiv notwendig sind (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21. Mai 2014 L 15 SF 137/13, juris). Das anteilige geltend gemachte Tagegeld nach § 6 Abs. 1 JVEG von 6 € ist daher erstattungsfähig.

e) Hinsichtlich der PKW-Fahrten hinsichtlich der Hin- und Rückfahrt Berlin-X-Stadt wird der Auffassung der Klägerin gefolgt. Wenn das beklagte Land Brandenburg sich im Verwaltungswege bei seiner Vertretung in Entschädigungsklageverfahren für eine Person entscheidet, die rund 140 km von Potsdam entfernt wohnt und arbeitet, ist im Bereich der Kostenerstattung nach dem hier beachtenden Grundsatz der Kostenminimierung nicht von der kostenrechtlichen "Notwendigkeit" auszugehen.

f) Die vom Beklagten geltend gemachten Kopierkosten sind ebenfalls nicht erstattungsfähig. Die Erstattung sonstiger Aufwendungen setzt regelmäßig voraus, dass diese gezahlt worden, also bar angefallen sind. Von den Beteiligten selbst hergestellte Ablichtungen sind nur in Höhe der notwendigen tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten; die Ausnahmeregelungen über die Erstattung gerichtlicher bzw. anwaltlicher Schreibauslagen (Nr. 9000 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz , Nr. 7000 des VV–RVG) sind nicht anwendbar. Mangels Verweisung in § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind auch die Pauschalen für Kopien und Ablichtungen nach § 7 Abs. 2 JVEG nicht (entsprechend) anwendbar. Wenn schon der allgemeine Zeitaufwand der Behörde sowie die Zeitversäumnis des Vertreters einer juristischen Person des öffentlichen Rechts anlässlich eines Gerichtstermins nicht erstattungsfähig ist (vgl. unter II.2.c), wäre es auch nicht gerechtfertigt, die Pauschalen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG , die angesichts ihrer Höhe —erste 50 Seiten je 0,50 €, jede weitere Seite 0,15 €— offensichtlich einen erheblichen Personalkostenanteil anlässlich der Fertigung der Kopien enthalten, entsprechend anzuwenden.

Im Übrigen sind Kosten für Ablichtungen, die die Beteiligten ohne gerichtliche Aufforderung von ihnen verfügbaren Unterlagen gefertigt haben, etwa für die Ablichtung der dem Gericht pflichtgemäß vorgelegten Verwaltungsakten, nach herrschender Meinung grundsätzlich nicht erstattungsfähig (vgl. hierzu von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Dorndörfer, Die Kostenfestsetzung, 21. Aufl., unter D 136, D 141, m.w.N.). Hierbei handelt es sich um einen Teil der sog. Generalunkosten der Partei, also diejenigen persönlichen oder sachlichen Aufwendungen, die sie allgemein für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr erbringt und die in der Regel nur anteilig auf den konkreten Rechtsstreit umgelegt werden könnten. Diese Kosten sind auch dann nicht erstattungsfähig, wenn sie, wie z.B. bei dem für die Kopien verwendeten Schreibpapier, durch einen konkreten Rechtsstreit veranlasst sind und insoweit aufgeschlüsselt werden können. Der mit der späteren Geltendmachung von Kopierkosten in Kostenfestsetzungsverfahren verbundene Arbeitsaufwand (Glaubhaftmachung im Kostenfestsetzungsantrag, gegebenenfalls Vorlage gegenüber dem Urkundsbeamten, bereits während des Prozesses Registrierung und Zählung der angefertigten Kopien) dürfte zudem in der Regel die erstattbaren Kosten bei ökonomischer Betrachtungsweise erreichen oder übersteigen, so dass der Allgemeinheit regelmäßig kein Nachteil dadurch entstehen dürfte, wenn die Kopierkosten unter den nicht erstattungsfähigen sog. Generalunkosten verortet werden. Dies bedeutet bei Behörden, die regelmäßig behördeneigene Fotokopiergeräte besitzen und deshalb nicht —wie etwa Private— die entstandenen Kosten in einem sog. Copy-Shop geltend machen können, dass die Selbstkosten —ohne Arbeitszeit, die bei Behördenbediensteten nicht erstattungsfähig ist— für die Herstellung von Fotokopien zu ermitteln wären. Diese dürften bei einem Betrag von drei bis maximal zehn Cent pro Fotokopie liegen (vgl. Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 2. August 2001 6 J 1763/01, juris). Diese in der Regel unbedeutenden Kosten heben sich aus dem allgemeinen Sachaufwand der Behörde nicht heraus (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 1994 4 S 317/94, juris) und lassen eine Einordnung als nicht erstattungsfähige Generalunkosten der Behörde als zutreffend erscheinen. Die vorstehenden Grundsätze sind sinngemäß anzuwenden, wenn ein Justizorgan als Vertreter eines an einem gerichtlichen Verfahren beteiligten Bundeslands Kopierkosten geltend macht.

g) Insgesamt sind dem Beklagten i.S. des § 139 Abs. 1 FGO , § 91 Abs. 1 ZPO somit zu erstattende Aufwendungen in Höhe von (siehe unter II.2.b) 48,89 € entstanden.

III. Einheitliche Kostenfestsetzung

Aufgrund der Kostenentscheidung des X. Senats nach Quoten ist nach § 155 FGO i.V.m. § 106 ZPO ein einheitlicher Kostenfestsetzungsbeschluss zu erlassen. Als ziffernmäßiger Gesamtbetrag muss hierbei nur der einer Partei zustehende Überschuss festgesetzt werden (vgl. z.B. Thomas/Putzo, ZPO , 35. Aufl., § 106 Rz 4). Die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin in Höhe von 266,16 € (siehe unter I.) übersteigen die erstattungsfähigen Kosten des Beklagten in Höhe von 48,89 € (siehe unter II.). Zugunsten der Klägerin errechnen sich somit insgesamt erstattungsfähige Kosten in Höhe von 217,27 €.

Für die Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss gegen den Bund oder ein Land bedarf es einer Vollstreckungsklausel nicht (§§ 150 , 152 , 153 FGO ). Eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses wird daher nicht erstellt.

Fundstellen
AnwBl 2016, 438