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BFH - Entscheidung vom 28.05.2015

IV R 3/13

Normen:
§ 5 Abs 5 S 1 Nr 2 EStG 2002
§ 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO
§ 5 Abs 5 S 1 Nr 2 EStG 1997
§ 249 Abs 1 S 1 HGB
EStG § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2

BFH, Urteil vom 28.05.2015 - Aktenzeichen IV R 3/13

DRsp Nr. 2015/16155

Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für Erlöse aus der Herstellung und Übereignung von kundenspezifisch hergestellten Spezialwerkzeugen eines Automobilzulieferers

NV: Ob an Zulieferer geleistete Werkzeugkostenzuschüsse der Auftraggeber zur Herstellung von kundenspezifischen Werkzeugen zu Betriebseinnahmen führen oder als vorab vereinnahmtes Entgelt für spätere Lieferungen von Erzeugnissen im Wege der Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens zunächst als erfolgsneutral zu behandeln sind, richtet sich nach den im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen zwischen Zulieferer und Auftraggeber.

Für Werkzeugkostenzuschüsse, die die Auftraggeber eines Automobilzulieferers an diesen entrichten, sind keine passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 14. August 2012 10 K 2697/06 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Normenkette:

EStG § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 ;

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine gewerblich tätige GmbH & Co. KG, stellte in den Streitjahren (1999, 2000, 2002 und 2003) einbaufähige Komponenten und Systembaugruppen überwiegend für Automobil- und Nutzfahrzeughersteller oder deren Lieferanten her. Für die Produktion von Serienteilen fertigte sie die erforderlichen kundenspezifischen Spezialwerkzeuge und Vorrichtungen (Werkzeuge) selbst.

Von den Auftraggebern erhielt die Klägerin im Zusammenhang mit der Herstellung der Werkzeuge sog. Werkzeugkostenbeiträge oder –zuschüsse (im Folgenden Werkzeugkostenzuschüsse), die die Herstellungskosten im Regelfall überstiegen. Die Werkzeuge gingen durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) in das zivilrechtliche Eigentum der Auftraggeber über. Bei entsprechenden vertraglichen Regelungen wurde das Eigentum des jeweiligen Auftraggebers auch durch das Anbringen von Markierungen an den Werkzeugen und die Aufnahme in entsprechende Bestandslisten zum Ausdruck gebracht. Im Konkurs- bzw. Insolvenzfall konnte ein Auftraggeber die Herausgabe der Werkzeuge verlangen. Über die Werkzeugkostenzuschüsse stellte die Klägerin den Auftraggebern jeweils nach Fertigstellung bzw. Abnahme eine Schlussrechnung aus. Sie war verpflichtet, die Werkzeuge ausschließlich für die Produktion der von den jeweiligen Auftraggebern bestimmten Serienteile einzusetzen und diese in Abhängigkeit von der Zuschusshöhe verbilligt zu liefern.

Die Klägerin aktivierte die Werkzeuge in den Streitjahren mit den angefallenen Herstellungskosten und schrieb diese auf die voraussichtliche Nutzungsdauer ab. In Höhe der erhaltenen Zuschüsse bildete sie einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, den sie über die voraussichtliche Lieferdauer, in der Regel vier bis fünf Jahre, erfolgswirksam auflöste.

Mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheide) für 1999 vom 9. Mai 2001, für 2000 vom 18. Februar 2002, für 2002 vom 24. Oktober 2003, geändert durch Bescheid vom 1. Dezember 2003, und für 2003 vom 17. Juni 2004 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) zunächst erklärungsgemäß —unter Vorbehalt der Nachprüfung— Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest.

Anlässlich einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass kein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden sei, da die Verträge über die Werkzeugkostenzuschüsse als Kauf– oder Werklieferungsverträge anzusehen seien. Die Auftraggeber seien zivilrechtlich und wirtschaftlich Eigentümer der Werkzeuge geworden. Die Werkzeugkostenzuschüsse hätten in der Regel die Herstellungskosten einschließlich eines Zuschlags von 20 % abgedeckt und damit die Herstellungskosten abgegolten. Sie seien nicht als Preisbestandteil der später gelieferten Fahrzeugteile anzusehen. Aus Vereinfachungsgründen korrigierte der Prüfer nicht die entsprechenden Bilanzposten, sondern löste den passiven Rechnungsabgrenzungsposten nur insoweit gewinnerhöhend auf, als dieser den Betrag der aktivierten, von der Klägerin hergestellten Werkzeuge überstieg.

Das FA schloss sich dieser Auffassung an und stellte mit Änderungsbescheiden vom 6. Juni 2006 unter Berücksichtigung weiterer, nicht streitgegenständlicher Feststellungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1999, für 2000, für 2002 und für 2003 fest.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht (FG) die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1343 veröffentlichten Gründen ab.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Werkzeugkostenzuschüsse seien als Preisbestandteil der zu liefernden Teile für die Automobilproduktion zu passivieren und auf die Nutzungsdauer der Werkzeuge zu verteilen, und zwar unabhängig davon, wem die Werkzeuge zuzurechnen seien. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. November 2000 I R 87/99 (BFHE 194, 57 , BStBl II 2002, 655 ). Ungeachtet dessen sei sie —die Klägerin— wirtschaftliche Eigentümerin der Werkzeuge geblieben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 17. August 2006 aufzuheben und die geänderten Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999, 2000, 2002 und 2003 vom 6. Juni 2006 zu ändern.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO ). Auf der Grundlage der den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG ist dessen Würdigung, dass die streitbefangenen Werkzeugkostenzuschüsse (jeweils) Betriebseinnahmen der Klägerin sind und nicht durch den Ansatz eines bilanziellen Passivpostens neutralisiert werden können, möglich und deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Unter den im Streitfall festgestellten Umständen durfte die Klägerin hinsichtlich der von ihr vereinnahmten Werkzeugkostenzuschüsse keinen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden. Die Würdigung des FG, dass die Werkzeugkostenzuschüsse nicht für künftige Lieferungen geleistet worden, sondern als Entgelt für die Herstellung und Übereignung der Werkzeuge anzusehen sind, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

a) Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung ( EStG ) sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt wird hierdurch entsprechend dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 und Nr. 5 des Handelsgesetzbuchs —HGB—) erst dann —durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens— erfolgswirksam, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat (BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 18/06, BFHE 216, 572 , BStBl II 2007, 697 ). Der Sinn dieser Vorschrift liegt also darin, Einnahmen dem Jahr zuzuordnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Die Ertragswirkung der Einnahmen soll in die Periode verlagert werden, in der die korrespondierenden Aufwendungen anfallen (BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 IV R 26/06, BFHE 225, 144 , BStBl II 2009, 781 , m.w.N.).

Der Anwendungsbereich der Rechnungsabgrenzung betrifft in erster Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages i.S. der §§ 320 ff. BGB . Er ist zwar nicht auf synallagmatische schuldrechtliche Leistungen beschränkt (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2005 I R 9/04, BFHE 209, 248 , BStBl II 2005, 481 ). Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit "nach diesem Zeitpunkt" darstellt, muss jedoch eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Im Hinblick auf eine bereits vollzogene Leistung kann eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 225, 144 , BStBl II 2009, 781 , und in BFHE 216, 572 , BStBl II 2007, 697 ).

b) Nach diesen Maßstäben kommt im Hinblick auf die streitbefangenen Werkzeugkostenzuschüsse die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens auf der Passivseite nicht in Betracht.

aa) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG beruhte die Zahlung der Werkzeugkostenzuschüsse auf mit den Auftraggebern geschlossenen Verträgen, die neben der Verpflichtung der Klägerin zur Lieferung der mit den streitbefangenen Werkzeugen herzustellenden Teile gegen Entgelt auch eine Verpflichtung der Klägerin regelten, den Auftraggebern gegen Zahlung der Werkzeugkostenzuschüsse das zivilrechtliche Eigentum an den Werkzeugen zu verschaffen. Dementsprechend stellte die Klägerin ihren Auftraggebern nach den Feststellungen des FG jeweils nach Fertigstellung bzw. Abnahme der Werkzeuge eine Schlussrechnung über die Werkzeugkostenzuschüsse. Schon aufgrund dieser Feststellungen ist die Würdigung des FG möglich, dass die Werkzeugkostenzuschüsse auf der Grundlage von die streitbefangenen Werkzeuge betreffenden Kauf– bzw. Werklieferungsverträgen jeweils Gegenleistungen für die Verschaffung des Eigentums an den von der Klägerin hergestellten Werkzeugen und keine Vorleistungen auf die künftige Lieferung der mit den Werkzeugen hergestellten Serienteile darstellten.

Das angefochtene Urteil beruht im Wesentlichen auf einer Auslegung der Verträge zwischen der Klägerin und ihren Auftraggebern, die dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, und einer Würdigung der festgestellten Umstände der Abrechnung über die Werkzeugkostenzuschüsse. Dabei entspricht die Vertragsauslegung den Grundsätzen der §§ 133 , 157 BGB und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. November 2007 IV R 62/05, BFHE 220, 85 , BStBl II 2008, 557 , m.w.N.). Denn eine vertragliche Verknüpfung der Werkzeugkostenzuschüsse mit dem —zwischen den Beteiligten unstreitigen— Übergang des zivilrechtlichen Eigentums an den Werkzeugen legt eine synallagmatische Verknüpfung zwischen Herstellungs- und Lieferpflicht hinsichtlich der Werkzeuge und den Werkzeugkostenzuschüssen als hierauf bezogene Gegenleistung der Auftraggeber nahe. Danach scheidet aus, dass die Werkzeugkostenzuschüsse für die Erbringung noch ausstehender Gegenleistungen in Gestalt der herzustellenden Serienteile geleistet worden sein könnten. Soweit nach den Feststellungen des FG Schlussrechnungen über die Werkzeugkostenzuschüsse erstellt worden sind, liegt es im Streitfall auch fern, dass Zuschüsse vorab für erst in nachfolgenden Jahren hergestellte Werkzeuge vereinnahmt worden sein könnten. Allein der Umstand, dass die Klägerin verpflichtet war, die zu produzierenden Serienteile in Abhängigkeit von der Zuschusshöhe verbilligt zu liefern, führt unter den Umständen des Streitfalles noch nicht zwingend zu der Annahme, dass die Werkzeugkostenzuschüsse nur als Vorleistungen auf die künftige Lieferung von Fahrzeugteilen verstanden werden dürfen. Ist die Würdigung des FG —wie im Streitfall— möglich und verstößt sie auch nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze, so ist der BFH an die zu den tatsächlichen Feststellungen gehörende Gesamtwürdigung des FG nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Oktober 2014 VIII R 44/11, BFHE 247, 308 , BStBl II 2015, 447 ).

bb) Ungeachtet der Frage, ob ein (vorübergehender) Verbleib des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung —AO—) an den streitbefangenen Werkzeugen während der Produktion der Serienteile der Annahme einer Verknüpfung der Werkzeugkostenzuschüsse mit bereits von der Klägerin erbrachten Leistungen (Herstellung von Werkzeugen) entgegenstünde, wird die Würdigung des FG auch dadurch gestützt, dass das FG den Verbleib wirtschaftlichen Eigentums bei der Klägerin in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint hat.

(1) Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Nur in den in § 39 Abs. 2 AO aufgeführten Fällen findet eine abweichende Zurechnung statt. Danach wird ein Wirtschaftsgut insbesondere dann, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft darüber in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, nicht dem zivilrechtlichen, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ). Ein solcher Ausschluss des Eigentümers liegt z.B. vor, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder nicht mehr besteht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. Juni 1995 IV R 67/94, BFH/NV 1996, 101 ; vom 9. Januar 2013 I R 33/11, BFHE 240, 226 ; BFH-Beschluss vom 29. März 2012 II B 65/11, BFH/NV 2012, 1094 ).

Der schuldrechtlich —wie auch der dinglich— Nutzungsberechtigte hat danach in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO an dem ihm zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgut (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 2007 IX R 14/06, BFH/NV 2007, 1471 , m.w.N.; BFH-Beschluss vom 23. September 2009 IX B 84/09, BFH/NV 2010, 395 ). Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Nutzungsberechtigte statt des Eigentümers die Kosten der Anschaffung oder Herstellung eines von ihm selbstgenutzten Wirtschaftsguts trägt und ihm auf Dauer, nämlich für die voraussichtliche Nutzungsdauer, Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts wirtschaftlich zustehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1471 , zur Frage der wirtschaftlichen Zurechnung bei Dauerwohnrechten; vgl. z.B. auch BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 IV R 11/06, BFH/NV 2009, 937 , zur wirtschaftlichen Zurechnung im Vorfeld des Eigentumsübergangs bei Grundstückskaufverträgen).

Darüber hinaus kommt auch bei entgeltlichen Nutzungsüberlassungen, bei denen das Gesamtentgelt die vom Eigentümer getragenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abdeckt (wie z.B. bei sog. Finanzierungsleasingverträgen), eine vom Eigentum abweichende wirtschaftliche Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO beim Nutzungsberechtigten in Betracht, wenn sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Gegenstands und die Grundmietzeit annähernd decken oder zwar die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer erheblich länger als die Grundmietzeit ist, jedoch dem Nutzungsberechtigten ein Recht auf Verlängerung oder Kauf zusteht und bei Ausübung der Option nur ein geringer Mietzins oder Kaufpreis zu entrichten ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 3. August 2004 X R 55/01, BFH/NV 2005, 517 , m.w.N.).

Maßgeblich für die Beurteilung ist letztlich das Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 74/06, BFHE 222, 458 , BStBl II 2009, 124 ; BFH-Beschlüsse vom 12. November 2009 IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464 ; vom 7. Mai 2014 IX B 146/13, BFH/NV 2014, 1204 , m.w.N.). Dabei ist auf den normalen Verlauf der Dinge abzustellen, d.h. maßgebend ist der für die gewählte Gestaltung typische Verlauf (vgl. BFH-Urteil in BFHE 240, 226 , zu Leergutmehrwegsystemen; BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 92/92, BFHE 182, 104 , BStBl II 1998, 97 ).

(2) Gemessen an diesen Maßstäben ist auch die Würdigung des FG, dass die Klägerin ihre Auftraggeber wirtschaftlich nicht von der Einwirkung auf die streitbefangenen Werkzeuge ausschließen konnte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG hat seine Würdigung insbesondere darauf gestützt, dass eine Nutzung der Werkzeuge für andere Zwecke als die Herstellung der vom jeweiligen Auftraggeber bestellten Serienteile vertraglich ausgeschlossen war und deshalb die Werkzeuge jeweils auch nur dem betreffenden Auftraggeber wirtschaftlichen Nutzen brachten. Darüber hinaus hat das FG berücksichtigt, dass nicht die Klägerin, sondern die Auftraggeber die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Werkzeuge getragen haben, und dass der Klägerin kein diesbezügliches Amortisationsrisiko verblieben ist.

Wenn das FG daraus geschlossen hat, dass der Klägerin keine über eine schuldrechtliche oder dingliche Nutzungsberechtigung hinausgehende wirtschaftliche, einem Eigentümer vergleichbare Verfügungsmacht an den Werkzeugen verschafft worden ist, verstößt auch dies weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze. Die Würdigung des FG ist jedenfalls möglich und deshalb gleichfalls für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO ).

Dem steht auch nicht der Einwand der Klägerin entgegen, dass die Werkzeuge nach Beendigung der Fertigungsaufträge wirtschaftlich nutzlos geworden bzw. verbraucht gewesen seien und die Auftraggeber deshalb kein Interesse mehr an den Werkzeugen gehabt hätten. Denn die Annahme, dass die Werkzeuge jeweils nach Abschluss der bei der Klägerin in Auftrag gegebenen Produktion von Serienteilen ihren Nutzen für die Auftraggeber verloren haben könnten, stünde der Bejahung auch wirtschaftlichen Eigentums der Auftraggeber nicht entgegen. Hinsichtlich der "Nützlichkeit" der Werkzeuge für die Auftraggeber verhielte es sich nämlich nicht anders, wenn die Auftraggeber mit in ihrem zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum stehenden Werkzeugen selbst die in Auftrag gegebenen Serienteile hergestellt hätten. Deshalb durfte das FG die Frage, inwieweit die Werkzeuge nach Erledigung eines Fertigungsauftrags verbraucht waren, auch ausdrücklich offenlassen.

Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren darauf hingewiesen hat, dass nur sie selbst das jeweilige Werkzeug während der wirtschaftlichen Nutzungsdauer durch Nutzung zur Teileproduktion verwerten konnte, handelt es sich —soweit dieser Einwand technisch zu verstehen ist— zum einen um neuen Tatsachenvortrag, der im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen ist. Zum anderen schlösse aber auch der Umstand, dass die Werkzeuge maßgeschneidert für die Produktion der Serienteile hergestellt worden sind, nicht aus, dass neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum bei den Auftraggebern gelegen hat. Denn allein in deren Interesse wurden nach Maßgabe der Erfordernisse der auftragsbezogenen Produktionsprozesse die Werkzeuge hergestellt. Dies spricht dafür, dass die Werkzeuge technisch einen derart auftragsspezifischen Charakter hatten, dass losgelöst von dem auf den einzelnen Auftraggeber bezogenen Produktionsprozess eine eigenständige anderweitige Nutzung durch die Klägerin nahezu ausgeschlossen war. Außerdem war die Klägerin vertraglich verpflichtet, die Werkzeuge ausschließlich für die Produktion der von den jeweiligen Auftraggebern bestimmten Serienteile einzusetzen. Die Verwendung der Werkzeuge durch die Klägerin bewegte sich damit in einem vom jeweiligen Auftraggeber technisch und rechtlich vorgegebenen Rahmen. Auch dies spricht für ein (auch) wirtschaftliches Eigentum der Auftraggeber.

2. Die gewinnerhöhend als Betriebseinnahmen zu behandelnden streitbefangenen Werkzeugkostenzuschüsse können in den Streitjahren ––anders als die Klägerin meint und was das FG nicht näher geprüft hat— auch nicht durch die Passivierung von Rückstellungen im Ergebnis erfolgsneutral behandelt werden. Insbesondere stellen die mit den Werkzeugkostenzuschüssen einhergehenden Verpflichtungen zur verbilligten Lieferung der Serienteile keine ungewissen Verbindlichkeiten i.S. von § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB dar.

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 IV R 26/11, BFHE 246, 160 , BStBl II 2014, 886 , m.w.N.; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31 , BStBl II 1969, 291 , unter II.3.a).

a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach —deren Höhe zudem ungewiss sein kann— sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Zudem darf es sich bei den Aufwendungen nicht um (nachträgliche) Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts handeln (BFH-Urteile vom 17. Oktober 2013 IV R 7/11, BFHE 243, 256 , BStBl II 2014, 302 , und in BFHE 246, 160 , BStBl II 2014, 886 ).

b) Nach diesen Grundsätzen kommt eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht in Betracht, da im Streitfall die Verpflichtungen zur späteren verbilligten Lieferung der Teile am hier jeweils maßgeblichen Bilanzstichtag (Geschäftsjahr der Vereinnahmung der Werkzeugkostenzuschüsse) weder rechtlich voll entstanden noch wirtschaftlich verursacht waren.

Die Klägerin hat im Gegenzug zur Zahlung der Werkzeugkostenzuschüsse das Eigentum an den von ihr gefertigten Werkzeugen auf die Auftraggeber übertragen und damit ihre diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Zwar hat sich die Klägerin nach den —den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden— Feststellungen des FG verpflichtet, die Serienteile in Abhängigkeit von der Zuschusshöhe verbilligt zu liefern. Diese Verpflichtung ist jedoch rechtlich eigenständig und bei späterer Lieferung der noch zu produzierenden Serienteile am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden. Es ist u.a. auch im Hinblick auf die vage Formulierung "in Abhängigkeit von der Zuschusshöhe" und den Umstand, dass diese Verpflichtung erst mittelbar über die Preiskalkulation der noch herzustellenden Serienteile zum Tragen kommt, ungewiss, ob und in welcher Höhe eine Verbindlichkeit in Zukunft eintreten wird (vgl. auch BFH-Urteil vom 31. Januar 1973 I R 205/69, BFHE 108, 194 , BStBl II 1973, 305 ). Die Verpflichtung der Klägerin zur verbilligten Lieferung ist zudem unter den im Streitfall vorliegenden Umständen wirtschaftlich so eng mit den künftigen Lieferungen verknüpft, dass sie hier als eine Belastung des Vermögens der Klägerin erst in den künftigen Jahren der Lieferungen anzusehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 108, 194 , BStBl II 1973, 305 ; ähnlich BFH-Urteil vom 8. Dezember 1972 III R 58/72, BFHE 108, 136 , BStBl II 1973, 206 , zu § 62 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes a.F.) und demnach wirtschaftlich erst in jenen Jahren verursacht ist.

Das BFH-Urteil in BFHE 194, 57 , BStBl II 2002, 655 steht dem nicht entgegen, da diesem ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Anders als im Streitfall verblieben die kundenspezifischen Werkzeuge dort im Eigentum des Auftragnehmers als Hersteller der Werkzeuge. Unter diesen Umständen konnten die Werkzeugkostenzuschüsse keine Gegenleistung für die Übereignung der Werkzeuge darstellen. Damit konnte der BFH —anders als im Streitfall— einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Zahlung der Werkzeugkostenzuschüsse und dem Preis der von der dortigen Klägerin zu liefernden Automobilteile bejahen.

3. Anhaltspunkte dafür, dass aus anderen Gründen eine erfolgsneutrale Behandlung der streitbefangenen Werkzeugkostenzuschüsse geboten gewesen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere scheidet eine Passivierung als Anzahlungen auf schwebende Geschäfte (z.B. BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 XI R 34/91, BFHE 170, 149 , BStBl II 1994, 158 ) schon deshalb aus, weil die Werkzeugkostenzuschüsse nicht für künftige Lieferungen gezahlt worden, sondern hier als Gegenleistung für die Übereignung der Werkzeuge zu beurteilen sind.

4. Nachdem unter den Umständen des Streitfalles bei der Klägerin keine Aktivierung der von ihr hergestellten Werkzeuge in Betracht kommt, entfallen auch diesbezügliche Gewinnminderungen aufgrund von Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 EStG .

Da jedoch die Höhe der steuerlichen Auswirkungen, die sich aus der anderslautenden Zuordnung der streitbefangenen Werkzeuge und der Versagung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bei der Klägerin ergeben, zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, braucht der Senat hierauf nicht weiter einzugehen. Nachdem die Beteiligten und das FG übereinstimmend davon ausgehen, dass das FA die sich aus der vorgenannten rechtlichen Beurteilung ergebenden Gewinnauswirkungen bei der Klägerin jedenfalls im Ergebnis rechnerisch richtig erfasst hat, sieht der Senat auch insoweit von weiteren Ausführungen ab.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .

6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 121 Satz 1, § 90 Abs. 2 FGO ).

Vorinstanz: Hessisches Finanzgericht, vom 14.08.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 2697/06